Hafer führt zu Unrecht ein Schattendasein: Ob als Porridge, Haferbrei oder als Wiederentdeckung «Overnight Oats», Hafer ist eines der nährstoffreichsten Getreide überhaupt. Mehr über Inhaltsstoffe und Nährwerte in Haferflocken & Co.
Ingrid Zehnder GN 12.13, letztes Update 5.6.2015
Der «Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde» an der Universität Würzburg hat den Saathafer zur Arzneipflanze des Jahres 2017 gewählt.
Der zu den Süssgräsern gehörende Hafer zählt zu den ernährungsphysiologisch hochwertigsten Getreiden. In den äusseren Randschichten, der Frucht- und Samenschale sowie dem Keimling sind reichlich Vitamine (vor allem die Vitamine B1 und B6), Mineralstoffe und Ballaststoffe vorhanden.
Mit ungefähr 370 Kilokalorien (1549 kJ) pro 100 Gramm sind Haferkörner nicht gerade kalorienarm. Sie gelten jedoch keineswegs als Dickmacher, denn mit all ihren gesunden Inhaltsstoffen machen sie lange satt und helfen, keine Heisshunger-Attacken aufkommen zu lassen.
Komplexe Kohlenhydrate
Haferkerne enthalten 55 Prozent Kohlenhydrate, 13 % Eiweiss, 10 % Ballaststoffe und 7 % Fett. Die hochwertigen komplexen Kohlenhydrate werden nur langsam abgebaut; das sorgt für langanhaltende Energie und hält den Blutzuckerspiegel konstant auf einem gesunden Niveau. Deshalb schwören Sportler auch auf Haferprodukte zum Muskelaufbau und als Energielieferanten vor und nach dem Training.
Eiweiss
Im Vergleich mit anderen Getreidesorten ist der Gehalt an pflanzlichem Eiweiss absolute Spitze. Enthalten sind acht essenzielle Aminosäuren; sie werden zur Bildung von Hirn-Botenstoffen, Muskeln, Hormonen und Enzymen benötigt.
Ballaststoffe
Ballaststoffe, die unverdaulichen Pflanzenstoffe, können wasserlöslich oder -unlöslich sein. Im Hafer sind beide Arten etwa zu gleichen Teilen vorhanden. Die unlöslichen Ballaststoffe fördern die Verdauung und beschleunigen die Darmpassage. Damit die Ballaststoffe im Darm quellen können, benötigen sie Flüssigkeit; man sollte daher reichlich trinken. Ballaststoffe binden auch Schadstoffe und beeinflussen die Darmflora positiv. Besonders interessant ist das wasserlösliche Hafer-Beta-Glucan. Es hat die Fähigkeit, Gallensäuren im Darm zu binden, was zur Senkung des Cholesterins im Blut führt.
Gut fürs Cholesterin
Sehr günstig ist die Zusammensetzung des Haferfettes. Der Anteil der gesunden ungesättigten Fettsäuren beträgt rund 80 Prozent.
Auf Haferprodukten ist seit Dezember 2012 die folgende Werbe-Aussage zugelassen: «Beta-Glucane tragen zur Aufrechterhaltung eines normalen Cholesterinspiegels im Blut bei.» Gleichzeitig muss der Verbraucher darüber informiert werden, dass ein hoher Cholesterinwert zu den Risikofaktoren für die koronare Herzerkrankung gehört und sich die positive Wirkung bei einer Aufnahme von täglich 3 Gramm Hafer-Beta-Glucan einstellt.
Da Haferkleie und aus ihr produzierte Flocken mehr Beta-Glucan enthalten als «normale» Haferflocken, wird die erforderliche tägliche Menge von 3 Gramm durch rund 40 Gramm Haferkleie(-flocken) (knapp 4 EL) und rund 70 Gramm Haferflocken (gut 6 EL) erreicht.
Vitamine und Mineralstoffe
Im Bereich der Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente ist Hafer ein wahres Kraftpaket: Reichlich enthalten sind die Vitamine B1, B2, B6, K und E, dazu Kalzium, Kalium, viel Eisen, Phosphor, Magnesium, Mangan, Kupfer, Zink und Selen.
Phytinsäure hemmt die Aufnahme von Eisen, Kalzium, Magnesium und Zink. Sie ist in Getreide , Nüssen und Hülsenfrüchten enthalten. Das Einweichen des Hafers reduziert den Gehalt an Phytinsäure. Saure Milieus wie Sauermilchprodukte oder Fruchtsäfte eignen sich besonders für das Einweichen, denn durch das Einweichen (ca. 30 min) werden Enzyme (Phytase) freigesetzt, welche die Phytinsäure abbauen.
Der durch die Phytinsäure verursachte Nährstoffverlust sollte jedoch nicht überbewertet werden. Hafer hat ja noch viele andere positive Eigenschaften. Meist werden auch genügend Nährstoffe aus anderen Quellen aufgenommen und es entsteht kein Mangel.
Kochen bzw. Erhitzen reduziert den Phytinsäuregehalt nicht, da hierdurch die Phytase zerstört wird. Ein zu langes Einweichen kann auch eine nachteilige Wirkung auf den Geschmack haben.
Haferkleie ist beispielsweise besonders reich an Beta-Glucanen, welche die Darmwand schützen und den Cholesterin- und Blutzuckerspiegel senken. Doch auch äusserlich wirkt Hafer: Haferstroh (Stramentum Avenae) und Haferkraut (Herba Avenae) werden bei Rheuma, Hautverletzungen, empfindlicher Haut sowie Juckreiz angewendet.
Der Bauch des kranken Kindes krampft, Übelkeit steigt hoch – da kommt Oma mit warmem, suppigem Haferschleim, ungesüsst, ungesalzen: «Iss, dann geht es dir bald wieder gut.» Die schnelle Besserung ist rasch verdrängt, zurück bleibt die Erinnerung an Kranksein plus Schleim ohne Geschmack. Höchste Zeit, die schlechten Erinnerungen über Bord zu werfen.
Haferflockensuppe, gekocht mit Wasser und wenig Salz, ist ein probates Hilfsmittel bei Magen-Darm-Problemen, das etwas in Vergessenheit geriet. Die Ballaststoffe bilden auf der Magenschleimhaut eine Schutzschicht, halten den sauren Magensaft auf Abstand und lindern so die Beschwerden.
– Ein paar trockene Haferflocken gründlich zu kauen und dann zu schlucken, gilt als Hausmittel bei Sodbrennen.
– In der Breinahrung für Babys ab dem fünften/ sechsten Monat kommt die besondere Bekömmlichkeit und leichte Verdaulichkeit von Hafereiweiss und -fett zum Tragen.
– Hafer unterstützt auch die Gesundheit von Haut und Haar, vor allem in Verbindung mit Hirse.
Denn Haferbrei ist nicht nur gesund, man kann ihn auch sehr schmackhaft zubereiten. Süss mit saisonalen Früchten und – je nach Gusto und Laune – mit knusprigem braunem Rohrzucker, Ahornsirup, Zimt, Rosinen, Cranberries, Zitronensaft, Honig, geraspelter Schokolade, zerkleinerten Datteln, Kokosflocken, Mandelblättchen, gehackten Walnüssen oder pikant mit Pfeffer, Rosenpaprika, Schnittlauch, zerlassener Butter, gerösteten Zwiebeln, Gemüseresten.
Warmer Porridge zum Frühstück gibt jede Menge Energie, macht lange satt und ist das Richtige für einen empfindlichen Magen, der morgens nicht auf belegte Brote steht.
Selbst in Grossbritannien, sozusagen dem Mutterland des Porridge, wird von einer Renaissance des Breis gesprochen. Zu Recht. Nicht nur im Winter ist ein warmes Frühstück eine feine Sache und ein perfekter Start in den Tag. Probieren Sie es mal aus:
Für eine Person nimmt man einen Esslöffel (feine) Haferflocken auf 100 ml Flüssigkeit und köchelt den Brei mit einer Prise Salz (auch für die süsse Variante) bei mittlerer Temperatur 5 bis 10 Minuten. Sie können jede Art von Milch nehmen, Wasser, halb-halb oder Gemüsebrühe. Da es für Porridge etwa so viele Rezepte gibt wie für Fondue oder Kartoffelsalat, müssen Sie austesten, wie es Ihnen am besten schmeckt.
Dick? Oder doch etwas flüssiger? Mit feinen oder groben Flocken? Vielleicht mit nussiger Haferkleie, die jedoch etwas länger gekocht werden muss?
Abgepackte Haferflocken werden erhitzt, um sie haltbar zu machen – frisches Getreide wird schnell ranzig. Dabei geht, wie bei allen industriellen Verarbeitungsprozessen, ein Teil der Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente verloren. Es ist anzunehmen, dass dabei auch die Phytase reduziert. Bei fertigen Haferprodukten ist eher der Gehalt an Nickel, Schimmelpilzen und Mineralölrückständen das Problem, wie ein Ökotest-Bericht belegt. Wer eine Flockenpressmaschine hat, kann damit theoretisch mehr Nährstoffe aus dem Hafer ziehen.
Hafer gibt's nicht nur als Haferflocken und Haferkleie, sondern auch als Grütze, Schrot, Mehl und Milch. Die wichtigsten Hafervollkornprodukte im Überblick.
Haferflocken sind platt gewalzte Grützeteilchen; sie werden unterteilt in grob, fein (zart) und extrazart (blütenzart). Sie eignen sich für Müeslis, Porridge, Frikadellen, Suppen und Gebäck.
Haferkleie: Zu ihrer Herstellung werden nur die Randschichten des Haferkorns einschliesslich des Keimlings und die äusseren Schichten des Mehlkörpers verwendet. Für die Ernährung ist die Haferkleie wertvoller als die Flocke oder das Mehl, denn obwohl die Randschichten, aus denen die Kleie hergestellt wird, nur rund 30 Prozent des gesamten Haferkornes betragen, sind in ihr 80 bis 85 Prozent aller Inhaltsstoffe und besonders viele Ballaststoffe enthalten. Kleie gibt es als Griess (grob gemahlenes Korn) oder als lösliche Flocken.
Kernige Flocken sind aus ganzen Körnern hergestellte, grosse Haferflocken. Sie haben am meisten «Biss» und quellen beim Einweichen und Aufkochen nur langsam auf. Eine Studie der britischen Uni Reading von 2010 wies nach, dass grosse Haferflocken einen günstigeren Effekt auf die Zusammensetzung der Darmflora und auf die Bildung von gesundheitsfördernden kurzkettigen Fettsäuren im Darm haben als feine Haferflocken.
Hafergrütze besteht aus zerkleinerten Körnern mit einer Grösse von einem, zwei oder drei Millimetern (fein, mittel, grob). Sie wird als Suppeneinlage, für Eintöpfe und Aufläufe verwendet.
Hafer-Schrot wird aus in einer Getreidemühle grob gemahlenen Haferkörnern mit all ihren Bestandteilen hergestellt. Die Schale des Korns ist nur gebrochen (nicht gequetscht) und deshalb noch hart. Schrot erfordert eine wesentlich längere Einweich- bzw. Kochzeit als Flocken. Liebhaber meinen, die bissfeste Beschaffenheit und der nussige Geschmack machten den Zeitaufwand wett. Verwendet wird es im Frischkornbrei oder als Zutat zu herzhaften Backwaren.
Hafermehl: Hat einen hohen Fettanteil, da beim Mahlen ein grosser Teil der Schalen entfernt wird, der Keimling aber unversehrt bleibt. Dadurch wird es schnell ranzig, und die Lagerfähigkeit ist begrenzt. Zum Brotbacken ist es wenig geeignet, aber zum Backen von Keksen und Guetzli wird es gerne verwendet. Saucen und Suppen lassen sich mit Hafermehl binden.
Hafermilch wird aus Wasser, Haferkernen, Öl und Meersalz hergestellt. Sie ist laktose- und cholesterinfrei. Der vegane Getreidedrink wird gekühlt getrunken und zur Zubereitung von Müesli, Porridge sowie zum Backen und Kochen verwendet.
Haferkraut (vom grünen Hafer vor der Blüte), als Tee, Flüssigextrakt und Frischpflanzenpresssaft innerlich angewendet, gilt als traditionelles Mittel bei nervöser Erschöpfung, zur Linderung leichter Stresssymptome und als Schlafhilfe.
Das Porridge-Grundrezept von guten Hotels/Köchen im Vereinigten Königreich geht so:
Haferflocken sollte man aus ökologischem Anbau beziehen. Im konventionellen Anbau wird Hafer (wie andere Getreide auch) meist kurz vor der Ernte mit einem Pestizid bespritzt. Durch diese Dusche mit Unkrautvernichtern, die bis eine Woche vor der Ernte offiziell erlaubt ist, stirbt nicht nur das Unkraut ab, sondern auch das Getreide, das dann gleichmässiger trocknet.
Und das ist wichtig, denn bei zu hoher Ernte-Feuchtigkeit, muss der Hafer nach wenigen Stunden sofort getrocknet werden, weil er ansonsten wegen des dumpfen Geruchs nicht mehr als Speisehafer verwendet werden kann.
Bei Proben von «Öko-Test» im Herbst 2012 wurden Spuren des Pestizids Glyphosat in Mehl, Brötchen und Haferflocken gefunden. Zwar behauptet die EU, der Stoff sei für Tiere und Menschen harmlos, doch hegen neue wissenschaftliche Studien aus Frankreich und Argentinien ernste Zweifel an der Unbedenklichkeit.
Lange bevor gesunde Ernährung zum Trendthema wurde, war Alfred Vogel der Meinung, dass die Ernährung die Basis für unsere Gesundheit bildet – und dass, ohne dabei auf den Genuss zu verzichten.
Die Rezeptideen von Assata Walter sind deshalb nicht nur saisonal, frisch und leicht umzusetzen, sie enhalten auch immer einen Ernährungstipp, der Ihnen hilft, sich natürlich und gesund zu ernähren.
Haferkörner sind mit den umgebenden Spelzen fest verwachsen, sodass sie beim Dreschen nicht herausfallen. Bei Tierfutter bleiben die Spelzen am Korn, für Lebensmittel müssen sie entfernt werden. Nach dem Entspelzen werden die Haferkörner trockener Hitze ausgesetzt (gedarrt), danach mit Wasserdampf behandelt und wieder getrocknet. Dabei bildet sich das typische nussartige Aroma.