In den Körnchen stecken wertvolle Inhaltsstoffe; für die Hälfte der Weltbevölkerung stellt Reis das wichtigste Grundnahrungsmittel dar. Bei Trendprodukten wie Rotem Reis oder Reiswaffeln ist jedoch Vorsicht angebracht. Ein vertiefter Blick auf eine der ältesten Kulturpflanzen der Erde.
Text: Andrea Pauli
Als Reis werden. die Körner des Süssgrases Oryza sativa und Oryza glaberrima (Afrikanischer Reis) bezeichnet. Es enthält zahlreiche Bestandteile mit gesundheitsfördernder Wirkung: Kohlenhydrate, Nahrungsfasern, Proteine, Fette, Mineralstoffe, Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe. Deren Menge hängt innerhalb der verschiedenen Reissorten von Anbaubedingungen und Verarbeitungsprozessen ab.
Der braune Reis, auch Vollreis oder Naturreis genannt, punktet mit deutlich höherem Nährwert als polierter, weisser Reis: Er enthält rund 70 Prozent mehr Mineralstoffe (z.B. Magnesium, Selen, Zink) und bedeutende Mengen an B-Vitaminen. Ein «Zwischending» ist der sogenannte Parboiled Reis. Nach der Ernte wird er in heissem Wasser eingeweicht, dann unter Druck gedämpft. Dieses Verfahren bewirkt, dass bis zu 80 Prozent der in der Schale enthaltenen Nährstoffe ins Innere des Reiskorns gepresst werden und somit auch nach dem Entspelzen noch enthalten sind.
Das Gesunde am Reiskorn ist das sogenannte Silberhäutchen, bestehend aus Fruchtwand, Samenhülle und der proteinhaltigen Aleuronschicht. Das Silberhäutchen schenkt dem Reiskorn seine grünlichgelbe respektive rötlichbraune Farbe und enthält den grössten Teil an Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen. Weitere wichtige lnhaltsstoffe sind im Keimling enthalten. Er verfügt über reichlich Eiweiss und einen hohen Gehalt an essenziellen Aminosäuren. Das im Keimling enthaltene Fett weist einen hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren, Vitaminen und Mineralstoffen auf. Silberhäutchen und Keimling zusammen ergeben die Reiskleie.
Kleines Korn mit Spriesskraft: Reiskeimlinge in einem thailändischen Feld.
Reiskleie fällt bei der Verarbeitung von Vollreis zu weissem Reis an. Dabei ist sie beileibe kein Abfallprodukt, sondern eine gute Quelle für Proteine und Fette und darum schon lange als Zugabe zum Tierfutter beliebt. Die Kleie enthält verdauungsfördernde Nahrungsfasern, sekundäre Pflanzenstoffe, Vitamine (B-Komplex und E) und Mineralstoffe (Magnesium, Phosphor, Kalium, Kupfer, Eisen, Mangan, Zink). Einziges Problem: Reiskleie wird an der Luft schnell ranzig. Mehrere Forschungsprojekte weltweit widmen sich der Aufgabe, das Produkt durch Veredelung zu stabilisieren. Aus der Reiskleie lässt sich auch Öl gewinnen, Reisöl oder Reiskleieöl genannt. Nativ gepresst ist es bräunlich bis gelb und verströmt einen markanten Duft. Raffiniertes Reisöl ist nahezu geruchlos und hellgelb. Natives Reisöl ist reich an kostbarem Gamma-Oryzanol, welches sich durch eine cholesterinsenkende Wirkung und weitere Faktoren auszeichnet, die das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduzieren. Gamma-Oryzanol wirkt zudem antioxidativ.
Die Reiskornplasmabank der «Indira Ghandi Agricultural University» zählt bislang 22 000 Reissorten in ihrem Bestand. Weltweit, so wird geschätzt, existieren über 100 000 Sorten. Drei Typen werden unterschieden:
Grüner Reis wird (überwiegend in Vietnam) im noch unreifen Zustand geerntet und kann richtig knallgrün sein. Man drückt die unreifen Körner aus den Rispen, weshalb sie etwas unregelmässig aussehen. Die Körner werden in der Sonne getrocknet. Grünen Reis kann man im Asia-Supermarkt kaufen.
Für Risotto-Reis sind besonders die Sorten Arborio und Carnaroli geeignet; aber auch die teurere Spezialsorte Lotoreis aus dem Tessin. Auch die günstigeren Sorten Vialone (Nano) und Baldo können verwendet werden. Damit der Reis beim Kochen zusammenklebt, ist es wichtig, dass das Reiskorn genug Stärke enthält, die beim Kochen abgegeben wird, und Wasser aufnehmen kann. Risottoreis sollte daher nie gewaschen werden, im Gegensatz zu asiatischen oder Basmati-Reissorten. Durch das Waschen würde ein Teil der Stärke ausgewaschen werden, die beim Risotto für die Sämigkeit sorgt.
Schwarzer Reis ist ein Vollkornreis, der ursprünglich aus China kommt. Dort war er nur dem Kaiser vorbehalten.
Wildreis ist gar kein Reis, sondern Samen des wildwachsenden Wassergrases Zizania aquatica, der den indianischen Ureinwohnern Kanadas seit Jahrtausenden als wichtige Nahrungsquelle dient.
Weltweit existieren über 100'000 Reissorten.
Ernährungsphysiologisch am sinnvollsten ist es, Reis quellen zu lassen. Die entsprechende Portion mit der doppelten Menge Wasser aufsetzen und zum Kochen bringen, dann Hitze stark reduzieren. Reis bei geschlossenem Deckel quellen lassen, bis das Wasser aufgesogen ist. Die Garzeit beträgt, je nach Sorte, zwischen 15 und 45 Minuten. Ab und zu kontrollieren, dass der Reis nicht am Topfboden ansetzt. Elektrische Reiskocher funktionieren übrigens nach dieser Quell-Methode. Ungekochter Reis enthält bisweilen Bakteriensporen, die sogar das Kochen überleben. Lässt man Reisreste länger bei Raumtemperatur stehen, können sich diese Sporen vermehren. Darum zubereiteten, abgekühlten Reis rasch im Kühlschrank lagern.
Lange bevor gesunde Ernährung zum Trendthema wurde, war Alfred Vogel der Meinung, dass die Ernährung die Basis für unsere Gesundheit bildet – und dass, ohne dabei auf den Genuss zu verzichten.
Die Rezeptideen von Assata Walter sind deshalb nicht nur saisonal, frisch und leicht umzusetzen, sie enhalten auch immer einen Ernährungstipp, der Ihnen hilft, sich natürlich und gesund zu ernähren.
Ins Visier von Verbraucherschützern und Testern geraten sind insbesondere Reisprodukte aufgrund ihres Arsengehaltes. Arsen kommt in unterschiedlichen Konzentrationen und verschiedenen Verbindungen überall in der Erdkruste vor. Ganz vermeiden kann niemand die Aufnahme von Arsen, denn Spuren finden sich in fast allen Lebensmitteln, zudem in Wasser und Luft.
Die Reispflanze nimmt Arsenverbindungen über ihre Wurzeln auf. Von dort gelangen sie über den pflanzlichen Stoffwechsel auch in die Reiskörner. Je nach Boden und Wasser der Region, nach Anbaumethode und Reissorte schwankt der Arsengehalt. Hohe Belastungen haben Forscher der schottischen Universität von Aberdeen in Reis aus Bangladesh und China gefunden, während Reis aus Italien, Ägypten und Indien relativ gering belastet war.
Höher belastet als Reis selbst erwiesen sich unterschiedlichen Tests zufolge Reisprodukte wie Reiswaffeln, -cracker oder -flocken. Hersteller gehen davon aus, dass dies eine Folge der Reduktion des Feuchtigkeitsgehaltes während der Produktion ist. Die amerikanische Food and Drug Administration fand im Herbst 2013 in Reisdrinks bis zu 0,046 Milligramm anorganisches Arsen pro Liter. Zum Vergleich: Der von der EU festgelegte Höchstwert für Trinkwasser beträgt 0,01 Milligramm pro Liter.
An diese Vorgaben haben sich die Hersteller zu halten. Selbstverständlich liegt der Arsen-Gehalt des biologisch unter strengen Richtlinien in Italien angebauten «A.Vogel-Reis» unter dem Grenzwert der EU.
Einen cleveren Tipp, wie man den Arsengehalt in Reisgerichten um bis zu 45 Prozent senken kann, geben Forscher der Universität Aberdeen: Den Reis in der sechsfachen Menge Wasser kochen und den Überstand nach dem Garen abgiessen. Einziger Nachteil: Beim Kochen im Wasserüberschuss werden auch Nährstoffe mit ausgeschwemmt.
Seit Jahrhunderten in China verbreitet und vielfach in der Traditionellen Chinesischen Medizin eingesetzt, wurde «Roter Reis» vor einiger Zeit auch hierzulande populär. Er galt als sanftes Mittel, um die Blutfettwerte zu senken. Doch Anfang 2016 sprachen Swiss Medic wie auch das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Warnungen aus. Denn der mit dem Pilz Monascus purpureus fermentierte Rotschimmelreis enthält Monakolin K. Dieses ist identisch mit dem Wirkstoff Lovastatin, enthalten in verschreibungspflichtigen Cholesterinsenkern. Monakolin K kann Nebenwirkungen wie z.B. Muskelschmerzen hervorrufen. Bei gleichzeitiger Einnahme von «Rotem Reis» und Cholesterinsenkern drohen Schädigungen von Skelettmuskulatur und Leber.
Nichts mit dem fragwürdigen fermentierten Reis zu tun hat der bissfeste, leicht nussige Rote Naturreis aus der französischen Camargue. Seine charakteristische Farbe bezieht er aus der tonhaltigen Erde, auf welcher er gedeiht. Er wächst auch im italienischen Piemont und in der Po-Ebene, zudem in Asien.
Eine gewisse Umsicht beim Verzehr der kleinen Körnchen empfiehlt sich aus einem weiteren Grund: Wer regelmässig weissen Reis isst, hat offenbar ein erhöhtes Risiko, an Diabetes Typ 2 zu erkranken. Zu dieser Schlussfolgerung gelangten Wissenschaftler der Harvard School of Public Health in Boston (USA) 2012 nach Auswertung von vier Studien, zwei davon in Asien (China, Japan), die beiden anderen in den US und Australien. Alle der über 350 000 Studienteilnehmer waren zu Beginn nicht zuckerkrank.
Weshalb weisser Reis zu einem erhöhten Diabetes-Risiko führen kann, ist noch nicht dezidiert erforscht. Die Wissenschaftler um Studienleiter Prof. Qi Sun vermuten einen Zusammenhang mit dem Glykämischen Index (GI). Der Index misst das Glykämiepotenzial eines Kohlenhydrats, also seine Fähigkeit, nach der Verdauung eine bestimmte Glukosemenge freizusetzen und dadurch den Blutzuckerspiegel zu erhöhen. Einem Forscherteam des Internationalen Reis Forschungsinstitutes (IRRI) und der australischen Institution CSIRO gelang es, das Schlüsselgen zu identifizieren, welches den GI von Reis bestimmt. Die Wissenschaftler stellten fest, dass der Glykämische Index je nach Reissorte variiert und von 48 (niedrig) bis 64 (hoch) reichen kann. Die gute Nachricht für Diabetes-Betroffene: Sie müssen nicht auf Reis verzichten, sondern lediglich darauf achten, eine Sorte mit möglichst niedrigem GI zu verzehren – eben Vollreis.
Glykämischer Index von Reisprodukten (je 150 g):
Quelle: Deutsche Diabetes Hilfe