Sprossen sind eine willkommene Extraportion an Vitaminen und Mineralstoffen. Besonders im Winter sind die kleinen Grünen beliebt – frischer und knackiger als Treibhaus-Kost aus dem Supermarkt.
Was in ostasiatischen Ländern seit Jahrtausenden in Volksmedizin und Küche Verwendung findet, kam erst relativ spät auf westliche Teller. Zwar hatte bereits der Entdecker James Cook Wasserkresse an Bord, um den Vitaminmangel der Besatzung auf See auszugleichen, das Sprossenzüchten kam aber erst mit der Etablierung der Vollwerternährung in den 1980er-Jahren so richtig in Mode.
Autor: Tino Richter, 11.14
Seitdem spriessen die kleinen Kraftpakete in New York, London, Berlin und Sydney, werden Tipps zu Sorten und Züchtungsmethoden ausgetauscht und Rezepte ausprobiert. Kein Wunder, denn die aus Samen gekeimten Sprossen sind reich an Vitaminen, Mineralstoffen, Proteinen, Ballaststoffen, essenziellen Fettsäuren sowie sekundären Pflanzenstoffen. Sie lassen sich ideal auf dem Fensterbrett grossziehen und benötigen nur Licht, Feuchtigkeit, eine bestimmte Temperatur sowie genügend Luft, um zu voller Grösse heranzuwachsen. Wer so anspruchslos ist, darf getrost als knackige, frische Vitamin- und Mineralstoffergänzung im Winter bezeichnet werden. Zudem sind Sprossen in der Küche vielseitig verwendbar.
Während der Keimung wandeln Enzyme Stärke und Kohlenhydrate zu Einfachzuckern um, was z.B. die blähende Wirkung von Getreidesprossen mildert und vor allem Hülsenfrüchte verdaulicher macht. Die Qualität der Eiweisse und Fette verbessert sich und der Energiegehalt wird durch die vermehrte Aufnahme von Wasser gesenkt. 140 Gramm Mungbohnensprossen enthalten beispielsweise fast 22 Milligramm Vitamin C, mehr als in der gleichen Menge Cranberries oder Äpfel, und damit fast 40 Prozent des täglichen Bedarfs. In Alfalfasprossen stecken über 100 Prozent mehr Kalzium pro 100 Gramm als in Spinat. Sprossen sind zudem ausgezeichnete Quellen für Magnesium, Kalium, Phosphor und Zink.
Prinzipiell lassen sich aus allen keimfähigen Samen Sprossen ziehen: Aus Getreide (z.B. Weizen, Gerste); Hülsenfrüchten (z.B. Azuki- und Sojabohnen, Erbsen, Linsen); Kohlgewächsen (z.B. Brokkoli, Senf), aus Kürbis- oder Fuchsschwanzgewächsen (z.B. Amarant, Quinoa) sowie aus Sonnenblumenkernen. Nachtschattengewächse wie Peperoni, Paprika, Tomaten oder Kartoffeln sind wegen des hohen Solaningehalts im Keimlingsstadium nicht geeignet.
Für Einsteiger bieten sich vor allem Samen von Mungbohne, Kresse, Alfalfa oder Radieschen an, da diese eine kurze Keimdauer haben und einfach zu handhaben sind. Was gibt es Schöneres, als seiner zukünftigen Mahlzeit beim Wachsen und Gedeihen zuzusehen und die zarten Vitaminbömbchen dann zu verzehren? Das kleine Glück des Minigärtners liegt auch darin, dass man sich um Wetterbedingungen, Unkräuter oder Schädlinge keine Gedanken machen muss.
Wer Sprossen selbst zieht, der hat die volle Kontrolle über die Hygiene, den Keimvorgang, die Temperatur und die anschliessende Lagerung. Auch die CO2-Bilanz sieht deutlich besser aus als bei den abgepackten Sprossen, da zuhause bis auf Wasser keine Energie verbraucht wird.
In Sachen Preis/Leistung sind Sprossensamen sowieso unschlagbar: zwei bis drei Esslöffel Alfalfasamen reichen z.B. gut für zwei Tage und vier Personen. Künftige Züchter müssen nur die Anweisungen fürs Einweichen, Spülen und für die Keimdauer befolgen, und schon können nach drei bis fünf Tagen die ersten Sprossen geerntet werden.
Einsteiger sollten sich nicht von kleinen, weissen Fasern (z.B. bei Senf, Rettich, Radieschen und Alfalfa) irritieren lassen. Das sind sogenannte Faserwürzelchen, also kleine Wurzeln des Keimlings, und nicht etwa Schimmel. Auch wenn sich Schleim bildet, sollte dem Sprossenzüchter nicht bange werden. Manche Keimsaaten wie Buchweizen, Kresse, Rucola oder Senf bilden beim Kontakt mit Wasser eine Schleimhülle, um besser keimen zu können.
Wer Sprossen nur als Zutat zu asiatischen Gerichten kennt, wird sich über die Vielfältigkeit der Sprossen-Küche wundern. Denn sie können praktisch überall verwendet werden.
Pikante Sorten wie Radieschen, Rettich, Senf oder Rucola schmecken fabelhaft auf frischem Brot.
Die milderen Alfalfasprossen verfeinern Dips und Salate oder dienen als spezielle Würznote für Suppen und Eintöpfe.
Für die Extraportion Gesundes sowie als farblicher Kontrast bilden Sprossen oft den krönenden Abschluss von Smoothies. Als Gemüsebeilage eignen sich vor allem Sprossen-Mischungen, z.B. mit Linsen, Mungbohnen, Rettich und Rotklee. Das bringt nicht nur Farbe und Geschmacksvielfalt auf den Teller, sondern kombiniert auch gleich mehrere gesunde Inhaltsstoffe.
Teigtaschen oder Sandwiches lassen sich wunderbar mit Sprossen, Salat und Gemüse füllen. Getreidesprossen schmecken eher süsslich bis nussig und eignen sich deshalb perfekt für Müeslis und Desserts. Sie können aber auch püriert, als Teig verarbeitet und als Brot gebacken werden. Das sogenannte «Essenerbrot» findet man in verschiedener Konsistenz (locker bis fest oder klebrig) und Geschmack (säuerlich bis süsslich) in Reform- und Bioläden.
Raffinierte Sprossen-Rezepte aus der A.Vogel Küche: