Als Gewürz für Kohlgerichte sind die Körnchen bestens bekannt. Traditionell werden die Früchte des Doldengewächses aber auch medizinisch genutzt. Sie wirken positiv auf die Verdauung. Wissenswertes zu den Inhaltsstoffen und einige Tipps zum Selbermachen für die Hausapotheke.
Man könnte ihn für ein Allerweltsgewürz halten, doch damit unterschätzt man ihn gewaltig: Kümmel (Carum carvi) ist eines der ältesten Gewürze der Welt und gehört eigentlich in jede Hausapotheke. So wurden Archäologen in der Schweiz in den Überresten von Siedlungen (um 3000 v.Chr.) von Kümmelfunden überrascht.
Kümmel ist rund ums Thema Verdauungsförderung ausgesprochen wirksam. Nicht umsonst kürte ihn der Studienkreis «Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde» der Universität Würzburg bereits 2016 zur Arzneipflanze des Jahres. Seine Verwendung ist denkbar einfach, sein Nutzen für Babys wie Erwachsene beträchtlich.
Genutzt werden die Früchte der heimischen Wiesenpflanze, eben jene kleinen, sichelförmigen, allseits bekannten Körnchen. Die enthalten ätherisches Öl. Gewonnen wird es mittels Wasserdampfdestillation. Das Kümmelöl (Carvi aetheroleum) besteht zu gut 60 Prozent aus dem Monoterpen Carvon. Terpene sind der Hauptbestandteil ätherischer Öle – flüchtige organische Substanzen, die seit dem Altertum aus zahlreichen Pflanzen, z.B. aus Eukalyptus oder Pfefferminz, gewonnen werden. Das Carvon ist für den typischen Kümmelgeruch verantwortlich; zudem werden ihm die Hauptwirkungen der Früchte auf unsere Gesundheit zugeschrieben.
Vorsicht beim Sammeln von Echtem Kümmel: Es gibt giftige Pflanzen, die ihm ähnlich sehen, z.B. die Hundspetersilie oder der Wiesenschierling.
In einem luftdichten Gefäss trocken, dunkel und kühl gelagert, halten sich Kümmelfrüchte bis zu fünf Jahre.
Medizinisch verwendet werden sowohl die beinahe reifen, getrockneten Kümmelfrüchte als auch das aus vollreifen Früchten gewonnene ätherische Kümmelöl. Beide setzt man traditionell seit Jahrhunderten zur symptomatischen Behandlung von Verdauungsstörungen ein, also bei leichten krampfartigen Beschwerden im Magen-Darm-Bereich, bei Blähungen und Völlegefühl. Gemäss der Europäischen Kooperative für die Therapie mit Arzneipflanzen (ESCOP) wurde die Anwendung von Kümmel auch auf blähende Koliken bei Kindern und auf das Roemheld-Syndrom erweitert. (Das Roemheld-Syndrom beschreibt Beschwerden, die durch Gasansammlungen im Magen und Darm hervorgerufen werden; dabei wird das Zwerchfell nach oben gedrückt, und das kann sich anfühlen, als habe man Herzprobleme.)
Laborversuche und kleine Studien zeigen, dass Kümmelöl die glatte Muskulatur im Magen-Darm-Trakt entspannen kann, was krampflösend wirkt. (Dieser Effekt zeigt sich besonders in Kombination mit anderen Heilpflanzen, z.B. mit Minze, Fenchel und Anis.) Offenbar hemmt Kümmel auch sogenannte intestinale Gärungsprozesse, also Gärung im Dünn- und Dickdarm und zwar aufgrund seiner antimikrobiellen bzw. antibakteriellen Wirkung.
Kümmelöl wirkt selektiv auf das Wachstum bestimmter pathogener (krankheitserregender) Keime – und zwar ohne dass dadurch erwünschte Darmflora wie Laktobazillen oder Bifidobakterien beeinträchtigt werden. Vermutet wird eine stuhlgangfördernde, verstopfungshemmende Wirkung von Kümmel aufgrund besserer Verdauung von Nahrungslipiden. (Lipidesind biologische Makromoleküle. Fette, Öle, Steroide und Wachse gehören zu den Lipiden.)
Interessant ist auch die Wirkung von Kümmel nach Krankenhausaufenthalt respektive Operationen unter Vollnarkose. Eine Studie aus dem Iran berichtete über ein schnelleres Wiedereinsetzen normaler Darmtätigkeit nach einem Kaiserschnitt. Die Patientinnen hatten sechs und sieben Stunden nach der OP jeweils 4 Gramm Kümmel in einem Sirup erhalten. In einigen asiatischen Ländern werden Kümmel und Kümmelextrakte traditionell zur Behandlung von Stoffwechselstörungen eingesetzt. Eine appetithemmende Wirkung zeigte Kümmel in einer kleinen placebokontrollierten Studie mit 70 Probandinnen über 90 Tage. Das lässt auf ein gewisses therapeutisches Potenzial bei Adipositas hoffen. Spannend für die Wissenschaft ist Kümmel als pflanzlicher «Bioenhancer», also eine Art Verstärker für die Wirksamkeit bekannter Arzneimittel. Auf diesem Gebiet wird verstärkt geforscht. Man erhofft sich eine Therapieoptimierung mit einfachen Mitteln.
Kümmelfrüchte enthalten:
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Kümmeltee
1-2 TL Kümmelfrüchte in einem Mörser kurz anstossen, damit das ätherische Öl austreten kann. Mit 150 ml heissem Wasser übergiessen, abgedeckt (damit die ätherischen Öle nicht verfliegen) 10–15 Minuten ziehen lassen. Abseihen und schluckweise über den Tag verteilt trinken. Für Säuglinge sollte der Tee im Verhältnis 1:1 mit Wasser verdünnt werden.
Kümmelöl selbst herstellen
3-4 TL Kümmelfrüchte im Mörser zerstossen. In ein dunkles Schraubglas geben. 250 ml Olivenöl zufügen. Verschliessen und rund drei Wochen ziehen lassen. Danach Kümmel abseihen. Dieser Auszug lässt sich für Massagen nutzen.
Kümmel-Leibauflage
Kümmelöl auf dem Bauch einmassieren. Mit einem lauwarmen, feuchten Baumwolltuch abdecken und den Bauch mit einem trockenen Baumwolltuch umwickeln. Eine Wärmflasche darüberlegen. Etwa 30 Minuten ruhen. Eine Anwendungsstudie dazu ergab, dass Patienten mit Reizdarmsyndrom «signifikant profitieren». Die Symptome wurden um ein Drittel besser, wenn die Betroffenen die Anwendung regelmässig durchführten, so Prof. Jost Langhorst, Klinik für Integrative Medizin und Naturheilkunde, Sozialstiftung Bamberg. Die Behandlung wurde in die Leitlinie für das Reizdarmsyndrom aufgenommen.
Kümmel-Mundpflege
Traditionell wird Kümmel auch bei Mund- und Zahnfleischentzündungen eingesetzt und empfiehlt sich gegen Mundgeruch. Es gibt entsprechende Mundwässer zu kaufen. Andere Variante: mit Kümmeltee spülen bzw. Ölziehen mit verdünntem Kümmelöl (1:1 mischen mit Sesamöl).
Kümmel-Inhalation
Einige Kümmelfrüchte zerstossen, in einem grossen Topf mit heissem Wasser übergiessen und inhalieren. Kann festsitzenden Schleim in den Bronchien lösen und das Abhusten unterstützen. Vorsicht: Nicht geeignet für Babys, Kinder und Asthmatiker.
Kümmel-Kontraindikationen
Schwangere und Kinder unter 12 Jahren sollten pflanzliche Präparate aus Kümmel nicht einnehmen. Wichtig: Kümmelpräparate generell nicht über einen längeren Zeitraum einnehmen, da es vermutlich sonst zu Leber- und Nierenschäden kommen kann.
Kümmel in der Stillzeit
In der Volksheilkunde wird Kümmeltee eingesetzt, um die Milchbildung anzuregen. Von der antiblähenden Wirkung profitiert in der Regel auch das Baby. Sicherheitshalber sollte man die Verwendung von Kümmel während der Stillzeit mit der Hebamme bzw. Gynäkologin absprechen.
Babymassage mit Kümmelöl
Kümmelöl mit einem neutralen Pflanzenöl verdünnen und im Uhrzeigersinn sanft auf dem Magenbereich des Babys verreiben und einmassieren, so dass zusätzlich die im Darm enthaltene Luft bewegt wird. Vorsicht: Pures Kümmelöl kann die empfindliche Haut des Säuglings oder Kleinkindes reizen.