Eine Harnwegsinfektion ist bei Frauen leider keine Seltenheit: 50 bis 70 Prozent leiden mindestens einmal im Leben an einer Blasenentzündung (Zystitis). Was hilft? Welche Massnahmen können Frauen ergreifen?
Autorin: Judith Dominguez
Neben pflanzlichen Arzneimitteln aus frischen Bärentraubenblättern und -triebspitzen sowie dem blühenden Kraut von Rotem Sonnenhut (lat. Echinacea purpurea) können folgende Massnahmen die Symptome einer Blasenentzündung lindern:
Lindern Symptome einer Blasenentzündung: frische Bärentraubenblätter und -triebspitzen
Schmerzen beim Harndrang und häufiges Wasserlassen sind typische Zeichen einer sich anbahnenden Blaseninfektion. Fast ununterbrochen meldet die Blase dem Gehirn, es sei Zeit, zur Toilette zu gehen. Trotz Drücken und Pressen können dort aber nur kleine Mengen oder gar nur einzelne Tropfen Urin ausgeschieden werden. Der ständige Harndrang und der darauf oftmals folgende Versuch zu Urinieren ist von einem brennenden Gefühl und Schmerzen begleitet. Die Blase ist leer und der Drang, sie zu entleeren, bleibt. Eine unangenehme Geschichte.
Schuld an diesen Symptomen sind Bakterien, in seltenen Fällen auch Pilze, die der Harnröhre entlang in die Blase wandern. Mädchen und Frauen sind sehr viel häufiger als Männer von diesem Übel betroffen. Denn die Harnröhre der Frau ist kürzer und die anatomischen Gegebenheiten im Intimbereich erleichtern den krankmachenden Mikroorganismen das Eindringen in die Harnblase sehr. Der Eingang der weiblichen Harnröhre liegt in unmittelbarer Nähe des Darmausgangs. Während in der Blase Bakterien nichts verloren haben, ist der Darm dicht besiedelt. Die lästigen Infektionskeime sind nämlich in der Regel nicht etwa fremde Eindringlinge, sondern sie wandern aus dem Darm in die Blase.
Unser Darm beherbergt ungefähr vierhundert verschiedene Bakterienstämme und das ist auch gut so. Die Gemeinschaft dieser Billionen Mikroorganismen nennt man Darmflora, obwohl Bakterien nicht zu den Pflanzen gehören. Aber sie bilden im Darm ein Ökosystem, welches wichtige Funktionen hat. Die Darmflora ist Bestandteil unseres Immunsystems und fördert die Abwehr. Die kleinen Lebewesen helfen uns, die verzehrten Nahrungsmittel optimal zu verwerten und bilden Vitamine für uns. Aber das ist noch lange nicht alles, was die Darmflora für unser Wohlergehen tut. Eine gesunde Zusammensetzung von Bakterien in unserem Darm ist die beste Vorbeugung gegen Blasenentzündungen.
Auf den ersten Blick scheint dieser Zusammenhang nicht eben logisch. Doch die meisten Blasenentzündungen werden von Escherichia coli verursacht. Ein Bakterium, das vereinfacht als Kolibakterium bezeichnet wird und sich in unserem Darm heimisch fühlt. Es mag das warme feuchte Klima dort und labt sich gern an den vielen Nährstoffen, an denen es sich reichlich bedienen darf. Alle Säugetiere sind auf diese Winzlinge angewiesen und leben in Symbiose mit ihnen – das heisst zum gegenseitigen Vorteil. Kolibakterien produzieren zum Beispiel Vitamin K, das für die Blutgerinnung und den Knochenbau notwendig ist. Ein nützliches Bakterium also, ein wahrer Freund, solange es sich nicht übermässig vermehrt und schön brav im Darm wohnen bleiben.
Natürlich verlassen die Kolibakterien nicht aus eigener Initiative den Darm und wandern in die Harnröhre. Das besorgen wir in aller Regel leider selbst. Das nennt man Schmierinfektion. Die beste Prophylaxe gegen Blasenprobleme ist deshalb eine sorgsame Hygiene. Heisst: sich nach dem Stuhlgang konsequent und achtsam von vorne nach hinten abzuwischen und ganz sicher nie umgekehrt. Das hilft Zystitis, wie die Blasenentzündung in der Fachsprache heisst, zu verhindern. Sexuell aktive Frauen sind besonders von diesem schmerzenden Infekt betroffen, weil es durch den Geschlechtsakt zu einer Verschleppung der Bakterien kommen kann. Bei häufigem Geschlechtsverkehr sollte besonders auf eine gute Hygiene geachtet werden:
Dagegen hilft, wenn nach jedem sexuellen Kontakt die Blase vollständig entleert und der Intimbereich mit Wasser gründlich abgeduscht wird. Auf seifenhaltige Produkte sollte man besser verzichten, denn diese schwächen die Abwehr im Intimbereich und erhöhen so das Infektionsrisiko.
Nicht nur Sex, sondern auch dessen Folgen können das Risiko für Blasenentzündungen (Cystitis) erhöhen. Schwangere Frauen stecken sich nicht nur leichter an, vielmehr kann die Entzündung schwerwiegende Schwangerschaftskomplikationen auslösen. Nicht immer sind Funde von Bakterien im Urin von Symptomen begleitet, dennoch ist die Gefahr von Frühgeburten erhöht. Die Gebärmutter dehnt sich während der Schwangerschaft aus, damit der werdende kleine Mensch genug Raum zum Wachsen erhält. Das erhöht den Druck auf die Blase, so dass diese teilweise richtig eingeklemmt wird. Kommt noch dazu, dass der Urin von Schwangeren mehr Zucker und Eiweisse enthält. Und da Bakterien „Schleckermäuler“ sind, vermehren sie sich noch schneller als sonst.
Ältere Frauen und alle, die an Miktionsstörungen leiden, zählen ebenfalls zu den Risikogruppen. Besonders gefährdet sind Frauen mit einer Harninkontinenz. Ist der Blasenschliessmuskel alt und schlaff, verschliesst er die Harnröhre nicht mehr richtig. Das heisst, die Harnblase kann den Urin nicht mehr in ausreichenden Mengen sammeln. Folge davon ist ein kontinuierlicher Verlust des Wassers. Je nach körperlicher Situation gibt es verschiedene Hilfsmittel, um diesem Übel soweit beizukommen, dass sich die Betroffenen trotzdem ungeniert in der Öffentlichkeit bewegen können. In den meisten Fällen entscheidet man sich für entsprechendes Inkontinenzmaterial. Von diesen saugfähigen Einlagen für Erwachsene gibt es eine unüberschaubare Vielzahl an unterschiedlichen Produkten. Das Tragen solcher Einlagen erhöht die Gefahr einer Infektion der Blase besonders dann, wenn gleichzeitig auch eine Stuhlinkontinenz vorhanden ist.
Kinder sind weniger oft von Blasenentzündungen betroffen als Erwachsene, doch bei kleinen Mädchen kommt dieser Infekt hin und wieder vor. Ursachen sind meistens Schmierinfektionen. Die Kinder kennen die Hygiene noch wenig oder achten nicht besonders darauf. Muss zum Beispiel ein Mädchen ausgerechnet während einer intensiven Spielphase stuhlen, so nimmt es sich wohl kaum richtig Zeit, sich sorgfältig zu putzen. Und schon ist es passiert. Nur sind die Symptome bei den Kleinen schwieriger zu erkennen. Gehen die Mädchen häufig auf die Toilette oder beginnen sie sich gar wieder einzunässen, ist ein Urintest angezeigt.
Knaben und Männer leiden nur sehr selten an quälendem Harndrang in Folge einer Blasenentzündung. Und wenn doch, sind meist ältere Männer davon betroffen. Das hat mit der Prostata zu tun, die sich im Alter nicht selten vergrössert und dann auf den Harnapparat drückt. Ist der Druck genug gross, dass sich die Blase nicht mehr ganz entleert, bleibt immer etwas Urin im Hohlorgan zurück. Das ist eine ausgezeichnete Brutstätte für Bakterien. Blasenentzündungen bei älteren Herren können ein erstes Zeichen für eine Prostatavergrösserung sein und sogar manchmal rechtzeitig auf einen sich entwickelnder Tumor hindeuten. Älteren Männern ist deshalb empfohlen, sich bei Beschwerden immer ärztlich untersuchen zu lassen.
Besteht der Verdacht auf eine Entzündung der Blase, kann dies mit einem einfachen Urintest nachgewiesen werden. Apotheken verkaufen solche Schnelltest-Streifen für zu Hause. Für den Test benötigt man den ersten Morgenurin. Dieser hat schon ein paar Stunden in der Blase gelegen. Der Teststreifen wird kurz in den Mittelstrahlurin gehalten. Das heisst, man löst zuerst etwas Wasser in die Toilette, damit Verunreinigungen am Ausgang der Harnröhre weggeschwemmt werden, dann nimmt man die Probe für den Test und den Rest der Blase entleert man wieder in die Toilette. Die Teststreifen zeigen durch farbliche Verfärbungen die gemessenen Inhaltsstoffe an. Mit Hilfe der dazu gelieferten Farbvergleichsskala kann man das Messresultat selbst ablesen. Hohe Nitritwerte sind sicheres Zeichen eines entzündlichen Prozesses. Nitrit, ein chemischer Stoff aus Stickstoff und zwei Sauerstoffmolekülen, kommt im Harn normalerweise nicht vor. Er wird von den Bakterien gebildet. Mit diesen einfachen Schnelltests lassen sich die meisten Harnwegsinfekt erkennen.
Blasenentzündungen sollten immer behandelt werden, damit die Bakterien nicht weiter im Körper hochsteigen und das Nierenbecken (Pyelonephritis) oder gar die Niere selbst befallen. Die erste Wahl ist häufig eine Behandlung mit Antibiotika. Bekanntlich töten diese chemischen Stoffe fast alle Bakterien im Handumdrehen. Mit Antibiotika klingen die Symptome rasch ab, nur leider sind Rückfälle recht häufig. Antibiotika lassen nicht nur die krankmachenden Keime in der Blase sterben, sondern auch unsere Freunde im Darm welche eigentlich mithelfen, Blasenentzündungen zu vermeiden. Ein Teufelskreis. Dieses Hin und Her von Rückfällen und Antibiotikatherapie kann nur mit alternativen Behandlungen durchbrochen werden.
Sind Personen von einem unkomplizierten Harnwegsinfekt betroffen, werden neu auch Heilpflanzen und der Einfachzucker Mannose als Alternative zu Antibiotika empfohlen. Dies geht aus der aktuellen Leitlinie der deutschen Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. hervor. Neue Empfehlungen für Heilmittel bei Harnwegsinfekten.
Zur Vorbeugung häufig chronischer Blasenentzündungen kann D-Mannose empfohlen werden. Mannose gilt als gut verträglich und hat sich in der Praxis bewährt – weniger zur akuten Behandlung, vielmehr zur Vorbeugung.
Alles, was die körpereigene Abwehr stärkt, vermindert das Infektionsrisiko: viel Bewegung an der frischen Luft, eine vitaminreiche Ernährung und ausreichend Schlaf. Ruhe stärkt, während Stress schwächt. Und da wäre natürlich noch das Vitamin C, welches in grossen Mengen in Zitrusfrüchten vorkommt, in diesem Falle aber nicht zu empfehlen ist.
Die Fruchtsäure gelangt in den Urin und raut die empfindlichen Schleimhäute auf. Das Kolibakterium hat auf seiner Oberfläche viele winzige Haftarme, mit denen es sich an der Blasenwand festzuhalten versucht. In kleinsten Ritzen und Wunden können sich die Schädlinge deshalb leichter einnisten. Andere reizende Stoffe wirken ganz ähnlich, dazu gehören Kaffee, Schwarztee und alle alkoholischen Getränke.
Orangensaft ist folglich nicht gut, viel trinken aber schon. Je mehr getrunken wird, desto mehr Wasser wird über die Blase ausgeschieden. Bei jeder Entleerung spülen wir gleich noch eine ganze Menge der lästigen Erreger mit hinaus. Je mehr wir die Blase füllen und Wasser lassen, desto besser. Viel Wasser trinken hilft gut. Noch besser, wenn diuretische und entzündungshemmende Kräuter als Tee aufgegossen werden. Brennnesseln, Birken- und Bärentraubenblätter, Thymian und viele weitere Heilpflanzen können sowohl zur Behandlung als auch als Therapie getrunken werden. Für alle, die sich die Mischungen nicht selbst zubereiten wollen, gibt es eine gute Auswahl an Blasentees oder Kräuterdragees, die alle sehr wirkungsvoll sind.
Mit Abstand am besten aber wirken Preiselbeeren. Ihr roter Saft ist ein erfrischendes Getränk und wer auf Nummer sicher gehen will, streicht Preiselbeermarmelade aufs Brot und knabbert getrocknete Früchte zwischendurch. Wie die Preiselbeeren genau wirken, ist nicht abschliessend erforscht. Vermutlich aber lähmen sie die Haftarme der Kolis, damit sich diese nicht festhalten können. Preiselbeeren nimmt man am besten kurz vor dem Schlafen ein, damit deren Inhaltsstoffe die ganze Nacht über in der Blase verweilen und ihre Wirkung entfalten.
Neben diesen Behandlungsmöglichkeiten ist auf eine gute Miktionshygiene zu achten. Wer anfällig für Blasenentzündungen ist oder zu einer Risikogruppe gehört, sollte die Blase häufig leeren und nicht warten, bis es richtig drängt. Je länger die Bakterien innerhalb der Blase sind, desto mehr Unheil richten sie an. Nicht vergessen, die Hände vor dem Toilettengang zu waschen, damit man nicht etwa beim Abwischen Bakterien im Intimbereich deponiert.
Die Unterwäsche ist täglich zu wechseln. Wie bei anderen Infekten auch, hilft auch Wärme gut als Vorbeugung. Sich „untenherum“ warm anziehen, auch wenn das nicht der Mode entspricht oder im Winter eine Bettflasche auf den Bauch legen, unterstützt die Abwehr und lindert die krampfartigen Schmerzen. Warme Sitzbäder mit heilenden Kräutern tun der gereizten Blase gut.
Manchmal ist trotz aller Massnahmen eine Antibiotikatherapie notwendig. Es lohnt sich dabei ,an die armen Freunde im Darm zu denken und gut für die Darmflora zu sorgen. Das ist leicht mit viel Gemüse, Salaten und Früchten machbar. Lebensmittel mit uns wohlgesinnten Bakterien – wie in Joghurt oder Sauerkraut enthalten – bauen die Flora in den Darmzotten effektiv auf. Es gibt ausserdem Milchsäurebakterien in Tablettenform und Medikamente zur Darmsanierung nach Antibiotikatherapien.