Prall mit Saft, wohlschmeckend, positiv bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bestimmten Krebsarten, «schönmachende Liebesfrucht», Namensgeber des scharlachroten Halbedelsteins Granat wie auch der explodierenden Granate: der Granatapfel.
«Aussen eins, innen tausend und eins – was ist das?», fragt ein altes türkisches Rätsel. Die Antwort: der Granatapfel.
Was der Trojaner Paris der Göttin Aphrodite überreichte (womit er indirekt den trojanischen Krieg auslöste), war nicht etwa ein schlichter Apfel, wie wir ihn kennen, sondern eben diese symbolträchtige Frucht. In vielen Kulturen galt der Granatapfel (Punica granatum) wegen seiner zahlreichen Kerne als Sinnbild für Fruchtbarkeit und Kinderreichtum, im Hohelied Salomos wird das Wort Granatapfel immer wieder eingesetzt, um die Schönheit einer Frau zu untermalen, und heute gilt er als «Anti-Aging-Frucht», weshalb Hollywoodstars auf seinen Saft als Pausengetränk schwören.
Autorin: Dr. Claudia Rawer
Ob man vom Genuss von Granatapfelsaft schöner wird oder jünger bleibt, sei dahingestellt. Seine Leistungen auf medizinischem Gebiet sind aber durchaus beeindruckend.
Granatapfelsaft reduziert offenbar die Oxidation des LDL-Cholesterins und beugt damit Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor. Oxidiertes LDL-Cholesterin gilt als besonders starker Risikofaktor, da es sich an den Gefässwänden ablagert und die arteriosklerotischen Plaques bildet.
In einer über ein Jahr hinweg durchgeführten wissenschaftlichen Studie mit Versuchspersonen, die an einer Verengung der Halsschlagader litten, nahm in der Kontrollgruppe diese Verengung im Schnitt um neun Prozent zu. Bei der Versuchsgruppe, die täglich 10 Milliliter konzentrierten Granatapfelsaft trank, verringerten sich dagegen die verengenden Gefässablagerungen – und zwar im Durchschnitt um 30 Prozent. Auch gelang es, zu hohen Blutdruck der Patienten um 21 Prozent zu senken.
In einer kontrollierten Doppelblind-Studie an 45 Teilnehmern mit Koronarer Herzkrankheit konnte bereits nach drei Monaten eine um 17 Prozent verbesserte Durchblutung des Herzmuskels festgestellt werden. Die Zahl der Angina-Pectoris-Anfälle sank um 50 Prozent.
Eine japanische Untersuchung aus dem Jahr 2004 zeigte, dass ein Granatapfel pro Tag Frauen in der Menopause eine spürbare Linderung ihrer Beschwerden (z.B. Stimmungsschwankungen oder Knochenabbau) bringt.
Die Frucht enthält schwache pflanzliche Östrogene, auf die diese Verbesserung zurückgeführt wird; ein Teil dieser Hormone bindet sich aber auch an die Östrogenrezeptoren und hat damit eine antiöstrogene Wirkung zur Folge. Damit wird erklärt, dass der Granatapfel in pharmakologischen Studien Wirksamkeit gegen Brustkrebszellen zeigte.
Schon seit einigen Jahren wird über die vorbeugende Wirkung von Granatapfelsaft gegen Prostatakrebs geforscht. In einer kleineren neuen Studie (2006) zeigte sich ein verblüffendes Ergebnis bei Männern, die bereits mit Prostata-Krebs in Behandlung waren. Alle Patienten hatten trotz vorheriger Operation oder Bestrahlung wieder steigende PSA-Werte, was ein Fortschreiten der Krankheit bedeutet. Das Prostata-spezifische Antigen PSA gilt als der wichtigste Verlaufsindikator bei Prostatakrebs. Je langsamer der PSA-Wert steigt, desto besser die Prognose und Lebenserwartung.
Die durchschnittliche Verdoppelungszeit des PSA-Wertes bei diesen Patienten lag bei etwa 15 Monaten. Nachdem sie über einen längeren Zeitraum täglich einen Viertelliter Granatapfelsaft zu sich genommen hatten, verlängerte sich diese Spanne auf 54 Monate (Quelle: «Clinical Cancer Research»). Dies sei zwar keine Heilung, betonte der Studienleiter Allan Pantuck von der University of California in der Presse, der Saft habe aber offenbar einen positiven Einfluss auf das Tumorwachstum.
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Der Granatapfel ist reich an Kalium, Vitamin C, Kalzium und Eisen. Ein besonders interessanter Inhaltsstoff ist die Ellagsäure, die zu den antioxidativ, antiviral, antimikrobiell und antikarzinogen wirkenden Polyphenolen gehört und eine besonders hohe Schutzwirkung hat. Sie findet sich nur in relativ wenigen Obstarten wie Erdbeeren, Himbeeren, Brombeeren, Heidelbeeren, Trauben und Walnüssen, und gar nicht in Gemüse. Im Granatapfel ist die Ellagsäure-Konzentration besonders hoch.
Aber: «Alle der Pflanze innewohnenden Wirk- und Begleitstoffe haben ihre Bedeutung. Sie ergänzen sich gegenseitig und wirken als Gesamtheit», so Alfred Vogel.
Der israelische Mediziner Dr. Ephraim Lansky, Pionier der Granatapfel-Forschung, bestätigte in seinen Studien, dass nicht einzelne chemische Verbindungen im Granatapfel die entscheidende Rolle spielen, sondern vielmehr das Zusammenspiel und die gegenseitige Verstärkung der Inhaltsstoffe mit antioxidativer, antientzündlicher und antiöstrogener Wirkung.
Aus diesem Grund rät er auch davon ab, auf einen Inhaltsstoff standardisierte Präparate (z. B. 40 Prozent Ellagsäure) aus Samen und Schale zu verwenden. Für diese Präparate wurden nie die besonderen Wirkungen des Granatapfelsaftes nachgewiesen.
Die Heimat des Granatapfels liegt in Asien. Er wächst als sommergrüner Baum, wird bis zu 15 Meter hoch und einige hundert Jahre alt. Im Frühjahr und Sommer trägt er an den Zweigenden grosse, goldrote Blüten. Heute wird er auch im Mittelmeerraum angebaut, und wir können die Früchte meist von September bis Dezember kaufen.
Die runde Frucht mit der kleinen Krone liegt schwer in der Hand. Schneidet man sie auf, kommen die unzähligen Fruchtkugeln zum Vorschein, jede einzelne sorgfältig in ein Häutchen verpackt. Man kann die Frucht in der Mitte halbieren, mit einem grösseren Löffel auf die Schale klopfen und die fleischigen Kerne in einer Schüssel auffangen. Die Schale samt der (meist bitteren) weissen Trennwände wird weggeworfen.
Fruchtfleisch oder Saft des Granatapfels werden gerne für Desserts, in der modernen Küche aber auch in originellen Kreationen wie «Safranreis mit Granatapfel» oder «Salat mit Ziegenkäse und Granatapfel-Vinaigrette» verwendet.
Unsere Rezepttipps:
Will man nur den Saft trinken, benutzen Kenner auch folgende Methode: Frucht in der Hand weichkneten oder mit leichtem Druck auf einer harten Fläche hin und her rollen, dann ein Loch in die Schale stechen und den Saft direkt in den Mund pressen.
Granatapfelsaft wird nicht umsonst auch zum Einfärben von Orientteppichen verwendet! Er hinterlässt Flecken, die man nicht auswaschen kann.
Granatäpfel sind gelblich-rosig bis dunkelrot, das Fruchtfleisch kann rosafarben bis tiefrot sein. In jedem Fall sollte die Schale gut ausgefärbt sein. Granatäpfel reifen nicht nach. Reife Früchte erkennt man an einem leicht metallischen Klang, wenn man daran klopft.
Granatäpfel sind lange haltbar, im Kühlschrank sogar mehrere Wochen ohne Qualitätsverlust. Die Früchte können dabei etwas einschrumpeln, die dicke Schale hält das Innere aber saftig frisch. Granatapfelsaft oder Konzentrat kann man auch – leider zu recht hohen Preisen – in Flaschen kaufen (im Reformhaus, der Apotheke und häufig über Internetshops). Achten Sie dabei auf biologischen Anbau.