In der kalten Jahreszeit ist es um die Motivation für Bewegung und Sport nicht gut bestellt. Warum wir uns trotzdem überwinden sollten.
Text: Tine Bielecki
Wenn die Sonne scheint, fällt uns Bewegung leicht. Nichts wie raus an die frische Luft! Doch wenn die Tage kurz sind, die Temperaturen unter Null sinken und es draussen grau und nass ist, sinkt die Motivation rapide. Dabei wissen wir, dass Bewegung wichtig ist, dass sie uns vital und gesund hält. Nicht nur das Herz-Kreislauf-System, auch die Muskulatur möchte herausgefordert werden. Für unsere Knochengesundheit ist regelmässiges Training ebenfalls ein Plus: Wird im Winter unser Skelett nicht durch Bewegung beansprucht, baut sich Knochenmasse ab. Wer sportlich aktiv ist, fördert hingegen den Knochenaufbau. Nicht zuletzt braucht unser Immunsystem im Winter Bewegung, um vor Infekten geschützt zu sein. Beim Sport im Freien werden die körpereigene Abwehr und der Kreislauf angeregt.
Also los: Runter vom Sofa und rein ins Wintertraining!
Wer sich wirklich nicht in die Kälte wagen möchte, kann das Trainingsprogramm auch während des Fernsehschauens am Abend absolvieren. Ein bisschen Pilates zu Hause auf dem Teppich, Übungen für den Muskelaufbau, Gymnastik – vieles lässt sich daheim ausüben. Bewegung muss nicht immer ewig dauern. Für Gawlik selbst funktionieren übrigens auch sogenannte Challenges (Herausforderungen): Jeden Morgen vor dem Frühstück bereits einen Spaziergang zu absolvieren beispielsweise und in der nächsten Woche eine zehnminütige Einheit pro Tag für Stabilisations- oder Balanceübungen. «Wenn ich unmotiviert bin, gibt es noch die sogenannte 3-2-1-Technik: Dabei nehme ich mir vor, herunterzuzählen, und bei 0 muss ich mich aufraffen, aufstehen, meine Sportsachen anziehen und loslegen. Wer mit dem Zählen erst mal beginnt und dann bei 0 nicht aufsteht, hat sich selbst veräppelt», erklärt die Doktorandin.
«Der Mensch ist ein Gewohnheitstier», sagt Gawlik. «Je mehr ich einem Verhalten nachgehe, so natürlicher fühlt es sich an.» Ein gutes Beispiel dafür ist Zähneputzen. Und mit der Bewegung sei es nichts anderes. «Deswegen gebe ich immer gerne den Tipp, wirklich neue Sachen auszuprobieren.»
Dabei Termine zu machen, sei hilfreich. Erinnerungen durch Apps am Handy oder ein Post-it-Zettel am Kühlschrank bewirken, dass wir das Vorhaben erst gar nicht vergessen können. «Und sich immer wieder das Warum in den Kopf holen! Es gibt so viele Gründe für Bewegung, sei es, wieder in die Hose zu passen, länger mit den Enkeln auf den Knien am Boden spielen zu können oder kleine Kinder zu tragen, ohne Rückenschmerzen zu bekommen.» Diese Ziele gelte es, sich immer wieder vor Augen zu führen.
Dass wir im Winter weniger aktiv sind, liegt auch an unserem veränderten Hormonhaushalt. Wir sind generell weniger unternehmungslustig, schneller müde. Lichtreize spielen eine wesentliche Rolle für unseren Aktivitätspegel. Bedingt durch längere Dunkelphasen im Winter produziert unser Körper vermehrt das Hormon Melatonin, das unser Schlafbedürfnis erhöht. Darum hilft es, viel frische Luft und Licht zu tanken, insbesondere, wenn wir uns mittags müde fühlen.
Im Übrigen haben selbst Profisportler im Winter schon mal ein Motivationstief, gibt Sportpsychologe Sebastian Debnar-Daumler, u.a. Teampsychologe des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), zu bedenken. «Wenn es draussen nur drei Grad sind und man auf das Fahrrad steigen muss, ist das nicht immer das, was man wirklich machen möchte. Leistungssportler wissen allerdings meist, dass der Winter hart werden kann. Sie sind darauf eingestellt und kommen ganz gut damit klar. Das liegt aber auch daran, dass sie ein klares Ziel vor Augen haben.» Viele Sportler fragten sich vor dem Wintertraining, ob sich die harte Arbeit, der Aufwand noch lohne. «Auch einem Leistungssportler muss klar sein, warum er was machen soll und möchte.»
Und genau wie bei jedem anderen Menschen gehe es darum, den Fortschritt zu visualisieren. «Werde dir über das Warum bewusst, gehe in kleinen Schritten voran und fang einfach an», sagt Debnar-Daumler. «Es muss ja auch nicht immer eine Stunde Bewegung sein. Fang doch einfach mit 15 Minuten an. Hauptsache, man beginnt. Wer angefangen hat, wird nicht nach zwei Minuten aufhören.»
In der kalten Jahreszeit ist es wichtig, auf den eigenen Körper zu hören und nicht zu übertreiben. Wer sich nicht gesund fühlt, sollte keinen Sport machen. Stattdessen darf auch mal auf aktive Regeneration gesetzt werden, beispielsweise Atemübungen und leichtes Stretching. Wer eine Erkältung hat, sollte komplett auskuriert sein, bevor das Bewegungsprogramm wieder beginnt.