In und nach den Wechseljahren übernehmen die Nebennieren langsam fast die komplette Produktion von Sexualhormonen. Sind diese kleinen Organe fit, überstehen Frauen in aller Regel auch diese Lebensphase mit viel weniger Beschwerden. Es lohnt sich also, den beiden Nebennieren Aufmerksamkeit zu schenken.
Text: Annette Willaredt
Die Nebennieren zählen zu den wenig bekannten Organen. Dabei sind sie sehr wichtig. Jeder Mensch hat zwei davon. Sie sind kleine Anhängsel der Nieren und liegen an deren oberem Ende; funktionell haben sie aber nichts mit den Nieren zu tun. Eine Nebenniere ist etwa drei Zentimeter breit, 1,5 Zentimeter lang und wiegt ungefähr fünf bis 15 Gramm. Die Winzlinge bestehen aus dem inneren Nebennierenmark und der aussen liegenden Nebennierenrinde, beide sind von einer schützenden Kapsel umgeben. Die Hauptaufgabe der Nebennieren ist es, Hormone zu produzieren.
Im Nebennierenmark wird u.a. Adrenalin ausgeschüttet, ein Hormon, das die sogenannten Kampf- und Fluchtreaktionen des Körpers steuert und daran beteiligt ist, Blutdruck, Herzfrequenz und andere Funktionen des sympathischen Nervensystems zu steuern.
In der Nebennierenrinde wird das kortisonähnliche Stresshormon Kortisol gebildet. Und – für die Wechseljahre wichtig – hier werden auch Geschlechtshormone gebildet. Zum einen das Testosteron, jenes männliche Geschlechtshormon, das in kleinen Mengen auch vom weiblichen Körper produziert wird. Es ist bei Frauen z.B. an der Regelung des sexuellen Verlangens beteiligt, hat Einfluss auf die Muskelkraft und die Vitalität. Desweiteren produziert dieser Teil der Nebennieren die weiblichen Hormone Östrogen und Gestagen beziehungsweise Vorstufen davon.
In der fruchtbaren Lebensphase einer Frau spielt die Bildung weiblicher Geschlechtshormone in der Nebenniere nur eine untergeordnete Rolle. Die Hauptproduktion erfolgt in dieser Zeit in den Eierstöcken. Doch in den Wechseljahren stellen die Eierstöcke ihre Arbeit nach und nach ein – und die entsprechende Hormonproduktion fällt aus. Weibliche Geschlechtshormone können jetzt nur noch im Fettgewebe und eben in den Nebennieren gebildet werden.
Die Crux dabei: Sind die Nebennieren in den Wechseljahren bereit etwas erschöpft (und das ist oft der Fall!), können sie ihre Aufgaben nicht mehr optimal wahrnehmen. Für die betroffenen Frauen heisst das meist, dass sie stärkere körperliche Beschwerden in dieser Lebensphase haben als ihre Geschlechtsgenossinnen mit fitten Nebennieren. Doch was setzt diesen kleinen Organen zu? Das ist vor allem psychischer und physischer Stress. Auf der seelischen Seite sind besonders Angst, Wut, Sorgen oder depressive Verstimmungen eine Belastung. Im körperlichen Bereich zählen dazu z.B. Schlafmangel, Überarbeitung, chronische Schmerzen, Leistungssport, chronische Erkrankungen, eine dauerhafte Störung des Immunsystems, die Dauereinnahme von Medikamenten oder eine Belastung mit Umweltgiften.
Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass eine Schwächung der Nebennieren eher selten auf einer Erkrankung des Organs beruht, sondern meist auf einer langandauernde Belastung der Betroffenen.
Es gibt frühzeitige Symptome, die zwar nicht sehr spezifisch sind, bei denen Frauen aber auch an eine Überlastung ihrer Nebennieren denken sollten. Dazu zählen Schlafstörungen. Betroffene sind zwar sehr müde, finden aber trotzdem nicht in einen tiefen Schlummer. Ebenfalls typisch ist es, nach ausreichendem Schlaf nicht fit zu sein. Viele Betroffene beschreiben, dass sie sich morgens wie gerädert fühlen und ohne Kaffee gar nicht in den Tag starten können. Häufig kommt es zu kleinen Attacken von Heisshunger auf Süsses. Das sexuelle Interesse lässt bei vielen nach.
Diese Probleme können natürlich auch auf andere organische Störungen hinweisen. Wichtig ist aber in jedem Fall, die Symptome nicht zu ignorieren, sondern gegenzusteuern.
Ob die Nebenniere geschwächt ist, kann mit einer Blutuntersuchung geklärt werden (Das gilt natürlich auch für andere, gravierende Erkrankungen dieser Organe wie z.B. Tumore). Problematisch dabei ist kann sein, dass die Nebennieren just zum Zeitpunkt der Blutabnahme normal arbeiten. Um Probleme zu erfassen, kann es darum nötig sein, mehrmals zu verschiedenen Tageszeiten Blut abzunehmen.
Es ist auch möglich, die Hormone per Speicheltest zu bestimmen. Ist der Hormonstatus geklärt, können die fehlenden Hormone zum Teil medikamentös ersetzt werden. Sinnvoll ist aber immer, weitere Massnahmen zu ergreifen, um die Regeneration der Nebennieren zu unterstützen.
Wichtig, um einer Schwächung der Nebennieren entgegenzuwirken, ist eine Reduzierung von Stress. Für Frauen in den Wechseljahren gut zu wissen: All diese Tipps sind nicht nur von Vorteil für diese beiden kleinen Organe, sie tragen auch ganz erheblich zur Verbesserung des Körpergefühls bei und helfen, die typischen Beschwerden in dieser Lebensphase zu reduzieren.
Frauen sollten versuchen, Überlastungen bei der Arbeit oder im Privatbereich so weit wie möglich auszuschalten. Oft reicht es da schon, öfter mal Nein zu sagen, wenn man am Arbeitsplatz über Gebühr beansprucht wird. Und auch manche Aufgabe in der Familie oder ehrenamtliche Tätigkeit darf einfach mal abgelehnt werden.
Bei seelischen Problemen wie Ängsten, Sorgen oder Depressionen sollten Frauen nicht zögern, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Um Anspannungen abzubauen, empfiehlt sich das Erlernen einer Entspannungsmethode wie Autogenes Training oder Meditation. Mindestens genau so entscheidend ist es, den Organismus zu entlasten. Kleine „Sünden" wie häufiger Alkoholgenuss, Rauchen oder Tage, an denen ausser viel Kaffee, einem belegten Brötchen und einem Burger nichts in den Magen kam, verzeiht der Körper nicht mehr so leicht wie in jungen Jahren. Ratsam ist eine regelmässige und vitalstoffreiche Ernährung mit möglichst wenig Zucker und Weissmehlprodukten.
Wichtig für eine Regeneration der Nebennieren ist Vitamin B5, das sich z.B. in Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten findet, sowie Vitamin C, etwa in Zitrusfrüchten, Kohl und Paprika. Für eine gute Magnesiumversorgung empfehlen sich entsprechende Mineralwässer oder grünes Blattgemüse wie Spinat.
Eine grosse Rolle spielt die Aminosäure Tyrosin, die u.a. in Milch, Kürbiskernen und Geflügel vorkommt.