Schon in Plinius’ „Naturgeschichte“ ca. 77 n. Chr. fanden die Muskatnuss („Nuces moschatae“) und ihre rote Samenhülle, die Macis oder Muskatblüte, Erwähnung. Einst kostbarstes und gefragtes Gewürz, hat die Muskatnuss heute im Gewürzregal genauso ihren Platz wie in der Heilkunde.
Autorin: Katja Chmelik
Von den bis zu 15 Metern hohen, grazilen, immergrünen Muskat-Bäumen, der „Myristica fragrans“, die 100-jährig werden können, strömt ein betörender, süsslicher Duft aus. Er sorgte schon immer dafür, dass die Nase der Orte, an denen er wächst, schon kundig wurde, bevor das Auge sie erblickte. Ihr Laub erinnert an Lorbeer.
Nach acht bis zehn Jahren tragen die Bäume erstmals Früchte, genauer einsamige Beeren, die einer Quitte ähneln. Muskatnüsse, die Samen, sind oval-rund, 25 bis 27 Millimeter lang, dazu von Beginn an kräftig verrunzelt, netzartig und von nussbrauner Farbe. Die Macis besticht mit milderem, zarterem Aroma.
Das würzigste Aroma haben die runden, kugeligen Muskatnüsse. Aus minderwertigen Nüssen gewinnt man Öl und die so genannte Muskatbutter, ein halbfestes, rotbraun gefärbtes Fett mit intensivem Geruch und Geschmack nach Muskatnuss.
Apotheker in Europa erkannten schon früh den «ungeheuren Vorteil» des neuen Gewürzes während den Pestepidemien. Siechende zahlten, was immer verlangt wurde, für die lebensspendenden Duftkugeln. Auch als Parfüm vertraute man kleinen, um den Hals getragenen Kugeln, angefüllt unter anderem mit dem würzigen Muskat.
Die Muskatnuss enthält bis zu 16 Prozent ätherisches Öl. Ein bestimmtes, Myristicin, vermag eine halluzinogene Wirkung zu entfachen. Immerhin ist dafür die happige Menge einer halben bis ganzen Nuss (5 bis 20 Gramm) zu konsumieren.
Diese anregende Substanz ist Ausgangsstoff für die Liebesdroge MDA genauso wie für die „Partydroge“ Ecstasy. Weitere Inhaltsstoffe weisen meskalin- und amphetaminähnliche Strukturen auf.
Individuell verschieden zeigen sich Nebenwirkungen, die aufgrund anderer Bestandteile häufig weniger euphorisierend wirken: Müdigkeit, Verwirrung, andauernde Übelkeit bis Herzbeklemmungen können sich einstellen. Zusätzlich kann die Leber geschädigt werden, und ein erhöhtes Krebsrisiko liegt vor. Für Schwangere besteht darüber hinaus eine abortive Wirkung.
Gleichwohl ist Muskat verdauungsfördernd, entzündungshemmend, schleim- und krampflösend, soll bei Nierenleiden, als Magenmittel bei Blähungen und sogar der Ruhr helfen. Er hat antiseptische und desinfizierende Eigenschaften und steht der Galle in deren Flüssigkeitsproduktion bei.
Im asiatischen Raum wird die Muskatnuss als Heilmittel in vielerlei Form geschätzt. Die indische Heilkunde schätzte den Beitrag der Muskatnuss bei Malaria, Rheuma und im Frühstadium der Lepra. Bei uns wird Muskat industriell in der Pharmazie und Parfümerie sowie in der Seifen-, Pflaster- und Salbenherstellung eingesetzt.
Frisch gerieben in Gesichtscremes gerührt, fördert er die Durchblutung und schenkt samtweiche Haut.
Heute wird der „echte Muskatnussbaum“ überall in den Tropen kultiviert.
Die beste Qualität wächst in Westindien, speziell im Gebiet um Grenada. Auf den Plantagen hält man die Bäume der Einfachheit halber nur sechs Meter hoch. Gut gepflegt, liefert ein Baum jährlich 2000 und mehr Nüsse.
Nach neunmonatiger Reife springen die Früchte erntebereit auf. Einmal abgepflückt, entfernt man Fruchtfleisch und Macis und lässt die Schalen austrocknen. Wenn diese ganz trocken und hart geworden sind, werden sie aufgeschlagen und die Nüsse können herausgesiebt werden.
Zwar sind Muskatnüsse heute keine staunenswerten Preziosen mehr, aber ihr vorzügliches Aroma und ihre interessanten Eigenschaften reservieren ihnen nach wie vor einen exklusiven Platz im Gewürzregal und in der Heilkunde.
Quelle: Dieser um den historischen Teil stark gekürzte Artikel ist in ganzer Länge in der Dezember-Ausgabe 2006 der „A.Vogel Gesundheits-Nachrichten“ erschienen.