Wer Pasta liebt, Weizenmehl bzw. Hartweizengriess jedoch nicht verträgt, hat Alternativen. Nicht alle sind gesund oder wohlschmeckend. Ein Pasta-Kompass zur Orientierungshilfe.
Autorin: Claudia Rawer, 10/19
Es gibt gute Gründe, auf die Nudelsorten ohne Weizenmehl umzusteigen – z.B. für Menschen, die unter einer Zöliakie leiden (auch Sprue genannt; lebenslange Unverträglichkeit gegenüber dem Klebereiweiss Gluten schon in geringsten Spuren), und für solche, denen Gluten in grösseren Mengen nicht gut bekommt. Einigen schmeckt vielleicht die bisher angebotene glutenfreie aus Mais- oder Hirsemehl nicht, andere möchten vielleicht nur ein wenig mehr Abwechslung auf dem Teller, möchten abnehmen und trotzdem nicht auf den Nudelgenuss verzichten oder probieren einfach gerne etwas Neues aus.
Wer mit Vorliebe asiatisch isst, kennt sie schon lange. Die fast durchsichtigen, fadendünnen Glasnudeln bestehen aus Mungo- oder Sojabohnenstärke. Nudeln aus Reismehl bzw. Reisstärke gibt es von spaghettidünn bis bandnudelbreit. Beide Sorten sind glutenfrei, geschmacklich eher unspektakulär und wegen ihrer etwas glibberigen Konsistenz nicht bei allen beliebt. In asiatischen Gerichten haben sie jedoch ihren festen Platz und sind bei einer Glutenunverträglichkeit als Alternative bestens geeignet.
Etwas dickere, wohlschmeckende «Faden»-Nudeln, die in Japan gerne in Würzsaucen getunkt oder in Suppen serviert werden, heissen «Soba». Das Wort bedeutet Buchweizen – die ideale Nudel also für Menschen mit Zöliakie? Vorsicht: Ursprünglich wurden Soba zwar aus reinem Buchweizenmehl hergestellt, heute jedoch haben sie fast immer einen Weizenanteil von 70 Prozent.
Vieles spricht für Spaghetti und Co. aus Bohnen (auch Sojabohnen), Erbsen, Kichererbsen und Linsen. Sie bringen das insbesondere für Vegetarierinnen und Veganer so wichtige pflanzliche Eiweiss der Hülsenfrüchte mal in einer anderen Form auf den Tisch. Sie sind glutenfrei und vegan, da sie immer ohne Ei-Anteil hergestellt werden. Sie bieten gesunde, komplexe Kohlenhydratketten; ihr Kohlenhydratgehalt ist allerdings nur etwas geringer als bei den Klassikern aus Weizen. Die Hülsenfrüchte-Pasta hat einen hohen Anteil an Proteinen (20 bis etwa 40 g auf 100 g Pasta) und Ballaststoffen (10 Prozent). Daher sättigt sie gut und anhaltend.
In ihr stecken ausserdem mehr Vitamine und Mineralstoffe als in herkömmlichen Nudeln, unter anderem – je nach Sorte – die Vitamine A, B, C und E sowie die Spurenelemente Eisen, Kalzium, Magnesium und Zink.
Geschmackstest: Die Trend-Pasta aus Bohnen, Erbsen, Kichererbsen oder Linsen schmeckt oft gut, allerdings auch süsslicher als Vollkorn-Weizennudeln. Sie hat einen gewissen Eigengeschmack, der je nach verwendeter Hülsenfrucht und Hersteller unaufdringlich bis dominant sein kann. Eine kräftige bis pikante Sauce wirkt dem entgegen. Manche Produkte gefallen aber auch gar nicht: Ein muffiger, angebrannter oder künstlicher Geruch und Geschmack verderben eher den Appetit.
Den besten Biss haben Nudeln aus (gelben und braunen) Linsen sowie die aus Kichererbsen, die in der Konsistenz durchaus an herkömmliche Pasta erinnern. Einige Sorten sind aber auch deutlich weicher und wirken klebrig im Mund. Unbedingt auf die teils sehr kurzen Kochzeiten achten.
Soja- oder Edamame-Nudeln haben einen geringen Eigengeschmack und häufig eine recht gummiartige Konsistenz. Das ist gewöhnungsbedürftig und harmoniert wenig mit klassischen italienischen Pastasaucen. Trotzdem können Soja-Spaghetti durchaus eine Weizen-Alternative sein.
Nachteile: Nudeln aus Hülsenfrüchten sind teuer. Sie kosten das Fünf- bis Zehnfache der herkömmlichen Sorten aus Weizenmehl. Da es recht mühsam ist, aus der Vielfalt der Angebote eine Sorte herauszufiltern, die dem individuellen Geschmack entgegenkommt, kann schon ein Testlauf ziemlich ins Geld gehen.
Die Zeitschrift «Öko-Test» (Ausgabe 1/2019) bemängelte bei etlichen Produkten eine Belastung mit Schadstoffen. Verunreinigungen mit Mineralöl sind bei Nudeln in Papp-Packungen nicht selten; Grenzwerte dafür gibt es aber (noch) nicht. Dennoch hat Mineralöl in Lebensmitteln genau so wenig zu suchen wie bedenkliche aromatische Kohlenwasserstoffe und das möglicherweise krebserregende Glyphosat. Nur fünf von 19 Sorten wurden von «Öko-Test» als «sehr gut» bewertet.
Bei Soja-Nudeln muss man auf die Inhaltsdeklaration achten: Einige Produkte enthalten neben Sojamehl auch Hartweizengriess und Ei.
Wie Buchweizen gehört Quinoa zu den Pseudogetreiden und enthält kein Gluten. Aus dem Mehl lässt sich auch Pasta zubereiten. Diese enthält mehr Eiweiss als Weizennudeln (etwa 15 Gramm pro 100 Gramm) und komplexe Kohlenhydrate. Ausserdem bietet Quinoa essenzielle Aminosäuren wie Lysin, Tryptophan oder Cystin und etliche Mineralstoffe.
Geschmackstest: Der feine nussige Geschmack des Getreide-Ersatzes kommt auch in der Pasta zur Geltung – je nach Samensorte (schwarz, rot oder weiss) mehr oder weniger. Nudeln aus weissen Samen sind eher geschmacksneutral und vielseitig verwendbar. Die Bissfestigkeit dagegen lässt bei reiner Quinoapasta zu wünschen übrig. Daher wird von den Herstellern oft Maismehl zugemischt, das die Konsistenz verbessern soll.
Nachteile: Beim Kauf von – vergleichsweise hochpreisiger – Quinoapasta muss man aufpassen. Produkte mit Maismehl sind im Preis günstiger und ebenfalls glutenfrei, es kommen aber auch andere Zumischungen vor.
Seit Quinoa als Superfood Karriere gemacht hat, ist das frühere Grundnahrungsmittel der Bauern in Peru und Bolivien nun für sie selbst zu teuer geworden. Deshalb sollten Sie beim Kauf unbedingt auf ein «Fair-Trade»-Siegel achten. Nur so profitieren die Bauern von ihrer Arbeit mit dem Anbau von Quinoa.
Der neueste Renner bei Abnehmwilligen sind Nudeln aus reiner Stärke, die aus der Konjakwurzel gewonnen wird. Häufig findet sich die Behauptung, diese sei die altbekannte Yamswurzel. Bei näherem Hinschauen jedoch stellt sich heraus, dass das nicht zutrifft: Die Konjakwurzel ist die Knolle eines Aronstabgewächses namens Teufelszunge (Amorphophallus konjac).
Ein Hersteller hat sich den wohl aus «Konjak» abgeleiteten Namen «Kojnak» gegeben, was zusätzlich zu Verwirrung führt.
Hauptbestandteil der Wurzel ist der Ballaststoff Glucomannan, der in Verbindung mit Wasser um ein Vielfaches aufquillt und für den Menschen nicht verdaulich ist. Shirataki- oder Konjak-Nudeln sind traditionelle japanische Nudeln mit geringem physiologischem Brennwert; sie enthalten also tatsächlich kaum Kalorien und sind zudem glutenfrei. Shirataki («weisser Wasserfall») ähneln vom Aussehen Glasnudeln, sind etwas dicker und haben kaum Eigengeschmack. Laut Wikipedia riechen sie schwach nach Fisch und können gut Geschmack aufnehmen.
Der Grund für ihre Beliebtheit liegt im Stoff Glucomannan. Dieser Renner der Diät-Branche wird als «Sättigungskapseln» oder «schnelle Abnehmhilfe» verkauft. Tatsächlich kann Glucomannan zu Beginn einer Gewichtsreduktion durch das Aufquellen im Magen helfen, ein besseres Sättigungsgefühl schon vor einer Mahlzeit zu erlangen. Doch das ist nicht ohne Tücken: Die Kapseln müssen mit sehr viel Wasser geschluckt werden, sonst droht Verstopfung. Bei Schluckbeschwerden oder wenn zu wenig getrunken wird, besteht sogar Erstickungsgefahr. Langzeiterfolge sind in jedem Falle – wie bei allen Diät-«Wundermitteln» – nicht zu erwarten.
Geschmackstest: Einen eigenen Geschmackstest habe ich mir nach Beschreibungen anderer wie «schmecken nach gar nichts», «wabbelige Konsistenz», «zäh und gummiartig», «eklig und glibberig» verkniffen. Der Sättigungsfaktor wird als äusserst gering beschrieben. Zudem gefiel mir die Vorstellung nicht, stundenlang «eine Art grossen, unverdaulichen Klotz im Bauch» zu haben – gesparte Kalorien hin oder her.
Nachteile: Die angeblichen Wundernudeln («miracle noodles») sind teuer. Im Internet werden beispielsweise 270 Gramm Konjak-Nudeln für stolze acht Euro angeboten. Im Einzelhandel ist die gleiche Menge für etwa drei Euro oder etwas unter vier Franken zu erhalten.
Der ernährungsphysiologische Wert der Shirataki-/Konjak-Nudeln ist gleich Null. Da das Sättigungsgefühl nach dem Verzehr offenbar nicht lange anhält, ist fraglich, ob die angebliche Diät-Wirkung tatsächlich eintritt. Zudem sieht die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) zwar eine gewichtsreduzierende Wirkung von Glucomannan in Kapseln als belegt an, aber nur bei sowieso kalorienarmer Ernährung.
Auch diese neue Pasta-Form wird als «Low Carb»-Nudel und «Pasta zum Abnehmen» beworben. Aus Kelp hergestellt, einer Meeresalge, die hauptsächlich im kühlen nordpazifischen Meer wächst, ist sie naturgemäss kalorienarm, glutenfrei und enthält sehr wenig Kohlenhydrate. Deshalb, und wegen ihres Gehalts an den Spurenelementen Kalzium, Eisen und Jod, gilt sie als neues Superfood. Der getrocknete Seetang wird zu Pulver vermahlen und mit Wasser und Natriumalginat (einem Salz aus der Braunalge) vermischt. Mit Pasta, also Teigwaren, hat das resultierende Produkt also wenig zu tun.
Geschmackstest: In Aussehen, Konsistenz und (relativ belanglosem) Geschmack ähneln die Algen-Nudeln Glas- oder Reisnudeln sehr stark. Wie Glasnudeln werden sie auch nicht gekocht, sondern nur eingeweicht. Nicht zu verwechseln sind sie mit Hartweizennudeln, die Algenpulver enthalten.
Nachteile: Alfred Vogel hat Kelp sehr geschätzt. Keinesfalls hat er jedoch einen Verzehr in grösseren Mengen empfohlen: Kelp enthält sehr viel Jod, und getrocknete Meeresalgen können gefährlich hohe Gehalte aufweisen. Deshalb sollten Verbraucher nur zu «Pasta»-Produkten greifen, die auf der Verpackung eindeutige Angaben zu den Inhaltsstoffen, vor allem dem Jodgehalt, und zur maximalen Verzehrmenge aufführen. Als Höchstmenge werden nicht mehr als 500 Mikrogramm Jod pro Tag empfohlen. Zudem sind die Kelp-Wälder wichtige Meeresökosysteme – und in ihrem Bestand gefährdet. Der Klimawandel und die «Bewirtschaftung» durch den Menschen setzen ihnen weltweit zu. Ökologisch gesehen ist die Algen-Nudel wahrscheinlich kein Hit. Und: Wie so viele Trendprodukte sind die Kelp-Nudeln teuer.