Nicht immer ist es möglich, Schmerzerkrankungen zu heilen. Dennoch können Betroffene ihre Lebensqualität verbessern. Hilfreich kann dabei die Akzeptanz-und Commitment-Therapie sein.
Autorin: Anja Rech
Ständig wiederkehrende Schmerzattacken, dunkle Phasen bei psychischen Erkrankungen – wer von einer chronischen Krankheit betroffen ist, leidet immer wieder darunter. Doch das muss nicht bedeuten, dass dieses Leiden das ganze Leben überschattet. «Es ist möglich, seine Krankheit anzunehmen, sich nicht von negativen Gefühlen beherrschen zu lassen und so damit umzugehen, dass man trotzdem Lebensqualität gewinnt», erklärt Dr. med. Jörg Manzick, Chefarzt Psychosomatik in der Berolina-Klinik in Löhne bei -Bielefeld. Eine wertvolle Strategie, die er mit seinen Patienten dazu nutzt, ist die Akzeptanz-Commitment-Therapie, kurz ACT.
«Dabei liegt der Fokus nicht so sehr darauf, wie sich die Störungen beseitigen lassen, sondern wie man damit ohne Beeinträchtigungen leben kann», erklärt er. PD Dr. Judith Alder, psychologische Psychotherapeutin aus Basel und Autorin eines Fachbuches über ACT in der Psychoonkologie, ergänzt: «Mit der Therapie lassen sich Reaktions- und Verarbeitungsprozesse so gestalten, dass die Lebensqualität und ein wertorientiertes Leben gefördert werden.» Weil diese Methode den Menschen dazu befähigt zu handeln, spricht man die Abkürzung ACT wie das Verb «act», Englisch für «agieren», aus.
Der Autor Russ Harris erklärt den Namen so: Die Methode lehre uns, die Wirkung und den Einfluss schmerzhafter Gedanken und Gefühle zu reduzieren (Akzeptanz), während wir zugleich handeln, um ein Leben aufzubauen, das reich, erfüllt und sinnvoll ist (Commitment; englisch für: «engagiert handeln»). «Akzeptanz kann man nicht ein- und ausschalten», betont Arne Sörensen, leitender Psychologe der Berolina-Klinik. «Es ist ein Prozess, mit dem sich die inneren Widerstände schrittweise überwinden lassen. Das geht mal besser, mal schlechter.»
«Die ACT ist eine Therapiemethode, die bei allen psychischen und psychosomatischen Erkrankungen anwendbar ist», sagt Dr. Manzick. «Sie ist besonders bei Erkrankungen hilfreich, die durch Schmerzen bestimmt sind.» Das Verfahren kommt aus der Verhaltenstherapie und wird von Verhaltenstherapeuten als Einzel- oder Gruppenbehandlung durchgeführt. Es kombiniert verhaltenstherapeutische Übungen mit Methoden aus dem Achtsamkeitstraining und Akzeptanzstrategien, die zum Teil aus fernöstlichen Philosophien bzw. Glaubensrichtungen wie z.B. dem Buddhismus stammen.
Grundgedanke ist, dass Änderungen des Verhaltens dazu beitragen, dass Betroffene mit ihrer chronischen Krankheit besser zurechtkommen. «Nur logisches Analysieren, rationale Erklärungen reichen nicht aus, um das Verhalten zu ändern», sagt Dr. Manzick. «Wir müssen auch auf die Gefühle und Gedanken schauen: Welche Gedanken beeinflussen die Gefühle und umgekehrt?» Damit könne man an einigen zentralen Problemen der Patienten arbeiten. So nennt er Gedanken, die von etwas ausgehen, das nicht der Realität entspricht, beispielsweise: «Das schaffe ich nicht.» Häufig seien es auch einengende Gedanken und Bewertungen, die Menschen daran hindern, ihren Blickwinkel zu erweitern und neue Ideen zuzulassen.
Die ACT basiert auf sechs «Kernkompetenzen», die Betroffene im Laufe der Therapie erwerben oder verbessern:
Die erlernten Techniken der ACT fliessen in den Alltag ein. «Nehmen Sie sich 15 bis 20 Minuten am Tag Zeit für die Übungen», rät Dr. Manzick. «Wichtig ist, dass im Rahmen der Therapie immer wieder überprüft wird, ob das, was man erarbeitet, erkannt und verändert hat, zu mehr Lebensqualität im Alltag führt», betont Dr. Alder.
Die Schweizer ACT-Therapeuten sind der Deutschsprachigen Gesellschaft für kontextuelle Verhaltenswissenschaften angeschlossen. Unter dgkv.info ist eine Therapeutenliste aufgeführt. Bei einer klinisch relevanten psychischen Erkrankung schreibt der Hausarzt eine Verordnung; die Krankenkasse übernimmt die Therapiekosten bei einem eidgenössisch anerkannten Psychotherapeuten. In Deutschland zählt die ACT zu den Verfahren der Verhaltenstherapie, die von den Krankenkassen zugelassen sind und bezahlt werden.
Angeboten werden sie von Verhaltenstherapeuten mit Kassenzulassung und Zusatzausbildung in ACT. Die Therapie umfasst meist 15 Sitzungen.