In den Küchen der ganzen Welt sind die Zwiebeln beliebt und unentbehrlich. Auch als Heilmittel werden sie eingesetzt, so unter anderem bei Appetitlosigkeit, zur Vorbeugung altersbedingter Gefässveränderungen und bei Erkältungen. Alles über einen der weltweit beliebtesten Grenzfälle zwischen Gewürz und Gemüse.
Autorin: Dr. Claudia Rawer, 11.13
Neben den Klassikern wie Zwiebelsuppe, gefüllten Zwiebeln, elsässischem Flammkuchen oder Zwiebelkuchen dient die Zwiebel als Salatgarnitur, Saucenbasis und Suppenwürze. Bohnen, Erbsen oder Pilze bekommen mit feinen Zwiebelwürfelchen erst den richtigen Pfiff.
Zu italienischen Antipasti gehören in Balsamico marinierte Borettane-Zwiebeln, eingelegte Silberzwiebeln zu Raclette, und in jedem englischen Pub findet sich ein grosses Glas mit «pickled onions» auf der Theke. Zahllose regionale Spezialitäten leben von der Zwiebel, vom Berliner Zwiebelfleisch bis zum schwäbischen Zwiebelrostbraten.
Bei dieser Internationalität wundert es auch kaum, dass uns das mittelhochdeutsche Cipolle ganz italienisch in den Ohren klingt; man Bolle oder Böllen in Brandenburg wie in der Schweiz sagt, und die bernischen Zibele sich lautlich wenig von den ostfriesischen Zipeln unterscheiden. Man feiert die würzige Knolle wie kaum ein anderes Gemüse: Zwiebelfeste gibt es in Bern, in Weimar und im süddeutschen Esslingen, von Frankreich bis Gran Canaria und in den USA vom nördlichen Washington bis New Mexico ganz im Süden.
Die Zwiebel ist nicht nur ein allseits beliebter Alleskönner, sie ist auch gesund. Sie liefert reichlich Vitamin C, Kalium und Ballaststoffe. Dem schwefelhaltigen ätherischen Öl Allicin und anderen Schwefelverbindungen der Zwiebel schreibt man eine natürliche antibakterielle Wirkung zu. Der Pflanzenfarbstoff Quercetin, in Zwiebeln besonders in den äussersten Ringen reichlich enthalten, wirkt krebshemmend. Die Saponine der Zwiebel regulieren das Cholesterin; sie wirkt blutdrucksenkend und durchblutungsfördernd. Bekannt ist auch ihre lindernde Wirkung als Hustensirup (besonders für Kinder), bei Insektenstichen und Ohrenschmerzen.
Ein wirksames «Arzneimittel» hat meist auch unerwünschte Nebeneffekte. Zwiebeln wirken blähend. Das liegt am geschmacksprägenden Zucker Rhamnose. Er wird im menschlichen Darm nicht resorbiert, steht somit den Bakterien der natürlichen Darmflora zur Verfügung, und es kommt zu einer verstärkten Gasbildung. Zwiebeln regen die Darmbewegung an – an sich positiv, aber es kann auch zu Durchfall kommen. Der hohe Kaliumgehalt führt manchmal zu verstärkter Harnausscheidung. Sehr selten sind Allergien auf Zwiebeln.
Bei der Einnahme von Zwiebelzubereitungen über mehrere Monate, z.B. Zwiebelsirup oder Tinktur, ist zu beachten, dass der Inhaltsstoff Diphenylamin in grösseren Mengen die Nieren schädigt. Es sollten maximal 35 Milligramm am Tag aufgenommen werden.
Sehr ungesund sind Zwiebeln übrigens für Haustiere, insbesondere Katzen, Hunde und Pferde. Sie enthalten ein Sulfid, das bei diesen Tieren die roten Blutkörperchen zerstört. Schon geringe Mengen, egal ob roh, gekocht oder getrocknet, können unter Umständen tödlich wirken.
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Bei aller Beliebtheit haben Zwiebeln eine höchst unangenehme Eigenschaft: Beim Schneiden treibt sie uns das Wasser in die Augen. Aus der Aminosäure Alliin entsteht Allicin, das für Geruch und Geschmack wie für die antibakterielle Wirkung der Zwiebel sorgt, leider aber auch die Schleimhäute stark reizt. Selbst der Gourmet Goethe seufzte: «O, mir sind auch gar oft die Augen übergegangen, und täglich ist mirs noch, als röche ich die Zwiebel.»
Die Liste der Hausmittel gegen diese traurige Nebenwirkung ist lang, bei allen Zwiebelschneidern wirksam ist bisher keines. Übrigens: Je stärker uns eine Zwiebel zum Weinen bringt, desto frischer ist sie. Ältere Exemplare haben Saft und damit ätherische Öle verloren.
Beim typischen Duft ahnt man es kaum, doch die Zwiebel (botanisch Allium cepa) gehört ebenso wie ihre Verwandten Lauch, Bärlauch und Schnittlauch zur Familie der Liliengewächse. Wo genau unsere heutige Küchenzwiebel herkommt, weiss man nicht mehr, vermutet aber eine Herkunft irgendwo zwischen Afghanistan, Iran und Turkmenistan. Die alten Ägypter schätzten die Zwiebel sehr, bei den römischen Legionären gehörte sie zu den Grundnahrungsmitteln. Mit den Römern kletterte die Zwiebel dann auch über die Alpen und gelangte im frühen Mittelalter zu uns.
Der kleine, grosse Bruder von der Zwiebel im A.Vogel Pflanzenlexikon:
In der Küche kommen einige Varietäten des würzigen Gewächses zum Einsatz. Spricht man von «der Zwiebel», ist in aller Regel das gängigste Modell gemeint, die Küchenzwiebel mit brauner Haut und weissem Innenleben. Je nach Anbaumethode wird von Sommer- und Winterzwiebeln gesprochen. Sommerzwiebeln werden im Frühjahr gesät oder gesteckt und zwischen August und Oktober geerntet.
Späte Sorten von fester Konsistenz können bis zum Frühjahr des Folgejahres gelagert werden. Die milderen Winterzwiebeln werden im August gesät und reifen im nächsten Frühling. Sie werden ab Juni geerntet, sind jedoch nur kurze Zeit lagerfähig.
Die Riesenvariante der Speisezwiebel ist die leicht süsslich schmeckende Gemüsezwiebel, auch Spanische oder Madeira-Zwiebel, die sich besonders zum Füllen eignet. Sie liebt es warm und wird daher aus Spanien, Ägypten und von den kanarischen Inseln importiert. Da sie weniger scharf als ihre kleinen Verwandten ist, wird sie auch gerne roh oder als Zwiebelgemüse gegessen.
Rote Zwiebeln schmecken relativ mild und machen sich dekorativ in Salaten und als Zwiebelconfit. Weisse Zwiebeln findet man bei uns selten; in Südeuropa sind sie jedoch wegen ihres feinen Geschmacks und ihrer langen Lagerfähigkeit sehr beliebt.
Die Silberzwiebel ist eine Varietät der Küchenzwiebel. Der besonders kleinen Sorte fehlt die robuste Schale der grösseren Verwandten, sie wird nur von einer weissen bis silbrig schimmernden Haut umhüllt. Das macht sie sehr empfindlich, so dass sie kaum frisch erhältlich ist und in aller Regel als Sauerkonserve endet.
Die Schalotte (botanisch Allium cepa var. aggregatum oder Allium ascalonium) gilt als mildeste und feinste Zwiebel. Sie ist nicht so scharf und tränentreibend, aber aromatisch und würzig. Es gibt verschiedene Zuchtsorten der Schalotte, manche sind rundlich mit goldgelber Schale, ähnlich der Küchenzwiebel, manche von länglicher Form.
Die edelste und pikanteste ist die schmale, feste Graue Schalotte mit grauer Schale und violetter Knolle. Schalotten sollten deutlich kleiner sein als «normale» Zwiebeln, höchstens von der Grösse einer Knoblauchknolle. Leider mehrt sich in letzter Zeit die Unsitte, fast küchenzwiebelgrosse Schalotten in den Handel zu bringen, was weder Geschmack noch Lagerfähigkeit gut tut.
Der Silberzwiebel ähnlich, aber botanisch ein Lauch, ist die Perlzwiebel. Die hasel- bis walnussgrossen Zwiebelchen sind eine Variante des Ackerlauchs. Alte Lauchsorten bilden an der Basis kleine Brutzwiebeln aus. Durch Zucht wurden die Eigenschaften «Perlzwiebeln» und «Lauchstange» getrennt, sodass es nun Lauchsorten ohne Zwiebelbildung, unseren Küchenlauch oder Porree, sowie Perlzwiebelsorten (Allium porrum var. sectivum) mit vielen Nebenzwiebelchen gibt.
Perlzwiebeln haben wie Silberzwiebeln eine helle, silbrig schimmernde Aussenhaut und werden ebenfalls meist als sauer eingemachte Konserven angeboten. Entdecken Sie sie als Frischware, greifen Sie zu: Perlzwiebeln eignen sich besonders gut für Schmortöpfe und gehören beispielsweise ins französische Traditionsgericht «Boeuf bourgignon».
Namenswirrwarr gibt es um die Frühlingszwiebel. Manchmal wird sie als «Winterzwiebel» bezeichnet, was zu Verwechslung mit der über Winter angebauten Speisezwiebel führt, manchmal werden auch ganz junge Küchenzwiebeln unter diesem Namen angeboten. Sie ist aber eine eigene Art (Allium fistulosum); andere Namen sind Lauchzwiebel, Bundzwiebel, Schlottenzwiebel oder Winterheckenzwiebel.
Diese Form hat lange, hohle, grüne Stängel und nur einen kurzen, ganz schlanken, weissen Schaft mit hellen Wurzeln – keine Knolle. Früher fehlte sie in keinem Bauerngarten: Sie ist frosthart (verträgt allerdings keine Staunässe) und lässt sich gut durch Teilung älterer Horste vermehren. Bis in den Winter hinein kann man das frische Blattgrün ernten, im Frühjahr treibt die Pflanze wieder aus.
In der Küche ist die Lauchzwiebel sehr vielseitig: Die Röhren, in Ringe geschnitten, schmecken roh im Salat, in Dips, auf einem Tomatenbrot oder über eine Gemüsesuppe gestreut, die schlanken Schäfte sind in Gemüse-Quiches, sanft gebraten oder vom Grill ein Gaumenschmaus.
Ein Unikum unter den Zwiebeln ist die Etagenzwiebel (Allium proliferum) auch Luftzwiebel genannt. Sie bildet anstatt Blüten und Samen auf ihrem Blütenstängel Brutzwiebeln (Bulbillen), die in mehreren Etagen heranwachsen.
Sowohl die Zwiebel im Boden als auch die kleinen Luftzwiebeln und das Grün der Stängel sind essbar und werden zum Würzen wie andere Zwiebeln genutzt. Die kleinen Etagenzwiebeln sind auch sehr gut fürs Schmoren und zum Einlegen geeignet.
Die gängigen Zwiebelsorten sind das ganze Jahr über in den Geschäften im Angebot. Zwiebeln gedeihen aber auch im Hausgarten ausgezeichnet. Aus Steckzwiebeln gezogene Speisezwiebeln sind schon ab Juli erntefähig, aber weniger lang haltbar als gesäte Zwiebeln. Aus Saat gezogene Zwiebeln werden nicht so gross wie Steckzwiebeln, sind aber besser lagerfähig.
Schalotten gibt es nur sehr selten als Samen, sie werden fast immer gesteckt. Da Perlzwiebeln nur selten im Handel zu finden sind, ist es besonders lohnend, sie sich in den Garten zu holen, wenn man die kleinen Zwiebelchen mag. Sowohl Frühlingszwiebel als auch Etagenzwiebel sind winterhart und mehrjährig.
Küchenzwiebeln sollten nach Möglichkeit immer ganz verbraucht werden – einmal angeschnitten, werden sie schnell schal. Zum Einfrieren eignen sich rohe Zwiebeln nicht; das Aroma geht verloren und sie werden schnell matschig. Es ist ja auch kaum nötig, da sich Küchenzwiebeln, trocken, luftig und dunkel aufbewahrt, lange halten. Frühlingszwiebeln allerdings bewahren Sie am besten im Kühlschrank auf.