Der zirkadiane Rhythmus ist die Fähigkeit eines Organismus, physiologische Vorgänge auf eine Periodenlänge von etwa 24 Stunden zu synchronisieren, dazu zählt auch der Schlaf-Wach-Rhythmus.
Heidelberger Wissenschaftler fanden heraus, dass sich im menschlichen Organismus morgens zirka 400 Gene einschalten, welche die Tagesaktivitäten des Körpers steuern. Bis zum Abend werden sie nach und nach wieder abgeschaltet und dafür 800 andere Gene aktiviert, welche die Regenerationsprozesse während der Nacht steuern. Diese Gene sorgen dafür, dass der Organismus funktioniert: vom Stoffwechsel über die Hormone bis hin zu den Aktivitäten der Zellen.
Doch die innere Uhr tickt nicht bei allen gleich, wie die US-Wissenschafter Jeffrey C. Hall, Michael Rosbash und Michael W. Young herausfanden. Für die Entdeckung der molekularen Grundlagen der inneren Uhr erhielten sie 2017 den Medizin-Nobelpreis. Die Erkenntnis: Es gibt nicht nur eine Uhr im Gehirn, sondern eine Uhr in jeder Zelle unseres Körpers.
Magnesium trägt zur normalen Funktion des Nervensystems und normalen psychischen Funktion bei.
Im normalen Leben kommt dem Tageslicht eine zentrale Rolle zu: Es synchronisiert immer wieder aufs Neue die inneren Abläufe mit der äusseren Uhrzeit. Licht ist der der wichtigste Taktgeber für den Organismus. Licht tritt über die Augennetzhaut ein und fällt hinter dem Nasenrücken auf eine etwa erbsengrosse Hirnstelle mit dem komplizierten Namen suprachiasmatischer Nukleus, kurz SCN: Der SCN leitet die Lichtsignale weiter, unter anderem an die Zirbeldrüse, die das schlaffördernde Hormon Melatonin erzeugt.
Lichtreize hemmen die Melatoninproduktion, fördern dafür aber die Produktion zweier anderer Hormone: die des Glückshormons Serotonin und des als Stresshormon bekannten Cortisols. Beide wirken aktivierend, und beide werden vor allem am Morgen gebildet, wenn das Licht besonders kurzwellig und bläulich ist. Kurzwelliges, bläuliches Licht wirkt aktivierender als warmes, gelbliches Licht, das gegen Abend zu sehen ist. Dieser Tatsache wird bei der Planung moderner Beleuchtungskonzepte Rechnung getragen. Denn obwohl Kunstlicht um ein Vielfaches schwächer wirkt als natürliches Tageslicht, können taghell erleuchtete Städte die Nachtruhe und damit den natürlichen Wechsel zwischen Anspannung und Ruhe stören. Dauerbeleuchtung gilt daher offiziell als Lichtsmog und somit als eine besondere Form der Umwelt-Verschmutzung.
Ein ungestörter Nachtschlaf aber ist unter anderem deshalb so wichtig, weil im Körper dann die Regenerations- und Selbstheilungskräfte anlaufen: Das Gehirn verarbeitet die Tagesereignisse, und ausgeschüttetes Melatonin regt die Reparaturmechanismen an und fängt im Blut freie Radikale ab. Da Licht die Melatoninproduktion hemmt, ist Schlaf tagsüber weniger erholsam als in der Nacht.
Weil der Tag-Nacht-Zyklus im Gesamtgefüge des menschlichen Körper-Orchesters eine so zentrale Rolle spielt, ist er von allen menschlichen Rhythmen am besten erforscht. Dieser entscheidet über Hormon- und Enzymproduktion, über Blutdruck und Pulsfrequenz, Körpertemperatur und Organaktivitäten. Das Wissen über die genauen Zusammenhänge ist wichtig für Medizin und Pharmakologie. Denn auch die Aufnahme- und Verarbeitungsbereitschaft des Körpers für bestimmte Wirkstoffe variiert je nach Tages- und Nachtzeit. Werden Medikamente zum richtigen Zeitpunkt gegeben, wirken sie präziser und in kleineren Mengen und haben dabei weniger Nebenwirkungen.
Nach den Erkenntnissen der Chronomedizin steigt am frühen Nachmittag der Blutdruck und sinkt nachts. Deshalb wirken blutdrucksenkende Medikamente am Abend besser als morgens. Die Leber baut abends mehr Alkohol ab als morgens, weshalb ein Glas Sekt zur Dinner-Party besser vertragen wird als zum Frühstück. Blutblättchen klumpen sich besonders in den Vormittagsstunden zusammen, weshalb sich die meisten Herzinfarkte und Schlaganfälle zwischen 8 Uhr morgens und 12 Uhr mittags ereignen. Nachmittags ist laut Chronomedizinern die beste Zeit für den Zahnarzt. Denn dann ist das Schmerzempfinden am niedrigsten, weil viele körpereigene und schmerzhemmende Stoffe wie Cannabinoide, Serotonin und Endorphine ausgeschüttet werden.
Auch die Leistungskurven sind bei allen Menschen ziemlich ähnlich: Den absoluten Tiefpunkt erreicht die Kurve nachts meist zwischen 3 und 4 Uhr und tagsüber gegen 14 Uhr. Aktivität und Konzentration hingegen kennzeichnen die Stunden zwischen 10 und 12 Uhr vormittags und gegen 17 Uhr nachmittags. Über diese allgemeinen Rhythmen hinaus gibt es auch individuelle Unterschiede.
Die Chronobiologie teilt die Menschen in drei verschiedene Zeittypen ein:
Es gibt Frühaufsteher (“Lerchen”, wobei es eigentlich Hausrotschwanz heissen müsste) und Nachtmenschen (“Eulen”) und einen mittleren Typus, der sich am leichtesten verschiedenen Zeitmustern anpassen kann. Während die innere Uhr bei den Frühaufstehern ein bisschen schneller geht, geht sie bei den Nachtmenschen etwas langsamer.
Doch auch das Alter spielt eine Rolle. Denn im Alter sinkt die Produktion des schlaffördernden Melatonins, weshalb alte Menschen in der Regel Frühaufsteher sind und weniger schlafen als junge. Auch der Botenstoff Dopamin wird mit zunehmendem Alter immer spärlicher gebildet. Dieser spielt eine Rolle für das Zeitgefühl, weshalb die Zeit im Alter schneller zu vergehen scheint als in jungen Jahren.