Ein enger Verwandter des Saatweizens ist der Dinkel, dessen Geschichte sich bis ins alte Ägypten zurückverfolgen lässt. Heute wird er überwiegend kontrolliert biologisch in der Schweiz, in Süddeutschland und im Elsass angebaut.
Der Dinkel (Triticum aestivum subsp. spelta) ist eine natürliche Kreuzung aus Emmer und Zwergweizen, die ziemlich unverfälscht erhalten geblieben ist. Dabei existieren viele Mischformen und Übergänge zwischen modernem Weizen und Dinkel. Die Ähre ist länger und schmaler ist als die von Weizen.
Das Korn ist auch mit mageren Böden und ungünstigeren Verhältnissen zufrieden, und kräftiges Düngen wirkt sich negativ aus, weil es den Halmwuchs fördert und damit das Risiko, dass ganze Felder nach einem Gewitter flach am Boden liegen. Weil der Dinkel im Spelz gesät wird, müssen die Samen weder gebeizt noch chemisch gegen Schädlinge behandelt werden.
Doch der geringere Ertrag, der späte Erntezeitpunkt, die brüchigen Halme, die eine Mechanisierung der Ernte erschweren, und die Tatsache, dass in einem zusätzlichen Arbeitsgang die Getreidehülle, der Spelz, vom Korn getrennt werden muss, machten ihn für den Intensivanbau unattraktiv. Züchterische Veränderungsversuche waren nicht erfolgreich, weil bei Kreuzungen (z.B. mit Weizen) die ursprünglichen Eigenschaften und der besondere Geschmack des Dinkels verloren gingen.
So geriet das Getreide, das seine «Hochblüte» im Mittelalter hatte und hauptsächlich in der Schweiz und in Süddeutschland angebaut wurde, in Vergessenheit. Erst durch die Wiederentdeckung der Schriften der Hildegard von Bingen (die den Dinkel als «das beste Getreide» lobte) und durch die vermehrte Nachfrage nach ökologischen Produkten, kam der robuste und wenig anspruchsvolle Dinkel wieder zu Ehren.
Dinkel gilt als ausgesprochen gesund und leicht verdaulich und enthält leicht höhere Anteile an Mineralstoffen (vor allem Magnesium), Spurenelementen, Vitaminen (Vitamin B und E ) und Eiweiss als andere Getreide. Ausserdem enthält er deutlich mehr Kieselsäure als Weizen.
Der physiologische Brennwert beträgt 1420 kJ (338 kcal), Angaben je 100 Gramm essbarem Anteil:
Wasser 11,02 g
Eiweiss 14,57 g
Fett 2,43 g
Kohlenhydrate 70,19 g
Ballaststoffe 10,7 g
Mineralstoffe
Natrium 8 mg
Kalium 388 mg
Magnesium 136 mg
Calcium 27 mg
Mangan 3,1 mg
Eisen 4,4 mg
Zink 3,28 mg
Phosphor 401 mg
Vitamine
Riboflavin (Vit. B2) 113 µg
Vitamin B6 230 µg
Vitamin E 790 µg
Dinkel enthält Gluten, soll aber angeblich besser verträglich sein als Weizen. Zwar wird die Dinkel-Stärke schneller aufgespalten als Weizenstärke und ist damit leichter verdaulich. In Bezug auf Glutenunverträglichkeit ist die dem Dinkel zugeschriebene bessere Verträglichkeit jedoch nicht belegt. Es kann aber sein, dass in bestimmten Fällen von Weizenunverträglichkeit Dinkel als Ersatzgetreide vertragen wird. Ein Grund könnte sein, dass Dinkel das Protein Omega-5-Gliadin nicht enthält, welches für die Weizen-Unverträglichkeit verantwortlich ist. Gesichert ist, dass Dinkel bei Zöliakie nicht vertragen wird. Achten Sie aber auf reines Dinkelmehl, denn oft wird Weizenmehl beigemischt, um das Backen zu vereinfachen.
Vom Dinkel gibt es nicht nur Mehl in allen Ausmahlgraden, es gibt sogar Dinkelbier. Bei der Zubereitung des vielseitigen Dinkels (Korn, Schrot, Griess, Flocken, Vollkorn- bis Weissmehl) sind der Kochphantasie keine Grenzen gesetzt. Teige aus Dinkelmehl sind jedoch schwieriger zu handhaben als Teige aus Weizenmehl.
Grünkern ist der geröstete, unreife Dinkel, wenn die Stärke noch nicht ausgebildet ist und die Körner noch weich und saftig sind. Er wird auf speziellen Darranlagen, die mit Buchenholz beheizt werden, bei ca. 120° C gedarrt und anschliessend in der Gerbmühle vom Spelz befreit. Das Darren macht ihn hart, mahlfähig und besonders haltbar. Diese Spezialbehandlung fördert seinen würzig-aromatischen Geschmack und seine oliv-grüne Farbe. Da Grünkern unreifer Dinkel ist, sind die Inhaltsstoffe im Wesentlichen die gleichen.
Dank des nussartigen und leicht rauchigen Aromas wird der Grünkern vor allem für pikante Speisen verwendet. So mancher hat schon die würzigen Grünkernfrikadellen mit Hackfleisch verwechselt, besonders wenn das Aroma der Masse mit Majoran und abgeriebener Zitronenschale abgerundet wird. Grünkern ist ideal für die Zubereitung von Bratlingen, Suppeneinlagen, Aufläufen, Gemüsefüllungen wie z.B. für Paprika, Krautwickel, Kohlrabi und Brotaufstrichen.
So wird Grünkern gekocht: Ganze Körner mit doppelter Menge Flüssigkeit (Wasser oder Gemüsebrühe) 10 Minuten kochen und bei schwacher Hitze 30-40 Minuten quellen lassen. Zeit und Energie können Sie sparen, wenn Sie die Körner über Nacht im kalten Wasser einweichen und am nächsten Tag mit dem Einweichwasser zum Kochen bringen. Dann beträgt die Garzeit nur 10-15 Minuten. Schrot braucht dagegen nur 15-20 Minuten bei schwacher Hitze zu garen. Gewürze, die besonders gut zu Grünkern passen, sind Majoran, Thymian, Koriander, Paprika, Curry und Ingwer, Petersilie, Schnittlauch und Zitronenmelisse, abgeriebene Zitronenschale, Senf, Knoblauch und Sojasauce.
Lange bevor gesunde Ernährung zum Trendthema wurde, war Alfred Vogel der Meinung, dass die Ernährung die Basis für unsere Gesundheit bildet – und dass, ohne dabei auf den Genuss zu verzichten.
Die Rezeptideen von Assata Walter sind deshalb nicht nur saisonal, frisch und leicht umzusetzen, sie enhalten auch immer einen Ernährungstipp, der Ihnen hilft, sich natürlich und gesund zu ernähren.
In der sogenannten Hildegard-Medizin heisst es «Der Dinkel ist das beste Getreide, denn er ist leicht verdaulich, heilt von innen heraus, wirkt wärmend und ist dennoch kraftvoll. Er ist ausgleichend und für empfindliche Menschen bestens geeignet, er bereitet gutes Blut und sorgt für einen heiteren Menschen.»
Ein wichtiger Bestandteil der Hildegardmedizin ist die Hildegarddiät: «Dinkel ist das beste Getreidekorn, es wirkt wärmend und fettend, ist hochwertig und gelinder als alle anderen Getreidekörner. Wer Dinkel kaut, baut gutes Fleisch. Dinkel führt zu einem rechten Blut, gibt aufgelockertes Gemüt und die Gabe des Frohsinns. Wie immer Sie Dinkel zubereiten, ob als Brot oder in Form einer anderen Speise - Dinkel ist gut und gut verdaulich.»
In ihrer Gesundheitslehre hat sich die Universalgelehrte auch verschiedentlich zu Schlafproblemen geäussert. Schlafmittel als solche kennt sie nicht. Beruhigende Reize, die über den Hautsinn das Nervensystem zum Schlaf vorbereiten, wie ein warmes Lavendelbad, Wassertreten, das Schlafen auf einem Dachsfell oder einem Dinkelspelzunterbett (Spelz Spreu), können nach ihren Aussagen sogar chronische Schlaflosigkeit beseitigen. Eine heutige Anwendung de Naturheilkunde ist der Dinkelwickel.
Als «UrDinkel» wird eine in der Schweiz gebräuchliche Marke für Dinkel aus vorgegebenem Anbau bezeichnet. Sie garantiert die ausschliessliche Verwendung von alten Schweizer Dinkelsorten, die nicht mit modernem Weizen gekreuzt wurden.