Erkrankungen der Harnwege gehören zu den häufigsten Infektionskrankheiten bei Kindern. Sie entstehen durch eine Besiedelung der Harnröhre und der Blase mit Bakterien, Pilzen oder Viren.?
Harnwegsinfekte sind bei Kindern keine Seltenheit, doch werden sie manchmal nicht einmal bemerkt. In solchen Fällen war es dann nicht so schlimm, und die Abwehr des Kindes hat ganze Dienste geleistet. Erscheinen jedoch Symptome, ist Vorsicht geboten: Unbehandelt besteht die Gefahr von Spätfolgen wie Bluthochdruck und Nierenschäden.
Autor: Götz Egloff
Harnwegsinfekte können in jedem Lebensalter auftreten. Sehr viele Frauen machen mehrfach im Leben einen solchen Infekt durch. Doch schon junge Mädchen sind dreimal so häufig betroffen wie Jungen, was auf die im Vergleich zum männlichen Geschlecht kürzere Harnröhre zurückgeführt wird.
Je jünger das Kind ist, umso unspezifischer zeigen sich die Symptome: Säuglinge haben meist Fieber, wirken grau und reagieren oft empfindlich auf körperliche Berührung. Das ist bei Kleinkindern nicht anders, sie können aber meist schon auf Schmerzen im Unterbauch hinweisen. In diesem jungen Alter sind Buben noch genauso oft von Harnwegsinfektionen betroffen wie Mädchen.
Ab dem dritten Lebensjahr tritt dann häufig kein Fieber auf, aber die Schmerzen beim Wasserlassen (Miktion) lassen sich oft klarer benennen. Es können aber auch nur Bauchschmerzen sein, die sich seitlich bis in die Nierengegend ziehen. Gelegentlich nässen Kinder auch ein, ohne von anderen Symptomen zu berichten. In jedem Fall heisst es: Abklären lassen, denn es müssen auch Missbildungen des Harntrakts ausgeschlossen werden, die die Entstehung eines chronischen Harnwegsinfektes begünstigen können.
Meist verursachen Koli-Bakterien oder ähnliche Keime den Harnwegsinfekt. Sie kommen im Darm vor und siedeln sich in der Harnröhre an, bei Mädchen auch in der Vagina und der Vorhofregion (Vestibulum). Diese Keime sind allgegenwärtig, lösen aber nicht immer eine Infektion aus, da sie meist mit dem Urin ausgespült werden. Ob es überhaupt zum Infekt kommt, entscheidet auch die individuelle Abwehrlage.
Eine Urinanalyse ist immer notwendig, um Keime ausfindig zu machen. Sie dient auch zur Messung roter und weisser Blutkörperchen, die Aufschluss über die Abwehrlage geben. Eine Ultraschalluntersuchung von Nieren und Blase kann notwendig sein, wenn ein Harnwegsinfekt nachgewiesen wird. Ebenso wird untersucht, ob keine organischen Abflusstörungen bestehen.
Sind Bakterien die Erreger, wird meist über wenige Tage mit Antibiotika behandelt. Dies stellt oft eine ausreichende Massnahme dar, und die Symptome klingen rasch ab. Als begleitende Therapie eignet sich meist ein warmes Fussbad einmal täglich, am besten abends. Bewährt haben sich auch warme Kamillewickel am Unterbauch.
Mit naturheilkundlichen Mitteln lassen sich Infektionen meist gut beeinflussen. Pulsatilla, Aconitum und Belladonna als homöopathische Heilmittel gegen Harnwegsinfekte werden bei Kindern gerne eingesetzt. Pflanzliche Naturheilmittel aus Goldrutenkraut, Kapuzinerkresse oder Gänsefingerkraut sind gut erhältlich und wirken antibiotisch; sie können allerdings nur bei bakteriellen Erregern eingesetzt werden, nicht z.B. bei Pilzen.
Von den beliebten Schüssler-Salzen eignet sich insbesondere das Salz Nr. 10, Natrium sulfuricum D6. Ein beginnender Harnwegsinfekt kann oftmals auch mit dem Salz Nr. 3, Ferrum phosphoricum D12, zum Abklingen gebracht werden.
Über die Urinanalyse hinaus, die in jedem Fall notwendig ist, kann zusätzlich eine Lymphdiagnostik sinnvoll sein, denn es können auch andere Entzündungsherde im Körper bestehen, die sonst übersehen werden könnten.
Zunächst einmal gilt: Der Körper des Kindes muss warm gehalten werden. Bei Säuglingen heisst das: Kopfbedeckung lieber etwas früher aufsetzen als zu spät. Kalte Füsse sind unbedingt zu vermeiden, ebenso kalte Hände. Das gleiche gilt für Bauch, Rücken und Nieren. Die aktuelle Bauch-frei-Mode ist übrigens für junge Mädchen mit Anfälligkeit für Infekte gar nicht geeignet, da die Nieren dadurch frei liegen.
Viel Flüssigkeit aufzunehmen ist am allerwichtigsten. Die Trinkmenge sollte auch bei einem akuten Harnwegsinfekt nicht reduziert werden, selbst wenn das Wasserlassen unangenehm ist, denn die Durchspülung des Harntrakts reduziert auch die Anzahl der Erreger. Viel Obst und fermentierte Milchprodukte wie Jogurt essen, ist immer gut.
Bei der Hygiene gilt insbesondere für Mädchen: von vorne nach hinten wischen, damit Darmbakterien möglichst nicht in den Harn- und Vaginalbereich gelangen. Es ist wichtig, dass der vaginale Milchsäuremantel erhalten bleibt, was auch heisst, dass keine scharfen Seifen und Duschgels im Intimbereich benutzt werden sollten. Am besten pH-neutrale Produkte verwenden.
Buben sollten frühzeitig lernen, die Eichel einmal täglich zu säubern und, sofern sie nicht beschnitten sind, die Vorhaut dabei bis zur so genannten Kranzfurche zurückzuziehen.
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Ebenso wichtig ist, bei Harndrang frühzeitig zur Toilette zu gehen und nicht abzuwarten. Kleinkindern sollte genug Zeit für die vollständige Blasenentleerung gelassen werden, da sonst Verspannungen entstehen können, die zur so genannten Restharnbildung führen können. Dabei steigen durch erhöhten Druck während des Wasserlassens so genannte Harnwirbel ?in die ?Blase auf und verbleiben dort, obwohl das Kind das Gefühl hat, sich entleert zu haben.
Das immer beliebter werdende Beckenbodentraining ist übrigens auch für Kinder von grossem Nutzen. Dort kann man Entspannung im Beckenbodenbereich erlernen, was wichtig ist, wenn es z.B. darum geht, nicht mit den Bauchmuskeln zu pressen. Stattdessen gilt es, den Entleerungsreflex gezielt wahrzunehmen und dann nicht zu warten.
Auch emotionale Anlässe bewirken Veränderungen der Spannung im Beckenbodenbereich. Gerade dann lohnt es sich, auf erlernte Entspannungsverfahren zurückgreifen zu können, denn damit wird die Wahrscheinlichkeit eines Harnwegsinfektes schon bei Kindern deutlich geringer. Tritt er dann doch einmal auf, heisst es, nicht zu vergessen, dass Kinder unter den Symptomen sehr stark leiden können. Schon der emotionale Zuspruch verschafft dann meist eine Linderung.
Übrigens: All dies gilt auch für grosse (und ganz grosse) Kinder!