Autorin: Dr. Silke Kerscher-Hack
Bei einer Allergie reagiert der Körper auf eigentlich harmlose, körperfremde Stoffe, also bestimmte Allergene bzw. Antigene, überempfindlich. Zu den häufigsten Allergieauslösern gehören Blütenpollen, der Kot der Hausstaubmilbe und Bestandteile von Tierhaaren. Aber auch die Sporen von Schimmelpilzen, bestimmte Nahrungsmittel, Medikamente, Chemikalien oder Stoffe, mit denen man berufsbedingt in Kontakt kommt wie Holzstaub (Schreiner) oder Mehlstaub (Bäcker), können die typischen Allergiesymptome verursachen. Einteilen lassen sich die verschiedenen Allergene wie folgt:
Bei einer Allergie treten an verschiedenen Körperregionen unterschiedliche Beschwerden auf, die von leichten Hautausschlägen bis hin zu lebensbedrohlichen Reaktionen reichen können. Zu den typischen Symptomen gehören:
Es reagieren hauptsächlich die Stellen, die unmittelbaren Kontakt zu dem Auslöser hatten. Bei einer Pollenallergie beispielsweise trifft das Allergen zuerst auf die Nase oder die Augen. Typische Beschwerden sind daher Niesreiz, Schnupfen sowie rote, juckende Augen. Nahrungsmittelallergene dagegen verursachen eher Juckreiz und Schwellungen an Mund sowie Zunge.
Grund für die Überempfindlichkeitsreaktion ist eine fehlgesteuerte körpereigene Abwehr, welche nicht mehr richtig zwischen schädlichen und unschädlichen Substanzen unterscheiden kann. Die Folge ist eine übersteigerte Immunreaktion, welche in mehreren, komplizierten Schritten abläuft. Je nachdem, wie das Immunsystem auf einen Stoff reagiert, unterscheiden Mediziner vier Allergietypen. Die ersten drei werden dabei über Körperflüssigkeiten und den darin enthaltenen Antikörper und die vierte über Zellen (genauer: T-Zellen) vermittelt. Es gibt auch Mischformen.
Die wichtigste Therapiemassnahme ist es, bekannte Allergieauslöser zu meiden. Daher sollten Betroffene beispielsweise
Zudem werden in der Allergiebehandlung folgende Medikamente eingesetzt.
All diese Arzneimittel unterdrücken allerdings nur die Symptome.
Vielfach eingesetzt wird die Hyposensibilisierung (Desensibilisierung, spezifische Immuntherapie, Allergen-Immuntherapie). Ziel dieser Behandlung ist es, die Überempfindlichkeit zu reduzieren und den Körper an den Allergieauslöser zu gewöhnen. Hierfür injiziert der Arzt dem Patienten in regelmässigen Abständen das Allergen in langsam ansteigenden Dosen. Bei der sublingualen Immuntherapie erhält der Patient den Allergieauslöser als Tablette beziehungsweise als Tropfen.
Es gibt viele alternative Heilmethoden, die bei Allergien helfen sollen. Dazu gehören Therapiesysteme wie beispielsweise die Traditionelle Chinesische Medizin; aber auch die Einnahme von beispielsweise Vitamin C oder Selen sollen helfen. Folgende komplementäre Therapiemethoden werden von der Krankenkasse vergütet:
Begleitend zur medikamentösen Therapie können auch folgende Hausmittel die Beschwerden lindern:
Eine Allergie kann dann lebensbedrohlich werden, wenn das Immunsystem maximal überreagiert. Mediziner sprechen dann von einer Anaphylaxie bzw. anaphylaktischen Reaktion. Diese betrifft nicht nur einzelne Organe, sondern den gesamten Organismus, insbesondere das Herz-Kreislauf-System und die Atemwege. Eingeteilt wird sie in vier Schweregrade:
Der Begriff „anaphylaktischer Schock" bezeichnet die anaphylaktische Reaktion des Schweregrads IV, bei der der Kreislauf versagt. Ausgelöst wird eine anaphylaktische Reaktion meist durch
In den meisten Fällen tritt die anaphylaktische Reaktion innerhalb weniger Sekunden oder Minuten nach Allergenkontakt auf. Behandelt wird eine Anaphylaxie unter anderem mit Antihistaminika, kortisonhaltigen Medikamenten, Adrenalin, Sauerstoff oder bronchienerweiternden Medikamenten.
Wird ein z. B. durch Pollen, Schimmelpilz oder Hausstaubmilben verursachter, allergischer Schnupfen (allergische Rhinitis) nicht oder nur unzureichend behandelt, besteht zudem die Gefahr eines Etagenwechsels. Dabei weiten sich die Beschwerden von der oberen Etage, der Nase, auf die untere Etage, die Bronchien, aus. Zu dem Heuschnupfen kommt dann allergisches Asthma hinzu. Mögliche Anzeichen eines Etagenwechsels sind:
Ein Arztbesuch ist bei Verdacht auf eine Allergie immer ratsam, damit dieser eine genaue Diagnose stellen und eine geeignete Therapie einleiten kann. Denn wird eine Allergie nicht oder nur unzureichend behandelt, können Komplikationen wie etwa ein Etagenwechsel auftreten.
Warum bestimmte Stoffe bei einigen Menschen Allergien auslösen und bei anderen nicht, ist bislang unbekannt. Sicher ist jedoch, dass die Veranlagung, im Lauf des Lebens eine Allergie zu entwickeln, erblich bedingt ist (erbliche Disposition). So eine Neigung bezeichnen Mediziner auch als Atopie. Ob daraus wirklich eine Allergie entsteht, hängt von vielen verschiedenen Umwelteinflüssen und der jeweiligen Belastung des Organismus ab. Folgende Faktoren begünstigen eine Allergie:
Das Risiko, eine Allergie zu entwickeln, lässt sich durchaus reduzieren, z. B. indem
Zudem werden Probiotika immunstärkende Wirkungen zugeschrieben – allerdings ist die Studienlage nicht einheitlich genug, um daraus eine generelle Empfehlung abzuleiten.
Etwa 25 bis 30 Prozent der Kinder und Jugendlichen leiden unter einer Allergie. Damit zählen die Überempfindlichkeitsreaktionen zu den häufigsten chronischen Erkrankungen. Die Veranlagung, im Lauf des Lebens eine Allergie gegen einen körperfremden Stoff zu entwickeln, ist erblich bedingt: Ist ein Elternteil betroffen, liegt die Wahrscheinlichkeit für das Kind, an einer Allergie zu erkranken, bei 30 Prozent. Sind beide Elternteile betroffen, erhöht sich das Risiko auf 60 Prozent. Positiv beeinflussen lässt sich das Erkrankungsrisiko wie folgt:
Es gibt zudem Hinweise, dass Kinder, die auf einem Bauernhof aufgewachsen sind, eine Kita in den ersten zwei Lebensjahren besucht oder ältere Geschwister haben, besser vor Allergien geschützt sind.
Allergien haben in den letzten Jahrzehnten zugenommen, so dass mittlerweile eine von fünf Schwangeren unter einer allergischen Erkrankung leidet. Lässt sich der Kontakt mit dem Allergieauslöser nicht gänzlich vermeiden, können die Allergien in den meisten Fällen mit Antihistaminika wie Cetirizin oder Loratadin, dem Mastzellstabilisator Cromoglicinsäure oder äusserlich angewendeten, kortisonhaltigen Medikamenten (Glukokortikoiden) wie Budesonid gut behandelt werden. Auch eine spezifische Immuntherapie kann, wenn sie gut vertragen wurde, in der Schwangerschaft ohne Dosissteigerung fortgeführt werden.
Unter einer Birkenpollen-, Katzenhaar oder Hausstaubmilbenallergie kann sich jeder etwas vorstellen. Doch was ist eine Ragweed-, Alternaria alternata oder Kolophonium-Allergie?
Ragweed-Allergie: Ragweed, auch Beifuss-Ambrosie oder Ambrosia artemisifolia genannt, ist eine aus den USA nach Europa eingewanderte Pflanze. Ihre Pollen sind hochallergen, d. h. bereits eine sehr geringe Menge in der Luft genügen, um allergische Beschwerden auszulösen. Die Pflanze blüht im August und September und ist damit Auslöser des sogenannten Herbstheuschnupfens.
Lieschgras-Allergie: Die Pollen des Lieschgrases sind in der Schweiz die wichtigsten Auslöser für Heuschnupfen, Asthma und Co. Das Gras gehört zu der Familie der Süssgräser (Poaceae) und blüht von Juni bis August. Seine Pollen werden durch den Wind verbreitet.
Alternaria alternata-Allergie: Alternaria alternata ist ein Schimmelpilz, dessen Sporen hauptsächlich im Juli und August fliegen. Der Pilz wächst überwiegend auf trockenen Pflanzen und Getreidekörnern, weswegen die Beschwerden häufig während der Gartenarbeit oder beim Spazierengehen durch Getreidefelder auftreten.
Kolophonium-Allergie: Kolophonium oder Geigenharz ist ein gelbes bis braunschwarzes Baumharz, welches aus Tannen, Lerchen , Fichten und Kiefern gewonnen wird. Eingesetzt wird es in sehr vielen Bereichen wie beispielsweise in Farben und Lacken, als Geigenharz für die Bögen von Streichinstrumente, beim Löten sowie in Papier, Naturkosmetika, Parfums oder bei Medizinprodukten (z. B. Haftmittel für Glukose-Sensoren). Kolophonium ist ein Kontaktallergen und verursacht Beschwerden wie Hautrötungen, Schwellungen oder auch Asthma.
PEG-Allergie: In vielen Kosmetika wie Zahnpasta, Shampoos oder Mundspülungen sowie Medikamenten wie Mittel gegen Sodbrennen, Antibiotika oder Herzmedikamente kommt der Stoff zum Einsatz. Dort soll er Substanzen wie Wasser und Öl miteinander verbinden.
Wasserallergie: Bei dieser auch als Wassernesselsucht bezeichneten, sehr seltenen Kontaktallergie reagieren die Betroffenen auf Wasser aus der Leitung, Regen oder Meerwasser mit Hautbeschwerden. Worauf genau diese Menschen allergisch reagieren, ist noch ungewiss.
Internet:
https://www.damid.de/gesund-werden/krankheitsbilder/allergien.html (Abruf: 30.01.2022)
https://www.usz.ch/fachbereich/komplementaere-und-integrative-medizin/ (Abruf: 30.01.2022)
https://www.aha.ch/allergiezentrum-schweiz/allergien-intoleranzen/wissenswertes/ (Abruf: 30.01.2022)
https://www.embryotox.de/erkrankungen/details/ansicht/erkrankung/allergie/ (Abruf: 30.01.2022)
https://www.gelbe-liste.de/selbstmedikation/allergie (Abruf: 30.01.2022)
https://www.aerzteblatt.de/archiv/196565/Anaphylaxie-Wie-richtig-handeln#group-2 (Abruf: 30.01.2022)
https://www.ecarf.org/info-portal/erkrankungen/anaphylaxie/ (Abruf: 30.01.2022)
https://www.gesundheitsinformation.de/allergien.html (Abruf: 30.01.2022)
https://flexikon.doccheck.com/de (Abruf: 30.01.2022)
https://de.wikipedia.org/wiki/Wassernesselsucht (Abruf: 30.01.2022)
https://www.lungenaerzte-im-netz.de/krankheiten/allergien-allgemein/moegliche-warnzeichen/ (Abruf: 30.01.2022)
https://www.lungenaerzte-im-netz.de/news-archiv/meldung/article/was-beim-allergischen-kreislaufschock-auf-molekularer-ebene-passiert/ (Abruf: 30.01.2022)
https://www.hno-aerzte-im-netz.de/krankheiten/allergischer-schnupfen/anzeichen-und-verlauf.html (Abruf: 30.01.2022)
https://www.daab.de/allergien/wichtig-zu-wissen/einleitung/ (Abruf: 30.01.2022)
https://www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/allergien/allergien-definition-symptome-therapie-735251.html (Abruf: 30.01.2022)
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/durch-gezielte-behandlung-asthma-verhindern/ (Abruf: 30.01.2022)
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/von-karenz-bis-kausaltherapie/ (Abruf: 30.01.2022)
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/peg-als-ein-anaphylaxie-ausloeser-nach-covid-impfung-bestaetigt-124884/ (Abruf: 30.01.2022)
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/inhalt-43-2003/pharm6-43-2003/ (Abruf: 30.01.2022)
http://www.chinesische-medizin-frankfurt.com/fallbeispiele-tcm-akupunktur/64-allergien-mit-chinesischer-medizin-behandeln.html (Abruf: 30.01.2022)
https://www.pollenwarndienst.at/allergie/steckbriefe/ragweed.html (Abruf: 30.01.2022)
https://www.mein-allergie-portal.com/allergie-wiki/965-allergie-auf-ambrosia-ragweed-allergie.html (Abruf: 30.01.2022)
https://www.mein-allergie-portal.com/allergie-auf-arzneimittel-medikamente/3270-polyethylenglycol-kann-peg-unvertraeglich-sein.html (Abruf: 30.01.2022)
https://www.allergie-frei.info/2015/09/21/was-ist-die-kolophoniumallergie/ (Abruf: 30.01.2022)
https://www.pollenundallergie.ch/polleninformationen/allergene-pflanzen/graeser/graeser-poaceae (Abruf: 30.01.2022)
https://www.aeda.de/presse/pressearchiv/einzelansicht/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=245&cHash=a941eca500fb47cba8b1c845d7d6dfb4 (Abruf: 30.01.2022)
Bücher:
Sommer: Homöopathie, GU, 4. Auflage (2008)
Mayatepek: Pädiatrie, Urban & Fischer, 1. Auflage (2007)
Böcker, Denk, Heitz, Höfler, Kreipe, Moch: Pathologie, Urban & Fischer, 5. Auflage (2012)
Zuletzt aktualisiert: 30-11-2022