Tulpen symbolisieren Freude, Schönheit und neue Frische. Die Frühlingsbotin par excellence steht auch für Liebe und echte Zuneigung; einst jedoch war sie Spekulationsobjekt an der Börse.
Selbst Fachleute können nicht genau sagen, wie viele Tulpenarten es gibt. Etwa 3000 verschiedene Arten sind registriert, allerdings gelangen nur an die 100 in den Verkauf. Ihre Farben reichen von Weiss, Gelb und Rosa bis hin zu flammendem Orange und Rot. «Schwarze» Tulpen weisen ein tiefdunkles Purpurviolett auf. Nur blaue Tulpen gibt es nicht, wenn auch manchmal zartviolett blühende Sorten so bezeichnet werden.
Die Tulpenblüten können gestreift oder geflammt sein, ihre Ränder sind gerade, gefranst oder gefedert. Inzwischen gibt es auch gefüllte Züchtungen.
Autorin: Katja Chmelik, 3.14
Nahe den Ausläufern des Himalayagebirges soll die erste Wildtulpe ihre Existenz gestartet haben. Mit etwa 150 Arten sind Wildtulpen von Mittel- und Zentralasien über Nordafrika und Europa verbreitet.
Tulpen werden in unterschiedliche Gruppen unterteilt, die durch ihre Blütezeit, Blütenform und Grösse bestimmt werden. Die Tulipa, so ihr botanischer Name, zählt zur Familie der Liliengewächse (Liliaceae). Je nach Art wachsen die ausdauernden, krautigen Pflanzen zu einer Höhe von zehn bis 70 Zentimetern heran.
Als Geophyten überdauern sie unter der Erde, wofür sie Zwiebeln als Überdauerungsorgane ausbilden. Diese bilden häufig Ausläufer, so genannte Stolonen. Im Sommer entsteht an den grossen Mutterzwiebeln Nachwuchs, der ausgegraben und abgetrennt wird, um vor dem ersten Bodenfrost neu gepflanzt zu werden. Dann bilden die Pflanzen im Folgejahr grössere Zwiebeln.
Aus Samen gezogene Pflanzen besitzen übrigens andere Eigenschaften als die Ausgangssorte, zum Beispiel weisen sie nicht die gleiche Blütenfarbe auf.
Es war besonders die hübsche gelbe Wildtulpe (Tulipa sylvestris), auch Wald- oder Weinbergtulpe genannt, bei deren Anblick die Kreativität der Menschen derart angeregt wurde, dass sie aus ihr innerhalb weniger Jahrhunderte einige Tausend Gartentulpen schufen. Während sich die Zuchttulpen heute in den Gärten und Parks ausbreiten, begegnet man ihrer Wildform nur noch selten in Weinbergen und Laubwäldern Süd- und Mitteleuropas. In den Alpen gedeiht sie bis in 2000 Meter Höhe hinauf. Das grösste Vorkommen von Weinbergtulpen nördlich der Alpen liegt bei Gau-Odernheim in Rheinland-Pfalz. Sonst ist sie so rar geworden, dass sie als vom Aussterben bedroht gilt.
Das türkische «tülbend» und das persische «dulband», auf die der Name Tulpe zurückgeführt werden kann, waren die ursprünglichen Bezeichnungen für die Kopfbedeckung der Osmanen. Diese Turbantücher lassen in ihrer Farb- und Formähnlichkeit an die Köpfe der Blumen denken. In der türkischen und persischen Schriftsprache heisst die Tulpe jedoch bis heute «Lalé».
Früh fielen Tulpen den Menschen im Mittleren Osten ins Auge. Vermutlich kultivierten sie aus mehreren Wildarten die Gartentulpe (Tulipa gesneriana). Im grossen osmanischen Reich wurde viel Wert auf prächtige Gartengestaltung gelegt, wozu Tulpen einen ansehnlichen Beitrag leisteten. Nachverfolgen lässt sich dies in der altpersischen Literatur bis zurück ins 9. Jahrhundert. Vom osmanischen Sultan Selim II. (1524-1574) ist überliefert, dass er 50’000 Zwiebeln für seine Gärten bestellte.
Bei den Türken wurden Tulpen durch Stickereien auf Kleidern verewigt, und die Pflanze ist türkische Nationalblume, als Sinnbild für Leben und Fruchtbarkeit.
Ogier Ghislain de Busbecq war ein belgischer Diplomat und Botschafter des österreichischen Kaisers Ferdinand I. am Hof von Süleyman I., dem Vater des Tulpenfreundes Selim II. Busbecq waren das grosse Interesse und die Sorgfalt, mit der die Tulpen betreut wurden, aufgefallen. Er sorgte 1554 in einem Brief für die erste Schilderung der von ihm als Tulipan bezeichneten Blume. Er sandte aber auch handfeste Zeugnisse in Form von Samen und Zwiebeln nach Wien.
Der Niederländer Charles de l`Ecluse, auch Carolus Clusius genannt, war einer der bedeutendsten Botaniker des 16. Jahrhunderts. Ihm gelang der Schritt von der Kräuterkunde zur beschreibenden Botanik. Sein System der Nomenklatur wurde später von Carl v. Linné weitergeführt. Clusius war einer der Adressaten von Busbecqs Lieferungen. In seiner Funktion als kaiserlicher Hofgärtner in Wien und später als Professor in Leiden zeigte er sich äusserst interessiert und züchtete Hollands erste Tulpen. Heute gilt er als niederländischer Tulpenvater, schuf er doch bereits aufwändige und ausgeklügelte Kreuzungen, machte Aussaatversuche mit diversen Arten und hielt die Resultate auch auf Aquarellen fest.
Da Clusius eine lebhafte Tauschtätigkeit unterhielt, sorgte er seinerseits dafür, dass weite Teile Europas die Blume kennenlernten. Abbildungen der Naturforscher und Botaniker Pietro Andrea Mattioli 1565 oder Konrad Gesner 1561 belegen die allmähliche Verbreitung und das Bekanntwerden in Europa. In Italien gab es die Tulipa bereits um 1549. Gesners Beschreibung, vermutlich der «Tulipa armena», nutzte Carl v. Linné 1753 als Grundlage seiner eigenen Beschreibung der «Tulipa gesneriana».
Der Artname «gesneriana», der diverse Formen zusammenfasst, wurde ihr zu Ehren des Schweizers Konrad Gesner verliehen. Der Forscher aus dem 16. Jahrhundert gilt als «Vater der deutschen Botanik» und hat als Pionier der Pflanzenkunde verschiedene Arten beschrieben und gezeichnet.
Doch neben rein wissenschaftlichen und künstlerischen Interessen gab es andere: Ein Diebstahl sorgte dafür, dass die Pflanze sich auf dem freien Markt zum Liebhaberobjekt entfalten konnte.
Prompt wurde die Tulpe zur absoluten Modeblume, im 17. Jahrhundert zur «Königin der Blumen», und stracks zum Spekulationsobjekt. Holland hatte sich zur Schaltstelle der Tulpenzucht entwickelt. Jeder mit dem nötigen Kapital zur Hand wollte Tulpen.
Die Begeisterung war nicht aufzuhalten, «Tulpenmanie» wurde zum Begriff und die Tulpen zur Währung im «goldenen Zeitalter der Niederlande». Auf dem Höhepunkt der Manie soll eine Zwiebel der Sorte «Semper Augustus» für 10’000 Gulden gehandelt worden sein, eine Summe, für die man ein Stadthaus in Amsterdam hätte kaufen können!
«Semper Augustus» war eine dunkelrot und weiss gestreifte oder geflammte Tulpe. Die ungewöhnliche Variante war einem Virus zu verdanken, das der Blume ihren Farbton entzieht und sie so gestreift macht. Da dieses Virus jedoch die Tulpenzwiebeln so schrumpfen lässt, dass sie keine Blüten mehr hervorbringen, gibt es diese Sorten heute nicht mehr.
1637 setzte ein Börsenkrach den Handelswert der Tulpen jäh wieder auf ein Normalmass. Die Spekulation mit Tulpenziwebeln hatte ihren Höhepunkt erreicht, erste Gewinner stiegen aus, um ihren Profit zu wahren, und das ganze System brach spektakulär zusammen. Die Tulpenkrise trieb nicht wenige Menschen in den Ruin; der rabiate Einsturz der Preise gilt als erster Börsencrash der Geschichte.
So wurde die schöne Tulpe auch zum Symbol für schwarze Börsentage. Noch heute nennen Börsianer einen raschen Anstieg und schnellen Fall von Aktienwerten «Tulpenfieber» oder «Tulpenwahn».
Es folgten die Jahre, welche aus der einstigen Vorzeigeblume des Adels und des Grossbürgertums die allseits als Gartenpflanze und Schnittblume geliebte Tulpe machten. Ende des 19. Jahrhunderts kamen in den Niederlanden viele Züchtungen neuer Sorten auf. Noch heute geschätzte Tulpen haben in dieser Zeit ihren Ursprung. Achtzig Prozent aller weltweit verkauften Tulpen erblicken nach wie vor im Königreich der Oranjes das Licht der Welt. Den allergrössten Teil machen die «Tulipa gesneriana» aus, daneben die Seerosen-Tulpe (Tulipa kaufmanniana), die Greig-Tulpe (T. greigii) und die Wild- oder Kaisertulpen (T. fosteriana).
Der Niederländer einstiges Spekulationsobjekt ist ihre favorisierte Blume geblieben und ihr Land gilt weiterhin unwiderruflich als Tulpennation. 1945 schickten die Holländer eine Million Tulpenzwiebeln nach England, als Dank für ihre Befreiung. Tulpen streichelten stets die Seele, kamen allerdings in der Heilkunde nie zum Tragen. Vor dem enthaltenen Tulpanin ist obendrein zu warnen: Dieses befindet sich überwiegend im Spross und in der Zwiebel, die man tunlichst nicht mit Küchenzwiebeln verwechseln sollte, sonst drohen Beschwerden wie Erbrechen und Bauchkrämpfe. Sollte die Vergiftung sehr stark sein, könnte gar ein Atemstillstand folgen. Dies ist vor allem eine Gefahr für Pferde, Hunde, Katzen und Nagetiere.
Selbst beim gut informierten Menschen kann das Gift ekzemartige Reizungen der Haut hervorrufen, eine Tulpendermatitis oder -krätze. Handschuhe zu tragen ist bei sehr engem, ständigem Kontakt daher empfehlenswert.
Zur Massenware geworden, ist es heute fast allen möglich, sich diese Blumenfreude mit ihren unendlichen Formvariationen zu gönnen. Schon in Persien kam das Geschenk einer wild wachsenden Tulpe einer floristischen Liebeserklärung gleich. Noch heute gilt die Farbe der Blumen als Ausdruck der Gefühle des Schenkenden: Je dunkler die Tulpenfarbe ausfällt, desto intensiver ist das Gefühl.
Rot ist und bleibt natürlich die Farbe der Liebe schlechthin. Gelb steht für Sonnenschein, rosa für zarte Gefühle und orange für Faszination. Lassen wir doch wieder mehr Blumen sprechen in ihrer Schönheit und Harmonie!
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