In Teil 2 unserer Serie über Giftpflanzen, stellen wir Ihnen einige Giftpflanzen vor, die bei uns auf Wiesen, in Wäldern und auf Fluren gefährlich werden könnten.
Giftpflanzen: Die vierteilige Serie von A.Vogel
Der Gefleckte Schierling (Conium maculatum) gehört mit dem Wasserschierling und der Hundspetersilie zu den giftigsten Doldenbütlern. Die übelriechende und tödlich giftige Pflanze liebt Wärme und stickstoffhaltigen Boden, den es um Bauernhöfe und Ställe herum gibt. Doch die Pflanze, die zwischen 80 und 200 Zentimetern gross wird, begnügt sich auch mit Schutthalden, Hecken, mit Dickicht, Zäunen und Feldern.
Der in allen Pflanzenteilen des Schierlings vorhandene Wirkstoff ist das Alkaloid Coniin, für Erwachsene in einer Dosis von 0,5 bis 1 Gramm tödlich. Besonders stark sind das auf das Nervensystem wirkende Coniin und weitere giftige Alkaloide in den unreifen Früchten und Samen konzentriert. Schon bei Kontakt mit dem Pflanzensaft wird die Haut gereizt und brennt.
Eine Vergiftung äussert sich durch Brechreiz, Verlust des Sprech- und Schluckvermögens und Muskelkrämpfe bis letztlich zum Tod durch Ersticken. Vergiftungen können durch Verwechslung mit anderen Doldengewächsen, wie dem sehr ähnlichen Wiesen-Kerbel, der Petersilie oder der wilden Pastinake auftreten. Der starke Geruch nach Mäusen bzw. deren Urin und der rot gefleckte Stiel sind jedoch deutliche Unterscheidungsmerkmale. In der Antike und im Mittelalter war Schierling ein häufig verwendetes Gift, dem nicht nur «Prominente» wie Sokrates oder Britannicus zum Opfer fielen.
Der Wasserschierling (Cicuta virosa) ist eine bis 120 Zentimeter hohe Staude, die bevorzugt an Teichen, in Gräben und Sümpfen wächst. In allen Pflanzenteilen und besonders im Saft des Wurzelstocks ist das Krampfgift Cicutoxin enthalten. Die Wirkung des Giftes ist ähnlich wie beim Gefleckten Schierling: von Brennen im Mund bis Atemlähmung.
Das Schwarze Bilsenkraut (Hyoscyamus niger) ist ausserordentlich giftig, bei uns in freier Natur allerdings sehr selten. Die ganze Pflanze enthält stark wirksame Tropanalkaloide (Hyoscyamin, Atropin, Scopolamin) und in den Samen noch eine ganze Reihe anderer gefährlicher Alkaloide. Im schlimmsten Fall tritt der Tod durch Herzstillstand ein.
Auch der Weisse oder Gemeine Stechapfel (Datura stramonium) ist eher selten zu finden, manchmal in oder am Rand von Gemüse- und Kornfeldern. Die Blätter und Stängel riechen unangenehm; nur die sich nachts öffnenden Blüten verströmen einen süsslichen Parfümgeruch, um die bestäubenden Nachtfalter anzulocken. Aus den weissen trompetenförmigen Blüten entstehen stachelige Fruchtkapseln mit zahlreichen schwarzen Samen. Alle Pflanzenteile des Stechapfels enthalten die für Nachtschattengewächse typischen giftigen Tropanalkaloide. Jeder Versuch, die Pflanze als Rauschdroge zu nutzen, ist unsäglich gefährlich.
Die vor etwa 100 Jahren aus dem Kaukasus eingewanderte Pflanze, auch Herkulesstaude genannt, hat sich rasant und massenhaft ausgebreitet. Seit einigen Jahren wird Heracleum mantegazzianum vielerorts von den Behörden und Naturschutzverbänden bekämpft, was schwierig und aufwändig ist. Der Doldenblütler wird in wenigen Wochen bis mehr als drei Meter hoch, die Laubblätter erreichen eine Länge von einem Meter und mehr.
Das Gefährliche an ihm sind die im Pflanzensaft vorhandenen Fucomarine, die in Verbindung mit Sonnenlicht phototoxisch wirken; die Symptome gleichen schweren Verbrennungen mit starker Rötung und Blasenbildung und müssen ärztlich behandelt werden. Schon Berührungen bei Tageslicht können bei empfindlichen Menschen zu schmerzhaften Quaddeln und Blasen führen.
Man muss auch daran denken, dass bei Hautkontakt bei bedecktem Wetter selbst nach drei Tagen noch Symptome auftreten können, wenn die entsprechenden Partien der Sonne ausgesetzt werden. Besonders gefährdet sind Kinder, denn die hohlen Pflanzenstängel und die Riesenblätter verlocken zum Spielen und Verstecken.
Die Gattung Nachtschatten (Solanum) gehört zur grossen Familie der Nachtschattengewächse. Heimisch bei uns und fast weltweit ist der eher unscheinbare Schwarze Nachtschatten (Solanum nigrum). Die einjährige krautige Pflanze, die bis zu 60 Zentimetern hoch wird, wächst als Gartenunkraut, auf Schutthalden, am Rand von Äckern, Wegen und Gewässern. Seine weissen Blüten ähneln denen der Kartoffelpflanze. Die von September bis Oktober erscheinenden, kirschförmigen Früchte sind unreif grün und später tiefschwarz. Blätter und die grünen Früchten enthalten stark giftige Steroid-Alkaloide, vor allem Solanin und Tomatin.
Die Giftigkeit schwankt jedoch je nach Pflanzensippe, Klima und Boden, sodass früher mancherorts die Blätter zu Gemüse gekocht und die reifen (nicht sehr schmackhaften) Früchte gegessen oder zu Konfitüre verarbeitet wurden. Bei Kleinkindern kann auch der eigentlich geringe Solaningehalt reifer Früchte ausreichen, um Vergiftungserscheinungen hervorzurufen. Allgemein äussern sich die Vergiftungssymptome in Erbrechen, Durchfall, Atembeschwerden, erhöhter Herzfrequenz bis hin zu (bei hoher Dosis) Krämpfen und Lähmungen.
Der Bittersüsse Nachtschatten (Solanum dulcamara), in fast ganz Europa heimisch, ist ein mehrjähriger, kletternder Halbstrauch mit violetten Blüten und auffälligem gelbem Staubblatt. Im Spätsommer kann man Blüten, unreife grüne und reife, leuchtend rote Beeren gleichzeitig erkennen. Die ganze Pflanze ist giftig, doch die grünen Beeren sind am giftigsten. Gegessen lösen sie Brennen und Kratzen im Mund- und Rachenbereich aus; die Schleimhäute scheinen heiss und trocken. Im Übrigen sind die Vergiftungssymptome ähnlich wie beim Schwarzen Nachtschatten. Er ist keiner der giftigsten Vertreter seiner Familie, aber Kinder haben durch das Naschen an den lecker aussehenden Beeren schon ernsthafte Vergiftungen erlitten.
In Auwäldern, Wildhecken, Parks und Gärten fällt der Gewöhnliche Spindelstrauch (Euonymus europaeus), auch Pfaffenhütchen genannt, durch seine rosa-karminroten Früchte, die orangefarbenen Samenhüllen und die dekorative Herbstfärbung der Blätter in Gelb, Rot und Bronze auf. Alle Pflanzenteile, besonders die weissen Samen, sind giftig durch Steroidglykoside. Werden Samen geschluckt, kommt es zu Übelkeit, Bauchschmerzen, Krämpfen, Durchfall und Erbrechen. Vergiftungen treten vor allem bei Kindern auf, die sich von den bonbon-bunten Früchten verführen lassen. Vergiftungs-symptome können noch 18 Stunden nach dem Verzehr der giftigen Pflanzenteile auftreten.
Viele Wolfsmilchgewächse enthalten hautreizenden Milchsaft. Stark giftig sind die Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias) und die Sumpf–Wolfsmilch (Euphorbia palustris). Erstere ist häufig anzutreffen und in ganz Europa bis ins Gebirge über 2000 Meter verbreitet. Die Sumpf-Wolfsmilch, die anderthalb Meter hoch werden kann, gedeiht auf allen ausreichend feuchten Böden. Beide Arten enthalten in den Samen und im Pflanzensaft giftiges Euphorbon und Diterpenester mit starker lokaler Reiz- und Ätzwirkung auf Haut und Schleimhaut. Tropft Milchsaft auf die Haut, bilden sich schmerzhafte Blasen und Entzündungen. Der klebrige Saft sollte auf keinen Fall mit den Augen in Kontakt kommen: Es drohen Bindehaut- und Hornhautentzündungen, die unter Umständen bis zur Erblindung führen können.
Übrigens: Der Milchsaft der Zimmerpflanze Christusdorn (Euphorbia milii) ist ebenfalls giftig.
Die Wiesenpflanze Scharfer Hahnenfuss (Ranunculus acris) ist überall in ganz Europa heimisch – mit Ausnahme von Portugal und der Türkei. In der Schweiz und einigen deutschen Regionen heisst die Pflanze auch Butterblume. Die goldgelbe Blume klettert bis in Höhen von etwa 2500 Meter. Zwischen Mai und Juli sind viele Wiesen und Weiden vom Scharfen Hahnenfuss gelb gefärbt. Weidevieh macht wegen des beissenden Geschmacks (und des Giftes) einen Bogen um die Butterblume. Beim Trocknen bauen sich die Giftstoffe ab, sodass die Pflanzen im Heu unschädlich sind.
Der kleinere, sehr ähnlich aussehende Knollige Hahnenfuss (Ranunculus bulbosus) steigt ebenfalls hoch ins Gebirge hinauf. Erst oberhalb der Baumgrenze lebt der Gletscher-Hahnenfuss (Ranunculus glacialis) und hält mit 4270 Meter am Finsteraarhorn im Berner Oberland einen alpinen Blütenpflanzen-Höhenrekord. Seine weissen Blüten werden im Verlauf der Blütezeit rosa bis dunkelviolett.
Die genannten Arten sind alle giftig. Der stark haut- und schleimhautreizende, scharfe Giftstoff Protoanemonin verursacht nach dem Verzehr von Pflanzenteilen Brennen in Mund und Hals, kolikartige Bauchschmerzen, Durchfall und Krämpfe. Bei äusserlichem Kontakt mit dem Saft der frischen Pflanzen kommt es zu Rötungen und Juckreiz, und es entstehen Bläschen. Hahnenfusspollen können sofort (innerhalb von Minuten) Allergien auslösen.
Auch die hübsche Trollblume (Trollius europaeus), gehört zur Familie der Hahnenfussgewächse (Ranunculaceae), doch im Gegensatz zu den genannten Hahnenfussarten ist sie nur schwach giftig. Die geschützte Pflanze mit den kugeligen Blüten mag Feuchtwiesen, Teich- und Bachränder und ist vor allem im Gebirge bis auf Höhenlagen von 3000 Meter anzutreffen.