Ausgesuchte Lebensmittel sowie eine erhöhte Zufuhr wichtiger Vitamine und Spurenelemente verbessern den Krankheitsverlauf bei Entzündungen und rheumatischen Beschwerden.
Bei Stoffwechselvorgängen im Körper entstehen freie Radikale, aggressive Sauerstoffverbindungen, die im Verlauf einer Entzündung in grossen Mengen gebildet werden und körpereigene Strukturen (z. B. Knorpel) schädigen. «Radikalenfänger» oder Antioxidantien wie z. B. Vitamin E, Vitamin C sowie die Spurenelemente Selen und Zink neutralisieren die freien Radikale. Oft braucht der Körper mehr Antioxidantien, als durch die Nahrung aufgenommen werden können. Natürliche Vitamine z.B. von A.Vogel sind dann eine sinnvolle Ergänzung.
Unsere Nahrung hat einen direkten Einfluss auf die Entzündungsprozesse und die damit verbundenen rheumatischen Beschwerden. Die entzündungsfördernden Botenstoffe werden von der Arachidonsäure, einer mehrfach ungesättigten Fettsäure, gebildet. Diese wird dem Körper durch tierische Lebensmittel zugeführt und auch vom Körper selbst gebildet.
Durch den weitgehenden Verzicht auf Fleisch, Wurst, Speck und Butter kann die Arachidonsäure im Körper gesenkt werden. Erlaubt sind fettarme Milchprodukte, ein- bis zweimal wöchentlich ein Ei und Fisch. Zwar ist auch Seefisch nicht frei von Arachidonsäure, er enthält aber Omega-3-Fettsäuren, welche ihrerseits antientzündlich wirken. Eine Alternative zu Fischmahlzeiten sind Fischölkapseln und Lebertran.
Es empfiehlt sich daher nicht nur die Zufuhr der Arachindonsäure zu reduzieren, sondern auch die der Linolsäure. Am geringsten ist der Gehalt in Raps-, Lein- und Olivenöl. Gleichzeitig sollte die Zufuhr an Omega-3-Fettsäuren erhöht werden, denn diese hemmen die körpereigene Synthese von Arachidonsäure und deren Umwandlung in entzündungsfördernde Eicosanoide. Eine arachidonsäurearme Ernährung mit einem hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren führt erwiesenermassen zu einer deutlichen Linderung der rheumatischen Beschwerden. Geeignet sind Lein-, Walnuss-, Soja-, Hanf- oder Rapsöl.
Ob hierfür eine Nahrungsergänzung mit Omega-3-Fettsäuren hilfreich sein kann, ist noch nicht abschliessend geklärt. Manche Studien zeigten eine Reduzierung von Symptomen wie Schmerzen oder Morgensteifigkeit nach der Einnahme von Fischölpräparaten. Andere Studien konnten keinen positiven Effekt nachweisen. Besonders die Dosis sowie das Verhältnis von EPA zu DHA scheinen in diesem Zusammenhang relevant zu sein. Neuste Studien deuten jedoch an, dass eine hochdosierte Einnahme von Fischölkapseln das Risiko für Herzprobleme wie Vorhofflimmern erhöht, wie die «Schweizerische Herzstiftung» mitteilt. Eine fischreiche Ernährung oder die Verwendung Omega-3-haltiger Pflanzenöle ist in diesem Zusammenhang unproblematisch.
Der Proteinbedarf ist etwas höher als normal und beträgt etwa 1g pro Körpergewicht (in Kilogramm). Das entspricht etwa 60 bis 85 g pro Tag. Etwas komplizierter wird es, wer sich vegan ernährt. Hier punktet der hohe Anteil an Nahrungsfasern, Proteine müssen aber geschickt kombiniert und mehrfach über den Tag verteil konsumiert werden. Ausserdem sollte Vitamin B12 über Nahrungsergänzungsmittel ergänzt werden.
Als Eiweisslieferanten eignen sich Hülsenfrüchte, fettarme Milch bzw. Milchprodukte (Käse, Joghurt, Quark, Buttermilch) sowie Eier (ovo-lakto-vegetabile Kost). Fleisch, Fisch oder Wurst sollte höchstens 1x pro Tag gegessen werden. Die Mengen sollten 100 g möglichst nicht überschreiten. Unbedingt vermeiden: Innereien (Leber, Nieren, Hirn, Kalbsbries), Sardellen und Ölsardinen. Bei Geflügel und Fisch entfernt man die purin-reichere Haut vor dem Verzehr.
Gemüse und Obst sind wertvolle Lebensmittel und können, bis auf einige Ausnahmen, reichlich verzehrt werden. Vermeiden: Soja, Erbsen, Bohnen (ausser grüne Bohnen) und Linsen wegen der höheren Purinwerte.
Gewürze verfeinern nicht einfach nur das Essen, sondern können die Entzündungswerte Übergewichtiger signifikant reduzieren. US-Forscher haben dies nun in einem kleinen Experiment bestätigt: Sie mischten einen Mix aus 13 Gewürzen (u.a. mit Basilikum, schwarzem Pfeffer und Ingwer) in hochkalorische, fett- und kohlenhydratreiche Mahlzeiten übergewichtiger Männer. Die Kontrollgruppe ass ungewürzte Speisen. Die Nachuntersuchung ergab, dass diejenigen, deren Essen mit 6 g Gewürzen angereichert worden war, signifikant geringere Entzündungswerte im Blut aufwiesen als jene, die eine ungewürzte Mahlzeit gegessen hatten. Der Effekt zeigte sich noch bei bis zu 2 g Gewürz pro Mahlzeit.
Von der Darm-Hirn-Achse haben die meisten bereits etwas gehört. Dass es aber auch eine Verbindung zwischen dem Verdauungstrakt und dem Auftreten von Entzündungen in den Gelenken gibt, ist eher neu. Mehrere Studien konnten zeigen, dass Patienten mit rheumatoider Arthritis ein anderes Darmmikrobiom aufweisen, als Gesunde. Die Zusammensetzung der «Darmflora» lässt Rückschlüsse darauf zu, wie sich der Krankheitsverlauf weiter entwickelt. Einen günstigen Einfluss auf das Krankheitsgeschehen könnten die Mikroben Coprococcus, Bilophila und Prevotellaceae haben. Coprococcus stellt u.a. die kurzkettige Fettsäure Butyrat her, die entzündungshemmend wirkt. Wie sich Bilophila und Prevotellaceae diesbezüglich verhalten, ist noch nicht ausreichend erforscht.
Einen negativen Einfluss können Immunzellen des Darms haben. Laut Professor Georg Schett von der Klinik für Rheumatologie und Immunologie am Universitätsklinikum Erlangen können diese Immunzellen ins Gelenk wandern und dort zur Gelenkentzündung beitragen, wie er gegenüber der «Ärzte-Zeitung» berichtet. Das tritt besonders dann auf, wenn im Darm eine Barrierestörung vorliegt, die bei Patienten mit rheumatoider Arthritis häufiger und früher diagnostiziert wird als bei Gesunden. Dabei spielt das Molekül Zonulin eine Rolle: Es lockert die Verbindungen zwischen den Darmschleimhautzellen, die sogenannten «tight junctions», die auch bei der Allergieentstehung eine Rolle spielen, und begünstigt so das Auftreten einer Barrierestörung.
Eine ballaststoffreiche Mahlzeit pro Tag könne die Barrierefunktion des Darms unterstützen. Ballaststoffe werden im Darm u.a. zu kurzkettigen Fettsäuren zerlegt, die eine entzündungshemmende Wirkung haben und arthritisfördernde Zytokine reduzieren. Dieser Effekt konnte bereits in einer Pilotstudie mit 29 Rheumapatienten nachgewiesen werden.
Insgesamt sollte sehr viel getrunken werden: Die reine Trinkmenge sollte zwei Liter pro Tag möglichst übersteigen! Neben Fruchtsäften und Mineralwasser ist auch eine Tasse Schwarztee oder Kaffee zu akzeptieren. Empfehlenswert ist auch Getreidekaffee.
Unbedingt vermeiden: Genuss von Alkohol. Denn bei dessen Abbau entsteht Laktat, das die Ausscheidung der Harnsäure über die Niere hemmt. Ferner wird die körpereigene Harnsäuresynthese gesteigert.
Eine gesunde Ernährung kann sogar vorbeugend wirken: Forscher der Harvard Medical School in Boston konnten zeigen, dass, wer sich häufig von rotem und verarbeitetem Fleisch sowie von raffiniertem Getreide und Fast-Food-Produkten ernährte, ein um 70 Prozent erhöhtes Risiko für Gelenkverschleiss aufwies. Wer sich von Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Gemüse und Obst sowie Fisch ernährte, reduzierte das Risiko hingegen um 30 Prozent. Der Body-Mass-Index (BMI) war als einzelner Faktor nur für rund 30 Prozent der gefundenen Zusammenhänge verantwortlich.
Laut Ernährungsberaterin Kirsten Scheuer (www.rheumaliga.ch) kommen für das Frühstück z.B. Müesli mit verschiedenen Flocken wie Hafer, Dinkel, Weizen und Gerste infrage – dazu gibt’s Milch, Joghurt, Quark, Baumnüsse sowie frische Früchte. Am Mittag kann es einen bunt gemischten Salat mit Rapsöl sowie Gerichte mit viel Gemüse, z.B. Bami oder Nasi Goreng (auch mit Chili) mit Tofu statt Fleisch. Als Dessert kann ein Orangen-Dattel-Fruchtsalat mit Zimt und am Abend ein Omelette mit Kartoffeln und Gemüse passend sein. Wichtig ist, dass der Fleischanteil gering, der Anteil an Gemüse, Früchten, Hülsenfrüchten dagegen sehr hoch ist.
Studien zeigen, dass das viszerale Fettgewebe (Bauchfett) schädliche hormonelle Botenstoffe aussendet, welche die Entzündungsvorgänge im Körper verstärken. Stark übergewichtige Menschen sind häufiger an rheumatoider Arthritis erkrankt und haben auch ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf. Eine Gewichtsabnahme kann so auch die Symptome verbessern.
Fleisch, fettreiche Milchprodukte sowie Mais, Weizen und Hafer können schubauslösend für Gelenkbeschwerden sein. Gleichzeitig sind Hafer und Milch aber auch wertvolle Nährstofflieferanten. Aus diesem Grund sollten Lebensmittel, welche die Symptome verschlimmern nur in Absprache mit Fachperson weggelassen werden.
Mit jeder Nahrungsaufnahme werden automatisch Entzündungsstoffe im Körper gebildet. Das Fasten reduziert die Ausschüttung dieser Moleküle und verändert gleichzeitig den gesamten Stoffwechsel: Der Körper greift auf seine Reserven zurück und beginnt eine Art Recyclingprogramm. Bestimmte Metabolite des Fastenstoffwechsels wirken direkt antioxidativ und entzündungshemmend. Studien zeigen, dass sich die Zahl der schmerzhaften und geschwollenen Gelenke verringert und sich die Gelenkbeweglichkeit verbessert. Ausserdem reduziert sich das Bauchfett zusätzlich.
Medikamente wie der Entzündungshemmer Kortison können einen vorzeitigen Knochenabbau (Osteoporose) begünstigen. Rheumabetroffene sollten daher auf eine ausreichende Zufuhr von Kalcium und Vitamin D achten. Das Sonnenvitamin sorgt dafür, dass das Kalzium in die Knochen aufgenommen wird.
Wie wichtig ist die Ernährung für Rheumapatienten? Was bringt eine Ernährungsumstellung? Und was wird aus der Lebensqualität? Lesen Sie hier das Gespräch mit dem Ernährungsspezialisten Dr. Gunther Hölz.