Wenn die Windelentwöhnung nicht nach Plan läuft und sich auch noch grössere Kinder oder gar Erwachsene unwillkürlich einnässen, spricht die Medizin von Enuresis.
Ein Säugling uriniert bis zu 20 Mal am Tag kleine Harnmengen – sobald eine entsprechende Blasenfüllung erreicht ist, wird der Reflex ausgelöst.
Eltern können bereits ab dem ersten Lebenstag ihr Kind beim Trockenwerden unterstützen. Die Schweizer Entwicklungspädagogin Rita Messmer empfiehlt dazu die «Windelfrei»-Methode (auch «hello nappy» genannt). Ihr zugrunde liegt die Beobachtung, dass Säuglinge eine sensible Phase für die Reinlichkeit haben, die vom ersten Lebenstag an offen ist und sich etwa gegen Ende des dritten Lebensmonates schliesst. Während dieser Zeit sollten Eltern ganz bewusst auf die Signale des Babys achten: Unruhigwerden, leichtes Weinen, Absetzen beim Stillen, Augenkontakt suchen – alles Zeichen für Harndrang beim Säugling. Das Kind sollte folglich entblösst (Windel weg) abgehalten werden, z.B. über der Toilette, einem Töpfchen, dem Waschbecken oder sonstigem Geeigneten. Dazu fasst man das Baby an den Oberschenkeln, stützt seinen Rücken mit dem eigenen Körper ab und sagt dem Kind, dass es nun kann/darf. Die Eltern unterstützen das Wasserlassen mit einem passenden Geräusch, z.B. «psss». Diese frühe Abhalte-Methode war bis in die 1950-er Jahre noch üblich und wird von indigenen Völkern bis heute praktiziert.
Zwischen dem ersten und zweiten Lebensjahr, so die gängige Lehrmeinung, entwickelt sich bei Kindern das Gefühl für Harndrang; die Häufigkeit der Blasenentleerung nimmt ab. Mit zwei Jahren ist die körperliche Voraussetzung für die Sauberkeitserziehung gegeben. Kinder lernen durch Erziehung die Toilettengewohnheiten ihrer Bezugspersonen kennen und ahmen diese nach. Die meisten Kinder sind so ungefähr nach dem dritten Lebensjahr sauber. Die Kontrolle der Blase ist zwar noch nicht perfekt und die Kleinen nässen gelegentlich beim intensiven Spielen oder unter Stress noch ein. Das ist ganz normal. Entleeren jedoch Kinder über fünf Jahre regelmässig (mindestens über drei Monate hinweg) ihre Blase unwillkürlich und sind organische Grunderkrankungen ausgeschlossen, sprechen Fachleute von Enuresis.
Das Wort Enuresis kommt aus dem Altgriechischen und heisst nichts anderes als Urin lassen. Bettnässer scheiden nachts während des Schlafes unwillkürlich aus. Das nennt man Enuresis nocturna. Noch belastender ist die Enuresis diurna, die ungewollte Blasenentleerung tagsüber. Beide Formen können gleichzeitig vorkommen, und in seltenen Fällen sind sogar Erwachsene von dieser Miktionsstörung betroffen.
Die Ursachen der Enuresis sind nicht einfach zu klären und auszuschalten. Die Therapieansätze sind deshalb sehr unterschiedlich. Hilfreich ist in jedem Fall, dass die betroffenen Kinder und Erwachsenen wissen, dass das Einnässen ein Symptom ist und nicht etwa selbst verschuldet. Dadurch kann viel Scham vermieden werden, die zusätzlich belastet.
Medikamente, welche den Harn konzentrieren, so dass weniger Urin in die Blase gelangt, oder solche, die den Blasenschliessmuskel stärken, können die Häufigkeit des Einnässens vorübergehend vermindern. Nur leider sind diese Mittel nicht immer ohne Nebenwirkungen. Nachhaltiger ist ein konsequentes Toilettentraining mit Hilfe eines Weckers. Unterstützend hilft ein Kräutertee aus Wermut, Johanniskraut und Schafgarbe, je eine Tasse am Nachmittag und vor dem Schlafengehen.