Wir sind tagtäglich und jahrein, jahraus Einflüssen ausgesetzt, die unserem Körper potenziell gefährlich werden können: Bakterien, Pilze, Parasiten, Viren und schädliche Substanzen. Für die Abwehr von Keimen und Krankheiten und für den Schutz unserer Körperzellen ist ein komplexes Netzwerk von «Bodyguards» verantwortlich: unser Immunsystem. Es besteht aus verschiedenen Organen, Zellverbänden, Zelltypen und einzelnen Molekülen. Das Immunsystem ist überlebenswichtig.
Autorin: Dr. Claudia Rawer
Ohne die körpereigene Abwehr wären wir nicht in der Lage, schädliche Organismen oder Stoffe von außen oder bedrohliche Veränderungen innerhalb unseres Körpers zu bekämpfen und somit einen Infekt oder eine Erkrankung zu verhindern oder zumindest den Schaden zu begrenzen.
Das Immunsystem kann Gefahrensignale erkennen, die von unseren eigenen Zellen ausgehen, z.B. bei Zellschäden durch Krebs, Sonnenbrand oder Verletzungen. Es registriert und beantwortet genauso Signale, die Viren und Bakterien abgeben, wenn sie in den Körper eindringen.
Das Immunsystem wird durch körperfremde Eiweissstoffe, sogenannte Antigene, aktiviert. Das Wort Antigen bezeichnet also ein Protein, das eine Abwehrreaktion des Immunsystems auslöst: Es werden Antikörper gebildet. Solche Proteine befinden sich beispielsweise auf der Oberfläche von Bakterien, Pilzen und Viren.
Diese Antigene docken an speziellen Rezeptoren von Zellen des Immunsystems an, was eine ganze Kaskade von Prozessen auslöst.
Das Immunsystem reagiert schon beim Anblick potenziell krankmachender Dinge mit der Produktion von Antikörpern der Sorte Immunglobulin A. Das fanden Forscher der Universität Hamburg heraus, indem sie Probanden Videos von verdorbenen Lebensmitteln, neutralen Landschaften oder erkälteten Personen vorspielten. Es zeigte sich, dass sich die Menge an Antikörpern im Speichel nach dem Schauen des Krankheitsvideos um 83 Prozent und nach dem Schauen des Videos mit verdorbenen Lebensmitteln um knapp 45 Prozent erhöht hatte. Das Experiment zeigt, dass das Immunsystem auch auf visuelle Reize reagiert und eng mit Ekel bzw. der Furcht vor einer Ansteckung zusammenhängt. Ob die Probanden auch eine erhöhte Immunität gegen Krankheitserreger aufwiesen, konnten die Wissenschaftler allerdings nicht zeigen.
Mit einem Teil des Immunsystems kommt man schon auf die Welt. Es ist im Erbgut festgelegt und kann sich nicht anpassen, d.h., es ist nicht lernfähig wie das erworbene Immunsystem. Aber es ist nicht zu unterschätzen: Es reagiert überaus schnell und effizient auf als fremd erkannte Organismen. Im Körper zirkulierende Zellen erkennen innerhalb von Minuten die Art eines Erregers und alarmieren spezialisierte Immunzellen. Dieses spüren die charakteristischen Strukturen der verschiedenen Mikroorganismen auf und zerstören sie. Die meisten Gefahren werden so in kürzester Zeit identifiziert und innerhalb von wenigen Stunden besiegt.
Das angeborene/unspezifische Immunsystem hat die folgenden Bestandteile:
Die angeborene Immunabwehr wehrt einen Grossteil von Infektionen und Krankheiten zuverlässig ab.
Das erworbene Immunsystem ist lernfähig, sehr komplex und für spezifische Bedrohungen zuständig.
Die Gefahr durch einen Erreger muss analysiert und vom Körper erkannt werden. Dann werden Antikörper produziert, die speziell auf den aktuellen Krankheitskeim zugeschnitten sind. Ist dieser neutralisiert, «merkt» sich das spezifische Immunsystem diese Informationen. Wenn der gleiche Erreger erneut angreift, ist die Immunantwort daher schneller und effektiver.
Die spezifische Immunantwort basiert auf dem Zusammenspiel zweier Gruppen von Lymphozyten (weissen Blutkörperchen): den T- und B-Zellen. Die beteiligten Zellen tragen auf ihrer Membran passgenaue Rezeptoren, die ganz bestimmte Antigene erkennen. Heften sich diese Rezeptoren an die Aussenhülle eines Erregers, wird die Immunreaktion in Gang gesetzt.
Das lymphatische System ist ein wichtiger Mitspieler im Immunsystem: ein Netzwerk von Geweben und Organen, die Abfall- und Giftstoffe sowie andere unerwünschte Stoffe aus dem Körper transportieren. Es besteht aus den Lymphbahnen und den lymphatischen Organen wie Lymphknoten, Milz, verschiedenen Geweben im Magen-Darm-Trakt Rachen, Mandeln und Thymusdrüse.
Quellen:
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Im Folgenden finden Sie häufig gestellte Fragen im Zusammenhang mit dem Immunsystem.
Die Effizienz des Immunsystems ist nicht immer gleich, sondern schwankt unter dem Einfluss einer Menge von Faktoren:
Die besten Massnahmen zur Stärkung der körpereigenen Abwehrkräfte sind relativ einfach. Manches, wie etwa die Reduktion von Stress, ist bei unserer heutigen Lebensweise schwieriger zu erreichen. Doch Sie helfen Ihrem Immunsystem auf die Sprünge, wenn Sie folgende Faktoren beachten:
Sie unterstützen Ihr Immunsystem ebenfalls, wenn Sie Infektionsquellen reduzieren: Wenn Sie häufig und regelmässig die Hände waschen, beim Zubereiten von Mahlzeiten auf Hygiene achten und das Impfbuch up-to-date halten, ist die Immunabwehr besser in der Lage, Erreger abzuwehren.
Wegen seiner positiven Wirkung auf das Immunsystem, besonders bei der Vorbeugung von Erkältungen und anderen durch Viren ausgelösten Infekten, ist der Rote Sonnenhut eine wichtige Pflanze. Das wichtigste Einsatzgebiet von Echinacea-Präparaten ist die Verhinderung von Erkältungen und grippalen Infekten (ein Mitteleuropäer macht durchschnittlich immerhin zwei bis fünf sogenannte grippale Infekte pro Jahr durch) und schwereren Infektionen wie der Grippe (Influenza) sowie die Linderung von Symptomen, wenn bereits eine Ansteckung stattgefunden hat.
Bedingt durch eine sehr seltene Erbkrankheit kommen immer wieder einmal Kinder zur Welt, die an der angeborenen schweren Immunschwäche SCID («Severe Combined Immunodeficiency Disorder» leiden. Sie kann durch die Transplantation von Knochenmarkzellen eines Verwandten behandelt werden. Doch ohne voll funktionsfähiges Immunsystem verfügen diese Babys über keinerlei Schutz gegen Viren und Bakterien und sterben in den allermeisten Fällen sehr früh.
Aufsehen erregte in den 1970-er Jahren der Fall eines amerikanischen Jungen, der sein ganzes Leben in einem sterilen Kunststoffisolator verbrachte und mit zwölf Jahren nach einer missglückten Knochenmarkstransplantation starb.
Kommt unser Körper zum ersten Mal mit einem krankheitserregenden Keim in Kontakt, werden Informationen über ihn und seine Bekämpfung im Immunsystem gespeichert. Das ermöglicht eine schnellere Erkennung und Gegenwehr bei einem zweiten Kontakt.
Antigene kommen auch auf den Zellen unseres Körpers vor. Doch in der Regel hat das Immunsystem während der Entwicklung im Mutterleib und in den ersten Wochen nach der Geburt gelernt, diese als «eigen» zu erkennen. Sie lösen also keine Immunantwort aus.
Es kann aber vorkommen, dass das Immunsystem fälschlicherweise körpereigene Zellen als «fremd» identifiziert und harmlose Körperzellen angreift. Dies wird als Autoimmunreaktion bezeichnet (siehe Abschnitt «Kann das Immunsystem falsch reagieren?»).
Auch wenn die körpereigene Abwehr unermüdlich daran arbeitet, um uns vor Krankheiten zu schützen, kann es doch zu Fehlern und Störungen kommen. Die Entstehung besonders der spezifischen/erlernten Immunität ist hochkomplex und daher auch störanfällig.
Normalerweise deaktivieren sich die Immunzellen nach getaner Arbeit selbst. Ist ein Erreger abgewehrt, werden spezielle Molekülkombinationen gebildet, die signalisieren, dass die Gefahr vorüber ist. Die Abwehr wird erst wieder aktiv, wenn ihr Gedächtnis die abgespeicherten Merkmale des Erregers von Neuem erkennt.
Es kann aber vorkommen, dass bei diesem Prozess statt der «fremden» auch körpereigene oder körperähnliche Merkmale ins Immungedächtnis aufgenommen werden. Dann kann die Abwehr nicht mehr zwischen eigenen und fremden Zellen unterscheiden und richtet sich gegen Zellen des eigenen Körpers. Eine solche Autoimmunreaktion löst Entzündungen und Organschäden aus.
Autoimmunerkrankungen sind beispielweise
Es handelt sich in der Regel um schwere Erkrankungen, die sogar tödlich enden können. Doch sind sie in den allermeisten Fällen auch behandelbar. Die Symptome sind sehr unterschiedlich; allgemeine Anzeichen sind Fieber und Abgeschlagenheit.
Durch Bluttests kann die Erkrankung identifiziert werden. Es werden Medikamente eingesetzt, die das Immunsystem zumindest zeitweise unterdrücken, z.B. Kortikosteroide bei rheumatoider Arthritis, oder Schwächen des Immunsystems gelindert, z.B. durch die Infusion von Antikörpern. Wie genau es zu Autoimmunerkrankungen kommt und wie sie behandelt werden können, ist jedoch bis heute nicht vollständig erforscht.
Allergien
Unter eine breitere Definition von Autoimmunreaktionen fallen auch allergisches Asthma, Heuschnupfen und Ausschläge. Hier mangelt es nicht an der Unterscheidung zwischen «eigen» und «fremd», sondern es tritt eine Überreaktion gegen Aussenreize ein. Eine normalerweise eher harmlose Substanz wie Pollen, Nüsse, Schimmelpilze, Staub oder der Speichel von Haustieren wird als Bedrohung wahrgenommen und (zu) heftig attackiert.