Autorin: Dr. Silke Kerscher-Hack
Durchfall, in der Fachsprache auch als Diarrhö (griech. dia = durch, rheo = fliessen) bezeichnet, ist ein Symptom und keine eigenständige Krankheit. Er entsteht, wenn sich im Darm – aus welchen Gründen auch immer – zu viel Wasser befindet. Die Folge sind verstärkte Darmbewegungen (Peristaltik), eine verkürzte Passagezeit und eine breiige bis flüssige Stuhlkonsistenz.
Von einer Diarrhö spricht man, wenn die Stuhlentleerung häufiger als dreimal am Tag erfolgt, dieser eine breiig-flüssige bis flüssig-schleimige Konsistenz (Wassergehalt über 75 Prozent) aufweist und das Stuhlgewicht mehr als 250 Gramm pro Tag beträgt. Abhängig von der Ursache können Beschwerden wie Fieber, Erbrechen, Muskelschmerzen und krampfartige Bauchschmerzen als Begleitsymptome auftreten, in schweren Fällen kann der Stuhl auch Blut enthalten. Abhängig vom zeitlichen Verlauf wird unterschieden zwischen
Des Weiteren lassen sich Durchfallerkrankungen nach ihrer Lokalisation (Dünndarm, Dickdarm), der Ursache (Infektion, chronisch entzündliche Darmerkrankung) sowie der Krankheitsentstehung unterscheiden:
Auslöser von Durchfallerkrankungen sind beispielsweise:
Zur Information: Durchschnittlich jeder dritte Urlauber erkrankt auf Reisen an einer sogenannten Reisediarrhö. Das Risiko hängt vom Reisestil und -dauer, der körperlichen Verfassung des Reisenden, der Qualität der Unterkunft, der Jahreszeit sowie vom Reiseziel ab. Besonders gefährdet sind Rucksacktouristen sowie Personen, die nach Afrika und Indien verreisen. Auslöser der Reisediarrhö sind normalerweise Infektionen mit Bakterien (z.B. Escherichia coli), die über verunreinigtes Wasser oder Lebensmittel übertragen werden.
In der Regel muss leichter Durchfall nicht von einem Arzt behandelt werden; Medikamente (Antidarrhoika) können jedoch die vorhandenen Beschwerden lindern (symptomatische Therapie). Folgende Wirkstoffgruppen stehen zur Verfügung:
Antibiotika sind nur in Ausnahmefällen notwendig, beispielsweise bei einer bakteriellen Infektion mit blutigen Stühlen bzw. schwerem Krankheitsbild. Abhängig von der Ursache der Durchfallerkrankung kann der Arzt auch Medikamente gegen eine Schilddrüsenüberfunktion (Thyreostatika) oder Pankreasenzyme verordnen.
Zum Auffüllen des Wasser- und Elektrolytspeichers sind Getränke ideal, die neben Mineralien auch Zucker enthalten. Denn so kann der Körper die Mineralien schneller verwerten.
Gut sind stark verdünnte Fruchtsäfte und leicht gesüsste Kräutertees (Anis-Fencheltee oder Kamillentee). Bewährt hat sich auch eine Mischung aus Heidelbeeren (Myrtilli fructus sicca), Brombeerblättern (Rubi fruticosi folium), Eichenrinde (Quercus cortex) und Frauenmantelkraut (Alchemillae herba). Ungeeignet dagegen sind Mineraldrinks oder die Kombination von Salzstangen und Cola, da sie zu viel Zucker enthalten.
Bei schwerem, akutem Durchfall ist es sinnvoll, zunächst die Nahrungszufuhr für etwa einen Tag einzustellen, um Magen und Darm zu entlasten. Bei abklingenden Beschwerden kann die Nahrung nach und nach mit einer ballaststoffarmen Kost wieder aufgebaut werden, die nicht zusätzlich reizt und die Darmperistaltik (wellenförmige Darmbewegung) anregt.
Bei Diarrhö kann es zu einem starken Verlust an Flüssigkeit und Elektrolyten (insbesondere Kalium) kommen, der zu folgenden Komplikationen führen kann:
Ebenfalls auftreten kann eine Hypokaliämie mit Herzrhythmusstörungen, Lähmungen der glatten Muskulatur (Verstopfung, Blasenlähmung) und einer Reflexabschwächung.
Ein Arztbesuch wird notwendig, wenn
Ein erhöhtes Erkrankungsrisiko haben Personen, die
Eine Diarrhö kann zudem so schwer verlaufen, dass sie zum Tod führen kann. Gefährdet hierfür sind insbesondere Schwangere und immungeschwächte Personen aufgrund ihrer höheren Infektanfälligkeit. Ebenso zählen Säuglinge, Kinder unter drei Jahren sowie ältere Menschen zur Risikogruppe, weil diese schneller in einen Zustand der Austrocknung (Dehydrierung) geraten.
Durchfälle, an denen man daheim erkrankt, beruhen normalerweise nicht auf einer mangelnden Lebensmittelhygiene. Anders sieht es jedoch bei der Reisediarrhö aus, bei der verunreinigte Speisen und Wasser die Hauptüberträger für Durchfall erzeugende Krankheitserreger sind. Generell gilt: „Boil it, cook it, peel it or forget it" (Brate es, koche es, schäle es oder vergiss es):
Ist eine Person erkrankt, sind folgende Hygienemassnahmen sehr wichtig, um sich nicht anzustecken:
Während einer Durchfallerkrankung verlieren Kinder neben Wasser auch wichtige Mineralstoffe wie Natrium und Kalium. Hält die Krankheit länger als einen Tag an, sind die Stühle grossvolumig und wässrig oder treten zusätzliche Beschwerden (Fieber, Erbrechen) auf, besteht die Gefahr der Austrocknung. Betroffene Kinder haben unter anderem einen trockenen Mund, sind schläfrig und ihre Haut ist weiss und ohne Spannung. Generell gilt: Je jünger das Kind ist und je grösser der Flüssigkeitsverlust, umso gefährlicher ist des für den Gesundheitszustand des Kindes.
In den ersten Lebensmonaten können Eltern einer Durchfallerkrankung vorbeugen, wenn sie ihren Säugling stillen, denn Muttermilch schützt vor Infektionen. Gegen Rotavirus-Infektionen gibt es zudem eine Schluckimpfung für Kinder ab der sechsten Lebenswoche. Durchfallerkrankungen aufgrund von verunreinigten Lebensmitteln lassen sich bei Flaschenkindern durch das frische Zubereiten der Milch und - bei älteren Kindern – durch das Durchbraten und Kochen von Eiern und Fleisch vermeiden.
Leichter Durchfall in der Schwangerschaft ist häufig die Folge einer Ernährungsumstellung, denn viele Frauen greifen während dieser Zeit zu gesünderen, oftmals ballaststoffreicheren Lebensmitteln. Aber auch die körperlichen Veränderungen können die Ursache sein, wenn beispielsweise die wachsende Gebärmutter bei fortschreitender Schwangerschaft immer mehr auf den Darm drückt. Kurz vor dem Geburtstermin kann es auch ein Zeichen dafür sein, dass die Geburt bevorsteht.
Starke Diarrhö über mehrere Tage dagegen deutet auf eine Infektion hin. Der Verlust von Flüssigkeit und Elektrolyten kann für Mutter und Kind gefährlich werden, weswegen Schwangere mit länger anhaltendem und/oder starkem Durchfall unbedingt einen Arzt aufsuchen sollten. Das Gleiche gilt, wenn zusätzlich Erschöpfung, Schmerzen, ein allgemeines Krankheitsgefühl, Krämpfe, Kreislaufprobleme, Fieber, Blut im Stuhl oder ähnliche Beschwerden auftreten.
Bei Schwangeren besteht zudem die Gefahr, durch Schmierinfektion eine bakterielle Vaginose zu verursachen. Bei dieser Infektion siedeln sich Bakterien in der Scheide an, die wiederum vorzeitige Wehen, einen Fruchtblasensprung und eine Frühgeburt verursachen können.
Das Rotavirus ist weltweit die häufigste Ursache für Durchfallerkrankungen und verantwortlich für jährlich schätzungsweise 453'000 Todesfälle bei Kindern unter fünf Jahren. Im Erwachsenenalter verlaufen die Erkrankungen meist milder und treten vor allem als Reisediarrhö oder bei Eltern betroffener Kinder. Senioren über 60 Jahre erkranken wieder häufiger und 35 Prozent von diesen müssen im Krankenhaus behandelt werden. Übertragen werden Rotaviren meistens über eine Schmierinfektion, bei der die Viren über kleinste Stuhlreste auf den Händen erkrankter Personen weitergetragen werden. Möglich ist aber auch eine Ansteckung über verunreinigte Gegenstände (z.B. Handtücher, Griffe) oder – in seltenen Fällen – über Lebensmittel oder Wasser. Ein bis drei Tage nach Ansteckung beginnt die Krankheit plötzlich mit wässrigen Durchfällen und eventuellen Schleimbeimengungen, Erbrechen sowie Bauchschmerzen. Häufig treten zudem leichtes Fieber, Husten und Schnupfen auf. Nach etwa zwei bis sechs Tagen klingen die Beschwerden von selbst wieder ab. Die Behandlung als auch die Empfehlung zum Arztbesuch entsprechen der Behandlung und Empfehlung von Durchfallerkrankungen.
Bei einer durch Salmonellen verursachten Infektion setzt der Durchfall ebenfalls plötzlich ein. Erkrankte fühlen sich zudem unwohl, müssen sich übergeben und haben Kopf- sowie Bauchschmerzen. Salmonellen sind Bakterien, die am häufigstem über Lebensmittel (z. B. Speiseeis, rohes Fleisch, rohe Eier, pflanzliche Lebensmittel) in den menschlichen Verdauungstrakt gelangen. Aber auch Schmierinfektionen oder eine Ansteckung über einen direkten Tierkontakt (z.B. Schildkröten, Reptilien wie Bartagamen) sind möglich. Sechs bis 72 Stunden später, meistens jedoch nach zwölf bis 36 Stunden, treten die Beschwerden auf, halten einige Tage an und klingen anschliessend in der Regel von selbst wieder ab. Erwachsene sind dann noch bis zu einen Monat, kleine Kinder sowie Senioren für mehrere Wochen und Menschen mit schweren Verläufen sechs Monate und länger ansteckend. Die Empfehlung zum Arztbesuch entspricht der bei Durchfallerkrankungen, auch die Therapie ist ähnlich; in schweren Fällen kann jedoch die Einnahme eines Antibiotikums notwendig werden. Vorbeugen lässt sich eine Salmonellen-Infektion mit einer guten Küchen- und Händehygiene.
Bestimmte Nahrungsmittel die verdauungsfördernd wirken, helfen dabei rasch wieder fit zu werden. Leicht verdauliches Essen ist angebracht und Lebensmittel die helfen die Darmflora wieder aufzubauen.
Die Massnahmen richten sich nach der zugrundeliegenden Erkrankung.
Beispiel: Bei Laktoseintoleranz sind laktosehaltige Lebensmittel (Milch, Sahne etc.) zu meiden.
Generell sollte man lieber häufiger am Tag kleine Portionen zu sich nehmen. Gut ist leicht verdauliches, gedünstetes Gemüse wie Fenchel, Zucchini oder Kürbis. Zudem empfehlenswert ist Reis in Brühe gegart sowie Hafer- oder Kartoffelbrei (mit Wasser zubereitet, ohne Butter). Wie auch bei akuter Diarrhö kann man zwischendurch eine pürierte Banane essen oder getrocknete Heidelbeeren als Tee zu sich nehmen.
Durchfallerkrankung, Diarrhoe, Diarrhö, Diarrhöe, Diarrhoea
Internet:
https://flexikon.doccheck.com/de/Diarrhoe (Abruf: 11.08.2022)
https://www.altmeyers.org (Abruf: 11.08.2022)
https://www.sprechzimmer.ch/Krankheitsbilder/Durchfall_Diarrhoe.html (Abruf: 11.08.2022)
https://medlexi.de/Durchfall#Komplikationen (Abruf: 11.08.2022)
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https://www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/symptome/durchfall-diarrhoe-ursachen-diagnose-therapie-734453-mehrseiter-2-durchfall-risikofaktoren-vorbeugung.html (Abruf: 11.08.2022)
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https://www.pharmazeutische-zeitung.de/selbstmedikation-bei-durchfall-128823/ (Abruf: 11.08.2022)
https://viamedici.thieme.de (Abruf: 11.08.2022)
Bücher:
Pflegen, Urban & Fischer, 1. Auflage (2015)
Altenpflege heute, Urban & Fischer, 3. Auflage (2017)
Schewior-Popp, Sitzmann, Ullrich: Thiemes Pflege, Thieme, 12. Auflage (2012)
Buchta, Höper, Sönnichsen: Das Hammerexamen, Elsevier, 2. Auflage (2008)
Gerlach, Wagner, Wirth: Innere Medizin für Gesundheits- und Krankenpfleger, Thieme, 7. Auflage (2011)
Mayatepek: Pädiatrie, Urban &Fischer, 1. Auflage (2007)
Hahn, Ströhle, Wolters: Ernährung, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 3. Auflage (2016)
Lennecke, Hagel, Przondziono: Selbstmedikation, Deutscher Apotheker Verlag Stuttgart, 2. Auflage (2004)
Eisele, Friese, Notter, Schlumpberger: Homöopathie, Deutscher Apotheker Verlag Stuttgart, 3. Auflage (2006)
Eltern, Naturmedizin für Kinder, Zabert Sandmann, 1. Auflage (2005)
Bauer et al.: Komplementärmedizin, Deutscher Apotheker Verlag, 2. Auflage (2012)
Jänicke, Grünwald, Brendler: Handbuch Phytotherapie, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart, 1. Auflage (2003)
Heepen: Schüßler-Salze , GU, 4. Auflage (2020)
Rücker, Heilen mit Bachblüten, Mankau-Verlag, 2. Auflage (2022)
Sommer: Homöopathie, GU, 4. Auflage (2008)
Rall: Ernährungsberatung in der Apotheke, Deutscher Apotheker Verlag, 1. Auflage (2011)
Neubeck: Evidenzbasierte Selbstmedikation, Deutscher Apotheker Verlag, 5. Auflage (2021)
Frohn: Rezeptfrei, Deutscher Apotheker Verlag, 1. Auflage (2018)
Pschyrembel, De Gryter, 268. Auflage (2020)
Zuletzt aktualisiert: 30-11-2022