Der Darm ist ein einzigartiges Ökosystem, mit vielen nützlichen Bakterien. Ohne diese könnten wir die Nährstoffe nicht aufnehmen – gleichzeitig schützen uns diese Bakterien vor anderen, schädlichen Bakterien.
Er hat die 100-fache Fläche der Haut, bildet etwa 20 Hormone und beherbergt 100 Billionen Bakterien, er weist ein eigenständiges Nervensystem auf und die hauptsächlich im Dickdarm lebenden Bakterien (Mikrobiom, oder "Darmflora") sind wie kleine Fabriken, die für uns Vitamine herstellen, Energie für den Darm bereitstellen, Gifte oder Medikamente abbauen und das Immunsystem trainieren. Bis zu 8 Meter lang kann er werden, dabei beträgt sein Durchmesser nur wenige Zentimeter. Im Inneren des vielfach gewundenen Organs befinden sich Millionen von Zotten, welche eine Oberfläche von 400 bis 500 Quadratmetern ergeben.
Zirka ein bis eineinhalb Kilogramm wiegen die mikrobiellen Darmbewohner eines Menschen. Der Darm ist der am dichtesten besiedelte Ort des Körpers.
Der Darm beginnt eigentlich im Mund, denn die Mundhöhle ist nur das eine Ende des sogenannten Darmrohres. Welches sich bei der Entwicklung des Embryos parallel zum Blutkreislauf und zum Nervensystem bildet. Darm und Hirn arbeiten hier seit frühesten Tagen eng zusammen. Das lässt sich an Säuglingen beobachten, die stark über Sattheitsgefühle und Verdauungserfolge wie Bäuerchen beeinflusst werden.
Der Darm gliedert sich in:
Innerhalb von 75 Jahren passieren etwa 30 Tonnen Nahrung und 50'000 Liter Flüssigkeit den Darm – auch Krankheitserreger und Giftstoffe. Die aufgenommene Nahrung wandert in der Regel innerhalb von 3 Tagen durch den Magen-Darm-Trakt.
Während im Magen die Nahrung in leichter verdauliche Bestandteile aufgespalten wird, wird im Dünndarm daraus Energie gewonnen und dem Blutkreislauf zugeführt. Der Dickdarm entzieht den übrig gebliebenen Nahrungsresten Flüssigkeit, so dass diese ausgeschieden werden können.
Der Dünndarm (Intestinum tenue) erstreckt sich, vielfach geschlängelt, mit einer Gesamtlänge von mehreren Metern vom Magenausgang bis zur Einmündung in den Dickdarm im rechten Unterbauch. Seine Hauptaufgabe besteht in der Verdauung und in der Aufnahme von Nährstoffen. Er ist somit lebensnotwendig. Der Dünndarm umfasst drei Anteile: Zwölffingerdarm (Duodenum), Leerdarm (Jejunum) und Krummdarm (Ileum).
Darüber hinaus entlastet der Darm den Körper von unnützen und schädlichen Stoffen (Bildung von Abwehrzellen des Immunsystems, Produktion von Hormonen und Botentoffen). 80% unseres Immunsystems sitzt im Darm und wird durch Bakterien gesteuert. Die Bakterien sitzen auf der Schleimhaut und werden von Immunzellen quasi begutachtet oder aussortiert, was auch dem Training dient, um die vielen verschiedenen körpereigenen und körperfremden Zellen auseinanderzuahlten. Das ist der Grund, warum unsere Immunzellen die roten Blutkörperchern in Ruhe lassen, obwohl diese bakterienähnliche Proteine mit sich tragen. Deshalb darf Blut nur unter gleichen Blutgruppen getauscht werden, da sonst die Immunzellen die roten Blutkörperchen angreifen würden. Viele Darmmikroben schützen uns auch, indem sie Rezeptoren besetzen, die sonst von bösartige Bakterien besetzt werden könnten.
Die Mikroorganismen des Darms verdauen Nahrung, neutralisieren eindringende Toxine und Keime, sind wesentlicher Bestandteil des Immunsystems und produzieren wichtige Vitamine, Enzyme und Botenstoffe. Mit Hilfe ihrer Botenstoffe kommunizieren sie über die sogenannte Darm-Hirn-Achse mit dem Gehirn. Diese Verbindung kann bei grosser Nervosität zu Toilettengängen führen – und ist auch der Grund, warum die Darmflora eventuell eine Rolle spielt bei psychischen und neurologischen Krankheiten wie Angststörung, Depression und Multiple Sklerose (MS).
Der Verdauungstrakt verfügt mit dem enterischen Nervensystem (ENS) über ein eigenes Netzwerk an Nerven, das fast unabhängig vom Gehirn funktioniert. Man kann es sich als Bauchhirn vorstellen. Beispielsweise findet die körpereigene Serotoninproduktion zu 80 Prozent im Darm statt, das heisst: Eines der wichtigsten Hormone für Glück, Zufriedenheit und Gelassenheit hängt davon ab, ob der Darm gesund ist. Auch Giftstoffe werden vom ENS eigenständig entfernt, indem es den Verdauungstrakt zur schnellen und vermehrten Ausscheidung anregt.
Bei externen Stressoren wie unmittelbare Gefahr schaltet sich u.a. der Sympathikus im Gehirn ein und sorgt für die Ausschüttung von Adrenalin, das den Körper auf Flucht vorbereiten soll. Als Folge wird verstärkt Blut in Arme und Beine geleitet, der Verdauungstrakt wird weniger durchblutet. Ein anderer Weg über den das Gehirn mit dem Darm kommuniziert, sind Hormone. Eines der wichtigsten ist CRF (Corticotropin Releasing Factor), das bei Stress vom Hypothalamus im Gehirn ausgeschüttet wird. Dadurch werden die Magenbewegung und der Weitertransport der Nahrung in den Darm gehemmt. Im Dickdarm kommt es dagegen zu mehr Bewegung sowie zu vermehrtem Einstrom von Wasser, was schliesslich zu Durchfall führt. Dieser hormonale Weg funktioniert allerdings langsamer als die Stressreaktion über den Sympathikus, kommt also eher in Situationen vor, die vorhersehbar sind, beispielsweise Prüfungen oder schwere Entscheidungen.
Kurzfristiger Stress steckt das Verdauungssystem normalerweise gut weg. Kommt es allerdings zu chronischem Stress, kann sich das dauerhaft negativ auf die Verdauung auswirken. Eine verminderte Durchblutung kann die Darmschleimhaut schädigen und durchlässiger machen, was zu Entzündungsreaktionen führen kann.
Reizdarm
Bei Reizdarmpatienten können Entzündungen, aber auch psychischer Stress Auslöser für eine dauerhafte Aktivierung von Schmerzrezeptoren im Rückenmark sein, so dass von dort ständig Signale ans Gehirn gehen, dass etwas nicht stimmt – obwohl eigentlich alles in Ordnung ist. Dadurch entsteht weiterer Stress, der die Symptome verstärkt.
Sodbrennen
Beim Sodbrennen wird ein ähnlicher Zusammenhang vermutet. Teilnehmer einer Studie aus Norwegen aus dem Jahr 2009 hatten ein doppelt so hohes Risiko für Sodbrennen, wenn sie über Stress im Beruf klagten.
Magengeschwüre
Auch ein Zusammenhang zwischen psychischer Belastung und dem Auftreten von Magengeschwüren besteht laut einer US-Studie.
Es gibt auch Hinweise, dass der Darm Einfluss auf das Gehirn nehmen kann. Was wir allgemeinhin nur als Bauchgefühl beschreiben, könnte tatsächlich auch unser Handeln beeinflussen. Signale aus dem Darm gelangen beispielsweise in Hirnbereiche für das Ich-Gefühl, der Gefühlsverarbeitung, der Moral, dem Angstempfinden, das Gedächtnis und die Motivation. Je nach Zusammensetzung der Darmbakterien, konnten in Studien auch Veränderungen in den Hirnarealen festgestellt werden.
Bei Reizdarmpatienten z.B. konnte nachgewiesen werden, dass Unwohlsein und schlechte Gefühle direkt mit einem Reiz aus dem Darm in Verbindung stand. In Stresssitutationen fordert das Gehirn z.B. vom Darm mehr Energie, welche dieser bei der Verdauung einspart. Wird diese Ausnahmesituation zur Regel, reagiert der Darm seinerseits mit Signalen, die zu Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit, Unwohlsein oder Durchfall führen können.
Der Darm ist nicht nur ein wichtiges, sondern auch ein empfindliches Organ. Denn schnell können Stress und Ärger, aber auch Ernährungsgewohnheiten Darmprobleme verursachen und sich damit auf die Verdauung auswirken. Häufige Darmprobleme sind z.B. Reizdarm, Verstopfungen, Blähungen, aber auch chronische Darmentzündungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Rund zehn Prozent der Menschen leiden an wiederkehrenden Verdauungsproblemen und oft ist ein sogenannter Reizdarm die Ursache.
Menschen, die an chronischen Darmentzündungen leiden, können oftmals mit besser verträglicher Ernährung und viel Bewegung ein fast normales Leben führen.
Auch bei der Verstopfung kann eine Umstellung der Ernährung sowie eine Pflege der Darmflora helfen. Denn eine Verstopfung ist nicht nur lästig, sondern auch gesundheitsschädigend. Auch bei Blähungen können Heilpflanzen gute Dienste leisten. Pflanzen oder Arzneimittel mit Gerbstoffen wirken reizmildernd und adstringierend auf die Darmschleimhaut.