Ein Apfel am Abend erspart das Zähneputzen? Auch um das Thema Zahnpflege ranken sich allerhand Mythen. Was ist wahr, was falsch?
Autorin: Andrea Flemmer, 04/11
Trotz Zähneputzens, trotz regelmässiger Zahnarztbesuche: Karies ist immer noch fast «in aller Munde», wenn auch in der Schweiz im Rückgang begriffen. Die Bakterieninvasion im Mund ist die weltweit verbreitetste Infektionskrankheit. In unserer Mundhöhle tummeln sich etwa 50 Milliarden Bakterien. Von den 300 verschiedenen Arten kann rund die Hälfte unsere Zähne zerstören.
Über die Nahrung gelangt Zucker in den Mund, der – je nach Zuckerart zum geringen oder höheren Anteil – an den Zähnen haften bleibt. Vor allem ein Erreger mit Namen Streptococcus mutans freut sich darüber. Er «frisst» sozusagen den Zucker – insbesondere Haushaltszucker fördert seine Anwesenheit – und verdaut ihn. (Der so genannte Haushaltszucker wird auch als Kristallzucker bezeichnet, chemisch gesehen ist es Saccharose). Den unverdaulichen Rest scheidet er wieder aus: als organische Säuren, die den Zahnschmelz auflösen. Das Ergebnis: Löcher bzw. Karies.
Um sich richtig wohl zu fühlen, bildet der Keim zusätzlich eine so genannte «Plaque» – das ist die weisse Schicht, die wir beim Zähneputzen entfernen. Damit kann er sich am Zahn gut festhalten, sein Zerstörungswerk beginnen und fortsetzen. Dies wollen wir mit Hilfe des Zähneputzens verhindern. Aber eben um dieses Thema rankt sich so manche Legende.
Dieser Mythos gehört zu den verbreitetsten überhaupt. Leider ist er ein Gerücht, denn weder Karies noch Zysten im Mundraum müssen unbedingt schmerzen. Dennoch können sie bereits vorhanden sein und schlimme Folgen haben. Es hilft alles nichts: jedes halbe Jahr zum Zahnarzt.
Bei manchen mag dies zutreffen. Normalerweise gibt es jedoch drei Säulen der Zahngesundheit: Pflege, Fluoridzufuhr und Reduzierung der Karies verursachenden zuckerhaltigen Nahrungsmittel.
Zahnbelag und Essensreste sollten kräftig weggeputzt werden, so erspart man sich Karies und Co.? Leider komplett falsch. Schrubbt man zu kräftig, kann man nicht nur den wichtigen Zahnschmelz beschädigen, man kann sich sogar das Zahnfleisch «wegputzen». Mit dieser Methode entstehen keilförmige Defekte im Zahnfleisch und freiliegende Zahnhälse. Aus diesem Grund sollte man nur mit leichtem Druck putzen.
Aber was ist leicht? Wer sich nicht sicher ist, kann das herausfinden: Die Zahnbürste mit dem gewohnten Druck auf die Küchenwaage pressen – zeigt sie zwischen 150 und 200 Gramm an, liegen Sie im grünen Bereich!
«Zuckerfrei» bedeutet leider nicht «nicht Karies fördernd». So mancher Eulenspiegel deklariert das jeweilige Nahrungsmittel ganz legal mit «ohne Zucker» oder auch «zuckerfrei» bzw. «kristallzuckerfrei». Das bedeutet jedoch nur «ohne Haushaltszucker», also Saccharose. Das Lebensmittel kann jedoch durchaus Traubenzucker, Fruchtzucker, Glukosesirup, Invertzucker, Maltodextrin, Malzextrakt (= Malzsirup) und Malzzucker (= Maltose) enthalten! Selbst Honig besteht zu 75 Prozent aus Invertzucker, also aus Traubenzucker (Glukose) und Fruchtzucker (Fruktose). Und nicht nur das: Bei manchen Lebensmitteln ist Zucker enthalten, ohne dass man eigentlich auf die Idee kommt, so z.B. Tomatenketchup oder Konservengemüse. All dies fördert die Kariesbakterien. Weniger zahnschädlich sind manche Zuckeraustauschstoffe, nicht kariogen sind Süssstoffe, ob künstlich oder natürlich.
Über 300 Studien belegen, dass Birken-Zucker die Anzahl der zahnfeindlichen Bakterien im Speichel und die schädliche Säurebildung in der Plaque reduziert. Ein Grund, weshalb Birkenzucker in Finnland und anderen Ländern zahnärztlich empfohlen wird, besonders im Kaugummi.
Das stimmt nicht immer. Tatsächlich wäre es gut, nach jeder Mahlzeit die Speisereste zu entfernen. Jedoch erweichen säurehaltige Speisen oder Getränke (z.B. saures Obst) kurzzeitig den Zahnschmelz. Den schrubbt man dann richtiggehend weg. Das heisst: Besser eine halbe Stunde nach einer sauren Speise warten und dann erst Zähneputzen.
Wer hat das als Kind nicht immer wieder hören müssen? Die Regel ist aber inzwischen überholt. Der Grund: Bürstet man immer nur vom Zahnfleisch zur Krone, kommt man mit den Borsten nicht unter den Zahnfleischrand. Doch genau dort setzen sich Bakterien besonders gerne fest und fördern Zahnhalskaries und Parodontose.
Deshalb empfiehlt man heute die so genannte Rütteltechnik: die Zahnbürste schräg am Zahnfleischrand ansetzen und mit leichten, rüttelnden Bewegungen die Reinigung fortsetzen. Im Prinzip gehen so die elektrischen Zahnbürsten vor.
Anders als bei vielen anderen Erkrankungen gibt es in Sachen Zahnschmerzen nur wenige Hausmittel. Zu nennen ist hier vor allem die Gewürznelke gegen akute Schmerzen. Zerkaut man vorsichtig eine Nelke an der schmerzenden Stelle, wirkt das wie eine leichte Betäubung. Damit lässt sich allerdings nur die Zeit bis zum Arztbesuch überbrücken. Heilen kann eine Nelke nicht.
Bei Entzündungen des Zahnfleischs hat sich das Spülen mit Kamillentee bewährt. Auch das Betupfen der entsprechenden Stellen mit einer Kamillenlösung aus der Apotheke bringt Linderung. Vielen hilft außerdem das gründliche, aber ganz sanfte Putzen mit einer weichen Bürste.
Das saure Fruchtfleisch und die Apfelschale sollen Essensreste und Plaque von den Zähnen entfernen. Leider stimmt das nicht – der Apfel kann die Zahnbürste nicht ersetzen. Ob man nun Cox Orange und Co. gegessen hat oder nicht: Nach dem Obstgenuss bleiben dennoch Speisereste in den Zähnen, ebenso wie Beläge auf der Zahnoberfläche.
Die Säure der Frucht schadet zusätzlich, so gut es eigentlich ist, Obst zu essen. Dazu kommt, dass der enthaltene Fruchtzucker Nahrung für die Kariesbakterien liefert, die die willkommene Gelegenheit nutzen und zusätzliche zahnschädigende Säure produzieren.
So erstaunlich das klingt: Es stimmt tatsächlich. Käse bildet eine klebrige, lang haftende Schicht aus Eiweiss und Fett auf den Zähnen. Diese hält Säuren von den Zähnen fern. Fett und Protein bauen die Bakterien auch nicht zu Säuren um. Kariesschutz für Feinschmecker bieten unter anderem Brie, Butterkäse, Camembert, Cheddar, Frischkäse, Emmentaler, Gorgonzola, Gruyère, Mozzarella, Parmesan und Schafskäse.