Er ist heimtückisch, weil man ihn lange nicht bemerkt. Doch auf lange Sicht werden durch einen erhöhten Blutdruck die Gefässe und Organe geschädigt. Deshalb ist eine regelmässige Kontrolle wichtig. Das gilt vor allem für Frauen in den Wechseljahren, denn bei ihnen steigt der Blutdruck häufig an, weil die Schutzwirkung der Hormone nachlässt.
Autorin: Annette Willaredt, 04/20
Der Blutdruck ist der Druck, mit dem das Blut vom Herzen aus durch den gesamten Körper bis in die kleinsten Blutgefässe gepumpt wird. Genannt werden immer zwei Werte. Der obere, systolische ist in dem Augenblick erreicht, in dem sich der Herzmuskel maximal zusammenzieht. Danach erschlafft das Herz, es pumpt kein Blut mehr in die Arterien, der Druck sinkt auf den niedrigsten, den diastolischen Wert. Gemessen wird im Millimeter Quecksilbersäule, kurz mmHg. Optimale Blutdruckwerte liegen für Erwachsene bei 120 mmHg systolisch und 80 mmHg diastolisch. Das sind allerdings nur Durchschnittsangaben. Der Blutdruck schwankt im Laufe eines Tages. In der Nacht im Schlaf sinkt er deutlich ab. Bei körperlicher Belastung steigt er oft stark an. Ein einmalig erhöhter Wert ist deshalb nicht immer gleich ein Warnsignal.
Um Bluthochdruck (Hypertonie) sicher festzustellen, wird in der Regel eine 24-Stunden-Messung durchgeführt. Bei nur rund 10 Prozent der der Patienten mit Bluthochdruck können organische Ursachen wie Nieren- oder Herzerkrankungen als Ursache ausgemacht werden. In allen anderen Fällen ist der Auslöser unklar. Man weiss nur, dass verschiedene Einflüsse die Erkrankung fördern. Dazu zählen eine erbliche Veranlagung, Erkrankungen wie Diabetes, Übergewicht, Bewegungsmangel, eine salzreiche Ernährung, hoher Alkoholkonsum und zu viel Stress.
Ein zu hoher Blutdruck ist tückisch, denn man spürt ihn oft nicht. Nur wenn die Werte sehr hoch sind, treten Symptome wie Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Gesichtsrötung, Schlafstörungen, Ohrensausen oder Nasenbluten auf. Bei solchen Anzeichen sollte man immer zum Arzt gehen. Aber auch wenn man von seinem Bluthochdruck gar nichts merkt, belastet er das Gefässsystem. Durch den hohen Druck können feinste Risse in den Wänden der Arterien entstehen. An diesen Stellen kommt es durch verschiedene Stoffwechselprozesse zu Verdickungen und Verhärtungen der Gefässwände. Eine Arteriosklerose entwickelt sich, man nennt das auch Arterienverkalkung. Das hat auf Dauer Folgen: Das Herz muss ständig mit grosser Kraft seine Pumpleistung erbringen – das kann es mit der Zeit schwächen. Verengen sich durch die Arteriosklerose die Herzkranzgefässe, steigt die Gefahr für einen Infarkt. Sind die Nierenarterien betroffen, werden diese Organe geschwächt und können ihrer Aufgabe, das Blut zu reinigen, nicht mehr richtig nachkommen. Und auch das Gehirn kann in Mitleidenschaft gezogen werden. Ist seine Blutversorgung eingeschränkt, ist ein Schlaganfall möglich.
Positiv ist, dass Frauen in jüngeren Jahren deutlich seltener von Bluthochdruck betroffen sind als Männer. In den Wechseljahren ändert sich das allerdings schnell. Mehr als die Hälfte der Frauen entwickelt in den ersten Jahren nach der Menopause eine Hypertonie. Der Grund: Von der Pubertät bis zu den Wechseljahren ist bei Frauen der Östrogenspiegel hoch. Doch dann verändert sich der Hormonhaushalt gravierend. Die Eierstöcke stellen ihre Östrogenproduktion nach und nach ein, der Spiegel sinkt. Östrogen hat aber eine blutdrucksenkende Wirkung. Die fällt jetzt weg. Und noch ein zweiter Effekt ist wichtig. Der Spiegel des Hormons Testosteron steigt nach den Wechseljahren. Frauen bilden dieses „männliche" Hormon auch schon in den Lebensjahren davor. Doch da hatte das Östrogen die Dominanz. Nun kann das Testosteron im Körper stärker wirken. Das führt dazu, dass Frauen verstärkt in der Bauchregion Fett einlagern. Doch genau dieses Bauchfett birgt eine Gefahr: Es produziert selbst Hormone, die nicht nur den Appetit anregen und damit dafür sorgen, dass Frauen ungewollt zunehmen. Diese Hormone lassen auch den Blutdruck steigen. Frauen sollten deshalb spätestens ab dem 45. Geburtstag mindestens einmal jährlich ihren Blutdruck überprüfen lassen.
Werden erhöhte Werte festgestellt, ist es in vielen Fällen nicht nötig, gleich Medikamente zu nehmen. Oft genügt es, seine Lebensweise etwas zu ändern. Ganz vorne steht dabei vermehrte Bewegung. Zwar erhöht sich der Blutdruck bei Bewegung, weil mehr Blut durch den Körper gepumpt werden muss. Doch auf Dauer sorgt regelmässige körperliche Aktivität dafür, dass die Werte sinken, denn dabei werden die Blutgefässe trainiert, sie „lernen", sich je nach Bedarf enger oder weiter zu stellen. Außerdem werden die Gefässwände wieder elastischer.
In Studien sanken die Werte von Patienten bereits um bis zu 8 mmHg, wenn sie täglich 30 Minuten spazieren gingen. Noch wirksamer sind Ausdauersportarten wie Walken, Joggen, Radfahren oder Schwimmen. Zu empfehlen sind dreimal eine Stunde pro Woche. Bei stark erhöhten Werten sollte man mit der behandelnden Ärztin absprechen, wie stark die Belastung sein darf. Vorsichtig sein sollten von Bluthochdruck betroffene Frauen mit Krafttraining und Sportarten, die wiederkehrend eine starke kurzfristige Anstrengung erfordern, wie z.B. Tennis. Hier kann die Belastung im Einzelfall zu hoch sein. Auch das sollte vorsichtshalber mit dem Arzt abgeklärt werden.
Nicht unwichtig: Regelmässige Bewegung ist auch ein gutes Mittel gegen Übergewicht. Abnehmen kann bei Frauen, die zu viele Pfunde auf die Waage bringen, den Blutdruck senken. Untersuchungen zeigen, dass der Verlust von im Durchschnitt vier überflüssigen Kilo den systolischen Blutdruck um rund 5 mmHg nach unten schraubt. Zudem ist körperliches Auspowern ein gutes Mittel gegen Stress. Denn stehen wir oft unter Strom, produziert der Körper ein Übermass an Stresshormonen, die das Herz-Kreislauf-System belasten. Bei Bewegung werden diese abgebaut. Wer regelmässig viel um die Ohren hat, profitiert zudem sehr vom Erlernen einer Entspannungstechnik wie Meditation oder Autogenem Training.
Auch mit der Ernährung lässt sich viel tun. Ratsam ist eine ausgewogene Kost mit viel frischem Obst und Gemüse, Vollkornprodukten, hochwertigen pflanzlichen Ölen und Fisch. Fleisch – besonders fettes – und Wurst sollten nur selten auf den Tisch kommen. Ebenfalls weitgehend verzichten sollten die Frauen auf Fertiggerichte, Frittiertes, Weissmehlprodukte und stark Zuckerhaltiges wie Gebäck oder Limonaden. Der Grund ist einfach: Die falschen Lebensmittel bewirken, dass sich vermehrt Bauchfett bildet und das fördert den Bluthochdruck, wie schon beschrieben.
Empfohlen wird bei zu hohen Werten auch eine salzarme Ernährung. Nun gibt es neuere Untersuchungen, die belegen, dass Salzverzicht bei vielen Patienten keinen Effekt auf den Blutdruck hat, bei anderen hingegen kann er die Werte senken. Zu welcher Gruppe man gehört, ist schwer herauszufinden. Auf der sicheren Seite sind Frauen, wenn sie ihren Salzkonsum nach und nach reduzieren. Als Richtwert gilt die Empfehlung der WHO, dass ein Erwachsener täglich nicht mehr als fünf Gramm Kochsalz zu sich nehmen soll. Das klappt am besten, wenn man frisch kocht und Konserven, Gepökeltes, Geräuchertes, Fertiggerichte und Knabbereien wie Chips weitgehend meidet. Eine gute Alternative beim Würzen sind frische Kräuter.
Weil auch Alkohol Einfluss auf den Blutdruck hat, sollten Frauen ihm nur selten zusprechen. Und last but not least: Rauchen belastet das Herz-Kreislauf-System ebenfalls, deshalb am besten ganz aufhören.