In den Wechseljahren sollte die Ernährung von Frauen eiweisshaltiger sein als zuvor. Diese Nahrungsbestandteile benötigen wir zum einen dafür, dass sich weniger Muskelmasse abbaut. Zum zweiten erhalten sie die Spannkraft und Elastizität der Haut. Hochwertige Eiweisse stecken aber nicht nur in Fleisch und Milch. Auch wer sich vegan ernährt, kann seinen Bedarf ganz problemlos decken.
Autorin: Annette Willaredt
Eiweisse, mit dem Fachwort Proteine genannt, sind komplexe Moleküle, die sich aus Aminosäuren aufbauen. Diese winzigen Bausteine bilden Ketten und stellen so die rund 5000 verschiedenen Proteine her, die im menschlichen Körper vorkommen. Diese haben zahllose Aufgaben. So bauen sie z.B. unsere Muskulatur, die Bänder und Sehnen auf, aber auch Haut und Haare. Andere reparieren Nervenschädigungen oder sind Grundsubstanz von den vielen Antikörpern, die unsere Immunabwehr schlagkräftig machen. Auch Transportaufgaben haben diese Winzlinge. Im Blut oder in den Muskeln befördern sie Sauerstoff dahin, wo er gerade gebraucht wird. Ausserdem gehören sie zu der Bausubstanz fast aller Hormone und sorgen für eine schützende und stützende Hülle um alle unsere Körperzellen.
Eine gute Versorgung mit Proteinen ist also ein Leben lang notwendig. Der Körper braucht täglich 0,8 bis 1,2 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht. Bei Frauen nach den Wechseljahren wird es noch wichtiger, dem Organismus ausreichend Eiweisse zuzuführen. Weil der Östrogenspiegel sinkt, vermehrt sich das Fettgewebe. Gleichzeitig geht der Anteil an Muskelmasse zurück. Ab dem 50. Lebensjahr verliert der Mensch jährlich rund zwei Prozent seiner Muskelmasse. Allerdings kann dieser Prozess aufgehalten werden. Und das nicht nur durch regelmässige Bewegung. Auch eine proteinreiche Ernährung gehört unbedingt dazu. Denn Muskeln brauchen Eiweiss, um kräftig zu bleiben. Ausserdem sättigen Eiweisse besser als Kohlenhydrate, wie sie z.B. in Nudeln oder Brot reichlich stecken. Das bedeutet, dass man länger satt bleibt, wenn man 200 Kalorien in Form von Eiweissen zu sich nimmt, als wenn man die gleiche Kalorienzahl in Form von Kohlenhydraten verspeist. Das kommt der Figur zugute – wichtig für die vielen Frauen, die in den Wechseljahren ungewollt zunehmen.
Nicht zuletzt macht eine gute Versorgung mit Proteinen schön. In den Wechseljahren verändert sich bei vielen Frauen die Haut. Sie verliert an Elastizität. Das dünne Netz aus Kollagenfasern, aus denen sie aufgebaut ist, bildet sich nach und nach zurück. Kollagen besteht zu einem Grossteil aus Aminosäuren, den Baustoffen der Proteine. Auch das Elastin, das für die Elastizität der Haut zuständig ist, besteht aus Aminosäuren. Setzt man bei der Ernährung auf proteinreiche Kost, erhält das länger die Spannkraft der Haut.
Als sehr gute Quelle für hochwertige Proteine wird meist Fleisch genannt. Doch immer mehr Studien belegen, dass ein häufiger Verzehr das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht, weil er die Blutgefässe schädigt. Verantwortlich dafür werden vor allem die gesättigten Fettsäuren gemacht. Positiver ist Fisch zu bewerten. Zuhnehmend mehr Menschen bevorzugen jedoch eine vegetarische Lebensweise. Sie können auf Milchprodukte wie Käse ausweichen. Diese enthalten allerdings reichlich Fett. Joghurt, Molke, Buttermilch oder Hüttenkäse sind schon deutlich fettärmer. Für Veganer ist das allerdings auch keine Alternative. Doch keine Sorge: Auch mit pflanzlichen Lebensmitteln lässt sich der tägliche Proteinbedarf mühelos decken.
Mit an der Spitze in Sachen Eiweissgehalt stehen bei den pflanzlichen Lebensmitteln die Hülsenfrüchte. So liefern 100 Gramm ungekochte Limabohnen rund 21 Gramm Eiweiss. 100 Gramm gekochte Sojabohnen enthalten 16 Gramm und 100 Gramm Kidneybohnen aus der Dose sieben Gramm. Ebenfalls sehr wertvoll sind Nüsse und Samen. In 100 Gramm Cashewkernen stecken 17 Gramm Eiweiss, in 100 Gramm Sonnenblumenkernen sind es 27 Gramm und in Hanfsamen satte 37 Gramm. Eine Handvoll am Tag davon zu knabbern, ist deshalb sehr zu empfehlen. Viel mehr sollte es allerdings nicht sein, denn die ganzen Samen sind zwar lecker, aber reich an Fett. Ebenfalls zu empfehlen sind Algen, z.B. als Salat oder an Sushi. Das gilt ebenfalls für Sojaprodukte wie Tempeh (18,4 g/ 100 g) oder Weizeneiweiss-Zubereitungen wie Seitan (25 g / 100 g). Neben diesen „Eiweissbomben" enthalten natürlich auch ganz normale pflanzliche Lebensmittel Eiweiss – wenn auch in kleineren Mengen. Dazu zählen z.B. Haferflocken, Quinoa, Amaranth oder Vollkornbrot. Selbst Gemüse wie Rosenkohl oder Spinat wartet mit etwas Eiweiss auf.
Um den Tagesbedarf zu decken braucht eine Frau mit einem Gewicht von 60 Kilo rund 60 Gramm Proteine. Ein veganer Speiseplan könnte dann z.B. so aussehen:
Zum Frühstück gibt es ein Müsli mit 50 Gramm Haferflocken (6,5 g Eiweiss), dazu Obst und ein Paar Hanfsamen, Cashewkerne und getrocknete Feigen (ca. 8 g Eiweiss). Darüber kommt Sojamilch (3 g Eiweiss).
Zum Mittagessen werden eine Portion Linsen, zwei Kartoffeln und gebratener Tofu (ca. 35 g Eiweiss) aufgetischt.
Nachmittags schmeckt als Zwischenmahlzeit ein Fruchtshake mit Sojamilch lecker (ca. 7,5 g Eiweiss). Abends wird ein bunter Salat mit ein paar jungen Löwenzahnblättern, Champignons, Brunnenkresse und Tomaten mit einer Scheibe Vollkornbrot (7 g Eiweiss) serviert. Das sind zusammen 67 g Eiweiss.
Wie man sieht, ist es tatsächlich nicht sehr schwierig, seinen täglichen Eiweissbedarf ganz ohne tierische Produkte zu decken. Man muss nur ein bisschen über den Gehalt der einzelnen Lebensmittel Bescheid wissen. Und wer immer mal zu Produkten wie Seitan, Sojaflocken oder Hanfsamen greift, hat seine tägliche Ration ganz schnell zusammen.