Von "Anti-Haft" über "Handtuch-Test" bis "Zecken-Spucke": Unsere Autorin Gisela Dürselen hat ein kenntnisreiches "Zecken-ABC" zusammengetragen.
Autorin: Gisela Dürselen, 04/19
Forschende der TU Dresden untersuchten, wie sich Zecken auf Oberflächen festhalten: Demnach besitzen die Tiere „ein Haftpad zwischen ihren Krallen, mit dem sie sehr gut auf ebenen Substraten wie Haut und Glas haften. Je nach Situation und benötigter Kraft kann es auf- und zugefaltet werden – ähnlich wie bei einer Ziehharmonika.“ Eine haftvermittelnde Flüssigkeit verleihe zusätzlichen Halt; die Krallen ermöglichten das Verhaken mit rauen Oberflächen und Haaren. Aufgrund ihrer Erkenntnisse hoffen die Forschenden nun, Oberflächen mit einer Antihaftwirkung gegen Zecken entwickeln zu können.
Willy Burgdorfer, Schweizer Zoologe, Parasitologe und Bakteriologe, isolierte in den 1980ern den Erreger der Lyme Borreliose in den USA (Lyme, Connecticut) und wurde dadurch zum Entdecker und Namensgeber der Borrelien (Spirochäten) wurde.
Zecken gehören zu den grössten Milbentieren im Tierreich und damit zu einer Unterklasse der Spinnentiere. Dem Karlsruher Institut für Technologie zufolge wurden bisher weltweit fast 900 verschiedene Zeckenarten beschrieben, die aus drei Familien stammen: Schildzecken, Lederzecken und Nuttalliellidae, die als Übergangsform zwischen den Schild- und Lederzecken gelten. Der Gemeine Holzbock, die in Mittel- und Westeuropa häufigste Zecken-Art, gehört zu den Schildzecken.
So bezeichnen Biologen ein Organ am Vorderbein einer Zecke, mit dem sie ihre Opfer orten kann. Das Hallersche Organ registriert zum Beispiel im Schweiss enthaltene Stoffe wie Buttersäure und Ammoniak, ebenso wittern die Tiere damit Kohlendioxid, das beim Ausatmen entsteht.
Wer über die Zecken-Dichte in seinem Garten Bescheid wissen möchte, dem empfiehlt das Deutsche Grüne Kreuz den Handtuch-Test: „Ein großes weißes Tuch oder Handtuch wird wie eine Fahne an einem Stock befestigt. Das gesamte Tuch wird nun über die Vegetation gezogen. Zecken kommen an Pflanzen bis in einer Höhe von maximal 1,5 Meter vor. Auf den Pflanzen lauernde Zecken verfangen sich mit ihren Krallen in dem Stoff.“
Verschiedene Zeckenarten wie der Gemeine Holzbock haben sich auf bestimmte Klimazonen spezialisiert – andere konnten sich über Millionen von Jahren der Entwicklung in allen Klimazonen festsetzen. In einer Meldung des Deutschen Grünen Kreuzes schreibt Prof. Dr. Heinz Mehlhorn vom Institut für Parasitologie der Universität Düsseldorf: Während ihres mehrjährigen Lebens von der Larve über das Nymphen-Stadium bis zum adulten Tier könnten sie selbst jahrelange Hungerperioden überstehen. Weil Zecken auch unter Wasser überleben, sollten sie nicht in der Toilette hinuntergespült werden. Das Info-Portal www.zecken.de berichtet von wissenschaftlichen Versuchen, bei denen Zecken sogar einen 40 Grad-Waschgang in der Waschmaschine überlebten.
Eine Krankheit, die vor allem Hunde betrifft und von der Auwaldzecke übertragen wird, ist die Babesiose: Die aus der Mittelmeer-Region stammende, sogenannte Hunde-Malaria kann für Hunde tödlich sein. Als Schutz gibt es für Vierbeiner Halsbänder und Auftropf-Lösungen zu kaufen. Für Katzen sollten keine Präparate mit dem Wirkstoff Permethrin verwendet werden, weil diese Substanz für sie giftig ist.
Der Holzbock (Ixodes ricinus) wird zirka zwei bis sechs Jahre alt und durchläuft in seinem Leben einen dreiteiligen Entwicklungszyklus: Aus dem Ei schlüpft die Larve, die sich zur Nymphe und schliesslich zum adulten Stadium, dem erwachsenen Männchen oder Weibchen, häutet. In jeder Phase brauchen die Tiere eine Blutmahlzeit zur Weiterentwicklung. Nur die Erwachsenen bilden eine Ausnahme: Bei ihnen saugen nur die Weibchen Blut, weil sie es für die Eiablage brauchen. Wie viele Zecken es in einem Jahr gibt, entscheiden mehrere Faktoren in den Jahren davor, sagt Prof. Dr. Ute Mackenstedt von der Universität Hohenheim: wie viele Larven geschlüpft sind, wie viele den Winter überlebt haben und wie viele Blutmahlzeiten sie einnehmen konnten.
Die Bezeichnung „Lyme“ stammt von dem US-amerikanischen Ort Lyme im Bundesstaat Connecticut, wo die Krankheit erstmals gehäuft auftrat und beschrieben wurde. Die Erregerfamilie der Borrelien ist nach dem französischen Bakteriologen Amédée Borrel benannt.
Das Immunsystem von Wiederkäuern macht wissenschaftlichen Studien zufolge Borrelien-Erreger unwirksam. Auch an FSME erkranken Wiederkäuer nicht – allerdings tragen sie während einer mehrtägigen akuten Phase das Virus in sich und können dieses weitergeben: an Menschen zum Beispiel durch unbehandelte Rohmilch und deren Produkte.
Die Zecke beißt nicht; sie sticht. Zwar ist umgangssprachlich oft vom Zeckenbiss die Rede, aber der wissenschaftliche Begriff ist: Zeckenstich.
Einer Studie der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) der Berner Fachhochschule zufolge dämmt ein Nest der Kahlrückigen Waldameise die Zeckenpopulation in der näheren Umgebung deutlich ein. Die Ursachen hierfür sind noch unklar; eventuell spielt die Ameisensäure rund um die Nester eine Rolle.
Die Zücher Hochschule fü angewandte Wissenschaften (ZHAW) informiert mit einer kostenlosen App.
Mit dem Speichel einiger Zeckenarten lässt sich vielleicht ein medizinischer Klebstoff entwickeln. Sylvia Nürnberger und ihr Team von der Medizinischen Universität Wien haben herausgefunden, dass sich die Tiere mit einem zementartigen Klebstoff an der Haut ihres Opfers anhaften. Laut ihrem 2017 im Fachmagazin „Biological Reviews“ veröffentlichten Bericht wollen die Forschenden nun herausfinden, ob die Substanz als natürlicher Klebstoff für menschliches Gewebe genutzt werden kann, etwa um Sehnen und Bänder an Knochen zu befestigen. Damit könnten die derzeit verwendeten, teilweise toxischen Gewebekleber ersetzt werden. Forschende der Universität von Oxford haben zudem herausgefunden, dass die Spucke von Zecken ein Protein enthält, das vielleicht Menschen mit Myokarditis – Entzündungen am Herzmuskel – helfen kann. Diese Ergebnisse wurden 2017 in der Fachzeitschrift "Nature" veröffentlicht.