Durch Verzicht auf tierische Produkte einen Beitrag zur Senkung der CO2-Emissionen leisten: Ist das realistisch?
Autorin: Andrea Flemmer
Ohne Nahrungsmittel können wir nicht existieren. Zugleich belasten wir mit der Herstellung von Lebensmitteln unsere Umwelt, also eine bedeutende Lebensgrundlage. Forscher weltweit untersuchen darum, welche Ernährungsweise die am wenigsten schädliche für die Erde ist. Liegt vielleicht im Verzicht auf Fleisch, Fisch und überhaupt auf tierische Produkte die Lösung? Vegane Aktivisten sind davon überzeugt. «Eine vegane Ernährung ist der wahrscheinlich grösste Hebel, um den eigenen ökologischen Fussabdruck zu verringern», konstatierte etwa Oxford-Wissenschaftler Dr. Joseph Poore in einem Interview mit dem Magazin «Der Spiegel». «Es bringt viel mehr als ein Elektroauto zu kaufen oder weniger zu fliegen», so seine Überzeugung. Wobei man gleich einschränken muss: Es kommt ganz darauf an, was man unter veganer Ernährung versteht und welche Produkte man konsumiert.
In der Regel haben tierische Produkte eine deutlich schlechtere Klimabilanz als pflanzliche Lebensmittel. Das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) hat es mal ausgerechnet:
Nun ist die CO2-Bilanz zwar ein wichtiges Kriterium, um die Klimafreundlichkeit von Lebensmitteln bewerten zu können. Für den gesamten ökologischen Fussabdruck spielen aber auch andere Faktoren eine Rolle, z.B. die benötigten Düngemittel, die Grösse der Anbaufläche respektive der Wasser- und Energiebedarf.
Und es kommt nicht zuletzt auf die Art und Weise der veganen Ernährung an. Wer viele Fleischersatzprodukte verzehrt und auf Produkte wie Avocado oder Mandelmilch setzt, schadet der Umwelt in ähnlichem Masse wie begeisterte Fleischesser. So wird bei der Herstellung eines veganen Würstchens oder Schnitzels deutlich mehr Energie verbraucht als beim Ernten einer Möhre.
Zudem sind bei der CO2-Berechnung auch die Transportwege der veganen Produkte mit einzukalkulieren. Wer im Dezember Erdbeeren aus Spanien oder Spargel aus Afrika konsumiert, handelt zwar vegan, aber eben nicht ökologisch. Auch die bei Schweizer und deutschen Veganern überaus geschätzten Avocados kommen vom anderen Ende der Welt. Für ihren Anbau werden riesige Waldflächen abgeholzt, synthetische Dünger und Pestizide eingesetzt und unglaubliche Mengen an Wasser benötigt.
Lange bevor gesunde Ernährung zum Trendthema wurde, war Alfred Vogel der Meinung, dass die Ernährung die Basis für unsere Gesundheit bildet – und dass, ohne dabei auf den Genuss zu verzichten.
Die Rezeptideen von Assata Walter sind deshalb nicht nur saisonal, frisch und leicht umzusetzen, sie enhalten auch immer einen Ernährungstipp, der Ihnen hilft, sich natürlich und gesund zu ernähren.
Nicht immer, manchmal stehen sie sogar schlechter da als tierische Produkte aus konventioneller Landwirtschaft. Woran liegt das? Biobetriebe benötigen mehr Fläche, da sie geringere Erträge erwirtschaften. Das kann zu höheren CO2-Emissionen führen. Was aber wettgemacht werden kann – durch deutlich geringeren Pestizideinsatz, durch nachhaltigere Bodenbewirtschaftung (Fruchtfolge etc.) und eine durch wesentlich grössere Artenvielfalt.
Karotten und Weisskohl haben – sofern sie frisch und unverpackt sind – den niedrigsten CO2-Fussabdruck: Bei der Produktion von 1 kg entstehen nur je 0,1 Kilo CO2. Ähnlich positiv sind viele andere heimische Obst- und Gemüsesorten wie regional-saisonal geerntete Äpfel, Erdbeeren und Pfirsiche. Dagegen ist die Klimabilanz für einen Neuseeland-Apfel oder die ohnehin wässrig schmeckende Winter-Erdbeere respektive den Dosen-Pfirsich miserabel. Insgesamt weisen regional-saisonal erzeugte Brokkoli oder Lauch, Zucchini oder Spinat, Kartoffeln oder Kürbis, Blattsalate und Rucola einen CO2-Fussabdruck von höchstens 0,3 Kilo CO2 pro kg auf.
Ein im Wissenschaftsmagazin «Science» veröffentlichter Bericht ergab, dass Fleisch und Milchprodukte gerade mal 18 Prozent der verbrauchten Kalorien ausmachen, dafür aber 83 Prozent der weltweiten Agrarfläche beanspruchen und für 60 Prozent der Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft verantwortlich sind.
Nicht umsonst also empfiehlt der Sonderbericht des Weltklimarates IPCC, den Fleischkonsum stark zu reduzieren. «Wir müssen nicht komplett auf tierische Produkte verzichten, aber wir müssen zum Prinzip des Sonntagsbratens zurück», sagt Alexander Popp, Forscher am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Mitautor des IPCC-Berichts. Ein guter Rat angesichts der Tatsache, dass sich die weltweite Fleischproduktion pro Kopf mehr als verdoppelt hat.
Ein internationales Forscherteam hat in einer Studie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift «Lancet», ausgerechnet, wie die gesündeste und gleichzeitig klimafreundlichste Ernährung aussehen müsste. Darin würden zwar Obst und Gemüse mit 500 g und Getreide mit 232 g pro Kopf und Tag den Hauptanteil ausmachen, doch es wären auch Eier, Milchprodukte und sogar 14 g rotes Fleisch erlaubt. Warum? Tiere erfüllen einen Sinn im ökologischen Gefüge der Landwirtschaft. So sorgen frei weidende Kühe dafür, dass der Boden besser klimaschädliche Gase binden kann. Ohne Jauche, Mist und Gülle würden die Nutzpflanzen eines Öko-Bauernhofs zudem kaum gedeihen können. Ein bisschen «Tier» auf dem Speiseplan wäre also aus ökologischer Sicht durchaus erlaubt.