Dank des “Glukose-Tricks» den Blutzucker in Balance halten und wieso man damit Folgeerkrankungen minimiert.
Autorin: Andrea Pauli
Fühlen Sie sich manchmal oder häufig nach dem Essen schachmatt? Leiden Sie regelmässig unter Heisshungerattacken? Setzen Ihnen im Lauf des Tages immer wieder Stimmungstiefs zu? Dann könnte es ratsam sein, sich mit dem «Glukose-Trick» vertraut zu machen. Und zu lernen, wie man ernährungsbedingte Schwankungen des Blutzuckerspiegels vermeidet und damit auf lange Sicht seiner Gesundheit etwas Gutes tut.
Aber von vorn: Was ist die Hauptenergiequelle unseres Körpers? Glukose! Die beziehen wir hauptsächlich aus der täglichen Nahrung, und von dort wandert sie in unseren Blutkreislauf. Die Konzentration von Glukose kann im Tagesverlauf stark schwanken. Der Wert, an dem sich das bemisst, ist der Blutzuckerspiegel oder Glukosespiegel. Er gibt an, welche Menge an Glukose sich in unserem Blut befindet. Wie sich der Blutzucker nach einer Mahlzeit verhält, hängt davon ab, was und wie viel man in welcher Zusammensetzung bzw. Reihenfolge isst. Und genau hier setzt der «Trick» an – man lässt es erst gar nicht zu Blutzuckerspitzen respektive einem zu starken Anstieg (und Absturz) der Blutzuckerkurve kommen.
Illustration aus dem Buch von Jessie Inchauspé "Der Gluckose-Trick".
Es klingt verblüffend einfach, ist jedoch ausgesprochen wirksam, wie Studien der vergangenen Jahre zeigen: «Wenn man die Komponenten einer Mahlzeit aus Stärke, Ballaststoffen, Zucker, Protein und Fett in einer bestimmten Reihenfolge isst, verringert das die Glukosespitze um 73 Prozent und die Insulinspitze um 48 Prozent. Das gilt für jeden, mit oder ohne Diabetes», erklärt Ernährungsexpertin Jessie Inchauspé, die sich intensiv mit sogenanntem Glukosemonitoring befasst hat.
Welches die richtige Reihenfolge ist, hat mit unserer Verdauungsfunktion zu tun. Optimal ist: Zuerst die Ballaststoffe, dann Proteine und Fette, zum Schluss Stärke und Zucker. In Nahrungsmitteln ausgedrückt: Erst Salat und Gemüse sowie gute (kaltgepresste) Öle, danach Hülsenfrüchte, Nüsse, Eier, Milchprodukte, Fisch, Fleisch und am Ende Nudeln, Kartoffeln, Süssspeisen, Obst. Denn wenn wir zuerst Gemüse und dann Kohlenhydrate essen, gelangt die Glukose wesentlich langsamer in unseren Blutkreislauf – und die Glukosespitze fällt niedriger aus. Auch Lebensmittel, die Fett enthalten, verlangsamen die Magenentleerung.
Wissenschaftlern zufolge ist der Effekt dieser Abfolge vergleichbar mit jenem von Diabetes-Medikamenten, welche Patienten erhalten, um damit Glukosespitzen entgegenzuwirken.
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Wer nicht von Süssem lassen kann, sollte dies lieber als Nachtisch statt als Snack zwischendurch essen. Beispiel: Ein Obst-Smoothie auf leeren Magen löst einen steilen Anstieg um etwa 50 mg/dl Glukose aus; nach dem Essen genossen, fällt die Schwankung mit rund 30 mg/dl deutlich geringer aus.
Interessant ist, «dass Menschen, die eine möglichst flache Glukosekurve anstreben, trotz mehr Kalorien leichter mehr Fett verbrennen als Leute, die weniger Kalorien essen, aber nicht auf ihre Glukosekurve achten», fasst Inchauspé aktuelle Studienergebnisse zusammen.
Konkret: Wenn wir eine Mahlzeit um einen Salat (Ballaststoffe und Fette) vorab ergänzen, sind das zwar 200 Kalorien mehr, doch dafür ergibt sich anschliessend eine abgemilderte Glukose- und Insulinspitze. Oder anders betrachtet: Wenn wir die Lebensmittel in der richtigen Reihenfolge essen, produziert die Bauchspeicheldrüse weniger Insulin. «Weniger Insulin bedeutet, dass unser Körper schneller wieder in den Fettverbrennungsmodus schaltet. Das hat eine Reihe positiver Auswirkungen – unter anderem nehmen wir ab», erläutert die Biochemikerin.
Bei einer Glukosespitze gelangt die Glukose zu schnell in die Zellen. Das sorgt für Stress; es werden wirkkräftige Moleküle freigesetzt, die sogenannten freien Radikale. «Wenn eine Glukosespitze zu freien Radikalen führt, setzt das eine gefährliche Kettenreaktion in Gang», so Ernährungsexpertin Inchauspé; es kann zu Fehlfunktionen in zuvor gesunden Zellen kommen. «Wenn unser Körper zu viele freie Radikale neutralisieren muss, gerät er in einen Zustand, der sich oxidativer Stress nennt.» Und der erhöht das Risiko für (vorzeitige) Alterungsprozesse, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und mehr.
«Tägliche Spitzen über Jahre hinweg lassen unseren Nüchternblutzucker langsam ansteigen, was wir jedoch erst bemerken, wenn wir uns schon im prädiabetischen Bereich befinden», warnt Jessie Inchauspé. Ziel ist darum, einen Anstieg der Glukosespitze um mehr als 30 mg/dl nach dem Essen zu vermeiden (unabhängig vom Nüchternblutzucker)
Nachdrücklich warnt Inchauspé vor Fruktose, da diese ausschliesslich in Form von Fett in unseren Körper eingelagert werden kann. Eine Glukosespitze, die durch eine Süssspeise (z.B. Kuchen) ausgelöst wird, ist schlechter für den Körper als eine Spitze durch ein stärkehaltiges Nahrungsmittel (z.B. Reis). Denn Fruktosemoleküle glykieren* andere Moleküle zehnmal so schnell wie Glukose.
* Glykierung ist ein Mechanismus, der als Ursache für chronische Erkrankungen sowie für natürliche Alterungsprozesse gilt; er führt zu ungünstigen, sogenannten Bräunungsreaktionen im Körper.
Zuletzt aktualisiert: 02-11-2023