Lange Zeit hat Frau sich einfach damit abgefunden – was blieb ihr denn auch anderes übrig. Monatliche Beschwerden «vor den Tagen» können die Lebensqualität aber erheblich beeinträchtigen.
Autorin: Dr. Claudia Rawer
Viele Frauen haben einige Tage vor ihrer Menstruationsblutung Symptome wie Stimmungsschwankungen, Müdigkeit oder Bauchschmerzen, und die meisten nehmen das ganz gelassen als immer wiederkehrendes Ereignis hin. Beeinträchtigen diese Erscheinungen jedoch den normalen Tagesablauf, spricht man von prämenstruellem Syndrom, kurz PMS.
Etwa 20 bis 30 Prozent aller Frauen sind vom PMS betroffen. Bei etwa zehn Prozent ist die Belastung so gross, dass sie unliebsame Auswirkungen auf Partnerschaft, Familienleben und Beruf hat.
Die Erscheinungen des PMS (prämenstruelles Syndrom) hängen mit den zyklischen Veränderungen im weiblichen Körper zusammen und sind nichts Krankhaftes. Oft genug aber stören sie das Wohlbefinden und sorgen für Spannungen im sozialen Umfeld.
Bei den meisten Frauen tritt eine Mischung aus körperlichen und psychischen Symptomen auf, die schwer fassbar und für Nicht-Betroffene noch schwerer zu verstehen ist. Die Brüste spannen, sind empfindlich und tun weh, der Bauch krampft, durch den Kopf zucken Blitze. Auch Rücken- und Muskelschmerzen sind häufig. Die seelische Stimmungslage kann vom «heulenden Elend» bis zu Wutausbrüchen schwanken. Dazu kommt noch eine ganze Reihe von weiteren, etwas selteneren Symptomen von Angstgefühlen und Heisshungerattacken bis zu Schlafstörungen und Verstopfung.
Diese Vielfältigkeit der Anzeichen führt dazu, dass PMS häufig erst spät vom Arzt erkannt wird. Auch den Frauen selbst fällt es oft schwer, besonders die seelischen Aspekte mit ihrem hormonellen Zyklus in Verbindung zu bringen. PMS-Beschwerden setzen während der Lutealphase ein. Das ist der zweite Abschnitt des Zyklus, in dem der Körper das Hormon Progesteron produziert, was die Gebärmutterschleimhaut auf die Einnistung des Eis vorbereitet. Wird kein Ei befruchtet, sinkt der Hormonspiegel wieder ab und die Monatsblutung tritt ein. Danach verschwinden zumeist auch die Beschwerden.
So scheint die miese Laune aus heiterem Himmel zu kommen. Hat man die Tochter erst einmal wegen des unaufgeräumten Zimmers ausgeschimpft oder den Mann wegen einer Bagatelle angemeckert, kommt der Satz «Schatz, entschuldige, aber mein Progesteronspiegel steigt», nur schwer über die Lippen. Viele Männer, ob nun der eigene Göttergatte oder die verwunderten Kollegen, zucken denn auch nur resigniert mit den Schultern. Bei der Umfrage einer Frauenzeitschrift konnten vier von fünf Männern mit dem Ausdruck «PMS» nichts anfangen. Etwas aufgeklärtere Herren ziehen manchmal selbst den Schluss: «Ach so, sie bekommt wohl demnächst wieder ihre Tage.» Wird das aber ausgesprochen, regt es interessanterweise viele Frauen erst recht auf. Sie möchten nicht darauf angesprochen und in Ruhe gelassen werden. Selbst zärtlich gezeigtes Verständnis nützt da manchmal wenig. Und schon kommt es wieder zu den berühmten Stossseufzern beider Geschlechter: Frauen sind «zickig» und «hysterisch», und Männer «haben eben keine Ahnung».
Trotz jahrzehntelanger Forschung konnten die Ursachen des PMS bis heute nicht geklärt werden. Der weibliche Zyklus wird in ausgefeiltem Zusammenspiel durch die Ausschüttung verschiedener Hormone gesteuert. So wird diskutiert, ob ein zu hoher Östrogenspiegel oder dessen zu rascher Abfall Ursache für die Befindlichkeitsstörungen sein könnte oder auch ein Mangel an dem Gewebshormon Prostaglandin. Der Zusammenhang zwischen PMS und einem Progesteron-Mangel wird inzwischen bezweifelt. Wahrscheinlich aber ist das Hormon Prolaktin, das das Wachstum der Brustdrüsen und den Milchfluss regelt, und eigentlich nur während der Stillzeit in grösseren Mengen produziert wird, Mitspieler in diesem komplexen Geschehen.
Wie immer, wenn man sich über die eigentliche Ursache im Unklaren ist, gibt es sehr viele Theorien und entsprechend viele unterschiedliche Behandlungen, wenn Frau mit ihrem Problem zum Gynäkologen geht. Oft wird vom Arzt «die Pille» verordnet, Schmerzmittel kommen natürlich zum Einsatz, und manchmal wird auch mit relativ schwerem medikamentösem Geschütz wie der Verschreibung von Antidepressiva aufgefahren. Die meisten Frauen möchten aber weder so häufig Schmerzmittel gegen die Beschwerden schlucken müssen noch über längere Zeit andere synthetische Arzneimittel einnehmen.
Trotzdem müssen Frauen solche Beschwerden nicht als «weibliches Schicksal» hinnehmen. Man kann vieles selbst dazu beitragen, um PMS zu lindern, wobei nicht alles jeder Frau hilft, aber viele Tipps einen Versuch wert sind. Sportlich aktive Frauen leiden weniger unter Beschwerden im Rahmen der Menstruation. Auch bei PMS bringt ein Mehr an körperlicher Bewegung oft deutliche Besserung. Bewegung hebt auch die Stimmung, denn sie hilft Stresshormone abzubauen.
Das Wohlbefinden hängt stark von gutem Essen ab: ballaststoff- und vitaminreich sollte es sein. Studien haben gezeigt, dass Frauen, die sich kohlenhydratreich ernährten und dabei das Fett reduzierten, deutlich weniger Beschwerden hatten. Vor allem Symptome wie Brustspannen, Migräne und Wassereinlagerungen wurden dadurch verbessert. Probieren Sie einmal aus, ob der Verzicht auf Alkohol und/oder Koffein in dieser Zeit Ihnen hilft.
Auch Kalzium und Vitamin D können nützen: in einer neuen amerikanischen Untersuchung (2005) an 3000 Frauen wurde festgestellt, dass Versuchspersonen mit PMS-Symptomen häufig sehr niedrige Kalzium- und Vitamin D-Spiegel hatten. Umgekehrt entwickelten Frauen, die viel Kalzium und Vitamin D zu sich nahmen, deutlich seltener typische PMS-Symptome. Bereits 1200 Milligramm Kalzium, d.h. vier Gläser angereicherter Orangensaft oder vier Portionen fettarmer Milchprodukte reichen aus, um den Effekt zu erzielen. Während Kalzium vollständig über die Nahrung aufgenommen werden muss, wird Vitamin D direkt vom Körper gebildet – vorausgesetzt, er ist ausreichend der Sonne ausgesetzt.
Ernährungsumstellung und körperliche Aktivität reichen aber bei vielen Betroffenen nicht aus. Für viele Frauenärztinnen und -ärzte sind mittlerweile pflanzliche Präparate das Mittel der Wahl für die Therapie.
Gänsefingerkraut (Potentilla anserina) und Küchenschelle (Pulsatilla pratensis) sind zum Beispiel häufig empfohlene Phytotherapeutika. Eine neue wissenschaftliche Studie («British Medical Journal» 2001) bestätigte Mönchspfeffer-Extrakte als wirksames Mittel gegen prämenstruelle Beschwerden. Alle Symptome waren bei den untersuchten Patientinnen deutlich gebessert, unerwünschte Wirkungen waren gering. In Kombination mit Bewegung und vernünftiger Ernährung, so meinen Frauenärztinnen, verhilft das pflanzliche Mittel 80 Prozent der von PMS betroffenen Frauen zu einer deutlichen Besserung der körperlichen und der psychischen Symptome.
Mönchspfeffer (lat. Vitex agnus castus)
Einer iranischen Studie zufolge hilft eine Therapie mit einem aus der Damaszener-Rose (Rosa damascena) hergestellten ätherischen Öl. Die Probandinnen mit normalem Zyklus sollten während zweier Monate eine Woche vor dem Einsetzen der Menstruationsblutung zweimal täglich während jeweils fünf Minuten den Duft des in einer Konzentration von vier Prozent vorliegenden Rosenöls inhalieren. Dazu wurden zehn Tropfen des ätherischen Öls auf einen Wattebausch gegeben, in einem Abstand von 30 Zentimetern zur Nase gehalten und tief eingeatmet. Das Ergebnis zeigte eine statistisch signifikante Reduktion der PMS-spezifischen Symptome gegenüber der Kontrollgruppe, die Süssmandelöl erhalten hatte. Grund sollen die in der Rose enthaltenen Flavonoide Quercetin und Kaempferol sein, die sich bereits in früheren Studien als wirksam zur Reduktion depressiver Symptome erwiesen hatten.
Für die Psyche kann man ebenfalls noch einiges selbst tun. «Wer mit Schmerzen rechnet oder darauf wartet, der kriegt sie auch» sagte mir kürzlich eine Betroffene ganz deutlich. So kann es eine gute Idee sein, mögliche PMS-Tage mit angenehmen Tätigkeiten oder schönen Erlebnissen zu besetzen und sich bewusst zu entspannen.
Was ebenfalls hilft: mit dem Partner sprechen – und zwar nicht erst dann, wenn der Haussegen schon schief hängt. Wenn Mann (und Kinder) verstehen, warum es gerade jetzt schwieriger ist, mit Ihnen auszukommen, werden sie eher bereit sein, auch einmal Rücksicht zu nehmen.