Die Borreliose ist eine häufige Infektionskrankheit, übertragen durch Zecken. Als Therapie der Wahl gelten Antibiotika, doch garantieren diese keine Heilung. Immer mehr Betroffene suchen deshalb naturheilkundlichen Rat.
Autorin: Petra Gutmann
Andreas M. ist jung, gross und kräftig. Der Spengler konnte sich nie vorstellen, dass ihn etwas umhaut. Bis ihn im September 2002 Kopfschmerzen, Herzrasen und ein Gefühl grosser Müdigkeit zu plagen begannen. Der Hausarzt diagnostizierte eine Borreliose – also eine Infektion mit dem Bakterium Borrelia burgdorferi, übertragen durch den Stich einer Zecke.
Acht Wochen lang schluckte Andreas M. Antibiotika, doch die Beschwerden besserten sich nicht. Im Gegenteil: Bald kamen Hitzewallungen, Schweissausbrüche und ein Taubheitsgefühl in den Fingerspitzen hinzu.
Immer öfter hört man von Krankheitsverläufen dieser Art: Am Anfang steht ein Zeckenstich, der unbemerkt verstreicht. Wochen, Monate oder Jahre später tauchen plötzlich heftige Beschwerden auf. Es folgt eine ärztlich verordnete Antibiotika-Kur.
Werden Antibiotika im Anfangsstadium der Erkrankung – also kurz nach der Infektion – eingesetzt, gelingt es meist, die Bakterien zu vernichten. Anders sieht es aus, wenn sich die Borrelien bereits aus dem Blutkreislauf zurückgezogen und in Haut und Bindegewebe «verschanzt» haben – ein Prozess, der etwa zwei Wochen nach der Infektion beginnt. Ab diesem Zeitpunkt besteht die Gefahr, dass der antibiotische Schlag nicht mehr alle Krankheitskeime erreicht. Folge: Die überlebenden Borrelien können umso besser «loslegen», als die Abwehrkräfte des Wirts antibiotisch geschwächt sind.
Die Naturheilkunde betrachtet Borrelien-Erkrankungen als eine Folge geschwächter Abwehrkräfte. Daraus resultiert die therapeutische Zielsetzung: Es ist alles zu unternehmen, was die Selbstheilungskräfte des Patienten fördert und alles zu unterlassen, was seine Selbstheilungskräfte schwächt.
Das ist eine echte Herausforderung, zumal die mit dem Syphilis-Erreger verwandten Bakterien potente Gegner sind. Ihre biochemischen Waffen sind respektabel: Borrelien produzieren Neurotoxine, also Nervengifte, die im Organismus eine Vielzahl von Beschwerden verursachen können.
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Zu den häufigsten zählen grippeähnliche Symptome, Müdigkeit, Sensibilitätsstörungen wie z.B. Taubheitsgefühle, motorische Ausfälle, wandernde Schmerzen an Gelenken, Sehnen und Knochen, Gelenkentzündungen, vereinzelte Ausfälle von Hirnnerven (vorab des Nervus facialis mit daraus resultierender Gesichtslähmung) sowie Schwindel und Störungen des Kurzzeitgedächtnisses. Auch eine Ausdünnung der Haut (sog. Pergamenthaut), meist an den Beinen, wird mitunter beobachtet.
Es ist tröstlich zu wissen, dass die meisten dieser Beschwerden vorübergehend sind, das heisst: bei guter körperlicher Allgemeinverfassung des Betroffenen innerhalb von Monaten oder Jahren «von alleine» abklingen.
Die naturheilkundliche Borreliose-Therapie stützt sich auf zwei Pfeiler: die Stärkung der natürlichen Abwehrkräfte und das Ausleiten von Schadstoffen.
Mit letzterem sind nicht nur die bakteriellen Neurotoxine gemeint, sondern alle Arten von Giftstoffen und «Schlacken», die die Selbstheilungskräfte des Organismus unterwandern. Sie werden in der Naturheilpraxis so ausgeleitet:
Laut den grossen Pionieren der Naturheilkunde wie z.B. Alfred Vogel, Maximilian Bircher-Benner oder Max Otto Bruker, ist eine vollwertige, laktovegetarische Ernährung mit viel Obst und Gemüse die beste Basis für ein starkes Immunsystem. Sicher ist, dass die erfolgreiche Borreliose-Behandlung eine vollwertige Ernährung voraussetzt.
Unverzichtbar sind in jedem Fall grosse Mengen karotinoid- und chlorophyllreicher Gemüse wie z.B. Karotten und Blattgemüse, möglichst frisch in Form von Salaten und frischgepressten Säften verzehrt. Ausserdem abwehrstärkende Gewürze und Kräuter, unter ihnen Basilikum, Bärlauch, Knoblauch, Zwiebel, Gartenkresse, Gelbwurz, Ingwer, Kapuzinerkresse, Koriander, Pfefferminze, Salbei, Thymian und Zimt.
Aber auch die Art, wie wir essen, ist von grosser Bedeutung: Wer hastig oder gedankenlos isst, darf sich nicht wundern, wenn die Heilkraft der Lebensmittel auf der Strecke bleibt.
In der Borreliose-Behandlung weckt seit einigen Jahren die Karde (Dipsacus silvestris) besondere Hoffnungen. Die Wurzel der uralten Heilpflanze wird von den europäischen Kräuterkundigen seit eh und je bei Arthrose, Rheuma, Hautbeschwerden und zur Steigerung der Abwehrkraft eingesetzt. Bei den Chinesen gilt die Karde als gutes Mittel, um die «Nierenessenz» und das «Leberblut» zu stärken.
Eine weitere vielversprechende Heilpflanze bei Borreliose ist «Una de gato» alias Katzenkralle (Uncaria tomentosa). Die immunstärkenden Eigenschaften dieser Heilpflanze aus dem Arzneimittelschatz der Amazonas-Bewohner sind klinisch belegt, Tee und standardisierte Extrakte aus der Wurzel der Katzenkralle sind seit einigen Jahren auch in Europa erhältlich.
US-Forscher haben im Labor die Wirkung von 14 Pflanzenextrakten mit der Standardmedikation (Antibiotika) verglichen. Das Ergebnis: Sieben Extrakte schnitten besser ab als die beiden Antibiotika Doxycyclin und Cefuroxim. Die besten Resultate erzielten Extrakte aus der ghanaischen Chinarinde (Cryptolepis sanguinolenta) und des japanischen Knöterichs (Polygonum cuspidatum. Aber auch Schwarznuss (Juglans nigra), Katzenkralle (Uncaria tomentosa) und Einjähriger Beifuss (Artemisia annua) wirkten.
Für die Immunstärkung empfiehlt sich auch eine Behandlung mit Echinacea-Präparaten.
Zur ganzheitlichen Borreliose-Therapie gehört eine homöopathische Konstitutions-Behandlung. Sie kann die Selbstheilungskräfte des Patienten stärken und konstitutionelle Schwächungen beseitigen. Das erfordert die Hilfe eines klassischen Homöopathen, der den Patienten treffsicher individualisiert.
Hingegen darf man keinesfalls annehmen, dass man nach einer Borrelien-Infektion bloss ein paar Globuli zu schlucken brauche, um allfällige Beschwerden «garantiert» abzuwenden.
Eine Borreliose ist keine simple Erkältung, sondern eine Herausforderung für Arzt und Patient. In der Regel sind deshalb stets mehrere therapeutische Massnahmen erforderlich.