Kaum etwas fürchten Frauen so sehr wie Brustkrebs. Statistiken belegen, dass das Erkrankungsrisiko vor allem ab dem 50. Lebensjahr deutlich ansteigt. Sind daran etwa die Wechseljahre schuld? Nein, keine Angst. Die Wechseljahre sind kein direkter Auslöser für Brustkrebs. Es gibt allerdings einige Risikofaktoren, die besonders auf Frauen in dieser Lebensphase zutreffen.
Autorin: Annette Willaredt
Die Brust ist das Symbol für Weiblichkeit schlechthin. Sie steht für Wärme, das Stillen eines Babys und nicht zuletzt für Sexualität. Aufgebaut ist die Brust bei jeder Frau gleich. Sie besteht im Wesentlichen aus Drüsen- und Fettgewebe. Die Drüsen bilden nach der Geburt eines Kindes Milch, die durch die Milchgänge zur Brustwarze fliesst. Die Zellen in der Brust haben ausserdem Rezeptoren, also Andockstellen, die Hormone wie das Östrogen an sich binden können. Auf diesem Wege können die Hormone den Zellen Informationen vermitteln. Dazu zählt z.B. die Anregung des Wachstums der Drüsenzellen in der Brust während der Pubertät oder der Schwangerschaft. Brustkrebs kann sich sowohl in den Zellen der Drüsen als auch der Milchgänge bilden. Die Brust durchziehen ausserdem Blutgefässe, Nerven und Lymphgefässe. Über letztere können sich Krebszellen zu den Lymphknoten z.B. im Achselbereich bewegen und in einem späteren Krankheitsstadium auch diese befallen. In den Wechseljahren lagert sich Fettgewebe in die Brust ein, das feste Drüsengewebe bildet sich in lockereres Bindegewebe um. Dadurch werden die Brüste weicher und manchmal auch grösser.
Diese Veränderung der Brust sowie viele Beschwerden im Verlauf der Wechseljahre sind eine Folge der hormonellen Umstellung in dieser Zeit. Doch dass die Hormonschwankungen ein direkter Auslöser für Brustkrebs sind, kann man so nicht sagen. Die Sache ist kompliziert. Auf der einen Seite steht die Erkenntnis, dass nicht nur die Rezeptoren in der gesunden Brust sondern auch die meisten Brusttumore empfindlich auf Hormone reagieren. Deshalb werden Frauen nach einer überstandenen Krebserkrankung auch häufig Medikamente verschrieben, die den Hormonspiegel niedrig halten. So soll ein Rückfall vermieden werden. Gesichert ist zudem, dass Frauen, die schon früh ihre erste Blutung (Menarche) haben und spät in die Wechseljahre kommen, ein erhöhtes Brustkrebs-Risiko haben. Es wird vermutet, dass das auf die grössere Zahl von Monatszyklen mit ihrem ständig schwankenden Spiegel der Hormone Östrogen und Gestagen zurückzuführen ist. Doch es gibt auch die andere Seite: Die Brustkrebsgefahr sinkt mit der Zahl der Schwangerschaften. Das ist widersprüchlich, denn auch Schwangerschaften sind mit einer starken hormonellen Veränderung verbunden. Hier ist noch viel zu forschen, die genauen Zusammenhänge sind bislang unklar.
Ein weiterer Risikofaktor für Krebs – nicht nur in der Brust – ist das Alter. Die Zellen unseres Körpers teilen sich unablässig, dadurch wird das gesamte Gewebe, ob Haut oder Organe, ständig erneuert. Rund alle sieben Jahre sind wir dadurch rein rechnerisch komplett neue Menschen. Doch jede Zellteilung birgt ein kleines Risiko. Es können dabei Fehler beim Ablesen der genetischen Information auftreten. Und dadurch können Zellen entarten, im schlimmsten Fall bösartig werden und Krebsgeschwulste bilden. Und je häufiger sich Zellen im Verlauf der Lebensjahre teilen, desto grösser die Gefahr, dass mal was schief läuft.
Am Alter oder der Dauer der fruchtbaren Phase kann keine Frau etwas ändern. Doch es gibt eine ganze Reihe von Punkten, welche die Krebsgefahr erhöhen, die jeder Mensch selbst beeinflussen kann. Ganz vorne steht hier Übergewicht. Zu viele Pfunde scheinen vor allem nach den Wechseljahren risikosteigernd zu wirken. Es gibt aber auch ein paar neue Studien, die darauf hinweisen, dass Übergewicht bereits vor den Wechseljahren die Gefahr erhöht, an Brustkrebs zu erkranken. Abschliessend geklärt ist das noch nicht. Sicher sind sich die Wissenschaftler, dass Bewegungsmangel schadet. Regelmässige körperliche Aktivität reduziert das Risiko hingegen deutlich um 20 bis 30 Prozent. Empfohlen werden mindestens drei Stunden Sport in der Woche, verteilt auf mindestens drei Termine.
Auch Alkohol beeinflusst die Brustkrebsrate. Je mehr eine Frau konsumiert, desto grösser das Risiko. Noch weiss man nicht, ob der ungünstige Effekt den vielen Kalorien von Wein, Bier und Co. zuzuschreiben ist, also der Förderung von Übergewicht. Oder ob es Stoffe im Alkohol sind, die direkt schaden.
Dass Rauchen ungesund ist, weiss mittlerweile wohl jeder. Allerdings konnte bislang kein direkter Zusammenhang zwischen Nikotin und Brustkrebs hergestellt werden. Ausgeschlossen werden konnte er aber auch nicht.
Auch die Ernährung spielt eine Rolle. Untersuchungen belegen, dass eine fleischreiche Kost das Brustkrebsrisiko erhöht. Empfehlenswert ist hingegen der Verzehr von viel frischem saisonalen Obst und Gemüse. Am besten aus biologischem Anbau, denn auch die regelmässige Aufnahme von Pflanzenschutzmitteln ist vermutlich krebsfördernd.
Dass Stress die Bildung von Metastasen bei Krebs fördert, wird schon seit langem vermutet. Wie sich Stress dabei konkret auswirkt, ist allerdings nicht bekannt. Forscher des Universitätsklinikums Basel haben diese Prozesse anhand von Brustkrebs im Tiermodell genauer untersucht. Sie erforschten, wie Stresshormone die Wachstumsprozesse in Tumorzellen aktivieren und so die Metastasierung, also die Vermehrung und Ausbreitung der Zellen bösartiger (maligner) Tumoren im Organismus begünstigen. Ihre Studie veröffentlichten sie im Wissenschaftsmagazin „Nature".
Die Untersuchung der Basler Forscher im Tiermodell zeigte, dass bestimmte Krebszellen auf das Stresshormon Cortisol reagieren. Im Fall eines hohen Stresslevels, welcher wiederum einen hohen Cortisolspiegel zur Folge hat, wird die Metastasenbildung angeregt. Die Metastasenbildung hat zur Folge, dass eine Therapie und vor allem die Bekämpfung der tödlichen Krankheit immer schwieriger werden, denn die Krebszellen vervielfältigen sich.
Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist der individuelle Stress bzw. die Antwort des Körpers auf ein solches, womöglich sehr lange andauerndes Stresslevel. Eine Metaanalyse britischer Wissenschaftler zeigte, dass Probanden, die unter besonderem Dauerstress standen, ein gut 30 Prozent höheres Risiko hatten, an Krebs zu sterben als die unbelasteten.
Es gibt drei Hypothesen, warum Stress unter Umständen zu Krebs führen kann.
Nicht zuletzt muss auch die Hormonersatztherapie zur Behandlung von Wechseljahresbeschwerden angesprochen werden. Die meisten Experten gehen heute davon aus, dass sie das Risiko für die Entwicklung von Brust- wie auch Eierstockkrebs erhöht. Das gilt vor allem für eine Kombinationsbehandlung mit Östrogen und Gestagen sowie bei einer Therapiedauer von fünf Jahren oder länger. Eine kürzere Behandlungszeit oder eine Behandlung mit einem Monopräparat scheint hingegen kaum gefährlich. Noch nicht abschliessend beurteilt werden kann eine Hormonersatztherapie nicht mit Tabletten, sondern mit Gelen oder Pflastern. Weil hier die Wirkstoffe nicht den „Umweg" über die Leber machen müssen, sondern über die Haut ins Blut gelangen, können sie viel niedriger dosiert sein. Wissenschaftler gehen davon aus, dass diese Darreichungsformen mit einem deutlich geringeren oder sogar einem gar nicht erhöhten Brustkrebsrisiko verbunden sind. Eine allgemeingültige Empfehlung kann hier nicht gegeben werden. Die Entscheidung für eine Hormonersatztherapie sollte deshalb jede Frau gemeinsam mit ihrem Arzt treffen.