Viele Krebspatienten möchten auch auf pflanzliche Heilmittel und ergänzende Methoden setzen. Was zahlreiche Schulmediziner noch vor gar nicht langer Zeit strikt ablehnten oder einfach nur belächelten, setzt sich heute zunehmend in der Onkologie durch.
Angelika Eder / Tino Richter
In Europa ist die Krebssterblichkeit in den letzten Jahren gesunken, wie Daten der World Health Organization und Eurostat-Datenbanken zeigen. Ausnahmen bilden Lungenkrebs bei Frauen und Bauchspeicheldrüsenkrebs bei Männern. Auch für die Zukunft wird mit einer insgesamt sinkenden Sterblichkeitsrate gerechnet, zumal sich die meisten Krebsarten durch Lebensstilfaktoren beeinflussen lassen. Der grösste Effekt ergibt sich laut World Cancer Research Fund (WCRF) aus der Vermeidung von Übergewicht und Adipositas in Kombination mit Bewegung und einer pflanzenbetonten Ernährung. Zusätzlich sollten stark verarbeitete Produkte mit hohem Gehalt an Zucker, Fleisch und Fett vermieden sowie der Konsum von gesüssten Getränken und Alkohol eingeschränkt werden. So liessen sich 30 bis 50 Prozent der Krebserkrankungen vermeiden.
Krebspatienten, die ergänzend zur Chemo- oder Strahlentherapie bzw. Operation etwas für sich selbst tun möchten, werden in Tumorzentren unterstützt. Diese Entwicklung, die in den USA schon Ende der 1990er-Jahre einsetzte, ist in Deutschland vorrangig der Arbeitsgemeinschaft «Prävention und integrative Medizin in der Onkologie» (PRIO) der Deutschen Krebsgesellschaft zu verdanken.
Die AG wurde auf dem Krebskongress 2010 gegründet, auf dem sich in einer – wenn auch nicht repräsentativen – Umfrage rund drei Viertel der befragten Ärzte für eine Integration der Komplementärmedizin in die Onkologie ausgesprochen hatten. PRIO ist auf den Gebieten Vorbeugung, Ernährung, Sport und komplementäre Therapie tätig und strebt unter Vorsitz von Dr. Jutta Hübner, Onkologin, und ihrem Stellvertreter, dem Radiologen Professor Dr. Franz- Josef Prott, insbesondere ein Ziel an: Ärzte, Pflegekräfte und Vertreter anderer Berufsgruppen im Gesundheitswesen sollen durch zertifizierte Fortbildungsveranstaltungen dazu befähigt werden, offen und wertfrei mit Patienten Fragen zu ergänzender Therapie zu besprechen. Wohlgemerkt, begleitender – keinesfalls ersetzender – Behandlung, die die wissenschaftlichen Grundsätze der Medizin anerkennt.
Damit reagieren Schulmediziner auf verschiedene Entwicklungen: Derzeit nehmen rund 40 Prozent aller Krebskranken zusätzlich zu ihrer konservativen onkologischen Behandlung naturheilkundliche Mittel ein und geben dafür schätzungsweise bis zu sechs Milliarden Euro jährlich aus, unter anderem auch für «Hokuspokus», wie Prott unterstreicht. «Für Wunderheiler, die beispielsweise mit Spontanheilungen werben, die völlig ohne ihr Zutun auch möglich gewesen wären.» Für Scharlatanerie mit Handauflegen, für angebliche Alternativen wie blausäurehaltige Aprikosenkerne, Backpulver oder Chinapräparate voller Schwermetalle.
Die Patienten ließen sich in ihrer Angst auf Versprechungen ein, die sie ohne fachmännischen Rat nicht angemessen einschätzen können, und setzten sich dabei oft auch noch hohen finanziellen Belastungen aus. Um jene Betroffenen nicht allein zu lassen, die Eigenverantwortung übernehmen und Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt bekommen wollen, müssen sich die Schulmediziner folglich als qualifizierte Ansprechpartner anbieten, so die Forderung von PRIO. Und das umso mehr, als man diese Chance, das Vertrauen des Patienten zu gewinnen, früher oft genug durch Ignorieren oder prinzipielles Negieren ergänzender Behandlungen verspielt habe.
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Dass gerade lebensgefährlich erkrankte Menschen ab einem bestimmten Zeitpunkt das dringende Bedürfnis haben, etwas für sich selbst zu tun, ist absolut verständlich, sagt Prott: Speziell Krebs-Patienten müssten nach der niederschmetternden Diagnose erst einmal von Termin zu Termin hetzen, die ihnen die Ärzte in der erforderlichen Reihenfolge vorgäben. Dabei fühlten sie sich zumindest am Anfang hilflos ausgeliefert. Ein Gefühl, dass vor allem dann aufkomme, wenn die Patientinnen beim Festlegen der konventionellen Behandlung nicht ausreichend in die Entscheidungsfindung eingebunden worden seien.
Doch auch für viele andere Betroffene gilt erfahrungsgemäss: Sobald sie zum Durchatmen kommen, informieren sie sich im Internet, bei Apotheken, Hausärzten, Familienmitgliedern oder im Bekanntenkreis, wie sie sich aktiv einbringen können. Konkret möchten sie mit komplementären Verfahren, so die Erfahrung des Strahlentherapeuten, «Nebenwirkungen der Krebsbehandlung abschwächen, das Immunsystem stärken, den Stress reduzieren, ihre Lebensqualität verbessern, ein Rezidiv verhindern oder den Krebs bekämpfen».
Der typische Nutzer ist übrigens weiblich, an Mammakarzinom oder gynäkologischem Tumor erkrankt, sozial eher höher gestellt, gebildet und meist durch Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen und Internet gut informiert. Brustkrebspatientinnen greifen mit bis zu 91 Prozent zu Begleit-/alternativen Heilmitteln. Ein Umstand, der sich nicht zuletzt damit erklärt, dass relativ viele der betroffenen Frauen stark unter den Nebenwirkungen einer Antihormontherapie leiden
Auch wenn die Diagnose niederschmetternd und die Krankheit keinesfalls zu unterschätzen ist: Gerade bei häufigen Tumorarten wie Haut-, Brust-, Darm- oder Prostatakrebs haben sich die Heilungschancen heute stark verbessert.
Deshalb entschieden sich einige auch ausschließlich für alternative Verfahren, ohne ihren Entschluss mit Schulmedizinern zu besprechen, zumal deren Ablehnung aus Prinzip bisher so gut wie sicher war. Nicht zuletzt diesen Frauen müssen Ärzte diese Fragen beantworten können: «Was nützt das Mittel mir? Kann es schaden? Wie passt es zu meiner Therapie?»
Für die Qualifikation von Onkologen in punkto Naturheilkunde gibt es übrigens einen weiteren zwingenden Grund: Die Inhaltsstoffe können direkte Neben- oder Wechselwirkungen haben und eine konservative Therapie beeinflussen, beispielsweise die Verstoffwechselung von Chemotherapeutika in der Leber schwächen oder verstärken. Absprachen mit dem behandelnden Arzt sind folglich unerlässlich.
Prott verdeutlicht die Wechselwirkung an einem konkreten Fall aus seiner Praxis, in dem ein bekanntes pflanzliches Antidepressivum eine Rolle spielte: «Wir haben bei einer Patientin unerklärlich starke Reaktionen auf die Bestrahlungen festgestellt und erst nach wiederholtem Nachfragen den Grund für die schmerzenden roten Stellen klären können: Die Frau hatte die hochdosierte Johanniskraut-Einnahme für ihr Nervenkostüm nicht erwähnt.
Dieses Präparat kann aber die Lichtempfindlichkeit der Haut verstärken. Nicht zuletzt deshalb sind wir froh, dass Johanniskraut zumindest in bestimmter Dosishöhe inzwischen verschreibungspflichtig ist.»
Aus den genannten Gründen unterstützt die PRIO vor allem die bisher in Deutschland eher stiefmütterlich behandelte wissenschaftliche Forschung auf diesem Gebiet. Inzwischen geben die rund 150 Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft bereits konkrete Empfehlungen zur «komplementären Medizin», die übrigens auch Ernährung, Bewegung und Entspannungsübungen umfasst.
Anhänger der Phytotherapie werden sich darüber freuen, dass einige ihrer jahrelang als effizient und hilfreich empfundenen Hausmittel keineswegs nur als «Placebo» wirken, sondern nun in ihrer Wirkungsweise erwiesen bzw. speziell untersucht sind.
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Im Folgenden werden einige meist pflanzliche Mittel aus der Naturheilkunde vorgestellt, die besonders häufig zur Vorsorge beziehungsweise Gesunderhaltung sowie zur Behandlung von Krankheiten genutzt werden. Aber auch natürliche Heilmittel können Neben- und Wechselwirkungen haben, die man kennen muss.
Mit den Worten «Will man nicht so rumhängen, nimmt man ein bisschen Ginseng» bringt Professor Prott einprägsam die wichtigste Wirkung der antioxidativ wirkenden Pflanze Panax ginseng auf den Punkt: Sie regt das Immunsystem an. Ginseng erhöht, so informiert Prott seine Patienten in einem Flyer, «die Belastbarkeit des Organismus, die Hirnrindenaktivität sowie Aufmerksamkeit und verbessert die Herz- und Lungenfunktion».
Die Effizienz von Ginseng-Präparaten gegen Erschöpfung und Fatigue bei Krebspatienten sei in Studien nachgewiesen worden. Da Ginseng allerdings auch konservative Therapien beeinflussen könne, müsse die Einnahme unbedingt mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden.
Er bietet mit seinen Katechinen sekundäre Pflanzenstoffe, die nach Laborversuchen und Tierexperimenten vor der Entwicklung von Krebszellen schützen sollen. Die bisherigen Studien an nur kleinen Gruppen lassen jedoch, so PRIO, bisher keine Rückschlüsse auf eine entsprechende Effizienz beim Menschen zu. Vorsichtig spricht Prott von einer «sehr, sehr schwachen Evidenz». Fest steht jedoch, dass grüner Tee ein gesundes Lebensmittel ist und ein täglicher Konsum von drei Tassen Krebskranken ebenso empfohlen werden kann wie Gesunden.
Allerdings sollte darauf geachtet werden, dass der Tee in Bio-Qualität ist. Untersuchungen hatten in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass viele Tees mit Pestiziden belastet sind.
Mit antientzündlicher und antibakterieller Wirkung ist er generell bei Halsschmerzen und trockenem Husten angeraten. Bei bestimmten Strahlentherapien gehört er zum festen Programm der von Prott geleiteten radiologischen Praxis in Wiesbaden: «Wir raten unseren Patienten, die im Kopf- und Halsbereich bestrahlt werden, zwischendurch einen Löffel Honig einzunehmen.» Nebenbei verbessere das Naturprodukt übrigens die Stimmung ebenso wie die Konzentrationsfähigkeit.
Mit Nachdruck befürwortet Prott den Einsatz von Ingwer, der dank des Wurzelstock-Inhaltsstoffs Gingerol antioxidativ und antientzündlich wirkt. Er stärkt das Immunsystem gegen Erkältungen, erweist sich aber auch bei Muskelschmerzen und Schlappheit als hilfreich und zeigt Wirkung gegen Bauchbeschwerden oder «flauen Magen». Somit wird er bei und nach Chemotherapie ebenso empfohlen wie bei Reiseübelkeit oder nach zu üppigem Essen.
Der Strahlentherapeut ist derart von der Wirkkraft des Ingwers überzeugt, dass er bei medizinischen Publikumsveranstaltungen Getränke mit Ingwertropfen und einem Blatt Zitronenmelisse servieren lässt. Er selbst hat, wie er auf Nachfrage erklärte, immer ein Fläschchen am Bett stehen. Zuhause kann man sich allerdings auch ganz einfach mit frischem Ingwer einen Tee zubereiten: Einige Scheiben in kochendes Wasser geben und zehn Minuten ziehen lassen, nach Bedarf ein wenig Zitronensaft dazugeben und mit Honig süßen. Allerdings ist bei diesem scharfen Gewürz zu beachten: Manche Menschen mit empfindlichem Magen vertragen es nicht so gut, und Hitzewallungen oder Migräne könnten sich eventuell verstärken.
Gegen Übelkeit hilft neben Ingwer und Kümmel auch die Pfefferminze. Für die Mentha piperita konnte diese Wirkung in einer kleinen iranischen Studie an Brustkrebspatientinnen bestätigt werden. Bei denjenigen Frauen, welche die Minztropfen erhalten hatten, reduzierten sich 24 Stunden nach dem Chemotherapie-Zyklus die Übelkeit sowie die Appetitlosigkeit um etwa ein Drittel, verglichen mit Teilnehmerinnen in der Kontrollgruppe; im Hinblick auf das Erbrechen lag der Rückgang bei etwa 40 Prozent. Dieser Effekt hielt über 48 Stunden an. Den Frauen wurden zwölf Stunden vor bis zwei Tage nach einem Chemotherapie-Behandlungszyklus alle acht Stunden entweder Minztropfen oder ein Scheinmedikament verabreicht. Die Forscher empfehlen Minztropfen als kostengünstige und einfach anzuwendende Therapie zusätzlich zu anderen Präparaten, die Übelkeit und Erbrechen lindern.
Der Inhaltsstoff der Pflanze Kurkuma (Curcuma longa) soll laut Laborversuchen einerseits eine wachstumshemmende Wirkung auf Krebszellen haben, andererseits aber auch möglicherweise die Krebstherapie negativ beeinflussen können. So empfehlen die PRIO-Experten ausschliesslich die Verwendung des Gewürzes in der Küche, aber keine entsprechende Nahrungsergänzung.
Nach wie vor mit Vorbehalten ist der Einsatz der Mistel verbunden, der auf Rudolf Steiner zurückgeht, den Begründer der Anthroposophie. Als ein Gewächs der besonderen Art war die Mistel (Viscum album = weisser Schleim) schon den alten Germanen heilig: Die auch im Winter grüne Pflanze gilt seit langem als Symbol für Leben und Fruchtbarkeit. Erstmals in der anthroposophischen Medizin gegen Krebs eingesetzt, wurde und wird ihre Wirkung immer wieder aufs Neue untersucht.
Im Reagenzglas konnten Eiweisse der Pflanze zwar Tumorzellen vernichten, ein Beweis in klinischen Studien, dass das auch beim Menschen passiert, steht bis heute leider aus. Laut Laborversuchen und Patientenstudien aktiviert die Mistel unspezifisch Zellen und Botenstoffe des Immunsystems, stimuliert es also allgemein.
Mehr Lebensqualität mit Mistel
Aber es gibt, so unterstreicht Prott, keinen wissenschaftlichen Nachweis für eine gezielte Tumorabwehr beziehungsweise Vorbeugung von Rezidiven. Das Fehlen stichhaltiger Beweise allerdings könne durchaus auch auf spezifische Schwierigkeiten bei Doppelblindstudien mit der Mistel zurückzuführen sein: Da die Präparate nicht nur Endorphine freisetzten, also stimmungsaufhellend wirkten, sondern auch eine deutlich sichtbare Einstichstelle mit sich brächten, wüssten die Studienteilnehmerinnen sofort Bescheid, welcher Gruppe (Wirkstoff oder Placebo) sie angehörten. Die psychische Wirkung der festen Überzeugung, sich einer wirksamen Therapie zu unterziehen, sei damit nicht auszuschliessen. Abgesehen davon fänden sich die wenigsten Brustkrebspatientinnen dazu bereit, an solch einer Studie mitzuwirken und möglicherweise nur Placebos zu bekommen. Der Vollständigkeit halber muss auch erwähnt werden, dass einige der durch die Mistel aktivierten Immunstoffe bei bestimmten Krebserkrankungen, etwa bei einem Lymphom oder Leukämie, zur Verschlechterung führen können. Auf dieser Erkenntnisgrundlage rät der Mediziner, Mistel «nur» zur Verbesserung der Lebensqualität nach einer überstandenen Brusttumor-Erkrankung einzusetzen.
Mit der antibakteriellen Wirkung der Gerbstoffe empfiehlt sich dieses naturheilkundliche Heilmittel bei Infekten und Fieber sowie Entzündungen der Mundschleimhaut und des Rachens. Somit gehört Salvia officinalis wie Honig «zum festen Programm» in der Strahlentherapie Protts: «Die Patienten sollten warmen Salbeitee stets griffbereit haben, und Salbei ist fester Bestandteil unserer Mundspülungen.»
Mit denen sollten Betroffene «nach jedem Bonbon, nach jedem Bissen gurgeln, um Speisereste aus den Backentaschen zu beseitigen.»
Die genannten Heilmittel werden also in der Onkologie laut Prott bisher in erster Linie erfolgreich eingesetzt, um Nebenwirkungen der klassischen Krebstherapie zu mildern. Allein indem sie helfen, deren vorzeitigen Abbruch zu verhindern, und damit die Heilungschancen verbessern, bekommen sie nach Ansicht der Schulmediziner einen bedeutenden Stellenwert. Bei Granatapfel, Heilpilzen, Mariendistel und Weihrauch ist der Nutzen unklar, bei Aloe vera und Guarana nicht belegt.
Zusätzlich können Krebspatienten, so die Empfehlung, eigenverantwortlich auf eine ausgewogene Ernährung achten. Speziellere Empfehlungen möchte Prott nicht geben: «Es gibt keine Krebsdiät! Weder zur Prävention noch zur Verhinderung von Rezidiven.» Natürlich seien frisches Obst und Gemüse im Grundsatz empfehlenswert, aber – so der Verfechter der individuellen Therapie – man richte mit solchen Prinzipien bei einem Betroffenen im Zweifelsfall auch Schaden an: «Sie können keiner Seniorin, die ihr ganzes Leben diesbezüglich wenig gegessen hat, plötzlich eine solche Nahrung aufzwingen, die sie vermutlich gar nicht vertragen würde.»
Viele Patienten mit fortgeschrittenem Krebs leiden unter chronischen Schmerzen. Alternative Therapiemethoden können langfristig zu einer Linderung beitragen, wie eine im «Journal of the American Medical Association» (JAMA) veröffentlichte Studie zeigt. Akupunktur und Massagen zeigten dabei ähnlich gute Ergebnisse. 298 Teilnehmer im mittleren Alter wurden gleichmässig auf die beiden Behandlungsgruppen verteilt. Ihre bisherigen Therapien führten sie fort. Die Interventionen erhielten sie wöchentlich über einen Zeitraum von zehn Wochen. Der höchste angegebene Schmerzwert betrug im Schnitt 6,9 auf einer zehnstufigen Skala. Innerhalb des Studienzeitraums konnte ihn Akupunktur im Mittel um 2,53 Punkte reduzieren, Massagen um 3,01 Punkte. Beides wirkte sich auch positiv auf Begleitbeschwerden wie Fatigue und Insomnie aus und trug zur Steigerung der Lebensqualität bei. Es traten nur leichte Nebeneffekte auf, z. B. Blutergüsse oder kurzzeitige Schmerzen. Weiterführende Studien müssten klären, wie sich die Therapien am besten in das Schmerzmanagement von Patienten mit fortgeschrittenem Krebs integrieren lassen, schlussfolgern die Wissenschaftler.
In der Onkologie werden zwar häufig komplemen-tärmedizinische Therapien eingesetzt, wissenschaftlich abgestützte Empfehlungen hierzu fehlten bislang allerdings. Unter Mitwirkung mehrerer deutscher Fachgesellschaften wurde nun erstmals eine Leitlinie zu diesem Thema veröffentlicht.
Akupunktur wird bei Frauen mit Brustkrebs und Tumorschmerzen empfohlen, bei vielen anderen Krebsarten wird dazu eine Kann-Empfehlung ausgesprochen. Ta-Chi, Qigong und Entspannungsübungen erhalten bei Fatigue eine Sollte-Empfehlung. Akupressur bekam bei Erschöpfung, Übelkeit und Erbrechen eine Kann-Empfehlung. Bei vielen weiteren Therapieoptionen konnte aufgrund fehlender Studiendaten allerdings keine Empfehlung abgegeben werden.
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Die vollständige Leitline ist hier zu finden: www.awmf.org
Wozu man sich allerdings – nicht nur im Falle einer Krebserkankung – zwingen sollte, ist die Vermeidung von Übergewicht. Ein Body-Mass-Index von mehr als 20 bis 25 stelle ein nicht unerhebliches Krebsrisiko dar. Ein weiterer wichtiger Faktor gesunder Lebensweise ist Bewegung: Damit ist kein Sport gemeint, sondern beispielsweise ein regelmässiger Spaziergang.
Untersuchungen hätten eine überraschend hohe Senkung des Risikos gezeigt, erneut an einem Tumor zu erkranken. «Da langt es schon, wenn man abends 20 bis 30 Minuten einfach mal um den Häuserblock läuft», so Prott. Nicht zuletzt widmet PRIO auch sein Augenmerk der hohen seelischen Belastung, den Ängsten, die die Diagnose einer lebensbedrohenden Erkrankung mit sich bringt: Und so werden Krebspatienten begleitende Therapieangebote in Sport-, Entspannungs- und Tanzgruppen gemacht. Sogar dem Begriff der Achtsamkeit misst man inzwischen Bedeutung bei. Der Weg der Schulmedizin zur ganzheitlichen Therapie scheint mit PRIO ein Stückchen weiter als bisher zu führen.
Dies bestätigt auch eine Studie deutscher Forscher, die im Fachblatt «Journal of Physiology» veröffentlich wurde. Patienten mit fortgeschrittenem Prostata- oder Darmkrebskarzinom wurden hierzu einem zwölfwöchigen Elektromyostimulationstraining (elektrische Stimulation von Muskeln mithilfe von angebrachten Elektroden) unterzogen. Bei der Blutuntersuchung konnte festgestellt werden, dass das Wachstum der Krebszellen gehemmt war. Die Tumorzellen starben zudem häufiger den programmierten Zelltod.
Ein internationales Expertenteam hatte bereits 2018 empfohlen, dass Krebsüberlebende dreimal pro Woche Ausdauer- und Krafttraining für jeweils etwa 30 Minuten betreiben sollen. Sport reduziert messbar die Nebenwirkungen einer Chemo-, Radio- oder antihormonellen Therapie. Darüber hinaus werden die Leistungsfähigkeit und das Vertrauen in den eigenen Körper gestärkt. Vor allem für Brust- und Darmkrebs liegen gute Daten vor. Aber auch Betroffene mit Lungen- oder Kehlkopfkrebs, Leukämie oder Lymphom profitieren von sportlicher Betätigung.
Intensiv duftende Pflanzenstoffe haben antibakterielle, antivirale und pilztötende Eigenschaften. Einige ätherische Öle können offenbar das Wachstum von Krebszellen hemmen. Leberkrebszellen stellen beispielsweise ihr Wachstum ein, wenn sie mit Terpenen, den Hauptbestandteilen dieser Öle, in Kontakt kommen. Was dabei genau passiert, haben Forscher der Ruhr-Universität Bochum untersucht. Bei den im Labor gezüchteten Krebszellen erhöhte sich die Kalziumkonzentration, wenn sie mit den Terpenen Citronellal und Citronellol in Kontakt kamen.
Das weist auf einen gestörten Stoffwechsel der Zelle hin, so dass diese nicht mehr weiter wachsen kann. Offenbar verfügen diese Zellen über Rezeptoren, mit denen sie die Terpene erkennen. Damit ist zwar noch keineswegs ein Durchbruch geschafft, aber das interessante Ergebnis zeigt, dass Düfte auch außerhalb der Nase wahrgenommen werden und eine Wirkung entfalten. Die Forscher hoffen, damit in Zukunft neue Medikamente mit geringeren Nebenwirkungen für die Krebstherapie entwickeln zu können.
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Kreuzblütler, zu denen die Kohlsorten zählen, sind Gegenstand intensiver Forschung. Vom Brokkoli steht aufgrund seines hohen Gehalts an Sulforaphan besonders im Fokus. Untersuchungen im Labor zeigen, dass es besonders bei Dick- und Mastdarmkrebs, Krebserkrankungen im Bereich von Mundhöhle, Rachen, Speiseröhre und Schilddrüse Anzeichen für eine krebshemmende Wirkung gibt. Mehr erfahren.
Den Zusammenhang zwischen einer hohen Vitamin-A-Aufnahme aus der Nahrung und einem geringeren Hautkrebsrisiko konnten US-Mediziner zumindest für das Plattenepithelkarzinom untermauern. Im 28-jährigen Studienverlauf hatten diejenigen mit der höchsten Vitamin-A-Aufnahme aus tierischen Quellen (z.B. Eier, Leber) ein zwölf bis 17 Prozent geringeres Hautkrebsrisiko als diejenigen mit den geringsten Vitaminwerten. Für pflanzliches Provitamin A (z.B. aus Süsskartoffeln, Karotten) verringerte sich das Risiko um neun bis 14 Prozent. Auffallend war, dass selbst diejenigen mit geringen Vitaminwerten mehr Vitamin A aus der Nahrung aufnahmen als derzeit empfohlen.
Der Tagesbedarf beträgt ca. 1 mg Vitamin A (Retinol) oder 12 mg Provitamin A. Eine zu hohe Vitamin-A-Dosis kann z.B. das Risiko für Osteoporose erhöhen. Nutzen und Risiken von hochdosiertem Vitamin A bei Krebspatienten seien daher vorher mit dem Arzt abzuwägen.
Das Krebsmedikament Paclitaxel wird häufig bei der Behandlung bösartiger Tumore eingesetzt. Es wird aufgrund seiner komplexen Struktur entweder halbsynthetisch oder aus pflanzlichen Zellkulturen der Eiben (Taxus brevifolia) hergestellt. Für die Behandlung eines einzigen Menschen mit zwei Gramm Paclitaxel werden jedoch zehn Tonnen Nadeln der langsam wachsenden Eibe benötigt. Die künstliche Herstellung ist noch teurer als die Gewinnung aus Nadeln und Rinde. Daher versucht die Forschung, den biologischen Syntheseweg der Pflanzen zu kopieren, um ihn im Labor in anderen Organismen effizienter nachzubauen. Dafür müssen jedoch alle Enzyme und der dazugehörige genetische Code bekannt sein. Bei Eiben war das bislang nur in Teilen der Fall.
Einer Forschungsgruppe vom Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam ist nun ein Durchbruch gelungen. Sie konnten den Prozess in einer Pflanze erfolgreich nachbilden, so dass diese tatsächlich den Wirkstoff produzierte, wenn auch in sehr geringen Mengen. In Bakterien funktionierte dies bislang leider nicht, was eine Voraussetzung für eine kostengünstigere Herstellungsmethode wäre.