Wissen Sie noch, wie's geht? Mit kühlem Kopf und überlegtem Handeln kann jeder in Notsituationen richtig reagieren. Wir geben Tipps.
Autorin: Silke Lorenz 07/08/20
Plötzlich steht der Kreislauf still: Das passiert in der Schweiz rund 8500 Menschen jährlich, ungefähr jedem tausendsten Einwohner. Rund zwei Drittel dieser Situationen finden im häuslichen Umfeld statt. «Besteht eine lebensbedrohliche Notfallsituation, muss jeder helfen. Und zwar, soweit es einer Person zugemutet werden kann. Eventuell alarmiert sie auch nur die Sanität», erklärt Dr. Stefan Herger, Facharzt Allgemeine Innere Medizin in Affoltern am Albis und Notarzt beim Rettungsdienst Regio 144 im Zürcher Oberland.
«Viele haben Angst, einen leblosen Menschen zu berühren und Reanimationsmassnahmen durchzuführen. Diese Angst gilt es zu überwinden, denn so rettet man Leben. Auch als Ungeübter sollte man bei einer bewusstlosen und nicht normal atmenden Person die Herzdruckmassage durchführen.» Für 15 Notfälle erläutert Dr. Herger Ursachen, Symptome und die wichtigsten Sofortmassnahmen.
Bei einer handgrossen Hautreaktion eine juckreizstillende Salbe auftragen. Eine Kältekompresse kühlt die Stelle. Bei zunehmendem generalisierten (den ganzen Körper betreffenden) Hautausschlag oder Atembeschwerden Notruf wählen.
Mögliche Ursachen
Heuschnupfen, Nesselsucht (Urtikaria), Medikamente.
Symptome
Juckreiz, Schwellung und Rötung an Auge, Lippen und Haut; Niesen, Hustenreiz, heisere Stimme, Atemnot. Teils lokal begrenzt, teils am ganzen Körper. Anaphylaktischer Schock als ausgeprägteste allergische Reaktion: schwere Atemnot, Kehlkopfschwellung, Blutdruckabfall, Ohnmacht, Hitzewallung.
Dauert die Bewusstlosigkeit wenige Sekunden, sollte man die Person hinlegen und die Beine hochlagern. Bei einer längere Zeit reglosen Person die Sanität rufen! Hält die Bewusstlosigkeit an und atmet der Betroffene normal, sollte man ihn in eine stabile Seitenlage bringen. Bei fehlender Atmung muss man die Herzdruckmassage durchführen.
Mögliche Ursachen
Kreislaufstörung, Herz-Kreislauf-Erkrankung, Diabetes, neurologische Leiden.
Symptome
Bei kurzer Bewusstlosigkeit Schwarzwerden vor Augen und Schwindel, bei anhaltender Bewusstlosigkeit keine Reaktion auf Ansprechen oder Schmerzreiz.
Verletzungen am Auge kann man mit einem schützenden Verband abdecken und zudem schmerzlindernde Mittel einnehmen. Bei einer Verätzung spült man das betroffene Auge sofort 15 Minuten unter fliessendem Wasser. Verletzungen am Auge müssen immer rasch ärztlich beurteilt werden.
Mögliche Ursachen
Hornhautverletzung, z.B. durch Ast oder Fingernagel, offene Verletzung durch scharfe Gegenstände, Prellung durch stumpfen Gegenstand, Verätzung durch Säuren und Laugen.
Symptome
Tränenfluss, Fremdkörpergefühl, Augenschmerzen, Lidkrampf, Sehverschlechterung.
Mit einer Wundauflage sollte man direkten Druck auf die Wunde ausüben, den verletzten Körperteil hochlagern und die Wunde steril verbinden. Bei nicht stillbarer (mehr als 5 Minuten) oder pulsierender Blutung die Sanität rufen! Im Spital wird der Impfstatus auf Wundstarrkrampf (Tetanus) überprüft, da die Gefahr einer Infektion besteht.
Mögliche Ursachen
Schürfwunde, Schnittverletzung, Platz- oder Bisswunde.
Symptome
Gleichmässige (aus den Venen) oder pulsierende (aus den Arterien) Blutung, Schmerzen, Blutdruckabfall.
Kann der Betroffene sprechen, atmen und husten, sollte er kräftig husten. Kann er das nicht, dann sollte er sich nach vorne beugen. Man schlägt bis zu fünf Mal zwischen die Schulterblätter, um den Fremdkörper zu lösen. Sanität 144 alarmieren. Bei Erstickungsgefahr umfasst man die Person von hinten, nimmt sie dicht an den Körper und gibt mehrmals starken Druck auf den Magen unterhalb des Rippenbogens.
Bei einem Wespen- oder Bienenstich im Mund sollte der Betroffene keine Flüssigkeit oder Eis zu sich nehmen. Es besteht die Gefahr, dass dies in die Atemwege eindringt (Aspirationsgefahr).
Bei bereits bekannter Allergie muss man die Notfallspritze geben.
Mögliche Ursachen
Fremdkörper in der Luftröhre, Schwellungen im Mund- und Rachenraum, z.B. durch Insektenstich.
Symptome
Atemnot, eventuell starker Hustenreiz, Würgen, pfeifendes Atemgeräusch, Blaufärbung der Lippen.
Bademeister oder SLRG (Deutschland: DRLG) an überwachten Seen und Schwimmbädern alarmieren! Man wirft dem Ertrinkenden Rettungsring, Schwimmflügel oder einen Ball zu. Keinesfalls sollte man unüberlegt ins Wasser springen, denn Ertrinkende klammern sich mit einer immensen Kraft am Retter fest.
Mögliche Ursachen
Selbstüberschätzung (Ausdauer, Kraft, Schwimmfähigkeit), Unterschätzung der Situation (Strömung, Wassertiefe, -temperatur), Spielen am Wasser (Kinder).
Symptome
Unterkühlung, Muskelkrämpfe, Durchblutungsstörung, Panik.
Sanität 144 rufen! Man sollte jegliche körperliche Anstrengung vermeiden und den Oberkörper hochlagern. Falls vorhanden, individuelle Notfallmedikation, z.B. Nitro-Spray, einnehmen.
Mögliche Ursachen
Teil- oder Komplettverschluss eines oder mehrer Herzkranzgefässe.
Symptome
Druck, Schmerz oder Engegefühl hinter dem Brustbein, Oberbauchschmerzen, Ausstrahlung in Arme, Hals, Ohren, Kiefer und Schulter. Zusätzlich: Unwohlsein, kalter Schweiss, Atemnot, Angst. Dauer der Symptome: länger als 20 Minuten.
Da das unerwartete, plötzliche Herzversagen innerhalb von Sekunden zum Tode führt, ist sofort die 144 zu alarmieren. Bis die Sanität eintrifft, sollte man ununterbrochen die Herzdruckmassage (siehe unten) durchführen. Ist ein automatisierter externer Defibrillator (AED) vorhanden, sollte er gemäss den Anweisungen eingesetzt werden.
Mögliche Ursachen
Kammerflimmern als Folge eines akuten Verschlusses eines Herzkranzgefässes, Riss in der Wand der grossen Körperschlagader (Aneurysma-Ruptur).
Symptome
Bewusstlosigkeit ohne normale Atmung (keine Atmung oder Schnappatmung).
Man sollte eine schmerzlindernde Position einnehmen und zur Abklärung zum Arzt oder ins Spital gehen. Am häufigsten bricht der Unterarm nahe des Handgelenks, gefolgt vom Schlüsselbein.
Mögliche Ursachen
Sturz, direkter Schlag.
Symptome
Eingeschränkte Beweglichkeit, Schmerzen, Schwellung, eventl. Bluterguss oder Prellmarke.
Dringend die 144 alarmieren. Bei einer Gehirnerschütterung besteht die Gefahr eines Druckanstiegs im Hirn, was lebenswichtige Funktionen beeinträchtigen kann.
Bei Bewusstseinsstörungen Puls und Atmung überwachen. Bei Bewusstlosigkeit mit normaler Atmung: stabile Seitenlage.
Mögliche Ursachen
Sturz, Aufprall, Stoss oder Schlag auf den Kopf, meist im Verkehr, Haushalt oder Sport.
Symptome
Bewusstlosigkeit von mehreren Minuten, Verwirrtheit, Übelkeit, Erbrechen, Erinnerungslücken, Kopfschmerzen trotz Schmerzmittel. Je nach Schwere auch Schwellungen, Riss- oder Platzwunden.
Jede Sekunde zählt, sofort die 144 anrufen. Der Betroffene sollte in eine stabile Position gebracht werden, um die Sturzgefahr zu vermeiden. In dieser Zeit weder Flüssigkeiten oder Nahrungsmittel noch blutverdünnende Medikamente verabreichen.
Mögliche Ursachen
Verstopfung oder Platzen eines Hirnblutgefässes.
Symptome
Halbseitige Lähmungen in Gesicht und Gliedmassen, verwaschene Sprache, Taubheitsgefühl, Seh-, Wortfindungs- und Gleichgewichtsstörungen.
Merkhilfe FAST: Face: Ist das Gesicht einseitig gelähmt? Arms: Kann der Betroffene beide Arme gleichermassen heben? Speech: Kann der Betroffene klar und deutlich sprechen? Time: Sollte der Betroffene Probleme mit diesen Aufgaben haben, zählt jede Minute.
Man sollte die Person an einen schattigen Ort bringen und den Oberkörper hochlagern. Wasser oder feuchte Tücher kühlen Kopf und Körper. Wenn die Symptome nicht verschwinden sowie bei Nackensteifigkeit und Bewusstlosigkeit Notruf tätigen.
Mögliche Ursachen
Intensive Sonnenbestrahlung über längere Zeit ohne Schutz.
Symptome
Hochroter, heisser Kopf, Kopf- und Nacken- schmerzen, Ohrengeräusche, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Bewusstseinseinschränkung, Erschöpfung.
Die Sanität 144 alarmieren! Zum Eigenschutz sollte man die Stromquelle abschalten, also den Stecker ziehen. Den Stromleiter entfernt man mit einem nicht leitenden Gegenstand, z.B. einem Besenstiel aus Holz oder einem Ast. Erst dann darf man die betroffene Person berühren. Stabile Seitenlage, wenn die Person normal atmet. Herzdruckmassage, wenn die Atmung fehlt.
Mögliche Ursachen
Unfall mit Haushaltsgeräten, Strom und Wasser, Blitzschlag, Hochspannung.
Symptome
Gefühlsstörungen, Verkrampfung der Muskulatur, Herzrhythmusstörungen, Atembeschwerden, Bewusstlosigkeit, Herz-Kreislauf-Stillstand, innere und äussere Verbrennungen.
Trockene, warme Kleidung, eventuell eine Wärmedecke, windgeschützten Ort aufsuchen. Man sollte dem Betroffenen schluckweise warme, klare Flüssigkeit zu trinken geben. Bei Erfrierungen darf der jeweilige Körperteil nur langsam in lauwarmem Wasser aufgewärmt werden. Blasen nicht öffnen, das betroffene Hautareal desinfizieren. Am selben Tag einen Arzt kontaktieren.
Mögliche Ursachen
Tiefe Aussentemperatur, Wind und Nässe als Verstärkungsfaktoren, langer Aufenthalt in der Kälte.
Symptome
Muskelzittern, schnelle Atmung, schneller Puls. Je nach Erfrierungsgrad Rötung der Haut, Schwellung, Schmerzen über Blasenbildung mit klarer oder später blutiger Flüssigkeit bis hin zu abgestorbenem, dunklem Gewebe.
Sonnenbrand mit feuchten Tüchern kühlen, spezielle Öl- oder Wassser-Emulsionen auftragen oder Quarkwickel machen. Verbrennungen Grad 2 kühlt man mit ca. 20 Grad warmem Leitungswasser; Blasen nicht öffnen.
Sind Gesicht und Gelenke betroffen, muss man ins Spital. Verbrennungen Grad 3 darf man nicht grossflächig kühlen. Notfall rufen und zur Behandlung in eine Spezialklinik gehen.
Mögliche Ursachen
Zu lange und/oder zu intensive Bestrahlung mit UV-Strahlung, grosse oder längere Hitze-Einwirkung, mechanische Belastung.
Symptome
Sonnenbrand (Grad 1) – scharf begrenzte Hautrötung, Wärme-/Hitzegefühl, Juckreiz, Schmerzen. Verbrennungen (Grad 2) – Rötung der Haut, schmerzende, mit klarer Flüssigkeit gefüllte Blasen. Verbrennung (Grad 3) – Haut ist verkohlt, hart, weiss und trocken, keine Schmerzen mehr.
1. Prüfen
Zuallererst beurteilen, ob die betroffene Person bewusstlos oder bei Bewusstsein ist, ob sie normal oder nicht normal atmet. Bei Bewusstlosigkeit und nicht normaler Atmung mit der Herzdruckmassage beginnen.
2. Rufen
Hilfe rufen und den Notruf 112 bzw. 144 wählen. Dort erhält man fachkundige Anleitung, was zu tun ist.
3. Drücken
Ist das Opfer bewusstlos und atmet nicht normal, macht man den Brustkorb von der Kleidung frei. Dann die Mitte des Brustbeins suchen, Handballen auflegen, den Ballen der anderen Hand darüber legen, Arme gerade halten und senkrecht mit den Schultern über den Druckpunkt gehen. 100 bis 120 Mal pro Minute das Brustbein fünf bis sechs Zentimeter nach unten drücken (bei Kindern ein Drittel des Brustkorbdurchmessers). Hören Sie nicht auf, bis Hilfe eintrifft. Faustformel für geschulte Helfer: 30 Mal Herzdruckmassage im Wechsel mit zwei Mund-zu-Mund-Beatmungen.