Gewürze waren in ihrer langen Geschichte nicht etwa nur darauf beschränkt, Speisen einen interessanteren Geschmack zu geben oder den Geschmack verdorbener Speisen zu überdecken. Man lernte im Laufe der Geschichte durch Erfahrung, dass Gewürzkräuter auch vorbeugende oder sogar heilende Wirkung haben.
Text: Petra Horat Gutmann, 1-2.2014
So beobachtete man im alten Ägypten, dass die Arbeiter beim Bau der Pyramiden leistungsfähiger und weniger oft krank waren, wenn man ihnen Knoblauch und paprikaähnliche scharfe Gewürze zum Essen gab. Heute wissen wir, dass ätherische Öle und sogenannte Scharfstoffe durch ihre kreislaufanregende und desinfizierende Wirkung sowohl leistungssteigernd als auch schützend gegen Krankheitskeime wirkten.
Und es ist kein Wunder, wenn in südlichen Gefilden, wo Lebensmittel durch die Hitze leichter verderben als bei uns im kalten Norden, scharfe Gewürze das Essen vor Verderben und damit den Körper vor Magen-Darm-Krankheiten schützen. Erfahrene Reisende in exotische Länder meiden deshalb aus berechtigter Angst vor «Montezumas Rache», wie man scherzhaft Durchfallerkrankungen bezeichnet, die in Touristenhotels angebotene «internationale» Küche und greifen lieber zur bewährt-verträglichen einheimischen Kost.
Nicht nur gegen Magenverstimmung und Durchfall helfen Gewürze. Sie wirken, je nach Inhaltsstoffen, appetitanregend und verdauungsfördernd, lindern Blähungen oder Magenzwicken. Daneben gibt es Gewürze mit Stoffen, die den Blutdruck senken oder steigern, die Blutfette reduzieren oder die Durchblutung fördern können. Auch solche, die das Wachstum von Bakterien hemmen, Husten und Bronchitis lindern oder – äusserlich angewendet, z.B. Capsicum-Pflaster und -Salbe, sogar in der Lage sind, Sportverletzungen und rheumatische Erkrankungen zu lindern.
Allerdings muss man sich bei einigen Gewürzen vor Überdosierungen in Acht nehmen. So ist in der Muskatnuss das Alkaloid Myristicin enthalten, das ab einer Menge von einer halben bis einer ganzen geriebenen Muskatnuss lebertoxisch wirkt, Rauschzustände hervorruft und sogar zum Tod führen kann. Die üblicherweise im Haushalt verwendeten kleinen Mengen sind allerdings ungefährlich; trotzdem sollten vorsichtshalber Schwangere und Kleinkinder keine mit Muskatnuss gewürzte Speisen essen.
Auch die wie Sternanis aussehende, fälschlicherweise als japanischer Sternanis bezeichnete Shikkimifrucht enthält zwei äusserst toxisch wirkende Stoffe, weshalb man Sternanis aus Vorsicht vor Vermischungen nur verpackt und von bekannten Herstellern kaufen sollte.
Bouillon aufkochen, zerkleinertes Gemüse dazugeben, garen, salzen, fertig! So lässt sich innerhalb von 15 bis 20 Minuten eine Suppe zubereiten.
Mehr Freude, mehr Genuss und größeren Nutzen bringt eine Suppe allerdings, wenn man sie liebevoll würzt. «Jedes Gewürz entfaltet im Organismus spezifische Wirkungen», erklärt die ayurvedisch-klinische Therapeutin Sonja Gubler: «Mit den richtigen Gewürzen kann man die Gesundheit und das Wohlbefinden steigern.»
In ihrer Zürcher Praxis empfiehlt Sonja Gubler Ratsuchenden oft, vermehrt Gewürze einzusetzen. «Viele Leute verwenden vorwiegend raffiniertes Salz und Streuwürze oder Bouillonwürfel mit Glutamat», bedauert sie. «Abgesehen davon, dass das gesundheitliche Nachteile mit sich bringt, schmeckt eine Suppe mit frischen und getrockneten Gewürzen einfach viel besser.»
Neben frischen und getrockneten Kräutern wie Rosmarin, Thymian, Majoran und Petersilie empfiehlt Sonja Gubler etwa ein halbes Dutzend Gewürze, die sich prima für schmackhafte Wintersuppen eignen. Gewürze aus der Streudose sollten von Anfang an ins Kochwasser gegeben werden. «So kann der aufsteigende Wasserdampf das Gewürzpulver nicht verkleben. Ausserdem können sich die Aromastoffe voll entfalten und mit den anderen Zutaten verbinden», erklärt die Fachfrau.
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Bei Knoblauch und frischer Ingwerwurzel mache es mitunter Sinn, am Anfang und gegen Ende der Kochzeit etwas davon beizufügen, um den Geschmack stärker hervorzuholen. Die Gewürze intensivieren die wohltuende Wirkung der Suppe und passen prima zu den meisten Wintergemüsen, also zum Beispiel zu Brokkoli, Federkohl/Grünkohl, Weisskraut, Karotten, Kartoffeln, Lauch, Pastinake, Petersilienwurzel, Rosenkohl, Rote Bete, Sellerie, Wirz/Wirsing und Zwiebeln.
Auch mit einem Spritzer Zitronensaft, Aceto Balsamico oder Tamarinde lassen sich laut Sonja Gubler viele Suppen lecker verfeinern. «So gewürzt, braucht es am Ende der Kochzeit nur noch ein wenig naturbelassenes Meersalz, um die Suppe perfekt abzurunden.»
Frische Ingwerwurzel
Reinigend, blähungswidrig, wärmend und verdauungsfördernd. Von Anfang an mitgekocht, verleiht Ingwer fast allen Suppen einen feinen Geschmack. Idealerweise wenige Minuten vor Kochende nochmals etwas frischen Ingwer in die Suppe raffeln. Wichtig zu wissen: Getrockneter Ingwer (Pulver) ist wesentlich schärfer als frischer und sollte bei empfindlichem Magen oder Refluxbeschwerden gemieden werden. Frischer Ingwer hingegen eignet sich für alle Konstitutionen.
Fenchel
Nervenberuhigend und blähungsreduzierend. Einzig bei Gewichtsproblemen sollte Fenchel gemieden werden.
Knoblauch
Reinigend, antibiotisch, verdauungsfördernd und durchwärmend. Bei Säurebeschwerden in Speiseröhre oder Magen Knoblauch sparsam einsetzen.
Gelbwurz/Kurkuma
Ein starkes Tonikum, verdauungsfördernd und reinigend für Leber, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse und Haut. ¼ bis ½ Teelöffel auf einen Liter Suppe genügen; von Anfang an mitkochen, um die Wirkstoffe ausreichend herauszulösen.
Koriander
Blähungswidrig, verdauungsfördernd und kühlend. Aus diesem Grund ist Koriander besonders hilfreich für Suppenesser, die unter Sodbrennen, Reflux oder Magenreizung leiden.
Lorbeerblatt
Verdauungsfördernd, durchwärmend, anregend für Leber und Gallenblase. Gewürznelken: durchwärmend, die Blutzirkulation anregend, verdauungsfördernd. Vorsicht bei empfindlichem Magen und Säureproblematik.
Chili
Verdauungsfördernd, durchwärmend, fördert die Fettverdauung. Chili ist tabu bei empfindlichem Magen, Reflux, gereizter Speiseröhre und entzündeter Magenschleimhaut.
Zwiebeln
Antibiotisch, reinigend, erwärmend. Aus ayurvedischer Sicht sind Zwiebeln bei Diabetes zu meiden.
Der Heilwirkung von Gewürzen sind allerdings dort vernünftige Grenzen gesetzt, wenn es sich um behandlungsbedürftige Erkrankungen handelt. Doch ist es in der Tat äusserst reizvoll, mit natürlichen Lebensmitteln, und das sind Gewürze trotz ihrer Wirkstoffe nun einmal, mit dem täglichen Essen Gesundheitsvorsorge zu betreiben. Die Intensität der Wirkung ist allerdings vom Gehalt der Wirkstoffe abhängig. Und der ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Einfluss hat bereits die Auswahl der Rohware.
Safranpulver, wie es auf den Basaren und Touristenmärkten feilgehalten wird, ist oft alles andere als ein Schnäppchen, sondern kann mit Pulver aus anderen Blüten oder sogar Sägemehl gestreckt sein. Übrigens kann auch eine zu reichliche Verwendung von Safran (mehr als 1,5 Gramm pro Tag) zu Vergiftungen, zu Fehlgeburten und in sehr hohen Mengen (um die 20 Gramm) zum Tode führen.
Vor einigen Jahren tauchte einmal Paprika in deutschen Läden auf, das mit giftiger Bleimenninge, einer Rostschutzfarbe, verlängert worden war. Und selbst das tägliche Joghurt «mit echter Bourbon-Vanille» enthält meist nur schwarze Körnchen, gemahlen aus völlig aromalosem, ausgewaschenem Vanillestangen-Abfall, aufgemotzt mit Aromastoffen (Zutatenliste beachten!).
Lange bevor gesunde Ernährung zum Trendthema wurde, war Alfred Vogel der Meinung, dass die Ernährung die Basis für unsere Gesundheit bildet – und dass, ohne dabei auf den Genuss zu verzichten.
Die Rezeptideen von Assata Walter sind deshalb nicht nur saisonal, frisch und leicht umzusetzen, sie enhalten auch immer einen Ernährungstipp, der Ihnen hilft, sich natürlich und gesund zu ernähren.
Gute Gewürzproduzenten prüfen die Rohware auf den Gehalt an würzenden Substanzen. Der gute Markenname – und auch der Preis – ist dabei in den allermeisten Fällen ein Indiz für qualitativ gute Ware. Neben der Auswahl der Rohware spielt auch die Verarbeitung eine Rolle. Werden Gewürze mit ätherischen Ölen – das sind die Substanzen, die man auch riechen kann – beim Mahlen zu stark erhitzt, dann verflüchtigen sie sich, genau wie übrigens beim unsachgemässen Lagern vor der Abfüllung in die Gläschen.
Apropos Gläschen: Da Gewürze – und ihre Inhaltsstoffe – nicht nur luft-, sondern auch lichtempfindlich sind, sollte man solche in dunklen Gläsern oder lichtdichten Verpackungen vorziehen. Drehen Sie mal im Supermarkt ein helles, durchsichtiges Paprikagläschen um, und Sie sehen, was schon das Neonlicht anrichtet.
Ein weiterer Tipp heisst: Gewürze weg vom Herd. Kardinalfehler der – offenbar nicht kochenden – Küchenplaner ist es, die Gewürzbatterie so griffbereit wie möglich in der Nähe von Hitze und Küchendunst zu platzieren. Dort haben nur die Gewürze etwas zu suchen, die man direkt zum jeweiligen Gericht braucht. Alle anderen bitte licht- und wärmegeschützt weg vom Herd in den Küchenschrank.
Und noch etwas: Stark duftende Gewürze immer in kleinen Mengen kaufen. Das Preisargument einer Grosspackung zieht nicht, angesichts der Minimengen, die man von guten Gewürzen benötigt. Überalterte Ware taugt nichts. Knoblauch, der nicht riecht, wirkt nicht mehr. Und so ist es auch mit vielen anderen Gewürzen.
Selbst beim einfach anmutenden Gewürzsalz gibt es Unterschiede in der Herstellung, die sich deutlich in Geschmack und Würzintensität der Mischung bemerkbar machen. Während billige Gewürzsalze aus dem Supermarkt oder beim Discounter aus Preisgründen meist nur getrocknete und gemahlene Gartengemüse enthalten, geben sich Produzenten für die Bioläden oder die Reformhäuser mehr Mühe.
Wer Wert auf höchste Würzkraft und damit Geschmack legt, sollte sich keine gemahlenen Gewürze kaufen, sondern ganze Körner oder (Muskat-)Nüsse. Die empfindlichen ätherischen Öle entfalten dann ihr volles Aroma, wenn z. B. Pfeffer- oder Kümmelkörner erst kurz vor Gebrauch in einem Mörser zerstossen oder in einer Gewürzmühle (gibt es mit Stahl- oder Keramikmahlwerk im Haushaltswarenhandel) gemahlen werden.
Denn bei Gewürzen gilt: Geschmack ist gleich Wirkung.