Oft verwenden Betroffene beide Begriffe im alltäglichen Sprachgebrauch, um ihre Beschwerden zu benennen. Doch es gibt klar definierte Unterschiede zwischen (nicht toxischen) Unverträglichkeiten auf Nahrungsmittel.
Autorin: Andrea Pauli
Man isst etwas und der Körper rebelliert: Zunehmend mehr Menschen sind von solchen Beschwerden betroffen. Ist das nun eine Allergie oder eine Intoleranz? Die Symptome dieser Unverträglichkeiten können sich ähneln. Der Unterschied allerdings ist klar.
Bei einer Allergie kommt es zur Reaktion des Immunsystems mit Antikörperbildung. Es gibt keine sogenannte Dosis-Wirkungsschwelle. Meint: Der Körper reagiert nicht bei einer höheren Dosis stärker, sondern kann schon bei kleinsten Spuren heftige Symptome zeigen.
Eine Intoleranz indessen ist auf eine Störung im Dünndarm zurückzuführen. Der Körper kann einen bestimmten Stoff nicht verdauen und macht sich mit Magen-Darm-Beschwerden bemerkbar.
Als Nahrungsmittelallergie bezeichnet man eine Überreaktion des körpereigenen Immunsystems auf harmlose Bestandteile wie etwa Eiweisse in Lebensmitteln. Der Körper bildet IgE-Antikörper. Gelangt das Allergen ein weiteres Mal in den Organismus, wird es von dem Antikörper gebunden. Der entsprechende Allergen-Antikörper-Komplex veranlasst wiederum bestimmte Zellen zur Freisetzung entzündungs- und allergievermittelnder Substanzen (z.B. Histamin). Kleinere Blutgefässe werden erweitert, das kann zu Rötungen führen. Tritt Flüssigkeit ins Gewebe, verursacht das Schwellungen. Die Drüsentätigkeit wird angeregt.
Die häufigsten Symptome sind Juckreiz oder Schwellungen im Mundbereich. Weitere Reaktionen können sein: Erbrechen, Reaktionen der Haut, Asthma, aber auch Probleme im Magen-Darm-Trakt. Im Extremfall kann ein anaphylaktischer Schock eintreten. Dabei wird in sehr grossen Mengen Histamin freigesetzt, mit lebensbedrohlichen Folgen (Kreislaufversagen, Atemstillstand).
Bei Erwachsenen beobachtet man die häufigsten allergischen Reaktien auf Hasel- und Baumnüsse, Sellerie, Äpfel und Kiwi; heftig kann aber auch auf Erdnüsse, Meeresfische oder Sesam reagiert werden. Allergische Reaktionen bei Kindern erfolgen meist auf Kuhmilch, Hühnereier, Weizen, Erdnüsse und Nüsse sowie Fisch. Kinder entwickeln relativ leicht eine Nahrungsmittelallergie, da ihre Darmwand noch nicht so zuverlässig funktioniert wie bei Erwachsenen. Darum kommen bei ihnen Nahrungsbestandteile und Zellen des Immunsystems eher in Kontakt.
Bei einer Lebensmittelallergie gibt es definierte Schweregrade von 0 bis 4, nach denen sich auch die ärztliche Behandlung richtet.
Bei einer Nahrungsmittelintoleranz ist das Immunsystem (in der Regel) nicht beteiligt. Vielmehr kann der Körper einfach einen bestimmten Stoff nicht verdauen und reagiert mit Unwohlsein. Die Beschwerden entstehen durch fehlende Enzyme oder eingeschränkte Transporter-Kapazitäten im Dünndarm, um Nahrungsbestandteile abzubauen respektive aufzunehmen. Folge: Die Nahrungsbestandteile landen im Dickdarm, werden dort von Bakterien vergoren und führen zu Blähungen, Bauchschmerzen und/oder Durchfall. Die Beschwerden treten meist erst einige Stunden oder gar Tage nach dem Verzehr auf.
Die häufigsten Auslöser für Nahrungsmittelintoleranzen sind Milchzucker (Laktose), Fruchtzucker (Fructose), Gluten oder Histamin.
Am häufigsten verbreitet ist die Laktoseintoleranz. Sie äussert sich in Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfall. Reichlich Laktose steckt in Milch, Quark, Rahm, Frischkäse und teilweise auch in Schokolade.
Eine Fruktoseintoleranz macht sich durch Blähbauch, Bauchschmerzen und Durchfall bemerkbar. Fruchtzucker ist generell eine heikle Sache: Ein Erwachsener kann pro Tag zwischen 35 und 50 Gramm Fruktose aufnehmen. Je häufiger Obst, frische Fruchtsäfte oder Süssigkeiten auf dem Speisezettel stehen, desto mehr Fructose muss der Körper folglich verarbeiten. Bereits in sechs getrockneten Feigen, zwei Gläsern Apfelsaft oder einer halben Tüte Rosinen stecken schon 35 Gramm Fructose!
Die Symptome für eine Glutenintoleranz (Zöliakie) sind vielfältig. Es können sein: Müdigkeit, Blutarmut, Eisenmangel, Durchfall oder Verstopfung, wiederkehrende Bauchschmerzen, Konzentrationsprobleme, Gewichts- und Kraftverlust und mehr. Bei den Betroffenen führt die Zufuhr von Gluten zu einer Schädigung der Dünndarmschleimhaut und zum Abbau der Dünndarmzotten, wodurch sich die Oberfläche des Darms verkleinert. Nährstoffe werden schlechter aufgenommen, was Erkrankungen zur Folge haben kann. Gluten ist ein Sammelbegriff für Klebereiweisse in verschiedenen Getreidesorten.
Hegt man den Verdacht, unter einer Nahrungsmittelintoleranz zu leiden, empfiehlt es sich, ein Ernährungstagebuch zu führen. Man hält fest, was wann gegessen wurde und welche Beschwerden auftraten. Hat man sich so einen Überblick verschafft, meidet man versuchsweise die «verdächtigen» Lebensmittel – und kann recht zuverlässig feststellen, ob eine Besserung eintritt. Auf jeden Fall sollte man seinen Verdacht aber mit der Hausärztin besprechen und am besten auch eine Ernährungsberatung bei einer Fachperson in Anspruch nehmen.
Eine Lebensmittelallergie lässt sind bisher nicht ursächlich behandeln. Was bleibt: Das auslösende Allergen konsequent meiden. Wichtig ist darum eine umfassende Diätberatung. Da die meisten Hersteller für ihre Produkte keine vollständige Zutatenliste angeben, ist es generell ratsam, auf Fertiggerichte zu verzichten und sich so frisch, saisonal und regional wie möglich zu ernähren.
Eine Lebensmittelintoleranz sollte man mit einer ganzheitlichen Strategie und unter Anleitung einer versierten Ernährungsberaterin angehen: Schon- und Karenzphase (sogenanntes Darmfasten) von vier Wochen, Aufbauphase mit reizarmer Ernährung und begleitend psychisch stärkende Massnahmen, die zur Entspannung beitragen (autogenes Training, Atemübungen), dazu Spaziergänge und Sport an der frischen Luft.
Zuletzt aktualisiert: 02-11-2023