Ob Frauen die hormonelle Umstellung einigermassen entspannt erleben oder dieser Lebensphase mit vielen Ängsten entgegensehen, hängt nicht zuletzt davon ab, wie gut sie darüber Bescheid wissen. Allerdings kursieren immer noch sehr viele Gerüchte über das Thema Wechseljahre. Höchste Zeit, die verbreitetsten einmal gründlich unter die Lupe zu nehmen.
Autorin: Annette Willaredt, 09/20
Fakt ist, jede Frau kommt irgendwann in die Wechseljahre. Die Produktion der weiblichen Geschlechtshormone verändert sich. Die Regelblutungen werden deshalb unregelmässiger und bleiben schliesslich ganz aus. Mit der Menopause, also der letzten Blutung, enden die fruchtbaren Jahre. Ob diese hormonellen Veränderungen als sehr unangenehm oder als eher problemlos empfunden werden, ist individuell unterschiedlich. Um die Wechseljahre möglichst entspannt zu erleben, ist es für jede Frau wichtig, zu wissen, was auf sie zukommt und nicht den vielen Mythen zu diesem Thema zu glauben.
Stimmt nicht. Bei fast allen Frauen geht es spätestens mit Mitte 40 los. Bei manchen sogar schon in ihren späten 30ern. Langsam bilden die Eierstöcke immer weniger Geschlechtshormone. Das erste deutliche Anzeichen dafür bei den meisten Frauen: Die Blutung verändert sich. Bei manchen wird sie stärker und schmerzhafter, bei anderen schwächer. Auch Zyklusschwankungen sind sehr häufig. Mal kommt die nächste Blutung schon nach 14 Tagen, mal lässt sie wochenlang auf sich warten. Mal dauert die Periode bis zu zehn Tage, mal nur einen Tag. Auch der Zeitpunkt der letzten Blutung, Menopause genannt, ist individuell sehr unterschiedlich. Im Schnitt tritt sie mit ungefähr 51 Jahren ein. Tatsächlich feststellen lässt sich das aber erst im Nachhinein, nämlich erst dann, wenn es ein Jahr lang zu keiner Blutung mehr kam. Selten erleben Frauen, dass sie auch nach über einem Jahr plötzlich noch mal eine Blutung haben. Das ist dann in sehr vielen Fällen völlig harmlos. Trotzdem ist ein Arztbesuch ratsam, denn eine solche späte Blutung kann auch auf eine Erkrankung hinweisen.
Falsch. Auch wenn eine Frau schon monatelang keine Blutung mehr hatte, kann sie noch schwanger werden. Die Geschlechtshormone, die von den Eierstöcken gebildet werden, bewirken das Heranreifen eines Eis. Das wandert dann nach dem Eisprung in die Gebärmutter und nistet sich dort ein. Damit das Ei dort auch gut versorgt werden kann, baut sich die Schleimhaut in der Gebärmutter auf. Wird das Ei nicht befruchtet, wird die Schleimhaut abgestossen, es kommt zur Blutung. Ausbleibende Blutungen sind ein Zeichen dafür, dass es zu keinem Aufbau der Schleimhaut kam, also auch kein Eisprung stattgefunden hat. Daraus darf aber nicht geschlossen werden, dass es in den folgenden Monaten gar nicht mehr zum Heranreifen eines Eis mit anschliessendem Eisprung kommen kann. Wenn das doch noch einmal passiert, ist auch eine Schwangerschaft möglich. Tatsächlich ist es zwar sehr selten, dass eine Frau auf normalem Wege schwanger wird, wenn die Wechseljahre längst begonnen haben und die Blutung sehr unregelmässig geworden ist. Aber es passiert eben doch manchmal. Wollen Frauen das ausschliessen, sollten sie weiter verhüten, bis die letzte Blutung mindestens ein Jahr zurückliegt.
Nur bedingt. Es ist zwar richtig, dass für typische Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen und Schweissausbrüche die Abnahme des Östrogenspiegels verantwortlich ist. Doch den Hormonen für alles, was in dieser Lebensphase passiert, die Schuld zu geben, ist nicht richtig. Bei vielen Frauen um die 50 Jahre passiert ganz unabhängig von den Veränderungen im Hormonhaushalt noch einiges mehr. Beispielsweise sind die Kinder gross und ziehen aus. Die Frauen müssen deshalb eventuell ihren Alltag neu strukturieren. Auch auf die Partnerschaft hat das fast immer Auswirkungen. War man bisher vor allem Eltern, ist man jetzt plötzlich „nur" noch ein Paar. Viele Frauen orientieren sich jetzt zudem beruflich neu. Und in der Lebensphase zwischen 45 und 65 Jahren werden bei vielen die Eltern pflegebedürftig oder sterben. Das alles bringt reichlich Stress und psychische Belastungen mit sich. Probleme wie Schlafstörungen, Reizbarkeit oder depressive Verstimmungen können also auch eine Folge von solchen Veränderungen im Leben sein.
Falsch. Zwar werden durch die hormonellen Veränderungen in den Wechseljahren bei einem Teil der Frauen die Schleimhäute in der Scheide trockener und dünner. Auch das Feuchtwerden bei Erregung klappt bei manchen nicht mehr so gut. Das kann zu Schmerzen beim Sex führen. Doch diese Probleme lassen sich mit einem Gleitmittel leicht beheben. Auch östrogenhaltige Cremes, die an und in der Scheide aufgetragen werden, helfen hier. Bei einigen Frauen lässt aber auch das sexuelle Verlangen nach. Das hat mit den Hormonen allerdings wenig zu tun. Fehlt die Lust, liegt es oft an der Beziehung.
Mit steigendem Alter nehmen Frauen auch zunehmend Medikamente ein, die sich auf die Sexualität auswirken können. Und ganz entscheidend ist der gesellschaftliche Faktor: Wenn Frauen von ihrem Umfeld über viele Jahre eingeredet wird, dass sie mit den Wechseljahren plötzlich alt und sexuell unattraktiv sind, braucht es niemanden zu wundern, dass ihnen dann die Lust fehlt. Andere Frauen machen sich darüber hingegen gar keine Gedanken und freuen sich, dass die lästige Verhütung wegfällt. Sie haben häufig weiterhin ein erfülltes Sexualleben.
Natürlich gibt es auch Frauen, bei denen das sexuelle Begehren nachlässt – und die das überhaupt nicht stört. Dann muss das nicht unnötig problematisiert werden. Nur, wenn Frauen unter ihrer fehlenden Lust leiden, ist ein offenes Gespräch zuerst mit der Frauenärztin ratsam. Sie kann organische Ursachen abklären. Weil aber oft nicht der Körper das Problem ist, kann hier auch eine Paar- oder Psychotherapie bzw. eine Sexualtherapie sinnvoll sein.
In vielen Fällen falsch. Lange Jahre hat man quasi jeder Frau zu einer Hormonersatz-Therapie geraten. Gar keine Wechseljahresbeschwerden, länger jung, keine Osteoporose, keine trockenen Schleimhäute, die Liste der Versprechungen war lang. Dann kam der Schock: Grosse Studien zeigten, dass eine langfristige Hormonbehandlung Nebenwirkungen wie eine Erhöhung des Brustkrebs-, Eierstockkrebs- oder Thromboserisikos hat. Das hat sehr viele Frauen extrem verunsichert. Nachdem sich bei genauen Analysen später zeigte, dass in diesen Studien sehr viele der beteiligten Frauen bereits Vorerkrankungen wie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen oder Diabetes hatten, wird das Thema Hormonersatz-Therapie heute sehr viel differenzierter betrachtet. Die Meinung der meisten Frauenärzte derzeit: So wenig Hormone wie möglich und so viele Hormone wie nötig. Frauen sollten also auf keinen Fall nur auf Verdacht Hormone nehmen, weil sie Wechseljahres-Probleme befürchten. Doch bei sehr starken Beschwerden, die den Alltag deutlich beeinträchtigen, kann eine Frau auch den Wunsch nach einer Ersatztherapie haben. Dann gilt: Die Frau sollte sich von ihrem Gynäkologen ausführlich über Vorteile und Nebenwirkungen informieren lassen. Außerdem ist es wichtig, dass die Ersatztherapie und ihre Dauer individuell abgestimmt und regelmässig kontrolliert werden.
Eine Alternative können pflanzliche Hormone z.B. aus Rotklee, Traubensilberkerze oder Soja sein. Auch darüber sollten Frauen mit ihrer Ärztin sprechen.
Stimmt nicht. Wie lange die Wechseljahre dauern, ist individuell sehr unterschiedlich. Ärzte beobachten, dass der Zeitpunkt der Menopause (letzte Regelblutung) hier einen erheblichen Einfluss hat. Bei Frauen, die mit 53 Jahren oder später ihre letzte Blutung haben, dauert der Wechsel tatsächlich oft nur ein oder zwei Jahre. Ist die Menopause aber schon früher, können die Beschwerden länger dauern. Neue Studien zeigen, dass vor allem die Hitzewallungen und damit verbundenen Schweißausbrüche die Frauen im Schnitt sieben Jahre nerven. Allerdings muss man da eine klare Einschränkung machen: Sieben Jahre lang Hitzewallungen heisst nicht, dass Frauen davon in dieser ganzen Zeitspanne täglich mehrmals gequält werden. Viele Frauen haben auch nur ab und an eine kurze und kleine Hitzeattacke, die ihren Alltag kaum stört.