Die Brennnessel ist zu Recht ein beliebtes und bewährtes Volksheilmittel, enthält sie doch eine Fülle an Nährstoffen. Die gesamte Pflanze enthält Wirkstoffe, welche Beschwerden lindern können. Die traditionelle Heilpflanze lässt sich quasi das ganze Jahr über finden und verwenden: Im Frühling z.B. die frischen Triebe, nach längeren winterlichen Frostphasen die Wurzeln.
Text: Andrea Pauli, Ingrid Zehnder, Tino Richter
Besonders bemerkenswert ist der Gehalt an Provitamin A und Vitamin C, Eisen, Kalium, Kalzium und Kieselsäure sowie Protein – die Trockenmasse enthält etwa 30 Prozent Eiweiss. Kraut und Blätter enthalten den sekundären Pflanzenstoff Scopoletin (ein Cumarin) sowie 1 bis 2 % Flavonoide (Quercetin-, Kämpferolglykoside). In den Wurzeln findet sich das Phytosterin β-Sitosterin, ein dem Cholesterin ähnlicher Stoff, der die Resorption von Cholesterin aus dem Magen-Darm-Trakt verringert. In Spuren enthält die Heilpflanze das Hormon Sekretin, das die Verdauungsdrüsen in Magen, Darm, Leber, Bauchspeicheldrüse und Gallenblase aktiviert.
In der Erfahrungsmedizin hat die Brennnessel seit jeher einen hohen Stellenwert. Zunehmend erfährt die Heilpflanze auch in der wissenschaftlichen Forschung Beachtung. Geläufig ist der Einsatz von Brennnessel-Extrakten als wassertreibendes Mittel oder zur Behandlung von Gelenkleiden. Bewährt haben sich Brennnesselzubereitungen zur Durchspülung der unteren Harnwege, z.B. bei entzündlichen Erkrankungen oder bei leichten Harnwegsbeschwerden. In den Blättern der Brennnesseln befinden sich Flavonoide. Diese sekundären Pflanzenstoffe wirken leicht wassertreibend; sie erhöhen folglich die Harnausscheidung und durchspülen die ableitenden Harnwege (Harnleiter, Blase, Harnröhre).
In der Phytotherapie werden die Samen, Wurzeln, vor allem aber die Stängel und Blätter der mehrjährigen Grossen Brennnessel (Urtica dioica) und der (bei uns selteneren) einjährigen Kleinen Brennnessel (Urtica urens) verwendet. Dank seines vielfältigen Wirkstoffkomplexes besitzt das Wildkraut folgende Eigenschaften:
Zur ausleitenden und unterstützenden Behandlung bei Rheuma und Gicht wird Brennnesseltee verwendet, weil er die Ausscheidung von Harnsäure anregt, positiv auf die Regulierung des Säure-Basen-Haushalts wirkt und den gesamten Stoffwechsel verbessert.
Risiken und Nebenwirkungen Beachten Sie bitte, dass jede Kur mit Brennnesseln nicht länger als drei, vier Wochen durchgeführt werden sollte. Es könnte sonst zu Mangelerscheinungen wie Mineralstoffverlust kommen. Wer unter Ödemen infolge eingeschränkter Herz- oder Nierentätigkeit leidet, sollte auf eine Kur verzichten. Gelegentlich (selten) werden allergische Reaktionen und Magenreizungen beobachtet. Sehr selten kommt es bei der Verwendung von Brennnesselwurzeln zu Magen und Darmbeschwerden.
Brennnesseln können auf verschiedene Weise verwendet werden: als Suppe, Saft, Tee oder Salat sind sie eine Bereicherung auf dem Speiseplan im Frühjahr. Den besten Geschmack liefern die ersten, etwa 20 Zentimeter langen oberirdischen Pflanzenteile im Frühjahr bzw., bei grösseren Pflanzen, die oberen zwei bis vier Blattpaare. Die Härchen der frischen Blätter enthalten Histamin und Ameisensäure, welche für das Brennen und die Hautreizung bei Berührung verantwortlich sind. Beim Trocknen und Wässern brechen sie übrigens ab, so dass man sich nicht mehr «verbrennen» kann. Brennnesseln wirken positiv bei einem allgemeinen Müdigkeits- und Schwächegefühl – und wie die Kuren mit den Frühlingspflanzen Brunnenkresse und Löwenzahn, ist eine Brennnesselkur ein schönes Anregungsmittel für den Stoffwechsel und das vegetative Nervensystem. Neben einem gutem Allgemeinbefinden ist eine Brennnessel-Kur zudem förderlich für Haut und Haar.
Lange bevor gesunde Ernährung zum Trendthema wurde, war Alfred Vogel der Meinung, dass die Ernährung die Basis für unsere Gesundheit bildet – und dass, ohne dabei auf den Genuss zu verzichten.
Die Rezeptideen von Assata Walter sind deshalb nicht nur saisonal, frisch und leicht umzusetzen, sie enhalten auch immer einen Ernährungstipp, der Ihnen hilft, sich natürlich und gesund zu ernähren.
Der Einsatz bei der Behandlung der gutartigen Vergrösserung der Prostata (benigne Prostatahyperplasie, kurz: BPH) ist ebenfalls populär. Verwendet werden hierzu Extrakte aus der Brennnesselwurzel. Als wirksamkeitsrelevante Inhaltsstoffe der Wurzeldroge gelten u.a. spezfische Lektine (UDA = Urtica dioica Agglutinine), ferner Polysaccharide, Phytosterole, Cumarine und Lignane sowie das Phytohormon Beta-Sitosterol. Man geht davon aus, dass der therapeutische Effekt der Wurzeldroge bei BPH vor allem auf einer entstauenden Wirkung mit nachfolgender Symptomverbesserung beruht. Eine Verkleinerung des Prostatavolumens an sich bewirken Brennnesselwurzelextrakte jedoch nicht.
Die Heilpflanze hemmt auch die Freisetzung von entzündungsfördernden Zytokinen (Botenstoffe, die bei einer Reaktion des Immunsystems gebildet werden). Bei rheumatischen Beschwerden wie Arthrose oder Gicht wirken Brennnesselextrakte darum sehr effektiv. Studien zufolge konnten durch die zusätzliche Gabe von Brennnesselextrakt die nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) reduziert werden. Werden die jungen Blätter der Brennnessel gedünstet (wie Spinat zubereitet) und als Mus verzehrt, kommen die entzündungshemmenden Eigenschaften der Brennnessel voll zum Einsatz. Das liege vor allem daran, dass in den gedünsteten Blättern die Konzentration von Kaffeoyläpfelsäure am höchsten ist. Durch diese hohe Konzentration werden biochemische Prozesse in Gang gesetzt, welche chronisch entzündliche Prozesse günstig beeinflussen, so Experten.
Wirksam ist auch das Nesselpeitschen (Urtifikation) nach Sebastian Kneipp. Man streicht oder schlägt sich die frischen Brennnesseln auf die schmerzenden Stellen. In der Regel klingt der Schmerz danach rasch ab, und es entsteht ein warmes Kribbeln. Das durch die Brennnesselhaare in die Haut eindringende Nesselgift besteht vor allem aus drei Substanzen: Histamin, Acetylcholin und Serotonin. Acetylcholin gelangt mittels Urtifikation unter die Haut, regt dort die Blutgefässe an und steigert die Durchblutung. Serotonin fördert die Durchblutung in der Skelettmuskulatur. Durchblutung wiederum ist gut gegen Entzündungen, denn je mehr Blut da ist, desto besser können Giftstoffe und Krankheitserreger, welche an den Entzündungsherden lagern, abgebaut werden.
Brennnesseln wendet man in der traditionellen Heilkunde schon lange auch als blutdrucksenkende und antidiabetische Kräutermedizin an. In-vitro-Untersuchungen und tierexperimentelle Befunde scheinen eine antidiabetische Wirkung zu bestätigen – ohne schädigende Effekte auf die Leberenzyme. Interessant ist hier das Phythohormon Glukokinin. Es kann, wie das menschliche Hormon Insulin, den Zuckergehalt im Blut vermindern. Klinische Studien zu einer antidiabetischen Wirkung von standardisierten Brennnesselextrakten stehen noch aus.
Durchspülung: Klassischer Brennnesseltee
Waschung
Fussbad
Urtifikation
Saft
Tinktur
Homöopathie
Brennnesselmus
Brennnesseln waschen und mit heissem Wasser überbrühen, so dass sie zusammenfallen. Eine kleine Zwiebel zerkleinern und mit den Brennnesseln im Mixer zerkleinern Püree unter ständigem Rühren erhitzen; ggf. etwas Wasser nachgiessen Rund 10 Minuten sanft köcheln lassen Bei Bedarf etwas Butter oder Ghee und Gewürze hinzufügen.
Verzehrmenge: täglich 50 – 100 g
Brennnesselkuchen
Zutaten: eine Handvoll junge Brennnesselblätter 250 g Mehl 300 ml Milch 2 Eiklar eine Prise Salz (Herbamare), etwas Pfeffer Zubereitung: Brennnesselblätter kurz waschen, grob hacken und blanchieren. Mehl, Milch, Wasser, Brennnessel und Gewürze zu einem Teig verrühren. Eiklar steif schlagen und vorsichtig unter den Teig heben. In eine gefettete Form geben und im vorgeheizten Ofen bei 180 °C Umluft etwa 30 Minuten backen.
Brennnesselsmoothie
Zutaten: 1 Handvoll Brennnesselspitzen 1 Handvoll Minzblätter 1 Handvoll Löwenzahnblätter 1 reife Birne 0.5 Avocado 4 Datteln, entsteint Saft einer halben Zitrone 500 ml Wasser 1 Handvoll Eiswürfel Zubereitung: Brennnesselspitzen, Löwenzahn- und Minzblätter waschen und trockentupfen. Birne waschen, entkernen und in grobe Stücke schneiden. Avocado entkernen und schälen. Alle Zutaten zusammen in einen leistungsstarken Mixer geben und cremig mixen. Bei Bedarf kann noch mehr Wasser hinzugefügt werden.
Gemüse / Salat
Schneiden Sie die oberen jungen Triebspitzen mit der Schere ab, aber sammeln Sie nur abseits der staubigen Strassen und Hundespazierwege. Auch die empfindlichste Zunge brennt nicht mehr, wenn Sie die Blätter mit heissem Wasser überbrühen oder in Öl einlegen (für Verwendung in rohem Zustand).
Brennnesseln aufs Brot
100 g weiche Butter mit 1 EL Olivenöl, dem Saft einer Zitrone, einer gepressten Knoblauchzehe, etwas Herbamare und 150 g feingehackten, jungen Brennnessel blättern zu einer cremigen Masse verrühren. Zu Vollkorn- oder Knäckebrot.
Kräutergeist
2 bis 3 Handvoll frische junge Blätter locker in ein Glas mit weitem Hals füllen und mit 1 Liter Alkohol ( 40%) aus der Apotheke übergiessen. 4 bis 6 Wochen an der Sonne oder einem warmen Platz (30 °C) stehen lassen. Danach abseihen und in eine dunkle Flasche füllen. Werden die (getrockneten) Wurzeln verwendet, nimmt man einen halben Liter 60-prozentigen Alkohol auf 50 g kleingeschnittene Wurzeln. Anwendung: Bei Gelenk und Gliederschmerzen, Rheuma oder Gicht die schmerzenden Stellen einreiben. Brennnesselgeist gemischt mit Apfelessig (1: 5) kann man auch bei Kopfschuppen. Nesselsucht, Hautunreinheiten und Nervenschmerzen einmassieren.
Brennnessel ist ein sogenannter Anzeiger für nährstoffreiche bis überdüngte Böden. Sie kommt daher an Weg- und Feldrändern, auf Schuttplätzen, an Kinderspielplätzen, Gärten und zahlreichen anderen Stellen vor. An Strassen oder Schutthalden sollte man jedoch nicht ernten, dort sind sie belastet.
Beim Ernten von Brennnesseln sollte man dicke Gartenhandschuhe tragen. Mit einer Hand die Pflanze greifen, in der anderen ein Messer oder eine Schere halten, um dann den Stängel durchzutrennen. Wer ohne Handschuhe arbeitet: Pflanzen immer nur „mit dem Strich“ der Brennhaare anfassen, also von unten nach oben streifend. Dabei werden die Härchen nicht zerstört und das Gift kommt nicht in Kontakt mit der Haut.
Wann erntet man welche Teile?
Achtung: Die Daten können regional und je nach Klimaverhältnis abweichen.
Hinweis: Zum Trocknen hängt man die Pflanzen in mehreren kleinen Bündeln an Wäscheleinen kopfüber auf. Gut geeignet ist ein sonniger, gut belüfteter und beheizter Raum, damit die Feuchtigkeit rasch austrocknet.
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