Was passiert bei der Verdauung, welche Rolle spielt dabei die Darmflora und welche anderen Organe sind auch daran beteiligt?
Die Verdauung ist ein mehrstufiger, komplexer Prozess, der im Mund mit dem Kauen und Einspeicheln der Nahrung beginnt und Stunden später mit dem Ausscheiden der Überreste endet. Dazwischen liegt ein rund acht Meter langer Weg, dessen prozesshafte Verfahren an eine chemische Fabrik erinnern. An ihm sind neben Magen und Darm verschiedene Organe wie Bauchspeicheldrüse, Leber und auch Galle beteiligt. Komplizierte biologische, chemische und physikalische Wechselwirkungen sorgen dafür, dass Eiweiss, Kohlenhydrate, Mineralstoffe, Vitamine, Spurenelemente und sekundäre Pflanzenstoffe optimal aus den Speisen und Getränken herausgelöst werden und via Blutbahn in die einzelnen Zellen und Organe gelangen.
Um diese Aufgabe zu bewältigen, muss das Verdauungssystem Höchstleistungen vollbringen: Ein Mensch konsumiert innerhalb von 75 Lebensjahren im Durchschnitt rund 30 Tonnen Speisen sowie etwa 60 000 Liter Getränke. All das will verwertet werden! Ob Birchermüsli oder Fondue, ob Hausmannskost oder exotische Menüs im Urlaub, auf die grossen Unterschiede muss das Verdauungssystem automatisch richtig reagieren. Ein ausgeklügeltes System von Nervenimpulsen sorgt für das richtige Timing bei der Abgabe der Verdauungssäfte. So muss beispielsweise die stark konzentrierte Magensäure im Dünndarm genügend neutralisiert werden – andernfalls wären starke Schmerzen die Folge.
Im Mund wird die Nahrung mechanisch zerkleinert. Der Speichel macht die Nahrung leitfähig, so dass sie via Speoseröhre in den Magen befördert werden kann. Im Speichel ist das Enzym Ptyalin enthalten, welches die Stärke in der Nahrung zu Malzzucker (Maltose), Maltotriose und Oligosacchariden aufspaltet.
Über die Belegzellen in der Magenschleimhaut wird Salszsäure produziert, die den gesamten Mageninhalt durchsäuert, der pH-Wert liegt konstamt bei 0,9. Im Magen werden durch die Walkbewegungen Proteine in kleinere Peptide aufgespalten. Die Fette werden vorzerkleinert und bilden eine Emulsion und werden durch den Magensaft auch teilweise zerlegt. Im Magen bildet sich auch der sogenannte Intrinsiche-Faktor, der für die Vitamin-B12-Resorption im letzten Teil des Dünndarms wichtig ist.
Nährstoffe werden hauptsächlich im 12-Finger- und dem restlichen Dünndarm aufgenommen. Stärke wird weiter in die einzelnen Bestandteile (Glucose, Fructose, Galactose und Mannose) zerlegt und von den Zellen der Darmschleimhaut aufgenommen. Peptide werden weiter zu Aminosäuren zerlegt. Die nur zum Teil verdauten Fette (Lipide) werden zerkleinert und u.a. zu freien Fettsäuren zerlegt, welche ebenfalls von der Darmschleimhaut aufgenommen werden.
Rund 100 Billionen Bakterien aus mehreren hundert Arten besiedeln die rund 400 Quadratmeter großen, stark gefalteten Wände des Dickdarms. Dort unterstützen sie unter anderem das Immunsystem, übernehmen Aufgaben bei der Verdauung und beeinflussen die rhythmischen Bewegungen des Darms. Wenn bestimmte Mikrobentypen überhandnehmen, kann es zu Verdauungsbeschwerden kommen.
Aber längst nicht alles, was wir mit der Nahrung aufnehmen, können wir auch verwerten. Es bleibt immer ein Brei unverdaulicher Reste, der in den Dickdarm abgeschoben wird. Diese unverwertbaren Nahrungsteile werden im gesunden Darm zu einer geschmeidigen Masse geformt, dem Kot. Dieser, in der Fachsprache auch Faeces genannt, besteht aus etwa 75 Prozent Wasser und 25 Prozent festen, unverdaulichen Speiseresten, Gärungs- und Fäulnisprodukten, Schleim und abgestoßenen Zellen. Der Kot eines gesunden Menschen ist braun, weil er Sterkobilin, ein Umwandlungsprodukt des Gallenfarbstoffes, enthält. Die Stuhlentleerung, medizinisch Defäkation, ist ein reflexartiger Vorgang, der aber auch willentlich beeinflusst werden kann.