Ob rot oder weiss, lieblich, halbtrocken oder trocken – die Auswahl ist ebenso riesig wie die Anzahl der Geschmäcker. Neben schmackhaften Tropfen aus konventioneller Produktion erfreuen sich seit einigen Jahren auch solche aus biologischem Anbau einer stetig wachsenden Nachfrage. Aber was macht beim Biowein eigentlich den Unterschied aus? Und ist Bio wirklich besser?
Um darauf eine Antwort zu finden, sollte man sich anschauen, was den biologisch zertifizierten Weinbau so besonders macht. Im Gegensatz zum konventionellen Weinbau verzichten Biowinzer sowohl auf Kunstdünger als auch auf chemisch-synthetische Pestizide und Herbizide. Stattdessen werden die Rebzeilen mit Pflanzen begrünt und das Rebenwachstum mit Hilfe von Kompost und Gesteinsmehlen gefördert – Natur pur, sozusagen. So bleibt die Fruchtbarkeit des Bodens erhalten und wird sogar gesteigert.
Autor: Axel Ringewaldt
Synthetische Pflanzenschutzmittel sind tabu. Mit Ausnahme von Kupfer, welches seit mehr als 100 Jahren im Rebbau gespritzt wird. Ein völliger Verzicht auch darauf wäre allerdings derzeit betriebswirtschaftlicher „Selbstmord“. Dennoch: Auch daran wird seitens der Forschung gearbeitet, robustere Rebsorten sowie wirksamere Pflanzenextrakte werden Kupfer zukünftig überflüssig machen.
In erster Linie erfolgt die Schädlingsbekämpfung jedoch mittels besonderer Hege und Pflege durch den Winzer. Beigaben wie Brennnessel-Brühe schützen die Rebe bedingt, ebenso aber sogenannte „Nützlinge“ wie Bienen und andere Insekten. Allerdings ist die Rebe anfälliger für den Falschen und Echten Mehltau sowie Schimmelpilze wie Botrytis cinerea. Eine leichte Infektion ist für die Rebe per se nichts Schlechtes, im Gegenteil – sie fördert sogar die Bildung von gesundheitsfördernden Pflanzenstoffen, beispielsweise von Resveratrol. Der Nutzen dieses zur Gruppe der Stilbene gehörende Phytoalexin für den Menschen ist zwar umstritten. Die Rebe „erfreut“ sich aber dank Resveratrol gestärkter natürlicher Abwehrkräfte.
„Erwiesenermassen ist der Anteil ernährungsphysiologisch wichtiger Stoffe wie phenolischer Säuren in biologisch angebauten Lebensmitteln messbar höher als in denen aus konventionellem Landbau“, weiss zudem Prof. Dr. Dr. Urs Niggli.
Der Direktor des Forschungsinstituts für Biologischen Landbau (FiBL) im schweizerischen Frick AG benennt aber gleich noch ein weiteres Argument: „Bioweine haben kaum Rückstände von Pestiziden und werden nicht bzw. weniger stark geschwefelt.“ Dieser Prozess, der normalerweise der Haltbarmachung dient und in der Regel ungefährlich ist, kann für Allergiker problematisch sein. „Die allergieverstärkende Wirkung entfällt also oft beim Wein aus biologischem Anbau.“
Wie steht es um das Aroma, schmecken Bioweine auch durchweg besser als ihre konventionellen Gefährten?
„Das ist Geschmackssache“ trifft es wohl am besten, es lässt sich schlicht nicht verallgemeinern. Zwar ist davon auszugehen, dass die vom Biowinzer sorgsam gehätschelten Reben auch ihren Trauben zur vollen aromatischen Erfüllung verhelfen. Jedoch wirken sich bei der Herstellung von Wein eben auch zahlreiche weitere Faktoren auf den späteren Geschmack aus: Bodenbeschaffenheit, Sonneneinstrahlung und nicht zuletzt die weitere Verarbeitung.
Denn ein Wein entsteht auch und vor allem beim Keltern und später „im Keller“. Wird bei der Herstellung nicht die gleiche Akribie und Liebe an den Tag gelegt wie zuvor, kann die beste Traube nicht überzeugen.
Zu guter Letzt sollte noch erwähnt werden, dass bereits heute auch konventionelle Winzer die Vorgaben für biologischen Weinbau einhalten. In der Schweiz, wo die weltweit strengsten Standards für Bioprodukte gelten, produzieren diese oftmals nach den Kriterien von Bio Suisse.
Bio Suisse ist das Label für biologisch produzierte Lebensmittel, zu erkennen am Logo mit der Knospe. Längst nicht alle Betriebe lassen sich jedoch zertifizieren. Der Grund: So können sie in Schlecht-Wetter-Jahren oder auch in Jahren mit verstärktem Schädlingsbefall flexibler reagieren.
Bioweine übertrumpfen ihren konventionellen Gegenpart vor allem aus einem triftigen Grund: Aufgrund des weitgehenden Verzichts auf chemische Düngemittel und Protektoren kommen sie so gut wie schadstofffrei ins Regal und aus der Flasche.
Dank nachhaltiger Bewirtschaftung des Weinbergs schwingt bei jedem Schlückchen das gute Gewissen mit. Ja, es ist das natürliche, pure Aroma der jeweiligen Traubensorte, welches den Gaumen so angenehm stimuliert.
Ob Bio oder nicht, auch für den besten Wein sollten Sie folgende Regel beherzigen: Egal, wie gut das Tröpfchen mundet – geniessen Sie es in Massen.
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