In der Schwangerschaft ein Medikament schlucken? Viele Schwangere schrecken davor zurück – zu gross ist die Angst vor Nebenwirkungen. Wie gut, dass sich die meisten Schwangerschaftsbeschwerden ohnehin ganz natürlich kurieren lassen.
Die Natur bietet Alternativen zu medikamentösen Behandlungen in der Schwangerschaft. Doch welches ist das richtige Heilmittel, welche die richtige Heilpflanze?
Autorin: Petra Gutmann, 3.08
"Ich habe eine Blasenentzündung. Mein Frauenarzt empfiehlt Antibiotika. Dabei bin ich doch schwanger! Was soll ich nur tun?"
Diesen Hilferuf lancierte Marianne W. (32) kürzlich im Internet und bekam innerhalb kurzer Zeit zahlreiche Antworten. Ein Beispiel: «Ach, das macht doch nichts!», meint Sybille. «Ich hatte in der 18. Schwangerschaftswoche eine Blasenentzündung. Meinem Sohn haben die Antibiotika nicht geschadet.»
Diese Meinung teilt Chat-Kollegin Stefanie nicht: «Pass’ bloss auf!», warnt sie Marianne. »Ich würde die Antibiotika an Deiner Stelle nicht nehmen. Diese Medikamente gehen in den Blutkreislauf des Kindes und können ihm schaden. Am besten, Du legst dich hin und trinkst ganz viel, bis die Blasenentzündung von alleine verschwindet.»
Ja, was ist denn nun zu tun, wenn sich ausgerechnet in der Schwangerschaft eine Blasenentzündung anmeldet?
«Eine Blasenentzündung sollte nach Möglichkeit ohne Antibiotika kuriert werden», sagt die Naturärztin Hester Ladewig von der Paracelsus-Klinik in Lustmühle AR. «In den meisten Fällen kann man die Entzündung mit einem bewährten Naturheilmittel rasch heilen, zum Beispiel mit einer isopathischen oder homöopathischen Arznei in Form von Tabletten, Tropfen oder Vaginalzäpfchen.»
Welches Naturheilmittel das richtige ist, entscheidet der Arzt, Naturarzt oder Heilpraktiker. Darüber hinaus wird dieser auch die Verdauung der Patientin unter die Lupe nehmen. Grund: «Der Grossteil der Abwehr- und Lymphzellen befindet sich im Darm», erklärt Hester Ladewig. «Ist die Darmflora in mangelhaftem Zustand, wird die Abwehrkraft des ganzen Körpers geschwächt. Das erklärt, warum Ernährungsfehler Blasenentzündungen mitverursachen können.»
Umgekehrt gehören diätetische Massnahmen zu jeder naturheilkundlichen Blasenentzündungs-Therapie.
«Die ideale Heilnahrung ist leicht, basisch, vitalstoffreich und warm», sagt Hester Ladewig. «Eine solche Ernährung entlastet den Organismus. Dadurch wird Energie frei für die Bekämpfung der Infektion.»
Ein bewährter Helfer ist Preiselbeersaft, der nachweislich antibakteriell und blasenschützend wirkt. «Vorbeugend ge-trunken, kann Preiselbeer- oder Cranberrysaft eine Blasenentzündung verhindern», weiss Hester Ladewig. «Schützend wirken auch Probiotika in Form von mikrobiellen Präparaten.»
Daneben können Vitalstoffpräparate das Abheilen einer Blasenentzündung unterstützen, besonders (natürliches) Vitamin C, von dem Schwangere wie Nicht-Schwangere 1000 Milligramm pro Tag einnehmen dürfen.
Wichtig ist zudem das Trinken von mindestens zwei Liter Wasser und ein bis vier Tassen Blasentee pro Tag, beispielsweise auf der Basis von Brennnesselblättern, Goldrutenkraut oder einer anderen nierenaktivierenden Heilpflanze.
Auf der anderen Seite ist bei einer Blasenentzündung alles tabu, was die Abwehrkraft beeinträchtigt. «Dazu gehören Genussgifte wie raffinierter Zucker, Kaffee, Alkohol und Nikotin», erklärt Hester Ladewig. «Zu meiden sind auch tierische Eiweisse – Kuhmilch, Eier, Käse und Fleisch. Diese Nahrungsmittel übersäuern und belasten das Lymphsystem, behindern also den Heilungsprozess.»
Verglichen mit einer Blasenentzündung ist das schwangerschaftstypische Ziehen und Spannen in Brust und Rücken ein kleineres Malheur. Doch auch diese Beschwerden verdienen Beachtung und lassen sich mit naturheilkundlicher Hilfe lindern, zum Beispiel mit einem homöopathischen Heilmittel wie Bryonia, Belladonna, Conium, Arnika, Aesculus oder Hypericum. Welche Arznei für Sie die richtige ist, weiss der Homöopath oder die Homöopathin.
Spannungsreduzierend wirkt auch eine tägliche Ölmassage von Brüsten, Bauch und Rücken, wobei leicht erwärmtes Lavendel- oder Johanniskrautöl be-sonders empfehlenswert ist. Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe von Massnahmen, die dem belasteten Rücken gut tun, beispielsweise regelmässiges Schwimmen, viel Bewegung, das Tragen flacher Absätze, Gymnastik, Osteopathie und Akupunktur.
Jede zweite Frau leidet in der Schwangerschaft unter Übelkeit oder Erbrechen. Auch gegen diese Beschwerden gibt es naturheilkundliche Hilfen, wie Naturärztin Hester Ladewig verrät:
«Meiden Sie magenreizende Nahrungsmittel und Getränke, also vor allem zu-ckerreiche Softdrinks, Alkohol, Wurstwaren, fettes Fleisch, rezenten Käse und in-dustriell bearbeitete Nahrungsmittel mit Kristallzucker, viel Salz, Geschmacksverstärkern und künstlichen Zusatzstoffen.
Nehmen Sie ein Naturheilmittel, das die Neigung zu Übelkeit und Erbrechen dämpft, zum Beispiel ein Homöopathikum wie Nux Vomica. Auch Vitamin B 6 kann die Beschwerden lindern.
Trinken Sie bei Bedarf eine Tasse schwachen Ingwertee, am besten gleich nach dem Aufwachen. Ein kleines Stück (etwa einen Quadratzentimeter) frische Wurzel fein zerschneiden, mit kochendem Wasser überbrühen, fünf Minuten ziehen lassen und absieben.»
Zu den häufigsten Begleitern der Schwangerschaft zählen Verstopfung und Völlegefühl. Wer folgende einfache Massnahmen beherzigt, kann das synthetische Abführmittel mitsamt seinen Nebenwirkungen vergessen:
Ernähren Sie sich ballaststoffreich. Die unverdaulichen Fasern in Obst, Gemüse und Vollkorngetreide üben Druck auf das Darmrohr aus und garantieren so eine regelmässige Entleerung.
Bewegen Sie sich ausreichend: Jedes Mal, wenn Sie die Muskeln von Beinen, Po und Bauch aktivieren, werden auch die darunter liegenden Bauch- und Darmmuskeln massiert, was die Verdauung fördert.
Ein grosses Glas warmes Wasser, morgens auf nüchternen Magen getrunken, bringt die Darmperistaltik in Schwung. Ein zusätzlicher Teelöffel Weizenkeimöl (z.B. von A.Vogel), Leinöl oder Hanföl «schmiert» den Darm und liefert obendrein wertvolles Vitamin E für Sie und Ihr Baby.
Auch tagsüber ist häufiges Trinken wichtig – vorausgesetzt, Sie konsumieren keinen Kaffee, sondern Wasser, Kräutertee, Gemüsesaft, (wenig) Obstsaft und Suppen.
Weichen Sie einen Esslöffel Leinsamen mit ein paar getrockneten Aprikosen und Feigen über Nacht in Wasser ein. Zusammen mit einem Obst-Müesli ergibt das ein hochwertiges Anti-Verstopfungs-Frühstück. Geburtsvorsorge inklusive, weil das hochwertige Öl der Leinsamen die Dammschleimhaut geschmeidiger macht.
Eine häufige Sorge von Schwangeren dreht sich um den Eisenbedarf. Rund doppelt so viel wie sonst, also 30 Milligramm pro Tag, brauchen Schwangere von dem essenziellen Mikronährstoff, der für zahlreiche biochemische Vorgänge wichtig ist, u.a. für die Blutbildung, die Abwehrkraft und die Bildung von Hormonen und Enzymen.
In Spital und Arztpraxis wird Eisen für Schwangere grosszügig verschrieben, meist in Dosierungen von über 80 Milligramm pro Tag.
Komplementärmediziner sind da etwas vorsichtiger. Dazu Hester Ladewig: »Eisen wirkt stark oxidierend. Das heisst, es bildet im Körper freie Radikale, die wiederum Kettenreaktionen der Zerstörung an Zellmembranen und Proteine verursachen.»
In der Tat zeigen Untersuchungen, dass die Zahl der freien Radikale bzw. aggressiven Sauerstoffmoleküle im Dickdarm bereits bei zweiwöchiger Gabe von 90 Milligramm Eisen pro Tag um 40 Prozent steigt. Die Oxidationswirkung von Eisen zeigt sich auch in Symptomen wie Übelkeit und Magen-Darmbeschwerden, wie sie bei der Einnahme hochdosierter Eisenpräparaten häufig auftreten.
Was also ist zu tun? «Wir empfehlen schwangeren Frauen natürliche Eisenpräparate wie zum Beispiel das Nahrungsergänzungsmittel Floradix (gibt es als Tonikum und Dragees in Apotheken und Drogerien) in Kombination mit Weizen- oder Gerstengrassaft», rät Naturheilkunde-Spezialistin Ladewig. «Diese Präparate sind tiefer dosiert, aber gut verträglich.» Folgende Tricks steigern die Wirkung zusätzlich:
Die Eisenaufnahme im Darm steigt um das Doppelte bis Dreifache, wenn eisenreiche Lebensmittel (z.B. rote Bete, grünes Gemüse, schwarze Melasse, Kürbiskerne, Fleisch, Linsen) gleichzeitig mit Vitamin C eingenommen werden.
Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte enthalten Phytinsäure, welche die Eisenresorption hemmt. Weichen Sie deshalb Hülsenfrüchte und (Vollwert-) Getreide vor dem Kochen 1 bis 3 Stunden lang ein. Dabei bilden sich Phytasen, das heisst phytinsäureabbauende Enzyme, wodurch sich die Eisenaufnahme im Darm wieder erhöht.
Rotwein, Kaffee oder Tee zum Essen reduzieren die Eisenaufnahme im Darm. «Schuld» daran sind die in diesen Getränken enthaltenen Polyphenole.
Viele schwangerschaftstypische Beschwerden lassen sich vermeiden, wenn die Schwangerschaft gut vorbereitet wird. Doch wie sieht eine solche Vorbereitung aus?
«Am wichtigsten ist eine gesunde Ernährung», sagt Hester Ladewig. «Sinnvoll ist auch, wenn eine Frau, die schwanger werden möchte, vorgängig das Darm-milieu überprüfen lässt, zum Beispiel mit Hilfe einer Blutuntersuchung und einer Stuhlprobe. Bei Bedarf kann dann der Darm saniert und mit Naturheilmitteln, Vitalstoffen, Aminosäuren oder Enzymen aufgebaut werden. Damit ist der Grundstein für eine Schwangerschaft mit minimalen Beschwerden gelegt.»