Wenn der Östrogenspiegel in den Wechseljahren sinkt, bemerken viele Frauen, dass die Schleimhäute auch in der Scheide trockener werden. Das kann zu Beschwerden beim Sex führen. Ausserdem steigt das Risiko für Infektionen. Abhilfe schafft ein ganzes Bündel von Massnahmen, aus dem sich jede Frau das für sie Passende aussuchen kann.
Autorin: Annette Willaredt
Auch wenn Frauen nicht so gerne darüber sprechen: Scheidentrockenheit gehört zu den häufigsten Problemen während der Wechseljahre und in der Zeit danach. Mindestens ein Drittel der Frauen sind laut Schätzungen betroffen, genaue Zahlen gibt es nicht. In jüngeren Jahren sorgt das Hormon Östrogen dafür, dass die Schleimhäute – auch in der Vagina – feucht bleiben. Doch in den Wechseljahren sinkt die Östrogenproduktion langsam. Das führt zu dünneren, empfindlicheren und trockeneren Schleimhäuten. Die Elastizität lässt nach. Gleichzeitig wird der Unterkörper weniger durchblutet. Das verstärkt die Probleme, weil dann weniger Flüssigkeit gebildet wird. Mögliche Symptome sind häufiges Jucken oder Brennen. Manche Frauen spüren allerdings im Alltag wenig oder gar nichts von der Trockenheit. Sie haben „nur" Beschwerden beim Geschlechtsverkehr. Dafür ist neben der Veränderung der Schleimhäute ein zweiter Effekt verantwortlich: Der sinkende Hormonspiegel kann auch zu einer sogenannten Lubrikationsstörung führen. Das heisst, dass sich trotz sexueller Erregung zu wenig Feuchtigkeit in der Scheide bildet. Der Geschlechtsverkehr wird dann als unangenehm empfunden und es kommt leichter zu winzigen Verletzungen wie Mikrorissen.
Eine trockene Vaginalhaut birgt noch ein weiteres Problem: Frau wird anfälliger für Infektionen. Dieser Zusammenhang ist etwas komplizierter. Bei jungen Mädchen sorgt der in der Pubertät steigende Östrogenspiegel dafür, dass sich in der Scheide ein leicht saures Milieu bildet. Sie ist dann besiedelt von Abertausenden von Mikroorganismen; die wichtigsten sind die Milchsäurebakterien. Das saure Milieu macht es krankheitserregenden Keimen wie Pilzen oder „schlechten" Bakterien schwer, sich zu vermehren. Infektionen haben so weniger Chancen. Mit dem Beginn der Wechseljahre, wenn die Schleimhäute trockener werden, haben die Milchsäurebakterien aber schlechtere Lebensbedingungen. Die Scheide ist nun auch nicht mehr sauer, sondern hat einen fast neutralen pH-Wert. Infektionen können leichter entstehen. Ausserdem bewirkt der Östrogenmangel eine rein anatomische Veränderung. Der Ausgang der Harnröhre rückt etwas näher zum Scheideneingang. Deshalb bekommen Frauen über 50 auch häufiger eine Blasenentzündung.
Je nach Ausprägung der Beschwerden gibt es für betroffene Frauen unterschiedliche Lösungen. Führt die Trockenheit zu Jucken und Brennen, helfen feuchtigkeitsspendende Salben oder Gele aus der Apotheke. Sie sollten keine Konservierungsstoffe enthalten, denn diese verstärkten die Trockenheit oft noch. Eine Alternative sind spezielle Zäpfchen, die der Arzt verschreiben kann. Es gibt solche auf der Basis von Hyaluronsäure, einem Stoff, der für eine bessere Bindung von Feuchtigkeit auf der Haut sorgt. Zudem kann der Arzt Zäpfchen oder Salben mit Östrogenen verordnen. Im Gegensatz zu einer systemischen Hormonersatz-Therapie wirkt das Hormon hier nur lokal. Untersuchungen zeigen, dass sich die Scheidenschleimhäute dadurch wieder aufbauen. Sie werden feuchter und elastischer.
Eine gute Möglichkeit für Frauen, die vor allem zu häufigen Infektionen in der Scheide neigen, sind Zäpfchen mit Milchsäurebakterien. Sie verbessern die Scheidenflora und können immer mal kurmässig über einige Tage angewendet werden. Frauen, die nur beim Geschlechtsverkehr Probleme haben, können Gleitgels oder –cremes anwenden, die vor dem Sex in den Scheidenvorhof eingebracht werden. Auch hier ist es ratsam, Produkte zu wählen, die keine Konservierungsmittel oder Duftstoffe enthalten. Wer mit Kondomen verhütet, sollte zudem zu Gels oder Cremes greifen, die Latex nicht angreifen. Das gilt für Produkte auf Wasser- oder Silikonbasis.
Dazu gibt es noch einige Verhaltenstipps. Ratsam ist es, den Intimbereich nur noch mit lauwarmem Wasser zu reinigen. Seife, spezielle Waschcremes und auch Intimsprays senken den pH-Wert der Scheide zusätzlich. Das verstärkt Irritationen und die Trockenheit. Frauen, die noch ihre Periode haben, sollten Binden statt Tampons verwenden. Letztere saugen sehr viel Feuchtigkeit auf. Außerdem ist es sinnvoll, Slips aus Kunstfasern zu vermeiden. Sie sorgen dafür, dass man leichter schwitzt und der Schweiss wird dann lange nicht so gut aufgesaugt wie von Baumwolle. In diesem Klima haben es Krankheitserreger leicht. Überdies wird die Luftzirkulation erschwert, das begünstigt ebenfalls trockene Schleimhäute.
Neben diesen rein lokalen Tipps gibt es noch ein paar andere Möglichkeiten, vaginaler Trockenheit entgegenzuwirken. Regelmässige Bewegung steigert die Durchblutung des gesamten Körpers, auch die der Scheide. Die Schleimhäute funktionieren besser. Besonders zu empfehlen ist gezieltes Beckenbodentraining. Viele Fitnessstudios bieten entsprechende Kurse an. Auch Physiotherapeuten können die richtigen Übungen zeigen.
Frauen sollten zudem darauf achten, reichlich zu trinken, das hilft auch gegen Scheidentrockenheit. Mindestens 1,5 Liter am Tag müssen es schon sein; an heissen Tagen oder nach starkem Schwitzen auch deutlich mehr.
Eine ausgewogene, vitalstoffreiche Ernährung mit viel Obst und Gemüse lindert zwar die Scheidentrockenheit nicht. Aber sie unterstützt das Immunsystem, es kann sich besser gegen Infektionen wehren. Gegen die Trockenheit helfen können auch pflanzliche Präparate, die hormonähnliche Substanzen enthalten und gegen alle Beschwerden in den Wechseljahren wirken. Dazu gehören z.B. Extrakte aus Rotklee, sibirischem Rhabarber oder der Traubensilberkerze. Studien, die einen positiven Effekt speziell auf die vaginale Trockenheit belegen, gibt es zwar keine. Aber einige Frauen machen damit gute Erfahrungen. Ein Versuch kann sich folglich lohnen.
Zuletzt genannt werden muss die systemische Hormonersatz-Therapie z.B. mit Tabletten oder Pflastern, die den Östrogenmangel ausgleicht. Sie ist zwar auch bei einer trockenen Scheide gut wirksam. Doch mögliche Nebenwirkungen wie ein erhöhtes Risiko für Brustkrebs, Herzinfarkt oder Schlaganfall erfordern – gemeinsam mit der Ärztin – eine genaue Abwägung des Nutzens für jede Frau.