Die Hülsenfrucht ist ein vielseitiger Eiweisslieferant und steckt voller gesunder Inhaltsstoffe wie B-Vitamine, Zink, die Aminosäure Lysin, sekundäre Pflanzenstoffe sowie wasserlösliche Ballasstoffe.
Text: Glorija Schönsleben / Claudia Rawer
Die Kichererbse (Cicer arietinum) lässt an eine lustige Erbsenart denken, doch die Bezeichnung täuscht und hat wenig mit «kichern» oder gar «Erbsen» zu tun. Der deutsche Name wurde vom lateinischen «Cicer» (klassisch ausgesprochen kiker), übernommen, wortwörtlich also «Erbseerbse». Kichererbsen sind im botanischen Sinn jedoch weder Bohnen noch Erbsen. Die Pflanzen sind nicht unmittelbar verwandt, gehören aber alle zur Familie der Hülsenfrüchtler. Kichererbsen sind uns bekannt als haselnussähnlich aussehende Samen, welche mittlerweile auch in der westlichen Küche einen festen Platz haben. Schon Homer und Plinius begeisterten sich für ihre Vorzüge, Hildegard von Bingen bezeichnete sie als leichte und angenehme Speise und als Mittel gegen Fieber.
Die Nutzpflanze ist nahrhaft und zugleich kostengünstig; unter anderem deswegen steht sie in ärmeren Ländern schon seit langer Zeit hoch im Kurs. In Mitteleuropa werden Kichererbsen unter Gesundheitsbewussten dank ihres hohen Eiweissgehalts bei einer fleischreduzierten Ernährungsweise immer beliebter. Ein weiterer Hauptpunkt für ihren breiten Einsatz ist das Aroma: Kichererbsen schmecken relativ neutral bis leicht nussig und lassen sich sehr gut kombinieren.
Keine Erbse, aber eine Hülsenfrucht: Kichererbse (Cicer arietinum).
Kichererbsen werden heute wegen ihrer gesunden Eigenschaften als Nahrungsmittel geschätzt. Dank ihres hohen Eiweissgehalts bieten sie bei einer fleischreduzierten Ernährung gute Dienste. 100 g Kichererbsen enthalten 19 g Eiweiss (gleich viel wie 100 g Schweinefleisch; Hühner- und Rindfleisch enthalten 27 bzw. 26 g). Der empfohlene Tagesbedarf richtet sich nach dem individuellen Gewicht. Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE) empfiehlt generell einen täglichen Verzehr von 0,8 g Eiweiss pro Kilogramm Körpergewicht für Erwachsene; für Personen ab 65 Jahren sogar bis zu 1,0 g pro Kilogramm Körpergewicht. Demnach benötigt eine 70 kg schwere, erwachsene Person 56 g Eiweiss pro Tag.
Kichererbsen eignen sich aufgrund ihrer Nährwerte hervorragend für eine gesundheitsbewusste Ernährungsweise. Sie enthalten komplexe Kohlenhydrate, die langsam ins Blut übergehen und deshalb gut sättigen. Mit 6 g Fett pro 100 g gelten sie zudem als fettarm; ein weiteres Plus ist, dass dieses zu einem wesentlichen Teil aus gesunden, ungesättigten Fettsäuren besteht. Dazu sind zahlreiche Vitamine wie A, B, C und E enthalten. Vor allem die Vitamine des B-Komplexes sind stark vertreten: Vitamin B1 (100 Gramm Kichererbsen enthalten ein Drittel des Tagesbedarfs), B2, B6 und die wichtige Folsäure. Als Extra bieten sie Phytoöstrogene. Ausserdem sind eine hervorragende Zinkquelle und daher in der vegetarischen Ernährung besonders wichtig. An weiteren Mineralstoffen sind Kalzium, Kalium, Magnesium, Phosphor, Eisen und Magnesium enthalten.
Lange bevor gesunde Ernährung zum Trendthema wurde, war Alfred Vogel der Meinung, dass die Ernährung die Basis für unsere Gesundheit bildet – und dass, ohne dabei auf den Genuss zu verzichten.
Die Rezeptideen von Assata Walter sind deshalb nicht nur saisonal, frisch und leicht umzusetzen, sie enhalten auch immer einen Ernährungstipp, der Ihnen hilft, sich natürlich und gesund zu ernähren.
Ein weiterer Bestandteil ist Lysin, eine essenzielle Aminosäure, die in unserem Körper beim Aufbau von Eiweiss eine wesentliche Rolle spielt. Der Körper ist auf deren Zufuhr durch die Nahrung angewiesen, weil er sie nicht selbst herstellen kann. Eine moderne Ernährungsweise sollte auch Stoffe liefern, die den Körper bei der Bewältigung des oft stressigen Lebens unterstützen. Kichererbsen enthalten sowohl Flavonoide als auch Phenolsäuren, Antioxidanzien, die vor oxidativem Stress durch freie Radikale schützen und eine entzündungshemmende Wirkung haben.
Der Magen-Darm-Trakt profitiert ebenfalls vom Kichererbsengenuss: Kichererbsen enthalten einen hohen Anteil an (wasserlöslichen) Ballaststoffen, die im Darm Gallensäuren binden. Diese werden in der Leber aus Cholesterin hergestellt und unterliegen einem Kreislauf: Sie werden mehrmals am Tag in den Darm ausgeschieden und wieder aufgenommen. Durch die Wirkung der wasserlöslichen Ballaststoffe wird dieser Kreislauf unterbrochen: Die Gallensäuren werden gebunden und ausgeschieden. Dann müssen neue aus Cholesterin gebildet werden, wodurch dieses verbraucht wird.
Hummus ist der Kichererbsenklassiker schlechthin; er gilt quasi als ihr Inbegriff: Das Wort Hummus bedeutet auf Arabisch «Kichererbse». Obwohl heutzutage in jedem Supermarkt als Fertigaufstrich zu finden, lässt sich Hummus mühelos selbst herstellen. Die Hauptzutaten sind gekochte Kichererbsen, Olivenöl, Sesampaste, Zitronensaft und Gewürze. Bei der weiteren Auswahl der Zutaten sind Phantasie und Geschmack keine Grenzen gesetzt: vom traditionellen, beigefarbenen Hummus mit Kichererbsen als Hauptzutat über orange mit Rüebli bis zur dunkelroten Variante mit Randen (Rote Bete) oder der graubeigen Variante mit Auberginen.
Falafel, die als Beilage oder Zwischensnack servierten arabischen Bällchen, bestehen in der Regel aus Kichererbsenbrei. In den Küchen der Welt werden Kichererbsen sowohl für herzhafte als auch für süsse Speisen verwendet. Socca ist eine französische Spezialität aus Nizza, eine Art Pfannkuchen aus Kichererbsenmehl. Auch die Italiener haben etwas Ähnliches, nämlich Farinata. Spanier mögen ihren Cocido madrileno, einen herzhaften, wärmenden Eintopf, bei dem Kichererbsen neben anderem Gemüse Hauptzutat sind. Pakora wird im Kichererbsenmantel paniertes Gemüse oder Fleisch in der indischen und pakistanischen Küche genannt. Inder verwenden Kichererbsen nicht nur für ihre herzhaften gewürzten Speisen - Laddu sind gewürzte, süsse Kugeln, die meist aus Kichererbsenmehl bestehen. Sogar pur sind die Hülsenfrüchte beliebt: Boza ist ein traditionelles Getränk aus Hirsebrei, garniert mit den gerösteten Kichererbsen. Im Nahen Osten sowie Nordafrika werden sie geröstet als Knabberei verzehrt.
Auf dem Markt sind zahlreiche Kichererbsenprodukte zu finden. Kichererbsenpasta ist in Biomärkten verbreitet und stellt eine Bereicherung zu herkömmlichen Pastasorten dar. Diese enthält auch kein Gluten; sie ist somit eine mögliche Wahl für Zöliakie-Betroffene. Ein weiteres Produkt ist Kichererbsenmehl, welches für glutenfreie Crêpes, Spätzli oder - dank der guten Bindefähigkeit - sogar als Ei-Ersatz verwendet wird. Nicht nur unter Gluten-Intoleranten, sondern auch bei vegan lebenden Personen sind Kichererbsen in aller Munde. Aquafaba, eine vegane Alternative zu Eiweissschnee, kann aus Kichererbsenwasser hergestellt werden (womit auch Veganer Meringues zubereiten und geniessen können).
Trotz ihrer zahlreichen gesunden Eigenschaften gibt es bei Zubereitung und Verzehr einiges zu beachten. Rohe Früchte sind ungeniessbar: Sie enthalten Phasin, einen unverdaulichen Giftstoff, der die Eisenaufnahme des Körpers vermindert und Beschwerden wie z.B. Bauchkrämpfe verursachen kann. Dieses Gift ist nur im rohen Zustand enthalten; es wird durch weitere Verarbeitung zerstört, vor allem durch Kochen. Bei gekeimten Kichererbsen (Kichererbsensprossen) wird das Gift grösstenteils abgebaut; blanchieren oder dünsten ist aber immer noch notwendig.
Roh einweichen oder gekocht aus der Dose?
Kirchererbsen zerfallen beim Kochen nicht sehr schnell, deshalb sind sie eine beliebte Zutat in Eintöpfen, Aufläufen, Salaten, Suppen, Curry- und Couscousgerichten. Ihr mildes, buttriges Aroma harmoniert besonders gut mit Chili, Kreuzkümmel, Knoblauch, Ingwer und Nelken. Rohe Kichererbsen benötigen dagegen eine längere Zubereitungszeit. Als Erstes müssen sie für mindestens zwölf Stunden eingeweicht werden. Die Bitterstoffe wandern dabei ins Einweichwasser, welches zusammen mit oben schwimmenden Kichererbsen entsorgt wird. Danach sollten die Früchte vor dem Kochen erneut abgespült werden. Nach dem Einweichen beträgt die Kochzeit zwei Stunden. Es gibt verschiedene Kichererbsensorten. Bei uns weniger bekannt ist die kleinere, dunklere Art Desi. Bekannter und auch beliebt in Europa sind Kabuli, wobei die typisch beigen Samen grösser sind.
Zum Garen brauchen Kichererbsen etwa 40 Minuten, im Dampfkochtopf nur acht bis zehn Minuten. Falls nötig, während des Kochens abschäumen. Die gekochten und abgetropften Früchte gibt man zuletzt in eine Schüssel mit kaltem Wasser, damit die losen Schalen oben schwimmen. Da das alles ein bisschen Arbeit macht, kann man gleich eine grössere Menge zubereiten und dann einfrieren, das spart Zeit. Gekochte Kichererbsen halten sich auch noch gut drei Tage zugedeckt im Kühlschrank. Gekochte Kichererbsen aus der Dose (nicht ganz so fein im Geschmack), sollte man gut abspülen und ebenfalls die weisslichen Häutchen entfernen.
Trotz sorgfältiger Zubereitung kann es nach dem Konsum zu allergischen Reaktionen kommen. Hautausschläge, Kopfschmerzen oder Atemprobleme sind die häufigsten Beschwerden, die auf eine Kichererbsenallergie hindeuten mögen. Neben einer Allergie ist auch eine Unverträglichkeit möglich: Kichererbsen enthalten das in verschiedenen Lebensmitteln vorhandene Histamin. Die Symptome einer Histaminunverträglichkeit sind ähnlich wie bei einer Allergie: Hautreaktionen, Magen-Darm-Beschwerden, Herzrhythmusstörungen sowie Kopfschmerzen. Bei empfindlichen Menschen können Hülsenfrüchte oft Blähungen auslösen. Die Ursache sind vom Körper im Dünndarm nicht verwertbare und daher unverdauliche Kohlenhydrate wie z.B. Stachyose und Raffinose; im Dickdarm folgt dann deren Abbau durch Bakterien, was wiederum Gasbildung verursacht. Eine einfache mögliche Abhilfe könnte sein, solche Hülsenfrüchte regelmässig auf den Speiseplan zu setzen, weil Blähungen besonders Menschen belasten, die sie nur unregelmässig essen.
Hülsenfrüchte generell werden von manchen aufgrund ihrer schweren Verdaulichkeit gemieden. Gerade in diesem Fall können Kichererbsen eine gute Wahl sein, da sie zu den bekömmlichsten Hülsenfrüchten zählen. Die Zubereitungsweise hat dabei einen wesentlichen Einfluss auf die Verdaulichkeit. Durch eine längere Einweichzeit können bei manchen Personen die Beschwerden weniger werden oder verschwinden sogar ganz. Auch bei Kichererbsen können sogenannte «Antiblähungsgewürze» eine günstige Rolle spielen: Kümmel, Kreuzkümmel oder Petersilie harmonieren perfekt und lassen ein geschmackvolles, wärmendes Gericht für kühlere Tage entstehen. Auch wenn Kräuter wie Bohnenkraut, Majoran, Oregano, Thymian, Rosmarin, Liebstöckel oder Salbei beim Kochen zugegeben werden, erhöht sich die Bekömmlichkeit.
Die wärmeliebende, frostempfindliche, einjährige Pflanze gedeiht am besten in subtropischen Gebieten; bei uns bringt sie geringere Erträge. Sie bevorzugt kalkreiche und trockene Böden. Sie hat ein buschähnliches Aussehen mit einer Höhe von bis zu einem Meter. Die Farbe der Pflanzenblüten hängt von der Sorte ab; es existieren Farbnuancen von weiss über rot bis zu blau. Die Schale der Samen kann beige, braun oder sogar schwarz sein. Hauptanbauländer sind Indien, Australien, Pakistan und die Türkei. Es gibt eine grosse Nachfrage nach einheimischen Kichererbsen, auch in der Schweiz. Momentan geht es um kleinere Anbauflächen, wo optimale Bedingungen für die passenden Sorten noch im Versuch sind. Das Schweizer Klima stellt eher die kleinere Herausforderung für die Pflanze dar als vielmehr verdrängendes Unkraut. Die Kultur ist geeignet für den Bioanbau und kommt gut ohne Stickstoffdünger aus. Ausgesät wird von April bis Mai, geerntet Ende August/Anfang September. Maximale Erträge sind zwei Tonnen pro Hektar.
Falafel
Hummus
Eintöpfe
Salate