Die Sonne schenkt pure Freude und Lebensenergie, und wir brauchen sie zur Bildung von Vitamin D, sagen die einen. Das Sonnenlicht birgt Gefahren – UV-Strahlung verursacht Hautkrebs, warnen die anderen. Was ist höher zu gewichten: Die Abwehr potenziell schädlicher UV-Strahlen oder die Vitamin-D-Synthese mittels Sonnenbädern?
Autorinnen: Claudia Rawer, Andrea Pauli
Sommer, Sonne, Ferienzeit – jetzt tun wir mal so richtig was für unsere Vitamin-D-Speicher und räkeln uns nach Herzenslust am Strand oder am Bergsee. Aber war da nicht was? «Achtung, Hautkrebsgefahr», hören wir den Dermatologen mahnen, «eincremen nicht vergessen». Welchem Gesundheitsaspekt soll man denn nun den Vorzug geben?
Definitiv gilt: Vitamin D ist unerlässlich für unsere Gesundheit. Es regelt u.a. den Kalzium- und Phosphatstoffwechsel und spielt eine wichtige Rolle in der Knochen- und Zellbildung. Für eine ausreichende Vitamin-D-Synthese genügt es nach derzeitigen Erkenntnissen, Gesicht, Hände und Arme unbedeckt und ohne Sonnenschutz zwei- bis dreimal pro Woche der Hälfte der minimalen sonnenbrandwirksamen UV-Dosis (0,5 MED) auszusetzen*, also der Hälfte der Zeit, in der man sonst ungeschützt einen Sonnenbrand bekommen würde, sagen Experten. Die liegt je nach Hauttyp zwischen fünf und 40 Minuten.
* Durchschnittswert/Alter und Gesundheitszustand beachten!
Auch in einer Zeit, in der die meisten als «lichtscheue Büropflanze» arbeiten (müssen), halten sich sogenannte Freiluftarbeiter immer noch fast den ganzen Tag im Freien und somit auch in der Sonne auf, z.B. Bauern, Gärtner, Bau- und Strassenarbeiter, Dachdecker, Förster oder Personal auf Schiffen und Bohrplattformen.
Oft wird behauptet, diese seien auch besonders hautkrebsgefährdet. Doch sagt die Suva, die grösste Trägerin der obligatorischen Unfallversicherung in der Schweiz: «Zahlreiche epidemiologische Studien weisen in der Mehrzahl nicht daraufhin, dass eine chronische berufliche UV-Belastung mit einem erhöhten Risiko für maligne Melanome verbunden ist.» Und: «Neue Auswertungen aus den Krebsregistern Rheinland- Pfalz und Bayern bestätigten die früheren Erkenntnisse, dass Outdoorworker kein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von malignen Melanomen der Haut im Allgemeinen aufweisen.»
Auch dem Ozonloch kann man nicht die Schuld in die Schuhe schieben: Zwar spielt es für die viel höhere Hautkrebsrate in Australien sicherlich eine Rolle, für den Anstieg in Mitteleuropa ist es jedoch nicht verantwortlich. Dazu der Klimaforscher Mojib Latif vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg: «Der Ozonverlust ist in unseren Breiten noch nicht gesundheitsbedrohlich.»
Nun muss man sich allerdings klar machen, dass jegliche Sonnenexposition Risiken birgt. Auf molekularer Ebene ist bewiesen, dass das ultraviolette (UV) Licht der Sonne die zelluläre DNA der Haut schädigt und genetische Mutationen hervorruft, die zu Hautkrebs führen können. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die UV-Strahlung der Sonne als nachgewiesenes Karzinogen für den Menschen identifiziert, wobei Studien sie mit etwa 90 Prozent der Nicht-Melanom-Hautkrebsarten und etwa 86 Prozent der Melanome sowie mit vorzeitiger Hautalterung in Verbindung bringen. Darüber hinaus schädigt UV-Strahlung die Augen. Die Schädigung der Pigmentzellen (Melanozyten) der Haut entwickelt sich sogar Stunden nach dem Ende der Sonnenexposition weiter.
Latif und andere sehen jedoch einen Zusammenhang mit anderen Faktoren. Ab den 1960er-Jahren waren Reisen in den Süden «in». Die eher hellhäutigen Bewohner der nördlicheren europäischen Länder setzten sich dort sonnenhungrig einer ungewohnt intensiven Strahlung aus – und nahmen sich kein gutes Beispiel an den Südländern, die am Mittag zur Siesta in ihren Häusern verschwanden. So wurde mit zahlreichen Sonnenbränden der Grundstein für einen Jahrzehnte später auftretenden Krebs gelegt.
Es gilt auch heute noch: In knappen zwei Wochen Ferien vom weisshäutigen Bürohengst zum gebräunten Sportlertyp zu mutieren, ist ganz sicher nicht gesund. So sagt denn auch der Hautexperte: «Wir vermuten als Ursache für die zunehmenden Melanomfälle eine Kombination von Faktoren: Sorglosigkeit beim Sonnenschutz für Kinder, Extrembräunen in den Ferien im Süden und vor allem die Nutzung von Solarien.»
«Sonnenstudios» sind heute allgegenwärtig. Das Bräunen unter künstlicher Sonne birgt jedoch schwerwiegende Risiken. So stellte ein französisches Forscherteam erst vor kurzem fest, dass das Risiko für Hautkrebs durch das künstliche Bräunen um 20 Prozent steigt – und zwar für jeden, der jemals ein Solarium benutzt hat. Wer schon vor dem 35. Lebensjahr damit beginnt, verdoppelt sein Risiko.
Das Argument, die krebserregende UV-B-Strahlung sei bei den Bräunungsliegen ja herausgefiltert, zählt nicht: Entgegen früheren Annahmen ist das gesamte Spektrum der UV-Strahlung potenziell krebsfördernd. Bei fehlendem UV-B-Anteil wird jedoch weder Vitamin D gebildet noch der Eigenschutz der Haut gegen die UV-Strahlung aktiviert, so dass die Sonnenstudios auch dafür untauglich sind.
Was die hohen Hautkrebsraten betrifft: Fast ein Zehntel der Schweizer Bevölkerung, vor allem Jüngere, legt sich regelmässig auf die Sonnenbank. Knapp jede zweite Schweizerin, mehr als jeder vierte Schweizer und jeder fünfte Deutsche haben mindestens schon einmal ein Solarium besucht. Solariumsbesuche erhöhen übrigens nicht nur das Risiko für schwarzen, sondern auch für weissen Hautkrebs. Die Weltgesundheitsorganisation WHO stuft Solarien seit 2009 als krebserregend ein.
Sonnenschutzmittel mit hohem Lichtschutzfaktor (LSF) filtern den grössten Teil der UVB-Strahlung der Sonne heraus. (UV-B-Schäden sind die Hauptursache für Sonnenbrand und können zu Hautkrebs führen.)
Studien zeigten, dass Menschen, die täglich Sonnencreme verwendeten, ihren Vitamin-D-Spiegel halten konnten. Denn ein Teil der UV-Strahlen der Sonne erreicht die Haut so oder so: Sonnenschutz mit Lichtschutzfaktor 15 filtert 93 Prozent der UV-B-Strahlen heraus, Lichtschutzfaktor 30 hält 97 Prozent fern und Lichtschutzfaktor 50 filtert 98 Prozent heraus. Dadurch bleiben 2 bis 7 Prozent des UV-B der Sonne auf der Haut, selbst bei Sonnenschutzmitteln mit hohem Lichtschutzfaktor.
Die Grundregel lautet:
Bei dieser weitaus häufigsten Art des Hautkrebses unterscheidet man zwei Formen, den Basalzellkrebs (Basaliom) und den Stachelzellkrebs (Spinaliom).
Das Basaliom bildet praktisch nie, das Spinaliom nur selten Metastasen. Der Basalzellkrebs entsteht meist im mittleren bis höheren Lebensalter. Hauptursache ist jahrelange, übermässige, zu Sonnenbränden führende Sonnenbestrahlung; besonders gefährdet (und betroffen) sind Menschen mit sonnenempfindlicher, heller Haut und blonden oder roten Haaren. Männer und Frauen erkranken etwa gleich häufig. In Europa gibt es ungefähr 20 bis 50 Fälle pro 100 000 Einwohner. Anfangs bilden Basaliome oft ein hautfarbenes, derbes Knötchen oder eine graubräunliche Gewebsverdichtung. Am häufigsten entwickeln sich diese Veränderungen auf den «Sonnenterrassen» der Haut, Körperstellen, die besonders intensiv der UV-Strahlung ausgesetzt sind: Nase, Ohren, Wangen, Unterlippen, Nacken und Hände.
Gefährlich am Basaliom ist sein zwar sehr langsames, aber ungebremstes Wachstum. Es zerstört zunächst lokal die Haut und kann in die Tiefe wachsen, in seltenen Fällen sich sogar durch Knochen oder Blutgefässe «fressen». Wird der Basalzellkrebs jedoch im Frühstadium entfernt, ist die operative Behandlung einfach und die Heilungschancen sind ausgezeichnet. Allerdings müssen auch nach abgeschlossener Behandlung regelmässige Nachkontrollen durchgeführt werden. Durch langjährige intensive Einwirkung von UV-Strahlung kann eine chronische Schädigung der verhornten Oberhaut entstehen, eine sogenannte aktinische Keratose. Das sind schuppige oder krustige, erhabene Stellen auf der Haut, die sich wie Sandpapier anfühlen. Sie treten an Körperstellen auf, die häufig der Sonne ausgesetzt sind, wie Nase, Ohren, Stirn, Schläfen, Unterlippe, Nacken, Handrücken sowie gegebenenfalls einer Glatze.
Diese Hautschädigung schreitet nur langsam fort, kann aber, wenn sie unbehandelt bleibt, in eine Form des weissen Hautkrebses übergehen, den relativ seltenen, aber nicht ungefährlichen Stachelzellkrebs (Spinaliom). Dies betrifft ungefähr einen von zehn Keratose-Patienten. Am häufigsten erkranken Menschen um das 70. Lebensjahr. Ist aus der Vorstufe der Keratose bereits ein Tumor entstanden, muss dieser operativ entfernt werden. Da ein Spinaliom Metastasen bilden kann, können eine vorbeugende Operation der angrenzenden Lymphknoten sowie weitere Therapiemassnahmen, z.B. Bestrahlungen, notwendig sein. Unterbleibt eine Behandlung, kann das Spinaliom tödlich enden. So weit sollte man es nicht kommen lassen: Die aktinische Keratose lässt sich sehr gut behandeln, zum Beispiel mit speziell hierfür entwickelten Salben.
Wie der Name malignes Melanom andeutet (maligne = bösartig) ist dies die gefährlichste Hautkrebsvariante. Die Entstehung von Basal- und Stachelzellkrebs hängt hauptsächlich von einer über Jahrzehnte aufgenommenen UV-Gesamtmenge ab. Beim schwarzen Hautkrebs scheinen jedoch eher kurze, intensive UV-Belastungen die Ursache zu sein.
Melanome neigen dazu, früh Metastasen über Blut- und Lymphbahnen zu streuen. Werden die Tumore zu spät entdeckt und sind schon Tochtergeschwülste vorhanden, stehen die Heilungschancen schlecht; bleiben sie gar unbehandelt, führt dieser Krebs in jedem Falle zum Tode.
Maligne Melanome können auf den ersten Blick harmlosen Pigmentmalen ähneln. Ein solcher «Leberfleck» kann sich bösartig verändern und zu einem Melanom werden. Mehr als die Hälfte der Tumoren entsteht jedoch auf zuvor nicht auffallend veränderter Haut. Melanome treten fast immer an normalerweise bekleideten Körperstellen auf. Besonders häufig erkranken Menschen im Alter zwischen 40 und 50 Jahren, zunehmend aber auch jüngere.
Bei Verdacht auf schwarzen Hautkrebs werden auffällige Pigmentmale vom Hautarzt in Gänze entfernt und unter dem Mikroskop untersucht. Bestätigt sich der Verdacht, richtet sich die Behandlung danach, wie dick der Tumor ist, ob er noch gänzlich ausgeschnitten werden kann und ob Metastasen vorhanden sind oder nicht.
Nur eine frühzeitige und vollständige Entfernung eines Melanoms kann zu einem hundertprozentigen Erfolg führen; in späteren Stadien sinken die Chancen auf eine Heilung deutlich. Besteht daher der Verdacht auf schwarzen Hautkrebs, sollte man sofort handeln. Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen sind bei gefährdeten Menschen besonders wichtig.
Für das maligne Melanom gibt es eine Reihe von Risikofaktoren. Ein wichtiger ist der Hauttyp: Menschen mit heller Haut, blonden oder roten Haaren und heller Augenfarbe sind stärker gefährdet. Rothaarige sind gegenüber UV-Strahlung besonders empfindlich und erkranken statistisch gesehen fast fünfmal häufiger an einem malignen Melanom als Schwarzhaarige. Dunklere Hauttypen haben durch die stärkere Pigmentierung einen gewissen Schutz vor der UV- Strahlung der Sonne, weswegen die Krankheit bei Asiaten und Afrikanern deutlich seltener vorkommt.
Laut Studien erkranken auch Menschen mit vielen angeborenen Muttermalen eher an einem malignen Melanom; besonders grössere (ab etwa 1,5 Zentimeter Durchmesser) oder asymmetrische Pigmentflecke besitzen ein erhöhtes Entartungsrisiko.
Ein ganz klarer Risikofaktor für schwarzen Hautkrebs ist aber auch die UV-Strahlung – die der Sonne und insbesondere die von Solarien. Sonnenbrände in der Kindheit und Jugend erhöhen das Risiko um das Zwei- bis Dreifache. Die Deutsche Krebshilfe und andere Patientenorganisationen raten konsequent davon ab, Sonnenstudios zu besuchen.
Zuletzt aktualisiert: 17-07-2023