Seit einigen Jahren werden Gemüse aus der Gruppe der Kreuzblütler, wie z.B. Brokkoli, Kresse, Rucola, Senf oder Rettich aufgrund ihres hohen Gehalts an Senfölen intensiv in der Krebsforschung untersucht. – Tino Richter
Senföle setzen sich aus den inaktiven Vorläuferstoffen, den Glukosinolaten, und einem pflanzlichen Enzym, der Myrosinase zusammen. In der Pflanzenzelle befinden sich diese beiden Stoffe an unterschiedlichen Orten. Erst mit der Zerstörung der Zelle, z.B. durch Beissen, Kauen, Zerschneiden finden diese beiden Stoffe zusammen und bilden die sogenannten Senföle.
Eigentlich dient dieser Mechanismus als Frassschutz der Pflanze gegen Tiere, Viren und Bakterien. In Massen genossen können sie dem Menschen allerdings nichts anhaben. Im Gegenteil: Experimentelle Studien belegen die infekthemmenden Eigenschaften von Meerrettich, Kapuziner- oder Brunnenkresse bei entzündlichen Erkrankungen der Bronchien, Nebenhöhlen und ableitenden Harnwege.
Auch in der Krebsforschung gibt es erste Erkenntnisse zu den vorbeugenden Eigenschaften der Phenylethyl-Senföle von Meerrettich und Brunnenkresse, jedoch bisher nur im Mausmodell. Gut kontrollierte Studien bei Patienten mit einem Prostatakarzinom zeigen jedoch eine Hemmung der Metastasierung durch den Verzehr von 5 Mahlzeiten Blumenkohl oder Brokkoli wöchentlich.
Hierbei ist das Senföl Sulforaphan bisher am besten untersucht. Es kommt vor allem in Brokkoli und in Brokkoli-Sprossen vor. Es wirkt anti-mikrobiell und anti-oxidativ, weil es den Gluthathion-Spiegel erhöht. Es ist zudem ein wichtiges Antioxidans. Dadurch trägt Sulforaphan dazu bei, dass weniger Mutationen am Erbgut entstehen, z.B. durch heterozyklische Amine beim Grillen oder Braten.
Viele experimentelle Untersuchungen im Labor haben gezeigt, dass Sulforaphan eine schützende Wirkung hat indem es den Zelltod einleitet und die Zellteilung hemmt, so dass sich Krebszellen nicht weiter ausbreiten können. Das Senföl reduziert zudem Entzündungsprozesse und die Tumorprogression. Bisherige Studien haben jedoch eine sehr geringe Teilnehemerzahl, so dass die Aussagekraft bisher als doch gering einzuschätzen ist. Studien mit grösseren Probandenzahlen müssten die Ergebnisse erst noch bestätigen.
Brokkoli und dessen Sprossen enthalten viel Sulforaphan bzw. dessen Vorläufer, das Glucoraphanin. Die entscheidende Frage ist hier jedoch, wie viel Brokkoli oder Brokkoli-Sprossen verzehrt werden müssen, um eine therapeutische Wirkung zu erzielen. Forschungen am Menschen sind rar und auch ethisch schwierig.
Hinzu kommt, dass die Sulforaphan-Konzentration je nach Brokkoli-Sorte stark variieren kann – selbst zwischen den Brokkoli-Köpfen einer Sorte. So reichten die Unterschiede im Glukoraphanin-Gehalt bei sechs analysierten Brokkolisorten von 12,2 bis 119,4 mg /100 g Frischgewicht mit einem Durchschnitt von 60 mg pro 100 g
Brokkoli-Sprossen bzw. Brokkoli-Keimsaaten enthalten normalerweise 10 bis 100 mal mehr Glukoraphanin als ausgereifte Brokkoliröschen.
Da die Senföle flüchtige Stoffe sind, sollte Brokkoli nur ehr schonend zubereitet werden. Durch Blanchieren und Kochen wird die Myrosinase zerstört. Die Umwandlung von Glukoraphanin zu Sulforaphan hängt deshalb bei gekochtem Brokkoli von der Fähigkeit der Darmflora ab, Senfölglycoside in Glucose und Senföle zu spalten.
Diese ist jedoch durch falsche Ernährungsweisen mit zu viel Fett, Industriezucker, Weißmehlprodukten sowie Fleisch und Wurst, aber auch durch entzündliche Darmerkrankungen, Antibiotika und Chemotherapie mehr oder weniger stark angegriffen. Eine Alternative ist, den Brokkoli roh zu essen und gut zu kauen, damit Glukoraphanin und Myrosinase aus der Pflanzenzelle freigesetzt werden.
Biofilme sind ein grosses Problem bei der medizinischen Wundversorgung. In über 60 Prozent der Fälle bakterieller Infektionen schützen sich die Erreger durch die Bildung von Biofilmen. Forscher der Ben-Gurion University of the Negev haben hierzu das Antioxidans Diindolylmethan (DIM) untersucht, das in Kreuzblütler-Gemüse wie Brokkoli, Rosen- oder Weisskohl vorkommt. Die Substanz wird schon länger aufgrund ihrer krebshemmenden Eigenschaften erforscht. Gab man die Substanz auf Biofilme, die aus den Keimen Acinetobacter baumannii oder Pseudomonas aeruginosa bestanden, wurden 65 beziehungsweise 70 Prozent der Keime abgetötet. Kombiniert mit Antibiotika stieg die Zahl auf bis zu 94 Prozent. Trugen die Mediziner die Substanz auf Wunden auf, beschleunigte sich auch der Heilungsprozess signifikant.