Die einen fürchten, Mobilfunkstrahlung macht krank, für die anderen ist das nichts als Panikmache. Was stimmt? Interessant ist, was hochqualifizierte, industrieunabhängige Wissenschaftler äussern.
Autorin: Petra Horat Gutmann, 09/2019
Macht der Handygebrauch krank, ist die Mobilfunkstrahlung schädlich? Im Rahmen eines der grössten Schadensersatzprozesse der USA im Dezember 2014 waren die Erkenntnisse der hochqualifizierten Forscher deutlich: «Wir haben Beweise für mögliche Gesundheitsschäden durch Mobiltelefone gefunden», sagt Dr. George Carlo, einer der Experten aus Washington. Der US-amerikanische Jurist und Molekularbiologe war vom CTIA mit einer 25-Millionen-Dollar-Studie betraut worden, um die Unbedenklichkeit der Handystrahlung zu beweisen. Sechs Jahre lang forschten Dr. Carlo und sein Team. Statt der erhofften Unschädlichkeitsnachweise entdeckten sie, dass Handystrahlung Genschäden hervorrufen kann.
Seither haben sich Hunderte weiterer Forscher mit öffentlichen Appellen gemeldet, um auf die besorgniserregenden Wirkungen der Mobilfunk- und WLAN-Strahlung hinzuweisen. Besonders brisant: Ihre Forschungsergebnisse zeigen, dass Mobilfunkstrahlen lebende Organismen bereits «bei Werten weit unterhalb der geltenden internationalen und nationalen Richtlinien» schädigen können. In manchen Ländern bewirken die Warnungen ein sanftes Umdenken: Frankreich setzt ein Verbot von WLAN in Kinderkrippen durch, Israel ein WLAN-Verbot in Kindergärten und Vorschulen. Zypern strahlt warnende TV-Spots zu Handys und WLAN aus, etliche weitere Länder verschärfen ihre Grenzwerte für Mobilfunkanlagen.
Die Regierungen anderer Länder dagegen schlagen die Warnungen komplett in den Wind. Unter ihnen die Schweiz und Deutschland. In beiden Ländern soll schnellstmöglich ein flächendeckendes «5G»-Netz aufgebaut werden. Die fünfte Generation der Mobilfunktechnologie wird die elektromagnetische Strahlenlast massiv erhöhen. Ungeachtet der Tatsache, dass sich die Anzahl der Elektrosensiblen in den beiden Ländern Schätzungen zufolge bereits 2014 auf rund 700 000 bzw. acht Millionen Menschen belief.
Mehrmals forderten die Schweizer Ärzteverbände FMH und AefU ein Absenken der Grenzwerte. Regierung und Behörden ignorieren die Sorge der Ärzte. Seither haben sich die Hinweise auf Negativwirkungen durch Funkstrahlen verdichtet. Dr. med. Peter Kälin, Präsident der Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz AefU, sagt: «Es gibt Hunderte von Studien, die belegen, dass Mobilfunk- und WLAN-Strahlen die Gesundheit von Mensch und Tier schädigen können.»
Über 100 solcher Studien hat die deutsche Molekularbiologin Isabel Wilke in einem Review analysiert. Sie dokumentieren die negativen Auswirkungen der Strahlung auf menschliche und tierische Zellen sehr detailliert. Untersucht wurden die Effekte von Funkwellen, wie sie hauptsächlich für WiFi bzw. WLAN (drahtlose Kommunikation bzw. «Wireless Local Area Network») zum Einsatz kommen.
Als Wirkmechanismus tritt bei den meisten Studien der oxidative Zellstress hervor, den WLAN und Mobilfunkfelder verursachen – also eine erhöhte Belastung durch freie Radikale. Die oxidative Belastung fördert das Entstehen zellulärer Schäden. Das kann auf Dauer zu vielfältigen Erkrankungen führen, auch zu Krebs. Viele Studien belegen insbesondere oxidativ verursachte Strangbrüche der DNA (Genschäden).
Der österreichische Forscher Prof. Dr. med. Wilhelm Mosgöller vom Institut für Krebsforschung der Uni Wien sagt dazu: «Wir sehen DNA-Brüche. Das ist ein Hinweis auf ein Risiko. Im Sinne des Vorsorgeprinzips sollte man sich und besonders das eigene Gehirn möglichst wenig Strahlung aussetzen.»
Die Wissenschaftler mahnen aus einem weiteren Grund zur Vorsicht: Der Körper von Mensch und Tier funktioniert nicht nur chemisch, sondern auch elektrisch. Die gepulste Strahlung aus Handy, WLAN und Co. belastet die bioelektrischen Regelkreise. Mobilfunkkritische Forscher und Ärzte sehen einen direkten Zusammenhang mit Schlafstörungen, Konzentrationsmangel, Gedächtnisverlust, Depressionen und weiteren neurologischen Beschwerden.
Ungeachtet solcher Hinweise werden immer mehr gepulste 2,45-GHz-WLAN-Sender aufgebaut – was vor allem für elektrosensible Menschen heikel ist. Denn «5G» bedeutet den Wegfall aller strahlungsfreien Oasen unnd damit der letzten leidfreien Rückzugsorte für diese Personen.
Die Funkstrahlen der «5G»-Technologie würden «gezielter gebündelt», dadurch sinke die Belastung, sagten Befürworter. Stimmt das? Fragen wir einen -Experten, der sich gut damit auskennt: den Elektrotechniker Hans-Ulrich Jakob, Begründer von gigaherz.ch. «Die Millimeter-Strahlen von ‹5G› können nicht punktgenau gerichtet werden», erklärt er. «Es sind Strahlenkegel – wie die Scheinwerfer eines Autos. Wenn Sie mit einem ‹5G›-Handy telefonieren, wird Ihr ganzer Körper in einen Strahlenkegel getaucht.» Mit anderen Worten: Volle Ladung von Kopf bis Fuss. Und das zusätzlich zur weiter laufenden Strahlung der «3G»- und «4G»-Technologie.
Was aber ist vom Statement zu halten, die geplanten «Millimeterwellen» von «5G» würden an der Hautoberfläche abprallen? Auch dazu gibt es gesicherte Erkenntnisse: Die hochfrequenten Funkwellen werden von der rund zwei Millimeter dicken Haut nicht reflektiert, sondern absorbiert. Ärzte und Forscher befürchten deshalb ein erhöhtes Risiko für Hautschäden bis hin zu Hautkrebs, aber auch Auswirkungen auf die Augen in Form von Linsentrübungen. Zudem besteht die Möglichkeit, dass die unter und in der Haut liegenden Blutgefässe, Nervenenden und Schweissdrüsenkanäle die elektromagnetische Strahlung in den Körper hinein weiterleiten.
Trotz der zahlreichen Negativ-Befunde fällt auf, dass selbst kritische Wissenschaftler die mobilen Funktechnologien keineswegs «verteufeln». Auch sie benutzen Handys. Doch sie wollen uns über mögliche Schäden informieren und pochen auf das Vorsorgeprinzip: Kein Aufbau von «5G», solange die Risiken nicht ausreichend geklärt sind. Kein WLAN in Kitas, Kindergärten und Schulen. Kein WLAN in Erholungszonen (Schlafzimmer, Spitalzimmer). Und nicht zuletzt: WLAN-freie Zonen für Elektrosensible.
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