Alle Frauen kommen in die Wechseljahre, aber nicht alle haben Beschwerden. In den westlichen Industrienationen klagen etwa 50 bis 85 Prozent Frauen in den Wechseljahren über Beschwerden. Interessanterweise sind diese bei Frauen aus einigen anderen Kulturkreisen nahezu unbekannt. Es müssen demnach neben den biologischen Prozessen auch soziokulturelle, psychische und ernährungsbedingte Faktoren für das Geschehen in den Wechseljahren eine Rolle spielen.
Autorin: Dr. Beatrix Falch
Bei den Wechseljahren, auch Klimakterium genannt, handelt es sich wie bei einer Schwangerschaft um einen Übertritt in einen neuen Lebensabschnitt. Und genausowenig wie eine Schwangerschaft eine Krankheit ist, ist es gerechtfertigt, die Wechseljahre als einen krankhaften Zustand zu beschreiben, obwohl in diesen Zeiten Beschwerden auftreten können. Wechseljahre sind also eine normale, von biologischen Veränderungen geprägte Phase im Leben einer Frau. Sie sind gekennzeichnet durch das allgemeine Altern der Eierstöcke, die abnehmende Produktion der weiblichen Hormone (Östrogene und Gestagene), das Nachlassen und schliesslich das Ausbleiben der monatlichen Blutung sowie das Ende der Fruchtbarkeit. In den Wechseljahren stellt sich also der Hormonhaushalt auf die Zeit um, in der die Frau nicht mehr schwanger wird.
Die Wechseljahre sind ein individueller Prozess im Leben einer Frau. Sie beginnen von Frau zu Frau zu recht unterschiedlichen Zeitpunkten, wobei genetische und körperliche Faktoren (Gewicht, Grösse, Fettverteilung, Ernährungssituation), der gesellschaftlich-wirtschaftliche Status sowie psychische Belastungen einen Einfluss haben. Die Wechseljahre dauern auch verschieden lange – der Durchschnitt liegt bei fünf Jahren – sie können sich aber auch bis zu über 15 Jahren erstrecken.
Medizinisch werden drei Phasen unterschieden. Die erste Phase, als Prämenopause bezeichnet, beginnt etwa mit dem 40. Lebensjahr. Hier ist der Monatszyklus anfangs noch regelmässig, es können jedoch erste Beschwerden, wie Schwitzen oder Schlafstörungen, auftreten.
In der anschliessenden Perimenopause – oft auch als das eigentliche Klimakterium bezeichnet – kommt es dann zu deutlich unregelmässigeren Monatszyklen, und die allgemeinen Beschwerden nehmen zu. Mit Beginn der Perimenopause beginnen die Eierstöcke zu schrumpfen, und die Produktion der weiblichen Sexualhormone vermindert sich drastisch. Der Körper versucht zwar, der Abnahme der Hormonmengen entgegenzusteuern, dabei gerät aber die Regulation der Hormone durcheinander. Diese Situation ist zum Teil für das Auftreten der verschiedenen Beschwerden verantwortlich. Bildet der Körper schliesslich nur noch sehr geringe Mengen an Östrogenen und Gestagenen, hören die Monatsblutungen auf, und die Fortpflanzungsfähigkeit erlischt.
Ein Jahr nach der letzten Monatsblutung, der sogenannten Menopause, beginnt die letzte Phase, die Postmenopause. Hier können die klimakterischen Beschwerden am Anfang noch deutlich spürbar sein, nach einiger Zeit nehmen sie aber langsam ab. Nun können sich aber mittel- bis langfristig weitere körperliche Beschwerden bemerkbar machen.
Die Wechseljahre werden von den einzelnen Frauen ganz unterschiedlich empfunden. Generell lässt sich sagen, dass ein Drittel keine Beschwerden hat, ein weiteres Drittel die Beschwerden im Klimakterium eher als mild empfindet, und das letzte Drittel sehr stark an psychischen und körperlichen Beschwerden leidet und teilweise sogar arbeitsunfähig ist.
Ein Vergleich mit anderen Kulturen zeigt, dass es Volksstämme gibt, bei denen Frauen im Klimakterium nicht an den für uns so typischen Wechseljahrbeschwerden leiden. So sind bei den Maya-Frauen, den Inderinnen der Rajput-Kaste und bei Bantu-Frauen Südafrikas Wechseljahrbeschwerden nahezu unbekannt. Oftmals leben gerade diese Frauen in Gesellschaftsstrukturen, in denen die nicht mehr gebärfähigen Frauen als weise und erfahren angesehen werden oder einen höheren Status erlangen und dadurch eine gesellschaftliche Aufwertung erfahren.
Asiatinnen haben im Vergleich zu Westeuropäerinnen und Nordamerikanerinnen auch mit geringeren Wechseljahrbeschwerden zu kämpfen: So leiden beispielsweise nur fünf bis zehn Prozent der Asiatinnen unter Hitzewallungen, Holländerinnen dagegen zu 70 bis 85 Prozent. Selbst die Brustkrebsrate und auch das Risko für Herz-/Kreislauferkrankungen ist deutlich niedriger als bei der westlichen und nordamerikanischen Bevölkerung. Für dieses Phänomen wird die phytoöstrogenreiche Ernährung (v.a. Sojaprodukte) verantwortlich gemacht, wie sie bei dieser Bevölkerungsgruppe traditionell üblich ist. Bestätigt wird diese Annahme dadurch, dass Japanerinnen, die in den USA leben und die amerikanische Kost verzehren, genauso stark unter den klimakterischen Beschwerden leiden und ein ebenso hohes Brustkrebsrisiko besitzen wie die Nordamerikanerinnen. Untersuchungen mit Frauen in Finnland, USA und Japan zeigten ausserdem, dass Laktovegetarierinnen mit der Ernährung höhere Konzentrationen an Phytoöstrogenen aufnehmen als Frauen, die eine Mischkost verzehrten. Erwartungsgemäss hatten die Laktovegetarierinnen gegenüber den «Mischköstlerinnen» auch ein niedrigeres Brustkrebsrisiko.
Phytoöstrogene sind natürliche Substanzen, die in über 300 Pflanzen vorkommen und sich vor allem in den äusseren Schichten der Pflanzenorgane befinden. Die Phytoöstrogene gehören von ihrer chemischen Struktur her zu den Polyphenolen und ähneln den körpereigenen Östrogenen.
Man unterscheidet bei den Phytoöstrogenen verschiedene Substanzklassen, wobei die Isoflavone und Lignane die zwei wichtigsten Gruppen sind. Die Isoflavone werden vor allem in Soja und anderen Hülsenfrüchten gefunden. Die Lignane sind in hauptsächlich in ölhaltigen Samen, z.B. Leinsamen, und verschiedenen Getreidesorten anzutreffen. Der Gehalt an Phytoöstrogenen in den Pflanzen ist recht unterschiedlich und variiert zusätzlich in Abhängigkeit von der Kultivierungs-, Aufarbeitungs- und Verarbeitungsmethode, dem Klima, dem Erntezeitpunkt sowie den Lagerungsbedingungen.
Phytoöstrogene haben zwar eine ähnliche Wirkung wie die körpereigenen Östrogene, aber ihre Wirkstärke beträgt höchstens ein Tausendstel derjenigen von Östradiol, dem am stärksten wirksamen körpereigenen Östrogen. Mit einer phytoöstrogenreichen Ernährung können aber wiederum so hohe Mengen aufgenommen werden, dass sie ausreichen, um mit den körpereigenen Östrogenen zu konkurrieren.
Phytoöstrogene haben die günstige Eigenschaft, dass sie bei einem Östrogenmangel die Wirkung der Östrogene unterstützen, d.h. sie wirken schwach östrogenartig. In Gegenwart von grossen Östrogenmengen dämpfen sie dagegen die Wirkung der Östrogene, d.h. sie wirken dann anti-östrogenartig. So gibt es Hinweise, dass Phytoöstrogene das Wachstum von Brustdrüsenzellen hemmen (antiöstrogenartige Wirkung) und einen positiven Effekt auf die Knochendichte haben (östrogenartige Wirkung). Es gibt ausserdem epidemiologische und erste klinische Studien, in denen günstige Effekte der Phytoöstrogene auf Hitzewallungen und Schweissausbrüche sowie auf Herz-/Kreislauferkrankungen, Osteoporose (Knochenschwund) und Brustkrebs und gezeigt werden konnten.
Auch wenn die Wechseljahre naturwissenschaftlich gesehen vor allem durch die Östrogenabnahme gekennzeichnet sind, können, wie zuvor gezeigt wurde, noch andere Faktoren einen Einfluss auf das Ausmass und die Stärke der Wechseljahrbeschwerden ausüben. Dies bedeutet, dass eine Frau mit klimakterischen Beschwerden nicht generell ein Hormonersatzpräparat benötigt. Vielmehr sollte eine Umstellung der Ernährung und die Gabe von pflanzlichen Zubereitungen die Basistherapie darstellen. Denn es besteht ein Zusammenhang zwischen einer pflanzenbetonten, phytoöstrogenreichen Ernährung und der Vorbeugung klimakterischer Beschwerden und postmenopausaler Krankheitsrisiken.
So empfiehlt sich (nicht nur) in den Wechseljahren eine Ernährung basierend auf Vollkornprodukten sowie rohem, ungeschältem Obst und Gemüse. Es gibt zwar noch keine allgemein empfohlene tägliche Aufnahmemenge an Phytoöstrogenen, aber erste Schätzungen geben einen Tagesbedarf an Isoflavonen von ca. 40 bis 45 Milligramm für Frauen in den Wechseljahren an. (In Europa werden aber derzeit meist weniger als 5 mg Isoflavone pro Tag verzehrt.) Ausserdem sollte die Lebensweise dahingehend geändert werden, dass weitgehend auf Genussmittel wie Alkohol, Kaffee oder Nikotin verzichtet wird und man sich regelmässig bewegt.
All diese Massnahmen können durchaus genügen, um die klimakterischen Beschwerden zu lindern und postmenopausalen Gesundheitsrisiken wie Herz-/Kreislauferkrankung, Osteoporose oder Brustkrebs vorzubeugen.
Heilpflanzen, die Phytoöstrogene oder andere Substanzen mit östrogenähnlichen Wirkungen enthalten, haben sich ebenfalls bei Wechseljahrbeschwerden bewährt. Zu diesen Pflanzen gehören:
Zu diesen Nahrungsmitteln gehören: