Viele Frauen plagen sich jahrelang mit heftigsten Schmerzen während der Menstruation. Der Leidensweg bis zur Diagnose «Endometriose» ist oft lang.
Autorin: Claudia Rawer
Die Endometriose ist eine komplexe Erkrankung, bei deren Diagnose und Behandlung sehr viele Details abgeklärt werden müssen. Bei einer Endometriose bildet sich die Schleimhaut, die die Gebärmutter auskleidet, nicht nur dort, sondern auch ausserhalb. Das Gewebe sitzt dann beispielsweise am Bauchfell, an den Eileitern und Eierstöcken oder in der Darm- und Harnblasenwand.
Obwohl die Erkrankung gutartig ist, also nicht krebsartig wuchert, wachsen diese Zellen in die Organe hinein, weshalb man sie auch als «infiltrierend» bezeichnet. Die Infiltration kann schwerwiegende Folgen haben, vom Leitsymptom, der bereits genannten schmerzhaften Periode, über Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und beim Stuhlgang bis hin zu ungewollter Kinderlosigkeit. Etwa 5 bis 15 Prozent aller Frauen sind betroffen.
Die Entstehung der Krankheit ist nicht geklärt – es gibt Theorien, aber noch keine Beweise. Doch wenn die Diagnose einmal korrekt gestellt ist, ist eine erfolgreiche Behandlung durchaus möglich.
Vielleicht der wichtigste Punkt: Beschwerden ernst nehmen und abklären lassen. Bei Periodenschmerzen tendieren viele Mädchen und Frauen, aber auch ihre Umwelt, dazu, sie hinzunehmen: Ist eben so. Frauenschicksal. Laut Dr. Hohenforst berichten viele Endometriosepatientinnen bereits während (und vor) den ersten Regelblutungen in der Pubertät von starken Schmerzen. Häufig würden diese Beschwerden aber heruntergespielt. Das sei normal, das junge Mädchen wolle nur nicht am ungeliebten Sport teilnehmen, sie wolle sich vor dem Unterricht drücken – das sind Aussagen, die wir alle schon einmal gehört haben. Eine Betroffene sagt in bitterem Tonfall: «Ich habe lange Zeit selbst geglaubt, ich sei einfach übermässig schmerzempfindlich. Dabei hatte ich Endometriose.»
Manchmal verschreibt die Frauenärztin die Antibabypille, die die Symptome tatsächlich zunächst verbessern kann. An eine Endometriose aber wird selten gedacht.
Doch eine frühzeitige Diagnose wäre der erste Schritt, die Situation der Betroffenen zu verbessern. Nicht nur die starken Regelschmerzen – alle vier Wochen! – und andere Beschwerden setzen die jungen Frauen unter Druck, auch das Unverständnis ihrer Umgebung. Gerade der Abbau von Stress ist aber neben anderen Faktoren ausschlaggebend für die Verbesserung der Endometriosesymptome.
Haben Sie entsprechende Symptome oder einen Verdacht, wenden Sie sich am besten an eine Endometriose-Vereinigung bzw. gleich an ein spezialisiertes Endometriose-Zentrum (Adressen siehe Artikelende).
Es gibt verschiedene Methoden, um die Erkrankung zu diagnostizieren. Die einzige, die ein zweifelsfreies Ergebnis liefert, ist die Bauchspiegelung (Laparoskopie). Das ist zwar ein operatives Verfahren, aber minimalinvasiv. Das bedeutet, dass über kleinste Einschnitte von Millimeterlänge Instrumente in den Bauchraum eingeführt werden können (Schlüssellochchirurgie). Bei der Diagnosestellung können so mithilfe einer Minikamera der grösste Teil der Bauchorgane genauestens untersucht und die Endometrioseherde lokalisiert werden. Auch in der Behandlung der Erkrankung kann die Bauchspiegelung eingesetzt werden.
Es gibt weitere Untersuchungsmethoden, die nicht-invasiv sind und zunächst ausprobiert werden können, um einem Endometriose-Verdacht nachzugehen, z.B. die vaginale Ultraschalluntersuchung.
Wie viele Erkrankungen wird Endometriose je nach Schweregrad in Stadien eingeteilt. Die rASRM-Skala beschreibt die Lage der Endometrioseherde und kennt vier Stadien von minimal über mild und moderat bis schwer. Die Enzian-Klassifikation bildet zusätzlich die Infiltrationstiefe in das Gewebe ab.
Die klassische medizinische Behandlung setzt in der Regel auf operative Verfahren. Ihr Ziel ist, alle Endometrioseherde komplett zu entfernen. Das gelingt gut mit der oben genannten Laparoskopie, bei der die Herde mikrochirurgisch ausgeräumt oder verödet werden. Der Eingriff geschieht unter Vollnarkose und gilt als wenig traumatisierend. Die Einschnitte heilen in aller Regel schnell ab, der Aufenthalt im Spital dauert nur ein bis zwei Tage oder sogar – bei einer ambulanten OP – nur einige Stunden.
Nachbehandelt wird hormonell, um ein Wiederaufflammen der Endometriose zu verhindern. Auch Schmerzmittel können zur Therapie gehören. Aufgrund der bekannten Nebenwirkungen und Risiken bei Langzeitgebrauch sollten sie aber niemals die einzige Option sein.
Eine Endometriose-Behandlung sollte immer einer langfristigen Strategie folgen. Ein Team aus Ärzten, Psychologinnen, Schmerz- und Körpertherapeuten kann dabei helfen, die oftmals lange Zeit bis zu einer endgültigen Diagnose und die Zeit der Rehabilitation zu ertragen. Suchen Sie sich rechtzeitig professionelle Hilfe.
Wichtig bei jeder Form der Behandlung ist ein ganzheitliches Konzept, das alle Aspekte der Erkrankung, auch die psychischen, sowie den gelebten Alltag miteinbezieht. Hier hat auch die Naturheilkunde ihren Platz. Zudem ist die eigene Einstellung ein ganz wichtiger Punkt. Bei einer chronischen Erkrankung wie der Endometriose zählt eine langfristige Strategie viel mehr als ein eventuell nur kurzfristiger Erfolg. Arbeiten Sie diese Strategie mit Ihrem Team zusammen aus. Geben Sie sich Zeit und setzen Sie sich selbst (und Ihren Partner) nicht unter Druck, z.B. wegen eines Kinderwunsches: Bleibt dieser unerfüllt, sollte man eine Endometriose keinesfalls unhinterfragt als Ursache dafür annehmen. Im Übrigen geht es vielen Frauen mit Endometriose deutlich besser, wenn es zu einer Schwangerschaft kommt. Das liegt u.a. an den hormonellen Umstellungen.
Leider gibt es keine wissenschaftlichen Untersuchungen zur Wirkung der Pflanzenheilkunde bei Endometriose. Doch Erfahrungswerte zeigen, dass etliche pflanzliche Mittel, die schon lange in der Frauenheilkunde angewendet werden, auch bei diesem Leiden eine lindernde Wirkung entfalten können. Idealerweise nimmt man die Präparate nicht auf eigene Faust ein, sondern arbeitet mit einem erfahrenen Phytotherapeuten bzw. der Frauenärztin zusammen.
Unterstützende Phytotherapeutika können sein:
Entzündungshemmende Wirkung haben Ingwer, Kamille, Traubensilberkerze, Weihrauch.
Krampflösende Wirkung haben Frauenmantel, Kamille, Traubensilberkerze, Weihrauch.
Schlaffördernd sind Johanniskraut und Traubensilberkerze.
Schmerzen lindern können Frauenmantel und Weihrauch.
Stabilisierend bei psychischen Beschwerden wie gedrückter Stimmung, Spannungszuständen und nervöser Unruhe wirken Johanniskraut und Traubensilberkerze.
Zur Zyklusregulierung kann Mönchspfeffer eingesetzt werden.
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Wasseranwendungen (Hydrotherapie) und Bäder (Balneotherapie) können Endometriosesymptome erheblich lindern. Wassertreten und warme wie kalte Güsse nach Kneipp kräftigen den gesamten Organismus, können den Schlaf verbessern und helfen beispielsweise bei Rückenschmerzen. Teil- und Vollbäder, z.B. mit Kamille, Lavendel, Melisse oder Rosmarin, haben eine muskelentspannende und beruhigende Wirkung und lindern die Schmerzen.
Naturheilkundliche Wärmeanwendungen (Thermotherapie) wie Rotlichtbehandlungen, Moor- und Fangopackungen nutzen die wohltuende Wirkung von Wärme, um Symptome zu lindern und Schmerzen zu verringern. Wasser und Wärme sind einfach anzuwenden – nutzen Sie das Potenzial dieser Verfahren.
Die Traditionelle Chinesische sowie die Ayurvedische Medizin zeichnen sich dadurch aus, dass sie Erkrankungen nicht an bestimmten Symptomen festmachen, sondern in grossen Zusammenhängen sehen. Disharmonien und Blockaden zu lösen, kann auch bei Endometriose einen wesentlichen Fortschritt bedeuten. Dr. Hohenforst weist in seinem Ratgeber ausdrücklich darauf hin, dass in seiner Praxis seit Jahren mit Akupunktur – zur Schmerzbehandlung und auch in der begleitenden Kinderwunschbehandlung – gute Ergebnisse erzielt werden.
Beide Themen sind längst Klassiker der Naturheilkunde. Es sind die Bereiche, in denen man am meisten selbst initiieren und zur Besserung beitragen kann.
Ein gutes Körpergewicht zu halten ist bei Endometriose ein wesentlicher Faktor. Übergewicht ist ein Risiko und kann z.B. die Chance auf eine Schwangerschaft erheblich verringern. Eine spezielle Endometriose-Diät gibt es nicht, doch es gelten die seit Langem bestehenden Empfehlungen zu einer ausgewogenen Mischkost bzw. den Prinzipien der mediterranen Küche, leicht verdaulich und mit hohem Gemüse- und Fischanteil. Auch mit vegetarischer Ernährung haben viele Endometriose-Betroffene gute Erfahrungen gemacht. Zum Thema gesunde Ernährung finden Sie Tipps in praktisch jeder Ausgabe der «Gesundheits-Nachrichten». Bewegung bzw. Sport kann bei Endometriose zu einer deutlichen Verbesserung der Schmerzen führen. Besonders Bewegung im Wasser und Beckenbodentraining sind sehr empfehlenswert.
Für beide Themen gilt aber auch: Essen und sich bewegen muss Spass machen. Setzen Sie sich nicht mit zu hoch gesteckten Zielen unter zusätzlichen Druck. Fassen Sie «schlanke» Mahlzeiten und Bewegung gleich welcher Art als Genuss und «Zeit für mich» auf, nicht als ein Muss.
Zuletzt aktualisiert: 24-11-2023