Tabuthema Inktontinenz und Blasenschwäche – Männer wie Frauen sind betroffen, jüngere ebenso wie ältere. Nur: Man spricht zu wenig darüber.
Autorin: Ingrid Zehnder-Rawer, 9/06
Obwohl nahezu jede dritte Frau an einer „schwächelnden“ Blase leidet, muss nicht zwangsläufig jede dritte Frau irgendwann im Sanitätsshop Windeln kaufen. Aber da nicht jede dritte Frau mit jeder dritten Frau darüber spricht und die anderen zwei das Thema Harninkontinenz auch vermeiden, entstehen viele bange Phantasien, wie es einst sein wird, wenn man sich nur noch in Höschenwindeln auf der Strasse trifft. Malen Sie sich solche Bilder lieber nicht aus – wenden Sie sich den Möglichkeiten der Prävention und Hilfe zu.
Den Urin tröpfelnd oder gar nicht mehr halten zu können, ist ein Tabuthema. Tabuthemen haben die Angewohnheit, sich im Kopf und Herzen aufzublähen, sie machen unsicher und hilflos. Daher ist es wichtig, sie aus ihrem Schattendatein zu befreien. Sicher kennen Sie diese Situation: Öffnet man sich selbst einem schamvollen und angstbesetzten Thema gegenüber, eröffnen sich viele Menschen ebenfalls, die ähnliches erleben oder erleiden. Welch eine Erleichterung, sich endlich darüber auszutauschen!
Das Thema Harninkontinenz gehört dazu. Dass sie betroffen sein können, spüren viele das erste Mal beim Lachen, Niesen, Laufen oder Treppensteigen. Auf einmal gehen ein paar Tröpfchen in die Hose. Etwa vier bis fünf Millionen Menschen allein in Deutschland, etwa 400'000 in der Schweiz, leiden an Harninkontinenz. Die „Dunkelziffer“ ist jedoch möglicherweise viel höher. Dabei kann, wer Warnsignale erst nimmt, einiges dafür tun, damit das Tröpfeln nicht zum Lebensthema wird.
Inkontinenz ist auch ein Männer-Thema!
Eine Blasenschwäche entsteht durch Funktionsstörungen in drei Organbereichen: in der Blasen-Muskulatur, im Verschluss-System der Harnröhre oder im Nervenzentrum. Je nachdem, wo die Störung liegt, kommt es zu unterschiedlichen Inkontinenz-Formen, bei denen der Harn entweder tropfenweise abgeht oder sich die Blase komplett entleert.
Die häufig verwendete Bezeichnung Stressinkontinenz stammt aus dem Englischen. Stress bedeutet dort Belastung jedweder, also auch körperlicher Art. Im deutschen Sprachgebrauch wird Stress jedoch mit psychischem Druck in Zusammenhang gebracht. Daher wurde in den letzten Jahren der Begriff Stressinkontinenz durch Belastungsinkontinenz ersetzt.
Jetzt wird deutlich, was genau gemeint ist, denn Treppen steigen, Tüten tragen, lautes Lachen, Husten, Niesen sind muskuläre Vorgänge, und die können unter Umständen zu ungewolltem Harnverlust führen.
Es gibt auch hier wieder Unterschiede und Schweregrade. Diese zu bestimmen ist im Gespräch mit einem Experten möglich. Der Arzt oder Heilpraktiker kann dann auf die verschiedenen Massnahmen eingehen.
Die Blase ist überaktiv. Der Betroffene hat das Gefühl, dass er den Weg auf die Toilette nicht schafft. Seelische Belastungen, Aufregungen, Trauer, auch fröhliche Anspannung und heftiges Lachen können Grund für diese Form der Harninkontinenz sein. Manchmal liegen die Beschwerden auch mehr im sensorischen Bereich. Dann haben die Betroffenen häufiger als nötig das Gefühl der vollen Blase. Auch hier hilft der Arzt, Unterscheidungen zu treffen.
Bei vielen Frauen treten die Symptome von Belastungs- und Dranginkontinenz zusammen auf. Oft dominiert dabei die Belastungsinkontinenz.