Jährlich plätschern im Schnitt rund 1000 Liter Regenwasser pro Quadratmeter ungenutzt aufs Dach. Dabei ist das Sammeln von Regenwasser ökologisch sinnvoll und kann bares Geld bringen.
Autorin: Petra Horat Gutmann, 03/20
Die Wasserpreise steigen, die sommerlichen Trockenzeiten werden länger, die Winter regenreicher. Was liegt näher, als Regenwasser zu sammeln? Genau das tun immer mehr Industrienationen rund um die Welt. In den USA zum Beispiel wird der Bau von Regenwasseranlagen in etlichen Bundesstaaten über Steueranreize gefördert. Das gilt auch für Japan, wo bereits zahlreiche private und öffentliche Regensammelanlagen gebaut wurden. In der Schweiz dagegen wird das Potenzial des Regenwassers erst sehr zaghaft angezapft. Immerhin hält das Bundesamt für Umwelt (Bafu) fest: «Regenwasser sollte Kläranlagen und Kanalisation nicht unnötig belasten.» Es ist folglich für Natur und Umwelt besser, wenn das Dachwasser in Biotope, Teiche, Retentionsbecken und auf Grünflächen gelangt, wo es natürlich versickern kann. Das speist den Grundwasserspiegel und reduziert die Überschwemnungsgefahr. Denn bei Starkregen sind die Kanalisationen nach wenigen Minuten überlastet, dann drohen Überflutungen von Kellern und Tiefgaragen.
Solche Erkenntnisse werden in Deutschland bereits fleissig umgesetzt. Berlin beispielsweise führt derzeit die Ergebnisse des Forschungsprojekts KURAS in die Praxis über. Das durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Konzept beleuchtete 27 Massnahmen der Regenwasserbewirtschaftung. Fazit: «Die Regenwassernutzung kann vielfältige und signifikante Vorteile bringen», sagt Projektleiter Dr. Andreas Matzinger, Umweltwissenschafter am Kompetenzzentrum Wasser Berlin. Also Vorteile für die Gewässer und die Biodiversität – für Boden, Pflanzen, Tiere. Darüber hinaus auch handfesten wirtschaftlichen Nutzen, z.B. weil man mit Regenwasser grosse und kleine Gebäude effizient kühlen kann. Dass das Dachwasser dennoch fast überall die Kanalisation runterrauscht, hat zwei Gründe: Qualitativ hochwertiges Leitungswasser ist reichlich vorhanden und so preiswert, dass Herr und Frau Schweizer täglich rund 160 Liter davon verbrauchen. In Deutschland sind es laut Statistik rund 40 Liter weniger pro Person und Tag. Der muntere Verbrauch wird allerdings sinken. Aufgrund wassersparender Sanitärgeräte, aber auch, weil die Wasserpreise im Steigen begriffen sind. An den meisten Orten stehen in den nächsten Jahren die grossflächige Erneuerung überalteter Kanalisationssysteme und die Modernisierung der Kläranlagen an. Wer Regenwasser nutzt, wird in Zukunft also (noch) mehr bares Geld sparen.
Das gelingt zum Beispiel mit einer Regentonne. Eine solche lässt sich rasch, einfach, preiswert und ohne fachliche Hilfe aufstellen. Man benötigt dazu nur ein Dach, eine Dachrinne und ein Fallrohr. Natürlich kann man mit einer Regentonne auch auf einem Balkon Wasser sammeln. Das Einverständnis des Hausbesitzers vorausgesetzt, wird die Tonne an die Dachrinne oder ein Fallrohr angeschlossen. Ideal sind Regentonnen zusammen mit Fallrohr-Einsätzen inklusive Filter und Klappe. Sie befreien das Wasser von groben organischen Teilen, vereinfachen das Giessen und leiten überschüssiges Regenwasser automatisch in das Fallrohr ab, sobald die Tonne voll ist. Das beugt Überschwemmungen vor.
Regentonnen gibt es in zahlreichen Ausführungen und Grössen bis circa 500 Liter, vom omnipräsenten grünen Kunststoff-Fass über Baumstamm-Imitate bis zur bepflanzbaren Tonne in Steinoptik. Die meisten Modelle bestehen aus UV-beständigem Polyethylen, doch es gibt auch welche aus Naturholz. Diese sind besonders robust – keine Sprenggefahr im Winter! Wichtig ist in jedem Fall, dass man Regentonnen abdeckt, damit kein Kind und kein Tier hineinfällt.
Die Anschaffung eines kleinen Regentanks ist sinnvoll. Behälter mit einigen Hundert Litern Fassungsvermögen kann man in der Regel selber installieren. Optimal ist ein eher schattiger Platz an der Hauswand, direkt neben einem Fallrohr. Grössere Tanks werden mithilfe eines Baggers erdverlegt. Die frostsichere und lichtgeschützte Lagerung in der Erde hält die Wasserqualität stabil und beugt dem Algenwachstum vor.
Im Auge zu behalten ist, dass auch tadellos gelagertes Regenwasser unbehandelt ausschliesslich für Teiche, Biotope, Gartenbewässerung, Putzarbeiten, Toilettenspülungen und Wäschewaschen genutzt werden soll. Die diesbezüglichen Vorschriften sind streng, denn das Wasser vom Dach kann verunreinigt sein.
Grundsätzlich macht jedes Gefäss Sinn, das den Regen auffängt. Auch viele kleine Gefässe sammeln zusammen eine stattliche Wassermenge. Wer mit Regenwasser einen Garten versorgen will, sollte dagegen berücksichtigen, dass es im Schnitt rund 20 Liter Wasser zweimal pro Woche braucht, um einen Quadratmeter Rasen, Gemüse oder Blumenfläche zu pflegen. Man rechne selber, welche Fläche man bewässern möchte und wie lange! Bei Bedarf lassen sich auch mehrere Regentonnen über Schläuche verbinden, damit das Wasser länger reicht.
Am ökonomischsten ist es zweifellos, einen Regenwassertank beim Neubau eines Hauses gleich einzuplanen. Im Idealfall wird die moderne «Zisterne» zudem mit Toiletten und Waschmaschine verbunden. Das spart pro Person und Jahr über 20 000 Liter Leitungswasser. Ausserdem schont das kalkfreie Regenwasser die Waschmaschine. Wer ein bestehendes Haus mit einem oder mehreren Tanks nachrüstet, muss mit 5000 Euro bis 10 000 Schweizer Franken rechnen – Aushub und Montage einbezogen. Die möglichen Einsparungen beim Trinkwasser hängen von den lokalen Wasserpreisen ab und davon, ob die Gemeinde die Abwassergebühren (teilweise) erlässt, wenn das «private» Dachwasser nicht mehr in die Kanalisation fliesst. Laut einer Ökobilanzstudie der ETH Lausanne amortisieren sich Regensammelanlagen innert zehn bis maximal 20 Jahren. Je grösser das Dach und der Bedarf an Brauchwasser, umso attraktiver wird die Kosten-Nutzen-Rechnung.
Um den Wasserertrag eines Hausdachs zu ermitteln, multipliziert man die Dachfläche mit dem sogenannten Abflussbeiwert, der die wasseraufsaugenden Eigenschaften der Dachoberfläche berücksichtigt. Bei glasierten Ziegeln z.B. beträgt er 0,9 bis 1. Als Nächstes multipliziert man die durchschnittliche Niederschlagsmenge pro Jahr unter Berücksichti-gung der lokalen Niederschlagsdaten, z.B. 1000 mm (= 1000 Liter). Rechenbeispiel: 100 m² × 0,9 × 1,0 m = 90 m³ = 90 000 Liter Regenwasserertrag pro Jahr.